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Sophie

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Insgesamt 153 Bewertungen
Bewertung vom 12.02.2021
»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen« (eBook, ePUB)
Schörle, Martin

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen« (eBook, ePUB)


sehr gut

Martin Schörles Bändchen mit den Theaterstücken „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ und „Einladung zum Klassentreffen“ ist wie aus dem Leben gegriffen – und doch bisweilen surreal. Die beiden sehr unterschiedlichen Theaterstücke wollen natürlich letztendlich auf der Bühne gesehen werden – aber in Zeiten der Pandemie ist auch das Selberlesen sehr unterhaltsam.

„Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ ist ein humorvoller, teils surrealer Monolog des Beamten Hans Fredenbek, dem der Bezug zur Realität schon vor geraumer Zeit entglitten zu sein scheint. In teils absurden Episoden berichtet er monologisierend von seiner Liebe zu einer bestimmten Marke von Radiergummis oder seinem idealen Urlaub, der darin besteht, Toilettenbesucher in Italien in den Wahnsinn zu treiben … Ein teils herrlich absurdes Spektakel, was aber leider nicht so ganz ohne den ein oder anderen eher uninspirierten Kalauer oder klischeebeladenen Witz auskommt.

Emotionaler und (auf tragische Weise) realitätsnäher geht es in „Einladung zum Klassentreffen“ zu. Hier bietet ein geplantes Klassentreffen 20 Jahre nach dem Abitur Anlass für ein ehemaliges Liebespaar, telefonisch wieder in Kontakt zu treten. Ihrer beider Leben ist nicht so gelaufen, wie sie es sich gewünscht hätten, und das Gespräch weckt alte Gefühle. Es ist eher ein Stück der leisen Töne, kann aber auch mit einem gewissen Humor aufwarten, der sich vor allem dadurch entfaltet, dass „sie“ das Gespräch aus einem Zug voll neugieriger Mitreisenden führt. Wenn auch die Prämisse nicht unbedingt originell ist, so sind doch die Charaktere voller Leben und so nahbar, dass die eine oder andere Träne nicht ausbleibt.

Martin Schörles Stücke stellen auf humorvolle Art und Weise das Surreale der Realität heraus. Es bleibt zu hoffen, dass sie bald auch wieder auf deutschen Bühnen zu sehen sein werden können.

Bewertung vom 23.01.2021
Der Schmierfink
Polz, Dana

Der Schmierfink


ausgezeichnet

„Der Schmierfink“ von Dana Polz ist eindeutig eines dieser ANDEREN Bücher. Es ist quasi der Anti-Entwicklungsroman: ein misshandelter Junge, der nicht aufgefangen, sondern tiefer in seinen Schmerz getrieben wird und, in ein Horror-Internat mit sadistischen Lehrern und Mitschülern abgeschoben, dunkle Triebe entwickelt.

Die Intensität des Romans wird durch die Ich-Perspektive des Protagonisten ins Unermessliche gesteigert: Wir erleben hautnah seine Art der Rationalität, sein Empfinden von Recht und Unrecht, von Liebe und Schönheit. Klar empathisiert man da! Aber zugleich verraten uns seine Taten und vor allem seine unreife Ausdrucksweise, wie verloren dieser Mensch ist, wie dringend er Hilfe bräuchte, die er aber nie bekommen wird. Wir verfolgen seinen Abstieg, denn er ist klar dazu verdammt, ein schlechter Mensch zu werden, ohne Chance auf Rehabilitierung. Eine unerwartete drastische Wendung in der Mitte des Romans zementiert diesen Eindruck.

