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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1361 Bewertungen
Bewertung vom 30.07.2022
Drei Tage im August
Stern, Anne

Drei Tage im August


ausgezeichnet

Ein ganz klein wenig Schokolade kann viel Bitteres verschwinden machen. (Francesco Petrarca)
1936 Berlin. Während die Olympischen Spiele in Nazi-Deutschland ausgetragen werden und aller Welt ein politisches Schauspiel geboten wird, ist die Chocolaterie Sawade „Unter den Linden“ der ganze Lebensinhalt der Enddreißigerin Elfie Wagner. In diesem Geschäft hat sie als Verkäuferin begonnen und kennt die Zusammensetzung jeder süßen Köstlichkeit, die im Laden produziert und über die Theke an die Liebhaber geht. Mit einem neuen Besitzer ist sie zur Prokuristin avanciert, ist morgens die Erste und abends die Letzte in dem Süßwarengeschäft. So kann sie ihre Schwermut im Zaum halten, die sie aufgrund einer lieblosen Kindheit bei ihrer Großmutter immer wieder heimsucht. Vielmehr sorgt sie sich um die unmittelbaren Nachbarn des Schokoladenparadieses: den jüdischen Buchhändler Franz Marcus, der aufgrund des Naziregimes und den fortschreitenden Repressalien daran denkt, Deutschland baldmöglichst zu verlassen; den Drehorgelmann Willi, der gestorben und doch irgendwie noch in den Gedanken aller ist; die alte Madame Conte, die in der Beletage über dem Laden wohnt und einmal die Woche Pralinen bestellt. Sie alle sind Elfie ans Herz gewachsen und sind für sie Familie, um die man sich kümmert…
Anne Stern hat mit „Drei Tage im August“ einen wunderschönen und berührenden historischen Roman vorgelegt, der den Leser in die dunkelste Zeit deutscher Geschichte zurückführt, wo er auf einen Mikrokosmos von Individualisten trifft, die trotz ihrer Eigenheiten eine Gemeinschaft bilden und sich gegenseitig unterstützen. Der einfühlsame, bildgewaltige und prosaische Erzählstil lädt den Leser ein, sich an Elfies Seite zu begeben, um ihre Gedanken- und Gefühlswelt hautnah mitzuerleben, aber auch die Liebe zu ihrer „Schokoladenwelt“, dem Pralinengeschäft Sawade, das ihr schon lange ein Zuhause bietet. Während die Welt die Olympischen Spiele in Berlin verfolgt und von den Nazis eine Fratze vorgehalten bekommt, schaut der Leser Elfie im Laden über die Schulter, erlebt ihre kleinen Schrulligkeiten und bewundert sowohl ihren Geschmackssinn wie ihre Liebe fürs Detail. Dabei trifft er auch auf ihre Kollegen sowie die unmittelbar in der Nähe des Geschäfts arbeitenden Menschen, die wie eine eingeschworene Gemeinschaft wirken, fast wie eine Familie. Das Schicksal eines jeden von ihnen führt die Autorin dem Leser vor Augen. Gleichzeitig kommen in vereinzelten Kapiteln immer wieder die alten Linden zu Wort, die der Allee den Namen verliehen haben und dessen Pracht immer mehr verblasst. Die Autorin hat die wunderbare Gabe, die Geschichten der Menschen und die der Linden so herrlich miteinander zu verknüpfen, dass es den Leser in der Seele berührt.
Die Charaktere sind facettenreich ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Eigenheiten rühren sie den Leser an, der ihnen nicht von der Seite weicht und mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Elfie ist eine Frau in den mittleren Jahren. Ihre ganze Welt ist der Schokoladenladen, denn sie hat keine eigene Familie. Alleinsein macht sie schwermütig, denn sie hat nie wahre Liebe gespürt. Dafür ist sie umso mitfühlender, hilfsbereiter und warmherziger ihren Mitmenschen gegenüber. Franz Marcus ist ein Eigenbrötler, der sich nur in seinem Buchladen wohlfühlt, doch nun kämpft er mit der Entscheidung, alles aufzugeben und Deutschland den Rücken zu kehren. Madame Conte hütet ein Geheimnis, das sie endlich aussprechen möchte, bevor ihr Leben endet. Aber auch Leierkastenmann Willi, Barbesitzer El Hamady, Blumenmädchen Rosa sowie Dienstmädchen Mine und Verkäuferin Trude gehören zur kleinen Gemeinschaft mit ihren eigenen Geschichten.
„Drei Tage im August“ ist nicht nur ein wunderschöner Roman über menschliche Individualisten, sondern vor allem ein fein abgeschmecktes Rezept für Menschlichkeit, Mitgefühl, Zusammenhalt, Hoffnung und Liebe, das auf der Zunge zergeht und sich im Herzen einnistet. Absolute Leseempfehlung für diese Si

