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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 961 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2024
Der geheime Wert der Zeit
Erle, Thomas

Der geheime Wert der Zeit


sehr gut

Autor Thomas Erle hat mit diesem Buch, eine sehr ruhige Geschichte rund um den Wert der Zeit geschrieben.

Friedrich Karmann ist ein Eigenbrötler und Müßiggänger. Sein Vermögen gestattet es ihm, jedem Luxus zu frönen. Doch am liebsten beschäftigt er sich mit alten, kostbaren Uhren. Er hat kaum Freunde und die letzte Frau an seiner Seite hat ihn verlassen. Allerdings scheint er menschliche Gesellschaft nicht wirklich zu vermissen.

Friedrich Karmann ist auf dem Weg zum Begräbnis seines Vaters und kommt zu spät, was angesichts seiner Leidenschaft für Uhren ein Anachronismus ist, aber zu ihm, der sich von seiner Familie losgesagt hat, sehr gut passt.

Mehr als der Tod des Vaters beschäftigt ihn, dass im tiefsten Schwarzwald eine Uhr existiert, die als die älteste der Welt gilt. Friedrich macht sich auf, den Eigentümer aufzusuchen und zum Verkauf zu überreden. Doch Johann Thoma, ein alter Bauer, hat so seine eigenen Vorstellungen. Er stellt Friedrich drei Aufgaben, die er zu lösen hat.

Beinahe gleichzeitig wird er bei der Testamentseröffnung von der Existenz seiner Halbschwester Margarethe überrascht. Die Frau erscheint ihm interessant. Ein näheres Kennenlernen wird auf später verschoben, muss er sich doch mit den Lösungen der Aufgaben beschäftigen, um die kostbare Uhr zu erhalten.

Als Friedrich wenig später dann doch Zeit findet, sich mit Margarethe zu treffen, erleidet sie hoch oben auf dem Glockenturm des Münsters von Freiburg einen Herzinfarkt und stirbt ein paar Tage später.

Erstmals scheinen in Friedrich so etwas wie Gewissensbisse aufzukeimen, statt seine Zeit mit Margarethe verbracht zu haben, mit der Jagd nach der Uhr verplempert zu haben, zumal er an den Aufgaben gescheitert ist.

Fazit:

Diese poetische Parabel auf den Lauf der Zeit, den man, trotz Reichtums nicht anhalten kann, hat mir sehr gut gefallen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 13.08.2024
Stürzende Feuer (eBook, ePUB)
Pastor, Ben

Stürzende Feuer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Autorin Ben Pastor entführt ihre Leser in den Juli des Jahres 1944. Die Niederlage des NS-Regimes ist nach der Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 absehbar, auch wenn es die Machthaber nicht wahrhaben wollen.

Oberstleutnant Martin Bora, im Zivilberuf Detektiv, kehrt für eine Woche Heimaturlaub von der italienischen Front nach Berlin zurück, um am Begräbnis seines Onkels, Prof. Dr. Alfred Reinhardt-Thoma, teilzunehmen. Neben der von alliierten Bomben teilweise zerstörten und demoralisierten Stadt, entdeckt er einige Ungereimtheiten beim Tod seines Onkels, der ein Gegner der Euthanasie durch das NS-Regime war. Doch bevor er sich damit näher beschäftigen kann, erhält er vom Chef der Kriminalpolizei Arthur Nebe (1894-1945) den Auftrag bis zu seiner Rückkehr an die italienische Front, den Mord an einer schillernden Persönlichkeit, dem Magier Walter Niemeyer, den auch zahlreiche Nazi-Bonzen „konsultieren“, aufzuklären. Dazu erhält er eine Liste mit den Namen von vier Verdächtigen, ein Auto und einen erfahrenen Kriminalbeamten namens Grimm als Chauffeur und Aufpasser.

Gemeinsam arbeiten sie die Liste der Verdächtigen ab und Martin Bora (und die Leser) können sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Täter ohnehin schon feststeht, egal ob er Niemeyer tatsächlich getötet hat oder nicht.