Über „Der Schmierfink“ darf man im Vorhinein nicht zu viel verraten. Wer unvoreingenommen in das Leseerlebnis hineingehen kann, wird belohnt mit einem schockierenden Einblick in eine geschundene Psyche. Also: Am besten nicht zu viel darüber lesen, sondern sofort die Nase ins Buch stecken! ;-)

Bewertung vom 12.01.2021
Vergessene Gräber / Mara Billinsky Bd.5
Born, Leo

Vergessene Gräber / Mara Billinsky Bd.5


sehr gut

„Vergessene Gräber“ von Leo Born ist der fünfte Teil der Reihe um die Frankfurter Ermittlerin Mara Billinsky und ihren Kollegen Jan Rosen. Das ungleiche Gespann (sie die Frau fürs Grobe, er der Mann für die Recherche) ermittelt in einer grausigen Mordserie, in die die örtliche Russenmafia verwickelt zu sein scheint und die ihre Wurzeln in der Vergangenheit hat. Gleichzeitig versucht Rosen, seine Freundin Anyana vor ihrem brutalen ehemaligen Zuhälter zu beschützen, und verstrickt sich so immer tiefer in die Geschäfte der Verbrecherbande.

Mit viel Liebe zum Detail und so mancher Brutalität entführt Leo Born uns in eine Welt des Verbrechens, in der die Vergangenheit ganz und gar nicht ruht. Seine Figuren erwachen mit lakonischen Sprüchen, problematischen Beziehungen und intimen Geheimnissen zum Leben und reißen uns Leserinnen einfach mit. Würde man versuchen, diesen Roman in einem Wort zusammenzufassen, wäre es wohl: actiongeladen. Denn es passiert ständig sehr viel, und als Leserin muss man aufpassen, nicht den Faden zu verlieren, wenn die Ereignisse sich überschlagen.

„Vergessene Gräber“ ist ein Buch, das vor Spannung strotzt und immer neue Aspekte in den Mix wirft. Die Ereignisse und Rechercheergebnisse werden nach und nach zusammengefügt, sodass sich erst am Schluss ein vollständiges Bild ergibt – wie das bei einem guten Krimi der Fall sein sollte. Einen kleinen Punktabzug gibt es dafür, dass es sich bei dem Roman eben um einen sehr typischen Krimi handelt: Durch und durch solide, aber eben selten überraschend. Viele klassische Genreklischees werden bedient, angefangen von der rebellischen Ermittlerin, die alles im Alleingang macht, über die möglichst gräulichen Bluttaten bis hin zum ausbremsenden Chef, der die Ermittlungen durch seine Überkorrektheit gar zu vermasseln droht. Viele Elemente kennt man schon, dem Krimigenuss tut das aber nur wenig Abbruch.

Ein spannender Kriminalroman, der sicher nicht nur Fans der Reihe begeistern kann.

Bewertung vom 12.01.2021
The Crow - Ultimate Edition
O'Barr, James

The Crow - Ultimate Edition


ausgezeichnet

Wer „The Crow“ von James O’Barr nicht gelesen hat, dem fehlt ein Baustein seiner emotionalen Bildung. Der Comicklassiker mit Kultverfilmung von 1994 sollte in keinem Bücherregal fehlen, ob man nun Comicfan ist oder nicht.

Die Geschichte ist schnell zusammengefasst: Der Protagonist „The Crow“, ehemals Eric, streift als eine Art Anti-Superheld durch die Stadt und rächt den grausamen Mord an ihm und seiner Verlobten. Dabei bleibt seine eigene Existenz ein Mysterium, er scheint allein von seinem übermächtigen Wunsch nach Rache auf den Beinen gehalten zu werden. Der Zeichenstil ist hart, kantig und düster, immer wieder durchbrochen von zarten, pastellartigen Erinnerungsszenen an Erics Leben vor der Tragödie. Rauschhafte Orgien aus Gewalt und Schmerz reißen mich als Leserin zusammen mit Eric dann immer wieder in die grausame Realität der Welt von „The Crow“. Dabei steht der Begleittext den Zeichnungen an düsterer Ästhetik in nichts nach – immer wieder verknüpfen Zitate aus anderen literarischen Werken das Werk mit einem großen Kanon aus Leid.

