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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1899 Bewertungen
Bewertung vom 25.01.2024
Die Rassistin
Scheerer, Jana

Die Rassistin


sehr gut

Schon der Vorbau zu dem Roman deutet auf die spielerische Art des Stils und dem Humor der Autorin hin.Immer wieder wird das Erzählte von unterschiedlichen Personen kommentiert.
Es geht um einen Vorfall bei einer Vorlesung in einer Uni als chinesische Studierende brüskiert werden. Es beginnt sofort eine Kontroverse.
Neben Rassismus werden auch andere Themen diskutiert,

Jana Scheerer erfindet einen angebliche Autor dieses Romans. Das führt zur Spiegelung der Handlung bzw. der verschiedenen Erzähler, die auftreten werden.Es werden verschiedene Sichtweisen und Verhaltensweisen abgehandelt.
Die Autorin spielt mit dem Leser und dessen Erwartungshaltung. Es wird auch gezeigt, auf welche absurde Art etwas eskalieren kann. Man kann sich ggf. in der einen oder anderen, überspitzt gezeichneten Figur, ansatzweise wiedererkennen. Das ist keine schlechte literarische Methode.

Bewertung vom 20.01.2024
Warum die Welt keinen Frieden findet
Masala, Carlo

Warum die Welt keinen Frieden findet


sehr gut

Ein Essay aus der Reihe Auf dem Punkt.
Carlo Masala ist als Autor des Buches Weltunordnung und als Militärexperte in zahlreichen Politiktalkshows zur Zeit sehr bekannt.
In wenigen Kapiteln fasst der Autor Aspekte zur Entstehung von Krieg zusammen. Auch Verminderungsstrategien werden thematisiert.
Er schreibt sachlich und Ideologiefrei, aber nicht trocken über das Thema. Und er ist dem Realismus verpflichtet, alos illusionslos.
Carlo Masala steckt viel in sein Essay, dadurch wird es zu einem kompakten Buch.

Bewertung vom 17.01.2024
Die zerrissenen Staaten von Amerika
Landwehr, Arthur

Die zerrissenen Staaten von Amerika


sehr gut

Die zerrissenen Staaten von Amerika ist ein hochaktuelles Sachbuch, das einen Blick auf den Zustand der USA in der momentanen Vorwahlsituation wirft.

Arthur Landwehr, von dem ich auch ein spannendes Interview zu diesem Buch gehört habe, ist ein USA-Experte, der die USA kennt und sich Gedanken gemacht hat. Sein Ansatz ist, ein Verstehen zu ermöglichen. Damit kann man dann besser die Situation einschätzen und besser damit umgehen.
Außerdem scheut Landwehr es auch nicht, Vergleiche der USA zu Deutschland zu nennen.
Das Buch passt auch vom Umfang. An manchen Stellen ausführlich, aber nie geschwätzig. Die Kapitel werden nicht zu lang.

Es ist ein Kluges Sachbuch, erzählerisch gut gestaltet.

Bewertung vom 15.01.2024
Die Verletzlichen
Nunez, Sigrid

Die Verletzlichen


sehr gut

meditatiiv

Der Plot von Sigrid Nunez neuen Roman erinnert leicht an ihr wunderbares Buch Der Freund. Da hatte sie einen Hund gesittet. In Die Verletzlichen ist es ein Papagei.
Außerdem ist es die Zeit der Pandemie in New York. Und die Zeit der Präsidentschaft von Donald Trump.
Diese Zeit in den USA hat etwas befremdendes.

In der Handlung kommt ein junger Student hinzu, der zeitweise ebenfalls in der Wohnung des zu betreuenden Papageis lebt. Er ist ein Freund der Familie.

Trotz gewisser Vorbehalte gehen die Gedanken der Protagonistin oft zu dem viel jüngeren Mann, der gelegentlich Wutausbrüche hat und sich über den Zustand der Welt chauffiert.
Sowohl der Papagei Eureka als auch der junge Student sind wirklich lebendige Charaktere.

Die Protagonistin ist sehr nachdenklich und reflektierend. Dabei ist ihr oft die Welt der Literatur nahe. Zum Beispiel nimmt sie einmal ausführlich Bezug zu einem Essay von Joan Didion.
Insgesamt hat das Buch etwas meditatives. Auch das ist typisch für Sigrid Nunez Prosa.

Bewertung vom 13.01.2024
Austrian Psycho Jack Unterweger
Herwig, Malte

Austrian Psycho Jack Unterweger


sehr gut

Jack Unterweger

Austrian Psycho ist ein True Crime Buch von Malte Herwig, der mir als Handke-Biograph positiv aufgefallen war. Mit True Crime kenne ich mich nicht besonders aus, daher kannte ich den Mörder jack Unterweger auch nicht und lese hier zum ersten Mal von ihm, seinem Taten, seinem (angeblichen) Schreiben. Nach anfänglichen lireraischen Erfolgen setzten sich bekannte Schriftsteller für ihn ein und sein Lebenslang endet nach 16 Jahren.
Man erfährt, wie er nach seiner Freilassung durch seine Bücher Deckung fand und weiter morden konnte.
Der Kulturbetrieb hatte Jack Unterweger als Häfen-Poet gefeiert. Ich verstehe das als Warnung vor kritiklosen Akzeptieren und Großmachen von Blendern.
Malte Herwig hat eine etwas umständlichen Schreibstil gewählt, aber ansonsten mehr als ordentliche Arbeit geleistet. Das kurze Buch ist schnell durchgelesen.