Bora gerät in ein dichtes Netz von Lügen und Halbwahrheiten aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt, zumal sich Gerüchte eines Umsturzversuchs hartnäckig in Berlin halten, weshalb er Kontakt zu Oberst Stauffenberg aufnimmt. Man ist sich, obwohl ähnlich versehrt (Bora fehlt nach einem Partisanenangriff die linke Hand), nicht sonderlich sympathisch.

Meine Meinung:

80 Jahre nach dem Umsturzversuch durch die Gruppe rund um Graf Stauffenberg auf Hitler bringt der Unionsverlag diesen zeitgeschichtlichen Kriminalroman, der der 7. Band einer bislang 11-teiligen Krimi-Reihe von Ben Pastor ist, heraus. Ben Pastor ist das Pseudonym der italienischen Autorin Maria Verbena Volpi. Bislang sind erst drei Krimis mit Martin Bora ins Deutsche übersetzt worden. Der hier vorliegende sowie „Tod der Äbtissin“ und „Kaputt Mondi“.

Ben Pastor hat mit Martin Bora, der 1913 als Martin-Heinz Douglas Baron von Bora geboren worden ist, eine interessante und mitunter ambivalent erscheinende Figur erschaffen. Er ist Wehrmachtssoldat, Detektiv sowie Nachfahre von Martin Luthers Ehefrau Katharina von Bora. Als adeliger Gutsbesitzer in Ostpreußen sind ihm Verantwortungsbewusstsein und Umsicht in die Wiege gelegt. Daher erscheint es manchmal unverständlich, dass er im NS-Unrechtsregime, anders als Onkel Prof. Dr. Alfred Reinhardt-Thoma, bisher überlebt hat.

Während seines Aufenthaltes in Berlin residiert er standesgemäß im Hotel Adlon, auch wenn das inzwischen auf Grund der kriegsbedingten Mangelwirtschaft an Qualität eingebüßt hat, und auch von zahlreichen Nazis frequentiert wird.

Der Auftrag, den Bora von Nebe erhält, lässt vermuten, dass Bora, der aus seiner Zeit bei der Abwehr unter Admiral Wilhelm Canaris über einige Verbindungen verfügt, eine Falle gestellt werden könnte. Oder dass Nebe es mit einer möglicher Beteiligung am Umsturzversuch ernst gemeint hat. Arthur Nebe wird jedenfalls wie Wilhelm Canaris wegen Hochverrat im März bzw. April 1945 zum Tode verurteilt und gehenkt.

Geschickt werden Fakten und Fiktion miteinander verknüpft.

Ben Pastor (und ihrer Übersetzerin Hella Reese) ist es sehr gut gelungen, die eigenartige Stimmung, die in Berlin herrscht, einzufangen. Man kann niemandem mehr trauen, manchmal auch sich selbst nicht. Wir dürfen an den Gedanken von Martin Bora teilhaben. Wie immer, finde ich die Widersprüche, die sich in der Doktrin des NS-Regime auftun, sehr interessant.

Man kann diesen Krimi sehr gut ohne Kenntnis der anderen lesen. Ich werde mir jedenfalls die beiden, die auf Deutsch erhältlich sind, besorgen, da mich die Entwicklung der Protagonisten immer interessiert.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem zeitgeschichtlichen Krimi rund um Martin Bora 5 Sterne.

Bewertung vom 12.08.2024
Was war denn da los?!
Melching, Felix;Neuhäuser, David

Was war denn da los?!


gut

Herausgeber Stefan Bergmann geht der Frage nach, warum sich Menschen für Geschichte interessieren. Dazu bieten sie drei Lösungen an:

Eine hoch motivierte Lehrkraft hat unsere Begeisterung im Alter von 14 oder 15 Jahren geweckt
Oder familiäre Betroffenheit durch Flucht und Migration in einer der letzten Generationen
Oder das eine oder andere historische Ereignis, das sich in unserem Gedächtnis fest verankert hat

Was auch immer der Anlass ist, sich mit Geschichte zu beschäftigen, die beiden Historiker Felix Melching und David Neuhäuser stellen in diesem Buch dreißig ausgewählte Ereignisse aus fünf Epochen vor, die sie zuvor in ihrem Podcast präsentiert haben. Der QR-Code am Ende jeden Textes führt zum entsprechenden Podcast.