In der wunderschönen gebundenen Komplettausgabe von Dani Books kommt James O’Barrs Meisterwerk richtig zur Geltung: Hochwertig gedruckt, hervorragend ins Deutsche übersetzt und mit 30 bisher unveröffentlichten Zusatzseiten lässt sich diese Graphic Novel so authentisch und intensiv erleben wie nie zuvor. „The Crow“ verpackt unfassbares Leid in eine grenzenlose Ästhetik und rührte mich als Leserin damit mehr als einmal zu Tränen.

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Bewertung vom 12.01.2021
Notizen eines Gewinners
Paulson, Gerrit C.

Notizen eines Gewinners


gut

Mit „Notizen eines Gewinners“ macht Gerrit C. Paulson das interessante Gedankenexperiment auf, was passiert, wenn ein fest im Leben stehender Mensch aus der unteren Mittelschicht plötzlich durch einen Lottogewinn im Geld schwimmt. Eine interessante Idee, die sich in der Umsetzung aber leider allzu schnell in Klischees und pseudo-philosophischen Ergüssen verliert.

Der irische Dachdecker Paulo McComen spielt schon sein ganzes Leben lang Lotto und knackt eines Tages den Jackpot. Das macht ihn zur Lokalberühmtheit und entfremdet ihn schnell von seinem sozialen Umfeld. Es stellt sich heraus, dass das große Geld ihn nicht glücklicher, sondern misstrauischer und feindseliger macht.

Was eine spannende psychologische Entwicklung hätte werden können, bleibt leider ein recht oberflächlicher und klischeebeladener Handlungsverlauf: Paulo beginnt sofort mit dem Ausgeben und wird innerhalb der ersten Seiten schon zu Scrooge … eine echte, nachvollziehbare Entwicklung bleibt aus, was sehr schade ist. Seine anfänglichen Tendenzen verschärfen sich immer weiter, und er vernachlässigt seine sozialen Kontakte quasi ab dem Moment des Gewinns. Seine Erkenntnisse zum Leben schreibt er in Aphorimsen auf, die jedoch wenig tiefsinniger als Postkartensprüche sind. Im weiteren Verlauf des Buchs kommen merkwürdig esoterische Träume hinzu, in denen weitere pseudo-philosophische Allgemeinplätze verhandelt werden.

Das Buch ist eine eher seichte Lektüre mit einem gewissen Unterhaltungs-, jedoch ohne den erhofften Mehrwert. Es fehlt der durchaus interessant aufgebauten und eingeleiteten Geschichte an echtem Tiefgang und Substanz. Die Notizen bleiben leider nicht hängen.

Bewertung vom 12.01.2021
Die Schrift
Sailer, Simon

Die Schrift


ausgezeichnet

Das bibliophil gestaltete Bändchen „Die Schrift“ ist ein illustriertes Märchen für Erwachsene: In schlichtem, sachlichem Ton berichtet der Erzähler von dem Ägyptologen Leo Buri, dem eines Tages eine alte Schrift angeboten wird, die ihm zum Verhängnis wird. Nach und nach wendet sich sein gesamtes Umfeld von ihm ab, und er muss gar das Land verlassen. Dabei schwebt stets die alte Schrift über ihm, die ihm zwar nichts als Unglück bringt, ihn jedoch nicht loslässt.

Ein Buch wie „Die Schrift“ hatte ich lange nicht in der Hand. Es hat etwas Klassisches: ein Erzähler, der aus der Ich-Perspektive glaubhaft die Wahrhaftigkeit seines Erzählten beteuert; eine Geschichte ganz ohne Gewalt und Erotik, fast dokumentarisch, dabei aber geheimnisvoll und rätselhaft. Die Illustrationen unterstreichen das dezent Phantastische, was den Kern der Geschichte ausmacht, aber nicht laut im Vordergrund prangt.

Simon Sailer hat ein leises, phantastisches Buch geschaffen, das irgendwie in einer Parallelwelt zu spielen scheint. Wer sich darauf einlässt, wird belohnt mit einer zauberhaften Geschichte, die nicht nur das Herz von Philologinnen wird höher schlagen lassen. Die Macht „der Schrift“ wird hier ganz plastisch und lässt mich als Leserin mit einem zugleich warmen und irritieren Gefühl zurück. Ein ungewöhnliches Buch!

