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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2021
Astrid Lindgren. Helle Nächte, dunkler Wald
Kaiser, Maria Regina

Astrid Lindgren. Helle Nächte, dunkler Wald


ausgezeichnet

Wer kennt sie nicht, die große Astrid Lindgren? Sie hat die Kinderliteratur umgekrempelt und ich glaube, es gibt kaum jemanden, der sich nicht von ihren Geschichten verzaubern ließ. Ob es das idyllische Bullerbü ist, das sogar unser Schwedenbild nachhaltig geprägt hat oder die bärenstarke Pippi, die endlich die artigen Mädchen aus den Büchern verdrängte.

Auch als Erwachsener kam und kommt man um Astrid Lindgren nicht herum,zahllos sind ihre Sätze die Eingang in Zitatensammlungen gefunden haben und zu Recht!

Wenn ich an die Lindgren dachte, denke ich automatisch eine glückliche Kindheit, an Geborgenheit, wie sie nur eine liebevolle Familie geben kann. Ja, ich wusste von einem unehelichen Kind, aber das alles nur am Rande.

Dass es eine andere, dunklere Seite an dieser bemerkenswerten Frau gibt, erzählt Maria Regina Kaiser in ihrer sehr empathischen Romanbiografie. Einsamkeit, Melancholie und schwierige Familiensituationen, auch damit musste Lindgren fertig werden. Auch deshalb finde ich es gut, dass die Autorin das Genre eines Lebensromans gewählt hat, damit kann sie Lindgrens Innenleben sehr viel besser interpretieren, als es in einer Biografie möglich gewesen wäre. Der Titel, „Helle Nachte, dunkler Wald….“ weist sehr schön darauf hin.

Ich habe sehr viel Neues über die Schriftstellerin und die Frau Astrid Lindgren erfahren, obwohl ich dachte, ihr Leben schon gut zu kennen. Es hat sie mir noch näher gebracht und menschlicher gemacht. Das ist ausgezeichnet recherchiert und besonders Astrids Reisen ins Nachkriegsdeutschland, als ihre Bücher übersetzt wurden, boten viel Wissenswertes. Es liegt sicher auch an der Art, wie die Autorin sich ihrer Figur annäherte, man spürt die Sympathie und den Respekt.

Es gibt ein sehr umfangreiches Nachwort, das mein Interesse sogar noch gesteigert hat. Auch hier wird klar, wieviel Wissen und Recherche die Autorin einfließen ließ. Ich denke, für Astrid Lindgren Fans ist dieses Buch ein Muss.

Bewertung vom 29.03.2021
Abels Auferstehung / Paul Stainer Bd.2
Ziebula, Thomas

Abels Auferstehung / Paul Stainer Bd.2


ausgezeichnet

Paul Stainer leidet immer noch an Körper und Seele an den Folgen des Großen Kriegs. Jetzt wurde auch noch seine Frau Edith Opfer eines tödlichen Missverständnisses. Ein Mordanschlag, der ihm gelten sollte, trifft sie und ihren Geliebten. Dann muss er auch noch den Mord an einem jungen Mann in Leipzig aufklären. Offensichtlich ein Student, der zu einer schlagenden Studentenverbindung gehört. Eine frische Mensur zeigt das.

Die junge Journalistin Marlene Wagner wartet auf ihren Bruder, als entlassener Kriegsgefangener sollte mit einen Transport eintreffen, doch er war nicht im Zug und es gibt kein Lebenszeichen von ihm. Da erhält sie einen Hinweis, dass ein junger Mann bei Basel tot aus dem Rhein gezogen wurde. Die Uniform und das Alter passen, zudem gibt es einen Hinweis auf Leipzig. Glücklicherweise ist es nicht der Bruder, aber der journalistische Instinkt in Marlene erwacht und sie beginnt den Leipziger Spuren zu folgen.

Beide Handlungsstränge nähern sie an, während beim Basler Toten die Spur nach Leipzig führt, findet Steiner bei dem jungen Mann ein Buch über Basel.

Wie schon beim ersten Buch „Der rote Judas“, an das „Abels Auferstehung“ unmittelbar anknüpft, ist der Hintergrund der Zwanziger Jahre ganz besonders gelungen. Die Zeitgeschichte wird hier stimmig und lebhaft geschildert, das geht bis in die kleinen Details, wie das Schicksal der Straßenbahnfahrerin Josefine König, die nun – nach der Heimkehr der Männer – ihre Anstellung verlieren soll. Die Stimmung in der Stadt, die politischen Strömungen, das alles hat Thomas Ziebula wieder genau getroffen und das finde ich an diesem historischen Krimi auch ganz besonders.