Die fünf Epochen sind:

Antike
Mittelalter
Neuzeit
19. Jahrhundert
Gegenwart (20. Jahrhundert)

Die Auswahl für dieses Buch ist natürlich höchst subjektiv und leider sind unter den 30 ausgewählten Beiträgen nur 7 in denen Frauen die Hauptrolle spielten. Nun ja, Geschlechterparität sieht anders aus. Vielleicht wäre es doch möglich gewesen, hier halbe/halbe zu machen?

Die Autoren führen in leicht verständlichem Plauderton durch ihre Beiträge. Aber lasst euch selbst von der Antike bis zum Falklandkrieg entführen. Tiefer gehende Analysen darf man hier nicht erwarten, aber vielleicht reichen die Streifzüge durch die jeweilige Epoche, um sich näher mit den Ereignissen zu beschäftigen.

Ich persönlich habe nicht wirklich etwas Neues erfahren.

Fazit:

Ein schneller Überblick über fünf Epochen in dreißig Ereignissen, dem ich 3 Sterne gebe.

Bewertung vom 12.08.2024
Die Gräfin
Nelles, Irma

Die Gräfin


ausgezeichnet

Als der englische Pilot John Philipp Gunter im August 1944 mit seinem Flugzeug über der kleinen nordfriesischen Hallig Südfall abstürzt, weiß er noch nicht, dass er von einer interessanten Frau, der achtzigjährigen Hallig-Gräfin, gerettet wird.
Die Hallig-Gräfin, mit vollem Namen Diana Henriette Adelaide Charlotte Gräfin von Reventlow-Criminil, lebt seit dreißig Jahren abseits der funkelnden High Society an der nordfriesischen Küste. Sie gilt als Blaustrumpf, ja fast als schwarzes Schaf der weit verzweigten Familie der Reventlows, die in jeder Generation Sonderlinge hervorgebracht hat.

John verbringt sechs Tage auf der Hallig, immer in Gefahr von Gestapo-Schnüfflern entdeckt zu werden, bis sich die Gelegenheit ergibt, nach Dänemark zu fliehen.

Meine Meinung:

Dieser autofiktionale Roman beschreibt einige Tage im Leben der Hallig-Gräfin Diana von Reventlow-Criminil. Dafür greift die Autorin auf ein wahres Erlebnis zurück: Ein englischer Pilot stürzte mit seiner Maschine in der Nähe ihrer Hallig ab und wurde von ihr und ihren Helfern vor Ort gesund gepflegt.

Der historische Roman, der das Debüt der 80-jährigen Autorin Irma Nelles ist, beschäftigt sich mit dem mühseligen Leben auf einer Hallig. Da braucht es weder Gestapo-Schnüffler noch den Zweiten Weltkrieg, um den täglichen Kampf auszufechten, die Naturgewalten machen den Bewohnern das Leben ohnehin schwer genug.

Der Roman ist atmosphärisch, da vieles nur angedeutet und geheimnisvoll bleiben wird. Trotzdem entwickelt er einen Sog, dem man sich schwer entziehen kann.

Der leider nur knapp 175 Seiten lange Roman ist sprachlich hervorragend verfasst. Dass einige Charaktere nordfriesischen Dialekt sprechen, macht dieses Werk authentisch.

Das blassrosa Cover, das den Strand und eine Reiterin zeigt, passt wunderbar zu der Geschichte

Fazit:

Gerne gebe ich diesem anspruchsvollen Roman 5 Sterne.