Bewertung vom 12.01.2021
Als die Nacht begann
Hartung, Alexander

Als die Nacht begann


sehr gut

„Als die Nacht begann“ von Alexander Hartung ist schon der siebte Teil aus der Reihe um den Ermittler Jan Tommen – und ich gebe zu: mein erstes Buch aus der Reihe. Daher war es ein wenig schwierig, in die Dynamik des Ermittlerteams um Jan hineinzufinden. Als Quereinsteiger hat man es mit diesem Roman also nicht leicht. Warum sich das Lesen trotzdem lohnt verrate ich hier …

Kurz zum Inhalt: In Berlin erschießt ein Heckenschütze auf offener Straße eine junge Frau – Jan und sein Team, bestehend aus der Gerichtsmedizinerin Zoe, dem IT-Spezialisten Max und dem unterweltaffinen Chandu, heftet sich sofort auf die Spur des Schützen, jedoch zunächst ohne Erfolg. Und der nächste Mord folgt wenig später und führt das Team tief in die Welt der IT-gestützten Verbrechensvorhersage.

Mit viel Witz und trockenem Humor ermittelt das zusammengewürfelte Team zumeist bei gemeinsamen Abendessen und ist dabei eine erfrischend sympathische Abwechslung zu den düsteren Ermittlerfiguren vieler anderer Krimis. Dass sie es dabei mit dem Gesetz nicht so genau nehmen und ungestraft Regeln über Regeln brechen, wird jedoch schnell zu einem ermüdenden und wenig glaubhaften Topos. Auch die lapidare Schilderung einiger einschneidender Vorfälle hinterlassen das leise Gefühl, die Charaktere nicht als echte Personen für voll nehmen zu können. Eine Tatsache, die den Lesegenuss ein wenig trübt.

Insgesamt ist „Als die Nacht begann“ jedoch in erster Linie ein schneller, handlungsorientierter Krimi mit ausreichend Spuren, Wendungen, Hinweisen und Überraschungsmomenten, um mich als Leserin völlig gefesselt zu halten. Wer auf klassische Ermittlerkrimis steht und sich über Plot-Twists freut, dem sei der Roman (trotz kleiner Schwächen) wärmstens empfohlen.

Bewertung vom 16.12.2020
Seelen unter dem Eis
Korten, Astrid

Seelen unter dem Eis


gut

In „Seelen unter dem Eis“ von Astrid Korten begleiten wir den zum Tode verurteilen Werbemacher Tom in seinen letzten Tagen auf der Death Row. Während er seine letzten Angelegenheiten regelt, wird in Rückblenden erzählt, wie es dazu kam: von seiner tödlich endenden Affäre mit seiner Studentin Amal und der immer schwieriger werdenden Beziehung zu seiner Frau Helen.

Der Roman beginnt leise und traurig, ein erschütternder Einstieg in die Lebensrealität eines Mannes, der seinen Tod vor Augen hat. Wir begleiten Toms Alltag im Hochsicherheitstrakt, den er mit anderen Todeskandidaten und dem erstaunlich empathischen Wärter „Goodman“ verbringt. Auf dieser Zeitebene war ich als Leserin ganz gefesselt, habe mit Tom gelitten und empathisiert, obwohl er wegen Mordes verurteilt ist. Ein fein gezeichnetes Porträt eines Menschen, der große Fehler gemacht hat.

Leider gibt es jedoch nicht nur Positives über diesen Roman zu sagen. Der Autorin gelingt es nicht, mich als Leserin in eine US-amerikanische Lebenswelt hineinzuziehen: Da wird dann plötzlich Goethe zitiert, Weizenbier bestellt, und ein Trakt im Gefängnis ist der „Zauberberg“. Das deutsche Bildungsbürgertum mogelt sich so immer wieder in ein vorgeblich amerikanisches Setting.