Dazu kommt die genaue und vielschichtige Charakterzeichnung seiner Protagonisten, bis hin zu den Nebenfiguren. Paul Stainer kämpft mit seinen Kriegstraumata und dem Alkohol. Diese Figur finde ich ganz besonders eindringlich dargestellt. Aber auch Marlene Wagner gefällt mir sehr gut, genau wie Rosa Sonntag starke Frauenfiguren.

Wie sich die einzelnen Erkenntnisse und Handlungsfäden allmählich verbinden, ist sehr spannend erzählt, auch die Ermittlungsarbeit ist interessant und immer neue Wendungen halten den Spannungsbogen durchgehend hoch.

Thomas Ziebula hat mit dem zweiten Paul Stainer Krimi wieder sein Können unter Beweis gestellt.

Bewertung vom 26.03.2021
Der große Sommer
Arenz, Ewald

Der große Sommer


ausgezeichnet

Ein Mann läuft über den Friedhof einer Kleinstadt und sucht eine bestimmte Grabstätte. Dabei schweifen seine Gedanken in die Vergangenheit, in den Sommer, der für ihn als 16jährigem Schüler ein prägender war.

Friedrich hat Schulprobleme, um noch einmal versetzt zu werden, sind Nachprüfungen in Latein und Mathe fällig. Statt Sommerferien verdonnert ihn seine resolute Mutter zu einem Aufenthalt bei seinem Großvater, einem strengen und unnahbaren Mediziner. Trotz aller Vorbehalte empfindet Friedrich den Aufenthalt als prägend. Das liegt sicher auch an der liebevollen Großmutter Nana, die Friedrich von ihrer außergewöhnlichen Liebesgeschichte erzählt und auch an Beate, seiner ersten Liebe, die kurz vor den Ferien im Stadtbad kennengelernt hat. Es liegt aber auch am Großvater, der ihn wie einen Erwachsenen behandelt, nichts fordert, aber Möglichkeiten aufzeigt. Besonders als sein Freund Johannes in eine schlimme Krise gerät.

Ewald Arenz erzählt wunderschön, es ist das zweite Buch, das ich von ihm lese und wieder kann ich von der ersten Seite an in seine Geschichte eintauchen. Er beschreibt die Schmerzen und Freuden des Erwachsenwerdens sensibel und voller Verständnis. Seine Figuren werden lebendig und bleiben im Gedächtnis. Ich glaube, das gelingt nur, wenn ein Autor seinen Protagonisten nahe ist und dies dem Leser vermitteln kann. Man leidet mit ihnen, freut sich mit ihnen und streift mit ihnen durch die Treffpunkte ihres Sommers, ob es das nächtliche Eindringen ins Schwimmbad oder die Treffen in einer alten Bauruine sind.

Wenn dieser Sommer zu Ende geht, geht auch Friedrichs Kindheit zu Ende und mit dem Rückblick schließt sich der Kreis.

Ich sage das nicht oft, aber dieses Buch hat mich richtig beglückt.

Bewertung vom 23.03.2021
Hard Land
Wells, Benedict

Hard Land


sehr gut

Sam ist 15, ein schwieriges Alter – kein Kind mehr, aber noch nicht erwachsen. Er ist in der Schule ein Außenseiter und seit sein einziger Schulfreund weggezogen ist, noch mehr zum Einzelgänger geworden. Die familiäre Situation ist belastend, seine Mutter ist todkrank und zu seinem Vater findet er keinen richtigen Draht.

Doch als er im kleinen Kino der Stadt einen Ferienjob annimmt, ändert sich sein Leben. Er lernt Brandon, Cameron und Kirstie, die Tochter des Inhabers kennen. Die Drei sind in ihrem letzten Highschool-Jahr und auf dem Absprung zum College und sie nehmen Sam ein wenig unter ihre Fittiche. Und damit wird aus diesem Sommer, trotz aller Trauer das, was bereits im ersten Satz des Buches anklingt: „In diesem Sommer verliebte ich mich und meine Mutter starb.“

Benedikt Wells ist ein Shooting Star unter den jungen Schriftstellern und seine Bücher werden regelmäßig zu Bestsellern. Nicht unverdient, wie ich finde. Er trifft ganz genau den Ton dieser Teenager, kann sich in ihr Denken und Fühlen hineinversetzen.