Bewertung vom 11.08.2024
Königinnensonntag (eBook, ePUB)
Kaltenborn, Jill

Königinnensonntag (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nachdem dem Tod eines Patienten kehrt die junge Ärztin Nina Wedemeyer für einige Wochen, wie sie glaubt, in ihr Elternhaus in der Heide zurück, um sich über ihre berufliche und auch private Zukunft klar zu werden. Dabei wollte sie nie, nie wieder in das Dorf Lopauthal zurück, denn vor genau zwanzig Jahren sind in der Nacht zum Königinnensonntag zwei Frauen, Frederika Petersen und Ingrid Johanning, ermordet worden. Der Täter konnte damals nicht ermittelt werden.

Unmittelbar vor Ninas Rückkehr taucht Frederikas verschollenes Tagebuch auf und Albert Johanning, Ingrids Ehemann und ehemaliger Schulleiter, gerät unter Mordverdacht, denn Frederika schreibt immer wieder über einen „Jo“. Auf die Idee, vorab alle Männer, deren Vorname mit Jo beginnt zu befragen, kommen weder der örtliche Polizist Harald Ulrich noch die beiden Kollegen von der Cold-Case-Abteilung. Als dann noch die mögliche Tatwaffe, eine Statue, die Albert gehört, buchstäblich auftaucht, ist für die Polizei alles klar: Albert Johanning ist der Täter.

Während das ganze Dorf abermals von der Polizei befragt wird, glaubt Nina nicht, dass Albert der Täter ist und beginnt auf eigene Faust Recherchen anzustellen. Dazu zapft sie unter anderem auch ihren Freund und Pathologen Stefan um die Obduktionsbefunde der toten Frauen an.

Je tiefer Nina in die Vergangenheit eindringt, desto mehr Zweifel an ihr eigenes Erinnerungsvermögen an die Nach des 15. August 1999 tauchen auf. Sie findet sich in einem Geflecht von Lügen, Halbwahrheiten und Intrigen wieder, das das Dorf seit jener Nacht gesponnen hat. Fast jeder und jede haben seinen bzw. ihren Anteil an dem Geheimnis rund um die toten Frauen.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist das Debüt von Jill Kaltenborn und gleichzeitig Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe rund um Nina Wedemeyer.

Dass Nicht-Polizisten Ermittlungen anstellen ist ja seit Jahren mit unterschiedlichem Erfolg sehr beliebt. Da gibt es Hausfrauen, Omas und Opas, Journalisten, Lehrkräfte, Adelige und PolitikerInnen und sogar diverse Haustiere, die Verbrecher jagen und oft mehr schlecht als recht die Verbrechen aufklären. Mit der Ärztin Nina Wedemeyer bekommen wir es mit einer analytisch denkenden Frau zu tun, die Weg-Zeit-Diagramme erstellt (was der Dorfpolizist z.B. nicht tut). Ermittlungen in einem verschworenen Dorf, in dem man sich untereinander zwar spinnefeind ist, aber gegen einen quasi äußerlichen Feind, zusammenhält, sind nie einfach. Daher wundert es mich, dass der Polizist Harald Ulrich vor zwanzig Jahren in seinem eigenen „Mikrokosmos“ ermitteln durfte.

Jedenfalls deckt Nina in ihren persönlichen Gesprächen und auch an Hand des Tagebuchs die Abgründe so mancher Dorfbewohner auf und löst das Rätsel, wer der ominöse Jo ist. Dabei gerät sie in einem fulminanten Showdown letztlich in akute Lebensgefahr.

Der Plot ist gelungen und der Schreibstil steigert die Spannung von Seite zu Seite. Ich habe recht bald zwei mögliche Täter in die engere Wahl genommen, wobei sich dann der eine Name bestätigt hat. Nur das Motiv hat sich mir zunächst nicht schlüssig genug dargestellt. Aber, wer weiß denn schon, was im Kopf eines anderen vorgeht?

Selten hat mich ein Krimi-Debüt so gefesselt. Ich bin schon neugierig, ob Nina den Arztberuf an den Nagel hängt oder als Pathologin arbeiten oder vielleicht als Ermittlerin ganz in den Polizeidienst eintreten wird. Jedenfalls freue ich mich, wenn es eine Fortsetzung gäbe.