Die Frauenfiguren, allen voran die „Verführerin“ Amal, werden leider nie mehr als Stereotype: Als femme fatale begeht Amal Tom gegenüber richtiggehende Gräueltaten, ist sexuell unersättlich, und ihr Leben dreht sich einzig und allein um ihn. Eine Biographie, einen Einblick in ihr Warum erhalten wir dabei nie. Auch Helen bedient eine ganze Reihe typisch weiblicher literarischer Topoi, ohne dass ihr eine echte Persönlichkeit oder eine Geschichte zugestanden wird.

Der Roman krankt ganz klar an der fehlenden Tiefe der Frauenfiguren, die jedoch absolut zentral für die Geschichte sind. Auf der Handlungsebene überzeugt er hingegen mit einem intensiven, sich langsam, aber stetig aufbauenden Spannungsboden und einem explosiven Twist. Ein Buch, das ich mit gemischten Gefühlen zur Seite lege.

Bewertung vom 14.12.2020
Betäubter Wille
Diel, Anna Lena

Betäubter Wille


ausgezeichnet

Arthur Morgenroth ist Polizist im Jahr 2029 in Deutschland. Er lebt in einer Gesellschaft, in der die Einnahme von leistungssteigernden Medikamenten und Stimmungsaufhellern nicht nur gestattet, sondern sogar gesellschaftlich erwünscht bzw. gefordert ist. Leistungserbringung ist ein absolutes Muss – und das ganz besonders, wenn ein Mord geschieht und die Ermittlungen ganz schnell gehen müssen. Das Opfer ist ein vielversprechender junger Forscher, Ben, der an der Entwicklung neuer Enhancer forscht, und der Hauptverdächtige zunächst die Organisation Liberty of Mind, die sich der Nutzung von Enhancern vehement in den Weg stellt.

„Betäubter Wille“ von Anna Lena Diel ist ein besonderes Buch: Der Genremix aus klassischem Kriminalfall und Dystopie, gemischt mit einer ordentlichen Portion Gesellschaftsdrama und einem guten Schuss Sozialkritik, funktioniert hervorragend. Arthur Morgenroth ist eine vielschichtige Person, der die aktuelle gesellschaftliche Lage ganz schön an die Nieren geht – mit dem Leistungsdruck und dem erwarteten Tablettenkonsum kommt er schlecht klar, zudem nagt der kürzliche Tod seiner Frau an ihm. Das Thema Depression wird hier am Rande gestreift und die schockierende Tatsache erläutert, dass Trauer in dieser leistungsorientierten neuen Realität nicht vorgesehen ist und mit Enhancern wegdosiert werden muss.

Leistung und Leistungsdruck sind die großen Themen, um die der Roman sich dreht, und so verwundert es nicht, dass jede*r der Protagonist*innen auf ihre ganz eigene Weise an der Situation zu knabbern hat. Alle Beteiligten haben ihr Päckchen zu tragen: Irma, die Mutter des Ermordeten, die auf eigene Faust ermittelt; Charlotte, Arthurs Schwägerin und Kollegin, die sich mit Enhancern zudröhnt, um mit einem absurden Arbeitspensum den Tod ihrer Schwester zu überlagern; und Josefine, Bens Freundin, die wissenschaftliche Ambitionen hat, aber aus dem Schatten ihres brillanten Bruder sofort in den Schatten ihres brillanten Freundes hinübergeglitten ist. All sie eint ein stetiger Druck von außen und die Botschaft, sie seien allein, ohne Enhancer, nicht genug.

„Betäubter Wille“ ist ein starkes Buch, das an die Substanz geht. Denn die Anlagen zu dieser Gesellschaft liegen in der Gegenwart – und als Leserin lässt man sich nicht nur von dem spannenden Kriminalfall mitreißen, sondern empathisiert auch stark mit den Figuren, deren Kampf mit einer extrem leistungsorientierten Gesellschaft durchaus auf Resonanz im eigenen Leben stößt. Eine unbedingte Leseempfehlung!