9 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.07.2022
Träume über dem Meer / Villa Amalfi Bd.1
Romanelli, Giulia

Träume über dem Meer / Villa Amalfi Bd.1


ausgezeichnet

Italienischer Sommertraum
50er Jahre Italien. Die 16-jährige Ida lebt mit ihren Eltern in Tramonti. Ihr Vater Raffaele lehnt sie seit ihrer Geburt ab, weil sie nicht der gewünschte Sohn ist und lässt es die Familie mit seinen Alkoholexzessen sowie durch seine Prügeleien ständig spüren. Als er plant, Ida mit einem älteren Mann zu verheiraten, verhilft Mutter Maria Grazia Ida zur Flucht, indem sie sie zu Verwandten schickt und diese um Hilfe für ihre Tochter bittet. Schon bald findet Ida eine Anstellung als Köchin im Hotel Villa Amalfi und macht sich dort recht schnell unentbehrlich, was den Eigentümern nicht entgeht, die sich blind auf sie verlassen, aber bei Kollegen auch Neid entfacht. Als der Reiseleiter Ranierei ihren Weg kreuzt, ist es für Ida die große Liebe, aber leider hat sich auch Guendalina, die Tochter der Hoteleigentümer, in denselben Mann verguckt…
Guilia Romanelli hat mit „Träume über dem Meer“ den Auftaktband ihrer Villa-Amalfi-Saga vorgelegt, der den Leser nicht nur an einen der schönsten Orte Italiens entführt, sondern auch das Sommerfeeling und Flair der damaligen Zeit zurückbringt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser in die 50er Jahre zurückreisen, um dort Ida und ihre Familie kennenzulernen. Die Zustände innerhalb der Familie sind für Ida schon sehr schwierig, denn ihre Mutter kann dem gewalttätigen Ehemann selbst nichts entgegenbringen, und alle müssen unter den Ausbrüchen von Raffaele leiden. Umso erstaunlicher ist es, dass Maria Grazia über ihren Schatten springt und Ida vor einer Zwangsehe rettet, indem sie sie zu ihren Verwandten schickt und Ida so ermöglicht, ihren eigenen Weg zu finden. Die schönen Landschaftsbeschreibungen verzaubern den Leser während der Lektüre ebenso wie Ida, und während man per Kopfkino an der Amalfiküste entlangstreift und das zauberhafte Hotel in Augenschein nimmt, wächst einem Ida mit ihrer frischen und unbekümmerten Art immer mehr ans Herz. Auch das italienische Dolce Vita wird schön durch die Geschichte getragen, auch wenn es damals arbeitsreiche Zeiten für Ida waren. Aber die Leichtigkeit und die italienische Gastfreundschaft ist immer wieder gut zu spüren, so dass man Sehnsucht nach einem Urlaub dort bekommt. Etwas unglaubwürdig ist dagegen leider, dass sich wie durch Zauberhand fast wie von selbst die Problemstellungen auflösen. Zudem bleiben einige Dinge am Ende des Romans offen, was den Leser praktisch dazu zwingt, auch den nächsten Teil zu lesen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und nehmen mit ihren menschlichen Ecken und Kanten den Leser schnell in ihre Mitte, der ihnen nur zu gerne folgt. Ida hatte in ihrer Familie wenig zu lachen, umso schöner ist ihre Entwicklung zu beobachten, als sie endlich auf eigenen Beinen steht. Sie lebt regelrecht auf, ist warmherzig, freundlich, immer hilfsbereit und offen. Mutter Maria Grazia ist eine schwache Frau, die sich gegen ihren Ehemann Raffaele nicht zu wehren weiß. Raffaele ist noch in alten Denkmustern gefangen, zudem macht ihn der Alkohol aggressiv und reizbar. Hotelbesitzer Vittoria und Ehefrau Annalisa sind freundliche Menschen, die ihr Personal sehr anständig behandeln. Tochter Guendalina ist eine verwöhnte und eifersüchtige Zicke, die immer ihren Willen haben muss und dafür über Leichen geht.
„Träume über dem Meer“ ist eine unterhaltsame Reise ins Italien der vergangenen 50er Jahre, der neben einer Familiengeschichte auch mit einer starken Protagonistin aufwarten kann. Neben dem italienischen Flair finden sich auch Liebe und Intrigen wieder, die einigen Unterhaltungswert bieten und dem Leser so eine schöne Auszeit vom Alltag bescheren. Verdiente Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.07.2022
Der Buchladen von Primrose Hill
Martin, Madeline