Bewertung vom 13.01.2024
Essex Dogs
Jones, Dan

Essex Dogs


gut

Aus den Kriegsakten Edward III

Essex Dogs ist ein wirklich edel aufgemachtes, hochwertiges Hardcover. Innen gibt es eine Karte. Das ist beeindruckend.
Literarisch bietet das Buch einiges, anders aber auch nicht. Dan Jones schreibt straight und schlicht, vielleicht ist das auch passend für den Kontext. Damit muss ich als Leser mich arrangieren
Die Konstellation um eine Gruppe von Männern kennt man aus alten Filmen wie z.B. Das dreckige Dutzend oder Die glorreichen Sieben.
Die verschiedenen Dogs haben unterschiedliche Fähigkeiten. Als Charaktere haben sie aber wenig Profil. Der historische Kontext erreicht mich weniger als gedacht. Am Ende des Buches in den Anmerkungen des Autors erwähnt Dan Jones, dass er schon einige historische Sachbücher geschrieben hat, aber das hier ist Fiktion.
Wirklich spannend war das Buch auch nicht unbedingt.
Um ehrlich zu sein, mich hat das Buch enttäuscht. Sollte es eine Fortsetzung geben, was mich nicht überraschen würde, wäre ich nicht mehr dabei.

Bewertung vom 11.01.2024
Seit er sein Leben mit einem Tier teilt
Kirchhoff, Bodo

Seit er sein Leben mit einem Tier teilt


sehr gut

Helles Gebell

Bodo Kirchhoff ist nach dem Tod von Walser und Grass wohl einer der letzten weißen, alten Männer unter den Schriftstellern, dem muss man sich bewusst sein. Aber für ihn spricht die Gelassenheit und Routine sowie das Können.
Sein neuer Roman Seit er sein Leben mit einem Tier teilt wird durch die Hauptfigur dominiert. Louis Arthur Schongauer, ehemaliger deutscher Schauspieler in Hollywood, lebt zurückgezogen mit seiner Hündin. Die Ruhe wird gestört, als mit Frida eine junge Frau auftaucht.
Die Dialoge zwischen den beiden sind sehr amüsant gemacht.
Mit Almut kommt eine zweite Frau ins Spiel.
Der verwitwete und körperlich angeschlagene Schongauer lebt auf.
Was mir auch ganz gut gefällt, sind die Geschichten über Hollywood-Filme und Stars, die gerne eingeflochten werden.

Mit diesem Buch hat Bodo Kirchhoff bewiesen, dass er immer noch eine kraftvolle Sprache hat und eine gehaltvolle Handlung gestalten kann.
Sofort habe ich mir noch ein Buch von ihm bestellt.

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Bewertung vom 07.01.2024
All dies könnte anders sein
Thankam Mathews, Sarah

All dies könnte anders sein


ausgezeichnet

Intensives Porträt einer jungen Frau

All dies könnte anders sein ist ein Buch, in dem die Autorin Sarah Thankam Mathews das Leben einer jungen, indischstämmingen Frau in den USA porträtiert. Es ist das Jahr 2023 und Sneha ist 22 Jahre alt. Es wird konsequent aus der Ichperspektive der jungen, lesbischen Frau erzählt. Sneha lebt alleine, die Eltern sind in Indien. Sie ist sehr auf ihren Job fixiert, sehnt sich zwar nach Liebe, wirkt aber orientierungslos und ihre Gefühle sind diffus.
Mit Thom verbindet sie ein problematische Freundschaft, mit Tig hat sie eine gute Freundin, verliebt ist sie in Marina.
Diese Beziehungen erfasst die Autorin gut und vielschichtig.Es gibt viele emotionale Szene. Es ist sehr überzeugend, wie die Autorin Snehas Gefühlslage beschreibt, besonders als diese schließlich ihren job verliert, ihre Wohnung und ihre Liebe.
Sprachlich ist das intensiv und gut gemacht. Sarah Thankam Mathews ist zweifellos eine literarische Entdeckung.

Bewertung vom 04.01.2024
Supermarkt
Falero, José

Supermarkt


sehr gut

Supermarkt ist en Roman eines brasilianischen Autors, der ein glaubhaftes Bild der Gesellschaft zeichnet.
Pedro und Marquez sind eigentlich zwei durchschnittliche Typen, die in einem Supermarkt arbeiten. Genervt von ihrer schwierigen, kargen finanziellen Lage fangen sie an Gras zu verkaufen. In dieses Geschäft rutschen sie leicht rein.
Man sollte beachten, dass die brasilianische Gesellschaft nicht direkt mit der deutschen vergleichbar ist. Armut ist stark verbreitet.

Wirklich kein schlechtes Buch. Besonders die halbphilosophischen Dialoge zwischen den Freunden sind sehr gelungen. Manchmal ist es etwas zu detailliert, aber das ist nicht schlimm. Eine gehörige Portion Ironie entschädigt den Leser.
Von Jose Falero würde ich wieder etwas lesen.

Bewertung vom 03.01.2024
Wie sind Sie hier reingekommen?
Birr, Tilman

Wie sind Sie hier reingekommen?


sehr gut

Tilman Birr zeigt in seinem Roman „Wie sind Sie hier reingekommen“ ein Porträt eines jungen Mannes.
Wolfgang Schneider ist 20 und zum Studieren nach Berlin gekommen. Er ist noch orientierungslos Das ist ein Hauptthema des Romans.
Als Leser folgt man Wolfgangs staunenden Blick auf die Umgebung.
Eigentlich mag ich es nicht, wenn die Protagonisten in einem Roman Deppen sind.
Aber Tilman Birr nutzt die Form des Schelmenromans und so funktioniert es.
Jedenfalls überwiegend. Ab und zu gibt es Nebenfiguren, die wie Stereotypen wirken. Aber das soll wohl so sein. Oft sind die Passagen wirklich witzig. Ich mag besonders die Theaterpassagen.
Abschließend muss ich noch das originelle Cover erwähnen, das zum Schalk des Autors passt.