Die Geschichte spielt in einer amerikanischen Kleinstadt in den 80iger Jahren und auch hier hat Wells ein ganz genaues Gespür für die Zeit und die Atmosphäre. Was ich ganz erstaunlich finde, wenn ich bedenke, dass er erst Mitte der 80iger geboren wurde.

Das schmerzhafte Ende einer Jugend wird sehr empathisch beschrieben, manchmal anrührend und nah an der Sentimentalität, aber nie ins Kitschige abrutschend. Wells hat eine leichte und ansprechende Art zu schreiben, der Leser kann sich wunderbar in die Geschichte fallen lassen. Dass alles ein wenig zu glatt erscheint, muss gar kein Manko sein.

Durch das ganze Buch läuft wie ein Roter Faden die Geschichte des einzigen namhaften Bürgers der Kleinstadt, ein Schriftsteller, dessen Gedichtzyklus seit Jahrzehnten Thema in der Highschool ist. Mit der Auflösung der „49 Geheimnisse von Grady“ endet das Buch und dieses Ende ist für mich die einzige kleine Schwachstelle des Buches.

Bewertung vom 21.03.2021
Inspektor Takeda und die stille Schuld / Inspektor Takeda Bd.5 (eBook, ePUB)
Siebold, Henrik

Inspektor Takeda und die stille Schuld / Inspektor Takeda Bd.5 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Bei einem Brand in einer Seniorenresidenz sterben acht Bewohner. Die Brandermittlung ergibt sehr schnell den Hinweis auf ein Verbrechen und so kommen die Kommissare Claudia Harms und Ken Takeda ins Spiel. Takeda ist ein japanischer Beamter und im Rahmen eines Austauschprogramms zwei Jahre in Hamburg. Mit Kollegin Harms verbindet ihn ein kompliziertes, bis ins Private reichendes Verhältnis.

Kurz danach erschüttert ein weiterer Brandanschlag die Öffentlichkeit. Diesmal wird ein pflegebedürftiges älteres Ehepaar getötet. In beiden Fällen finden Claudia und Ken eine Gemeinsamkeit. Es war ein Pflegeroboter im Einsatz. Diese Roboter werden von einer Hamburger Firma in Zusammenarbeit mit einem japanischen Konzern entwickelt und erprobt. Lisa, so der sympathische Name der Maschine, soll den älteren Patienten bei Handreichungen Hilfestellung geben. Aber sowohl der ambulante Pflegedienst, wie auch die PflegerInnen der Seniorenresidenz stehen dem Einsatz mehr als skeptisch gegenüber. Lisa scheint wesentlich mehr zu können, als bekannt und die Mitarbeiter fühlen sich – zu Recht – von Lisa überwacht.

Dr. Nakamura, leitender Wissenschaftler bei der Entwicklung, hinterlässt bei Befragungen auch einen zwiespältigen Eindruck bei Ken und Claudia.

Der fünfte Band der Inspektor Takeda Serie von Henrik Siebold ist nicht nur ein sehr spannender Krimi sondern packt auch ein gesellschaftlich heißes Eisen an. Die Pflege, ob ambulant im eigenen Heim oder in einer Pflegeeinrichtung, leidet unter ständiger Personalnot. Kann eine Maschine, wie der Pflegeroboter da Abhilfe schaffen? Ist es ethisch vertretbar, einen Teil der menschlichen Kontakte einer auf Zuwendung programmierten Maschine zu überlassen? Und wo ist die Grenze der Einsatzmöglichkeiten einer KI? Genauso wichtig ist auch die Frage, wer die Programmierung überwacht?

Waren die Opfer nur zufällig ausgewählt oder gibt es über den Pflegeroboter hinaus noch Gemeinsamkeiten bei den Opfern? Der Plot hält mit diesen Fragen den Spannungsbogen durchgehend sehr hoch und bis zum Schluss rätselte ich über Motiv und Täter. Daneben finde ich bei den Krimis von Siebold die Auseinandersetzung zwischen der deutschen und japanischen Kultur besonders interessant. Mit Claudia und Ken treffen nicht nur zwei völlig unterschiedliche Charaktere aufeinander, ihre persönliche Beziehung wird durch die kulturellen Unterschiede noch herausfordernder.