Der Buchladen von Primrose Hill


sehr gut

Lesen stärkt die Seele. (Voltaire)
1939 London. Grace Bennett und ihre Freundin Vic verlassen ihr ländliches Leben und kommen kurz vor Kriegsbeginn in die englische Metropole, um dort zu leben und vor allem etwas zu erleben. Während Vic eine Anstellung als Verkäuferin im Kaufhaus Harrods findet, erhält Grace die Chance, in einem Buchladen zu arbeiten. Schon bald verlässt sich der Eigentümer Mr. Evans vollkommen auf sie, denn Grace lässt nicht nur den Laden in neuem Glanz erstrahlen, sondern ihre freundliche und einfühlsame Art, auf die Kunden einzugehen, steigert zudem die Umsätze. Während London vom Krieg gebeutelt wird und sich die Menschen nach etwas Ablenkung sehnen, ist es gerade die Welt der Bücher, die ihnen diese Auszeit vom Schrecken des Krieges schenkt. Und nachdem Grace selbst durch die Buchgeschichten der Realität entfliehen kann, hilft sie den Kunden, genau das richtige Buch für sich selbst zu finden…
Madeline Martin hat mit „Der Buchladen von Primrose Hill“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur ins London während des Zweiten Weltkrieges zurückreisen lässt, sondern auch aufzeigt, wie wichtig es ist, sich von schlimmen Ereignissen und Schicksalen nicht unterkriegen und sich von Geschichten verzaubern zu lassen. Der flüssige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell an Grace‘ Seite sinken, um sie für knapp 6 Jahre zu begleiten. Grace will mit ihrer Freundin Vic dem Leben auf dem Land entfliehen. Sie träumen von Aufregung und Abenteuer in der Großstadt London, doch schon bald zerstört der Krieg ihre Hoffnungen und Träume und gibt ihrem Leben eine neue Richtung. Nun heißt es sich durchbeißen. Grace hat mit Lesen erst einmal nicht so viel am Hut, bis sie auf George trifft, der ihr ein Buch ans Herz legt. Schon bald hilft ihr diese Erfahrung, den Menschen bei ihren Sorgen und Nöten zuzuhören und für sie eine Lektüre auszuwählen, die ihnen eine Auszeit vom Alltag gewährt. Während der Krieg tobt und die Stadt nicht nur unter den Bomben vibriert, sondern auch ganze Stadtzüge zerstört, sind Bücher die letzte Bastion, um dem Wahnsinn wenigstens kurzzeitig zu entfliehen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund gekonnt mit ihrer Handlung verknüpft und lässt mit ihren bildhaften Beschreibungen während der Lektüre beim Leser ein Kopfkino erwachen. Wenn Grace den Menschen vorliest, um sie etwas von den Sirenen und Bombeneinschlägen abzulenken, sitzt einem schon mal ein Kloß im Hals, denn zwischen Angst und Verzweiflung sind es gerade die vorgelesenen Worte, die Trost spenden und die Gewalt außen vorlassen.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften liebevoll in Szene gesetzt, so dass der Leser ihnen gerne folgt und sie bei ihren Unternehmungen beobachtet. Grace ist eine zurückhaltende, freundliche Frau, die zum ersten Mal Zugang zu Büchern findet. Die Kraft und Magie der Geschichten verändert sie, sie möchte diese Erfahrung mit allen Menschen teilen. Sie ist einfühlsam, hilfsbereit und teilt die Sorgen und Nöte von anderen. Mr. Evans ist zu Beginn ein mürrischer Tropf, der erst einige Zeit benötigt, um aufzutauen, doch dann entwickelt er sich zu einem echten Freund. Mrs. Weatherford ist eine gute, mütterliche Seele, die Grace und Vic unter ihre Fittiche nimmt und über sie wacht wie eine Glucke.
„Der Buchladen von Primrose Hill“ ist anders als die üblichen Romane dieses Genres. Hier findet man eine einfühlsame Geschichte vor dem Hintergrund des Kriegswahnsinns. Nachvollziehbar, nahbar und vor allem mit der Botschaft, dass Bücher die Welt bedeuten können. Verdiente Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2022
Das Leuchten der blauen Lagune
Friese, Jani