Fazit:

Ein Krimi-Debüt, das bis zur letzten Seite fesselt und daher von mir 5 Sterne erhält.

Bewertung vom 11.08.2024
Der Salon der kühnen Frauen
Pollard, Clare

Der Salon der kühnen Frauen


sehr gut

Clare Pollard entführt uns in das 17. Jahrhundert nach Versailles. Es ist die Zeit des höfischen Absolutismus und des Herrschaftsanspruch aus Gottesgnadentum, als dessen wichtigster Vertreter Frankreichs König Ludwig XIV. (1638-1715), den man auch als Sonnenkönig kennt, gilt.

Während Männer wie Kardinal Jules Mazarin (1602-1661) am französischen Hof direkt auf die Politik des Königs Einfluss nehmen können, ist dies den Damen verwehrt. Sie sollen hübsch anzusehen sein, ihm willig zur Verfügung stehen und sonst sich ja nicht politisch betätigen.

Eine Gruppe gewiefter Damen gründet einen Literatursalon, zu dem zunächst nur Damen Zutritt haben. Man schwätzt und tratscht und schmiedet dennoch die eine oder andere Intrige. So begegnen wir der unter anderem der abgelegten Mätresse des Königs, Olympia Mancini (1639-1708), Nichte von Kardinal Mazarin und Mutter von Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736). Olympia ist darin eine Meisterin. Ihr bevorzugtes Ziel ist die aktuelle Mätresse Mademoiselle de La Vallière (1644-1710).

Man erzählt sich Märchen, die uns bekannt vorkommen. Einige der Damen dichten selbst und geben allerlei Geschichten und Reime zum Besten. Auch die eine oder andere pikante Story aus Versailles wird leicht verfremdet als „Märchen“ dargeboten.

Als man sich dann später doch ein wenig langweilt, dürfen ausgesuchte Männer den elitären Zirkel mit Anwesenheit und Geschichten erfreuen.

Meine Meinung:

Die Idee zu dieser skurrilen literarischen Geschichte hat mir recht gut gefallen. Ursprünglich habe ich etwas anderes erwartet, nämlich einen geschlossenen historischen Roman, in dem die erzählten Märchen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Trotzdem hat mir das Buch gefallen. Es ähnelt ein wenig Giovanni Boccaccios Werk „Il Decamerone“, in dem sich eine geschlossene adelige Gesellschaft während der Quarantäne während der Pestepidemie um 1348 in Florenz, mehr oder weniger schlüpfrige Geschichten erzählen.

Bei Clare Pollard werden allerdings Märchen erzählt, die die meisten von uns aus dem Märchenbüchern der Gebrüder Grimm und Erzählungen unserer Kindheit kennen. Natürlich werden diese Geschichten nach französischer Art erzählt. Bei welchen Quellen die Autorin Anleihen genommen hat, kann auf den Seiten 287 und 288 nachlesen.

Zwischen den einzelnen Märchen erfahren wir einiges über das Leben bei Hofe sowie über diverse Les Liaisons Dangereuses. Denn was Männern erlaubt ist, ist für Frauen meistens verboten. Die meisten außerehelichen Verhältnisse (mit dem König) werden von den Ehemännern toleriert, vor allem dann, wenn sie von großem Nutzen sind. Trotzdem sind die Frauen stets in Gefahr, von ihren Männern wegen Untreue verstoßen zu werden. Für fremdgehende Männer gilt das nicht, denn sie sind die Norm.

Das eine oder andere, wie die Operation der Analfistel des Königs, wird mehrfach erwähnt. Für die damalige Zeit, ohne Narkose und Antibiotika und Hygiene, vermutlich eine chirurgische Meisterleistung, denn der Patient hat überlebt!