Wie der Autor aktuelle gesellschaftliche Themen mit einer wendungsreichen und fesselnden Krimihandlung verbindet, ist beeindruckend. Mir hat dieses Buch wieder ausnehmend gut gefallen.

Bewertung vom 20.03.2021
Johanna spielt das Leben
Falk, Susanne

Johanna spielt das Leben


gut

Aus ärmlichsten Verhältnissen hat es die junge Johanna bis ans Wiener Burgtheater geschafft. Zuerst in kleinen Rollen, aber immer erfolgreich. Sie lernt ihren Bewunderer Georg Neuendorff kennen und verliebt sich in den jungen Juristen. Als sie schwanger wird, heiraten sie. Aber ein Leben ohne Theater kann sich Johanna nicht vorstellen. Auch als Mutter sieht sie sich nicht, während ihr Mann doch eher auf die traditionelle Rolle der Ehefrau drängt. Es sind schließlich die frühen 50iger Jahre
.
Auf zwei Zeitebenen spielt dieser Theaterroman. 1949/51 zeigt die junge Johanna bei ihren Schritten zum Erfolg und 10 Jahre später, als es für sie immer schwieriger wird, Ehe, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen.
Das Wiener Burgtheater, dazu die bekannten Namen, wie Meinrad, Wessely und Hörbiger, bilden den Hintergrund und als Hauptrolle sieht man die junge Johanna, eine Schauspielerin mit Leib und Seele, die auch im echten Leben immer nur Rollen spielt. Die Rolle als Ehefrau, die Rolle als Mutter, die Rolle als Liebende, aber nie zulange, dann wird es ihr langweilig.

„Eine Liebesgeschichte zwischen Theatergeflüster und Emanzipation“ steht in der Beschreibung, aber ich hatte eher den Eindruck einer exaltierten Frau, die sich – außer auf der Bühne – überall langweilt. Dabei konnte mich die Figur nicht überzeugen, ihre Charakterzeichnung war mir zu oberflächlich, zu eindimensional, aber das galt im Grunde für die meisten Protagonisten dieses Romans.

Gegen Ende des Romans wird noch ein Familiengeheimnis auflöst und damit noch ein wenig Dramatik eingebaut, das für mich fast ein wenig aufgesetzt wirkte. Insgesamt hatte ich mir vom Roman mehr versprochen, aber über Durchschnitt kommt die Geschichte nicht hinaus.

Das Titelbild gefiel mir ausgesprochen gut, ganz in monochrom in Grautönen gehalten, springt eine Frau im roten Kleid und Hut direkt ins Auge und das passt sehr gut auf die Titelfigur.

Bewertung vom 20.03.2021
Fischland-Lügen
Kastner, Corinna

Fischland-Lügen


ausgezeichnet

Wenn auf Fischland skrupellose Immobilienhaie ihre Fuß fassen wollen, regt sich der Widerstand. So auch als Falk Clasen ein exklusives Golfresort plant. Überhaupt scheinen Clasens Geschäfte mehr als dubios und er geriet schon ins Visier der Behörden. Als dann auch noch der Sicherheitschef unter merkwürdigen Umständen verschwindet, sieht Kay Dietrich, Ex-Polizist und nun als freiberuflicher Ermittler tätig, seine Chance, sich dort einschleusen zu lassen. Kassandra Voß, Pensioninhaberin und schon mehrfach in Polizeiermittlungen verstrickt, ist natürlich mit von der Partie.

Fischland und die Krimis von Corinna Kastner gehören zusammen. Die Fischland-Serie begleitet Kassandra, ihren Onkel Heinz und Lebensgefährten Paul bei ihren detektivischen Aktionen. Früher gehörte auch Kay Dietrich fest dazu, aber bei einem ihrer letzten Fälle entzweiten sich die Freunde. Nun scheint sich die Chance zu bieten, die Freundschaft wieder zu kitten.

Wieder ein sehr spannender Fall, den die Autorin sehr gelungen mit persönlichen Verwicklungen verquickt. Dabei spielt natürlich auch das Fischland, ganz besonders Wustrow, eine große Rolle. Die Landschaftsbeschreibungen finde ich dabei wieder ausgesprochen gelungen. Tatsächlich hat mIch die Reihe schon einmal zu einem Fischland –Besuch inspiriert. In diesen reisearmen Zeiten kann man sehr gut damit ein wenig Fernweh stillen. Ich mag diese stimmungsvollen Küsten-Krimis sehr gerne lesen und besonders gefällt mir, wie in den Krimi auch eine kleine Liebesgeschichte eingewoben wird. Zwischen Kay, Kassandra und Paul herrschte schon in den vergangenen Bänden eine gewisse Spannung und so war ich sehr gespannt, wie sich das Verhältnis der drei weiterentwickelt.