Die Beschreibung der Lebensumstände ist opulent gelungen. Man kann förmlich das Odeur der ungewaschenen Königs (angeblich hat er in seinem Leben nur drei Mal gebadet.) riechen. Die Dekadenz der Adeligen, deren Intrigen und Ränkespiele sind sehr gut beschrieben. Da wundert es nicht, dass sich der Volkszorn 1789 in einer blutigen Revolution entlädt, die Ludwig XVI. und Marie Antoinette den Kopf kosten.

Der Schreibstil ist charmant, stellenweise frivol manchmal ins Vulgäre abgleitend und an manchen Stellen recht modern.

Die Anzahl der auftretenden realen Charaktere ist recht hoch, so dass der eine oder andere Name vielleicht nachgelesen werden muss. Um sich zurecht zu finden, gibt es zu Beginn des Romans ein Personenverzeichnis.

Das einzige, das mir missfallen hat ist die Haptik des Covers. Es fühlt sich gummiartig an, was möglicherweise Samt imaginieren soll. Ich habe den Schutzumschlag während des Lesens zu Seite gelegt.

Fazit:

Auch wenn ich ursprünglich etwas anderes erwartet habe, hat mich das Buch gut unterhalten.

Bewertung vom 11.08.2024
Salzburger Intrigen
Theiss, Jenna

Salzburger Intrigen


ausgezeichnet

Nach „Salzburger Abgründe“ lässt Jenna Theiss ihre Abteilungsinspektorin Dina Stassny zum zweiten Mal in der Stadt Salzburg ermitteln.

Daniel Gerlach und Stella Hellwig, ein junges Paar, stößt beim Umgraben eines Rasenstückes in ihrem Garten auf menschliche Knochen. Anstatt die Polizei zu verständigen, entwickeln sie eine eigenartige Betriebsamkeit. Blöderweise werden sie dabei von der neugierigen Nachbarin beobachtet.

Dieses Skelett wird nicht der einzige Todesfall in diesem Salzburger Krimi bleiben, denn, wie Dina Stassny und ihr Chef Adrian Billinger herausfinden, ist der Knochenfund nur der Auftakt einer Reihe von Verbrechen. So wird wenig später Stellas Chefin, die Schriftstellerin Alexa Graf, mit vergifteten Mozartkugeln getötet. Der Verdacht fällt relativ schnell auf Daniel und Stella, denn in ihrem Garten wächst der Blaue Eisenhut, jene Pflanze die in ihrer Gesamtheit höchst toxisch wirkt.

Doch was hätte Stella davon, ihre Chefin zu töten?

Meine Meinung:

Wie schon in ihrem ersten Salzburg-Krimi „Salzburger Abgründe“, gelingt es Autorin Jenna Theiss wieder eine komplexe Handlung vor der Kulisse der Festspielstadt zu erstellen, in dem starke Gefühle eine große Rolle spielen, die schon in der Vergangenheit für eine Tragödie gesorgt haben.

Der Plot ist komplex und die Anzahl der Mitspieler groß, die in einem Personenverzeichnis dem Krimi voran gestellt sind. Neben den menschlichen Akteuren spielen verschiedene Ortsteile von Salzburg sowie Chips, der Schäferhund von Dina Stassny, der zwar kein offizieller Polizeihund ist, aber eine entsprechende Ausbildung absolviert hat, eine große Rolle.

Dieser Krimi beschert uns auch ein Wiedersehen mit Chefinspektor Paul Materna. Leiter der Ermittlungsabteilung „Leib und Leben“ in Linz aus der anderen Krimi-Reihe von Jenna Theiss. Hier wird Netzwerken und Bundesländer übergreifende Zusammenarbeit großgeschrieben! Das gefällt mir sehr gut.

Der Schreibstil ist authentisch, denn die Autorin verwendet zahlreiche österreichische Ausdrücke. Aber, keine Angst, die werden in einem Glossar am Ende des Krimi aufgelistet und übersetzt. Sehr angenehm ist, dass auch die Dienstgrade der österreichischen Polizei - also AbteilungsinspektorIn, ChefinspektorIn etc. verwendet werden.