Man kann diese immer in sich geschlossenen Bände auch einzeln lesen, auch ich habe sie erst späte entdeckt und nicht alle und auch nicht in Reihenfolge gelesen und hatte nie Verständnisprobleme.

Die lebendige Erzählweise der Autorin überzeugt mich immer wieder und bei wie Fotografien steht mir das Bild der beschriebenen Orte vor Augen. Vielleicht liegt es auch am besonderen Blick von Corinna Kastner, die auch eine sehr gute Fotografin ist. Auch die stimmungsvollen Cover-Fotos stammen von ihr.

Ich bin schon sehr gespannt auf weitere Krimis aus der Feder der Autorin.

Bewertung vom 19.03.2021
Nordwesttod / Soko St. Peter-Ording Bd.1 (2 Audio-CDs)
Jensen, Svea

Nordwesttod / Soko St. Peter-Ording Bd.1 (2 Audio-CDs)


sehr gut

Hendrik Norberg hat beruflich einen Rückschritt gemacht. Nach dem Tod seiner Frau lässt er sich zur Schutzpolizei zurückversetzen, um mehr Zeit für seine halbwüchsigen Söhne zu haben. Der Verlust macht allen drei sehr zu schaffen.

Aber auch in der Polizeidienststelle in Sankt Peter Ording, deren Leitung Norberg übernimmt ist im Augenblick viel los. Zwei Beamte bearbeiten einen tödlichen Unfall mit Fahrerflucht und eine Beamtin aus dem LKA Kiel ist ebenfalls vor Ort. Anna Wagner soll ein Dezernat für Vermisstenfälle aufbauen und ein Vermisstenfall liegt nun in SPO vor. Nina Brechtmann wurde von ihren Kollegen vermisst gemeldet. Die Brechtmanns sind eine bekannte Hoteliersfamilie, aber Nina hat sich als aktive Umweltschützerin schon länger von der Familie distanziert. Deren Pläne, immer mehr, immer größere Hotels an die Nordseeküste zu bauen, versucht sie aktiv zu verhindern. Kein Wunder, dass Mutter und Schwester schon lange nichts mehr von Nina hörten und ihr Verschwinden sie auch wenig berührt.

Während sich Norberg mit familiären Problemen plagt, gibt es auf der Dienststelle ebenfalls jede Menge Ärger und Kompetenzgerangel mit Kollege Paulsen.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Er beginnt mit einer guten und tiefgehenden Einführung des Ermittlerteams. Da werden die Figuren schon sehr gut angelegt, so dass ich mir gut vorstellen kann, dass das schon im Hinblick auf Folgebände geschieht. Dann ist natürlich das Setting ein großes Plus, Sankt Peter Ording, die Landschaft der Nordseeküste, das bildet einfach den perfekten Hintergrund.

Der Plot ist raffiniert aufgebaut, allmählich werden die Handlungsstränge miteinander verwoben, das ist von der ersten Seite an spannend. Die Autorin schreibt wirklich fesselnd und das war genau ein Krimi, wie ich ihn gern lese. Die Mischung aus gut beschriebener, realistischer Ermittlerarbeit und privaten Verwicklungen und Problemen war ausgewogen. So stelle ich mir einen klassischen Krimi mit regionalem Hintergrund vor.

Der Auftaktband macht wirklich neugierig auf eine Fortsetzung.

Bewertung vom 19.03.2021
Der Club der toten Sticker
Kruse, Tatjana

Der Club der toten Sticker


ausgezeichnet

Was wäre Schwäbisch Hall ohne Siegfried Seifferheld? Ein nach einer Schussverletzung früh pensioniertem Kriminalkommissar, der es mit seinem anfangs belachten Hobby Sticken inzwischen zu einigem Ansehen gebracht hat, aber das Ermitteln einfach nicht lassen kann.

Doch dieses Mal sieht es gar nicht gut für ihn aus. Er selbst gerät in Mordverdacht, nachdem die Mitglieder eines Männerstickclubs einer nach dem anderen umgebracht werden und immer eine seiner Visitenkarten am Tatort gefunden wird. Also muss er in eigener Sache aktiv werden.