Neben den zielstrebigen Ermittlungen darf auch ein wenig Humor nicht fehlen.

Fazit:

Eine fesselnde Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 09.08.2024
Beifang / Proteo Laurenti Bd.12
Heinichen, Veit

Beifang / Proteo Laurenti Bd.12


ausgezeichnet

Auch Kriminalpolizisten werden älter wie man am Beispiel von Triests Commissario Proteo Laurenti sehen kann. In seinem nunmehr 12. Fall, der hoffentlich trotzdem nicht sein letzter sein wird, soll er, nach dem Willen seines Vorgesetzten, den Antrag auf Pensionierung ausfüllen und unterschreiben. Da kommt ihm doch eine weibliche Leiche, die er beim Fischen im Golf von Triest selbst entdeckt, gerade recht.

Wie sich schnell herausstellt ist die Tote eine erfahrene Skipperin, die diesmal vielleicht doch zuviel riskiert hat. In derselben Nacht hat es auf der, von den Behörden festgesetzten, russischen Yacht A eine Explosion gegeben und ein russischer Waffenhändler soll über das Meer geflohen sein. Ein Schelm, wer hier einen Zusammenhang vermutet.

Laurenti verschiebt den Gedanken an eine Pension weit weg und ermittelt im Umkreis der Toten. Immer taucht der Name von Raffaele Raccaro auf, einem international bekannten Geschäftsmann mit einem großen Netzwerk von Gefälligkeiten, in das halb Triest verstrickt zu sein scheint und wenn es auch nur - wie bei Laurenti - um eine nicht angemeldete Putzfrau geht.

Daneben muss sich Laurenti ein wenig mit seiner lieben Gattin herumschlagen, die unbedingt eine Villa in der Stadt kaufen will, während Proteo lieber direkt am Meer wohnen bliebe. Wer wird dieses Match gewinnen?

Meine Meinung:

Diese Reihe von Veit Heinichen, der ja selbst in der altösterreichischen Hafenstadt Triest lebt, habe ich nicht so stringent verfolgt wie jene seines Kollegens aus Venedig. Proteo Laurenti kenne nur aus ein oder zwei Fällen. Das werde ich nun aber nachholen, versprochen. Ich mag ja Triest mit seinen Häusern, die an die k. und k. Zeit erinnern, fast lieber als die Serenissima.

Besonders gut gefällt mir, weil für mich unbekannt, das „Verhältnis“ von Proteo zur kroatischen Staatsanwältin Ziva Ravno. Bilde ich mir das nur ein, oder höre ich ein leises Knistern? Schon allein deswegen lohnt es sich, bei Band eins zu beginnen.

Schmunzeln musste ich auch über die Altherrenrunde, die über vergangene (Partisanen)Heldentaten philosophieren und auch mit der Oligarchenyacht, die den italienischen Steuerzahler aberwitzige Summen kostet, kurzen Prozess machen würden, wenn man sie nur ließe.

Der Schreibstil ist eher gemächlich. Es werden weder Laurentis Privatleben noch seine kulinarischen Vorlieben ausgelassen. Ein echter Wohlfühlkrimi, wenn man nicht gerade das Opfer oder der Täter ist.

Auch wenn mit diesem Krimi das Dutzend voll ist, kann ich mir noch weitere Fortsetzungen vorstellen.

Fazit:

Mir hat dieser Krimi recht gut gefallen, weshalb ich hier 5 Sterne vergebe.

Bewertung vom 08.08.2024
Zorniges Herz / Kate Burkholder Bd.15
Castillo, Linda

Zorniges Herz / Kate Burkholder Bd.15


ausgezeichnet

Dieser Krimi ist der 15. aus der Reihe „Kate Burkholder“ und mein erster aus der Feder von Linda Castillo. Bislang hat mich das Attribut „grausamer Thriller“ immer abgeschreckt, denn in der Mehrzahl der Fälle sind es Frauen, die grausam ermordet werden. Nun scheint es ein wenig gemäßigter zuzugehen und zumindest die erste Leiche ist ein Mann.

Eigentlich sollte sich Polizeichefin Kate Burkholder ganz auf ihre bevorstehende Hochzeit konzentrieren und ist eben bei der Anprobe ihres Hochzeitskleides, als sie zu einer männlichen Leiche gerufen wird. Aden Karn, ein junger Amischer, ist durch Schüsse aus einer Armbrust brutal getötet worden. Recht bald kann ein Jagdunfall ausgeschlossen werden und Burkholder, die früher ebenfalls eine Amische war, beginnt mit den Ermittlungen. Das „nisi nihi bene“ scheint hier in Stein gemeißelt, denn seltsamerweise hat niemand etwas Negatives über den Toten zu sagen. Ist Aden wirklich so ein Sunnyboy gewesen oder macht man sich in der Gemeinde nur etwas vor?

Die alte Weisheit der Ermittler „Finde das Motiv, dann hast du auch den Täter“ wird sich hier in schrecklicher Weise bewahrheiten.

Meine Meinung:

"Zorniges Herz" ist bereits der fünfzehnte Fall für Kate Burkholder, die als Amische aufwuchs, die Gemeinschaft aber dann verlassen hat. Nun arbeitet sie als Polizeichefin von Painters Mill. Da die einzelnen Bände in sich abgeschlossen sind und wichtige Hintergrundinformationen in die Handlung eingestreut werden, kann man dem aktuellen Geschehen problemlos folgen. Trotzdem werde ich den einen oder anderen Fall für Kate Burkholder ausborgen.

In einem spannenden Prolog können die Leser beobachten, wie Aden Karn ermordet wird. Für mich ist gleich klar, dass es sich um ein persönliches Motiv gehen muss, denn der junge Mann wird geradezu hinrichtet. Dadurch wird das Interesse an diesem Fall sofort geweckt. Obwohl sich die Ermittlungen für Kate als zäh erweisen, habe ich recht bald eine Hypothese entwickelt, wer denn der Täter sein könnte (und bin richtig gelegen).

Geschickt werden Details zur Lebensweise und den Traditionen der Amischen in die Handlung eingeflochten. Dazu gehören auch die Hochzeitsvorbereitungen durch die Gemeinschaft auf die Kate gerne verzichtet hätte. Dass Kate Burkholder früher selbst „dazugehört“ hat, hilft einerseits bei den Ermittlungen, andererseits wird sie als Abtrünnige scheel angesehen.

Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm lesbar. Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Besonders Adens dunkle Seite kommt scheibchenweise zum Vorschein.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem 15. Fall für Kate Burkholder 5 Sterne.

Bewertung vom 05.08.2024
Baby Nelson (unkaputtbar) 3: Disney: Dschungelbuch: Balu liebt Bäume

Baby Nelson (unkaputtbar) 3: Disney: Dschungelbuch: Balu liebt Bäume


ausgezeichnet

Dieses Buch, das als unzerstörbares Baby-Buch im Carlsen Verlag erschienen ist, wurde nach Motiven von Rudyard Kiplings „Das Dschungelbuch“ (in der Disney-Version) gestaltet.

Balu der Bär liebt ja bekanntlich Bäume, um sich daran den Rücken zu kratzen. Hier erklärt er dem kleinen Mogli welche Bäume essbare Früchte hervorbringen und welche Eigenschaften Bäume haben.

Der Text erscheint mir für Babys ab 12 Monaten noch ein wenig zu schwierig, aber da das Buch ja nicht kaputt gehen soll, kann es ja später auch noch vorgelesen werden. Die Illustrationen sind sehr gut gelungen.

Genau das Richtige für zukünftige Leser, die aktuell die Welt noch mit allen Sinnen kennen lernen.

Überrascht hat mich allerdings, dass der Carlsen Verlag damit wirbt, dass das für das Buch verwendete Material „von unabhängigen, akkreditierten Prüflabors getestet und freigegeben“ ist. Das sollte doch selbstverständlich sein!