Schwäbisch Hall ist nur auf den ersten Blick ein gemütliches Hohenloher Städtchen. Das liegt an der Fantasie der Autorin Tatjana Kruse, die sich immer wieder sehr gelungene Plots um meinen heimlichen Helden Siggi ausdenkt. Inzwischen fühle ich mich Siggis turbulenter, frauendominanter Familie schon heimisch, auch wenn in diesem Fall Siggi nur mit Hovawart Onis an der Front kämpft. Gattin Marianne ist in Erbschaftsangelegen abwesend und Schwester Irmi ist mit Ehegatten Pastor Helmerich in Urlaub. Aber wer weiß, wozu es gut ist, denn mit attraktiven Gunda, die unbedingt Siggis Biografie schreiben möchte, müsste sich er sich sonst noch den Eifersuchtsattacken Mariannes erwehren.

Die Tätersuche gestaltet sich temporeich und spannend, denn wenn der stadtbekannte Siggi auf der Fahndungsliste steht, muss er sich einiges einfallen lassen um unerkannt auf Mörderjagd zu gehen.

Tatjana Kruse hat ihre LeserInnen gut im Griff, da jagen sich urkomische Ereignisse und die Gag-Dichte ist hoch und immer bestens getimt. Und selbst die lädierte Hüfte hindert Siggi nicht, sich in filmreife Verfolgungen und Actionszenen zu werfen. Man fürchtet um seine Gesundheit, aber er hat eben immer noch ein Ass im Ärmel. Die Spannung ist dem Humor ebenbürtig und die Autorin hat ganz offensichtlich selbst viel Freude mit ihren liebenswert-skurrilen Figuren.

Ein rundum gelungener Krimi mit jeder Menge Spaß und Action.

Bewertung vom 18.03.2021
Schach mit toter Dame
Minck, Lotte

Schach mit toter Dame


ausgezeichnet

otte Minck hat mit Loretta Luchs eine Figur geschaffen, die schon seit vielen Bänden ihre immer größer werdende Fan-Gemeinde unterhält.

Loretta arbeitet eigentlich in einem Call-Center, doch unbestritten ist ihr Talent in Mordfällen zu ermitteln, man könnte auch sagen, ihr fallen mitunter die Leichen vor die Füße. Ihre Neugierde, gepaart mit Beobachtungsgabe und Ideenreichtum lassen sie oft einen Schritt vor Kommissarin Küppers sein, was das Verhältnis nicht einfach macht. Außerdem hat Loretta einen bunten Freundeskreis, der immer bereit ist, sie in ihren Ermittlungen tatkräftig zu unterstützen.

Als zwei befreundete alte Damen Loretta bitten, einem Todesfall in ihrer luxuriösen Seniorenresidenz zu untersuchen, ist sofort dabei. Es passt ganz ausgezeichnet, dass sich die Küchenhilfe krankgemeldet hat, so kann Loretta als Aushilfe anheuern. Ihre Spezialität ist ja das Ermitteln undercover und prompt stolpert Loretta über ein weiteres Mordopfer.

Die Krimikomödien von Lotte Minck sind eine wunderbare Mischung aus Slapstick-Humor, spannenden Ermittlungen und liebenswert, skurrilen Figuren. Egal ob man Fan ist und keinen Band auslässt oder Neueinsteiger, der Spaß am Krimi ist garantiert. Dazu gibt es immer wieder einige Kostproben vom Ruhrpott-Slang und Mentalität. Dafür ist meist der Sidekick Frank zuständig, der immer ein kleines Glanzstück abliefert. Daran merkt man auch, wie liebevoll sich die Autorin ihre Figuren ausdenkt und weiterentwickelt, damit schafft sie für mich den ganz eigenen „Loretta-Kosmos“, der den Charme ihrer Krimis ausmacht.

Ein ganz besonderes Augenmerk sollte man auf die Cover Gestaltung richten. Ommo Wille ist der Künstler, der den Umschlägen ihr unverwechselbares Aussehen gibt. Liebevoll gezeichnete Szenen mit kleinen, manchmal versteckten Details, die genau zum Fall passen.

Wieder perfekt gelungen mit dem kleinen Wermutstropfen: ich habe es immer viel zu schnell durchgelesen.