Das Leuchten der blauen Lagune


ausgezeichnet

Eine venezianische Liebe
Um ihrer Freundin Caro bei den Hochzeitvorbereitungen zu helfen und ihr als Trauzeugin zur Seite zu stehen, reist Isabella nach Venedig. Sie ist froh, Deutschland für einige Zeit den Rücken kehren zu können, denn mit ihrer Beziehung zu Freund Marcel steht es nicht zum Besten und einen schweren Schicksalsschlag hat sie bisher auch noch nicht überwunden. Kaum in ihrer Traumstadt angekommen, läuft Isabella auch noch ihre erste große Liebe Fabrizio über den Weg, der den Kontakt damals von jetzt auf gleich abgebrochen hat. Obwohl es zwischen Isabella und Fabrizio knistert wie zu alten Zeiten, vertraut Isabella ihm erst wieder, als er ihr endlich den Grund für seine damalige Reaktion erklärt. Als der geplante Hochzeitsfestsaal wegen Hochwasser unbrauchbar ist, wird Fabrizios Tante Donna mit ihrem Palazzo zum rettenden Engel. Während die Hochzeit auf ihrem Höhepunkt ist, erfährt Isabella allerdings, dass Fabrizio ihr etwas sehr Wichtiges verheimlicht hat…
Jani Friese hat mit „Das Leuchten der blauen Lagune“ einen wunderschönen, berührenden Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur zu einer Reise in die zauberhafte italienische Lagunenstadt einlädt, sondern neben einer romantischen Liebesgeschichte auch noch einige wichtige Themen anspricht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil spendiert dem Leser einen Logenplatz an Isabelles Seite, um deren Aufenthalt in Venedig hautnah mitzuerleben. Die Freundschaft zwischen Isabelle und Caro ist wunderschön zu beobachten, denn sie ist so eng, als wären sie Schwestern. Sie können sich alles erzählen und vor allem sind immer füreinander da. Während die Autorin mit farbenprächtigen Beschreibungen Venedig vor den Augen des Lesers entstehen lässt, schenkt sie ihm gleichzeitig ein wunderbares Kopfkino, denn die Handlung spielt zur Zeit des venezianischen Carnevals. Wer diesen schon einmal miterlebt hat, wird die zauberhaften Masken und Kostüme vor dem mystischen Hintergrund der Lagunenstadt nie vergessen. So folgt man Isabella und Fabrizio mit der Gondel durch die Canäle der Stadt und auf die Insel wie Murano und erfährt nebenbei nicht nur von Fabrizios Geheimnis, sondern auch von Isabellas und Tante Donnas Schicksalsschlag, die einem mitten ins Herz gehen. Und während Isabella bei Tante Donna Amor spielt, gerät auch sie immer mehr in den Sog der Stadt und vor allem in den von Fabrizio. Die wunderschön in die Handlung eingebetteten Prosazeilen geben der Handlung zusätzliche Romantik und lassen die Geschichte sehr besonders wirken.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten ausgestaltet und sehr lebendig in Szene gesetzt. Mit ihrer Glaubwürdigkeit schleichen sie sich schnell ins Leserherz, der sie auf Schritt und Tritt verfolgt, um nichts zu verpassen und gleichzeitig mitzufiebern. Isabella ist eine liebevolle und freundliche junge Frau, die einiges an Ballast im Gepäck hat, jedoch für ihre Freundin Caro zu jeder Zeit da ist. Während Isabella eher ruhiger Natur ist, besetzt Caro die Rolle des Wirbelwindes, sie hat ein Herz aus Gold und spricht alles offen aus. Tante Donna wirkt im ersten Moment wie etwas snobistisch, doch verbirgt sie dahinter nur ihre Einsamkeit. In Wirklichkeit ist sie eine warmherzige Frau, die einmal sehr verletzt wurde. Fabrizio ist ein lieber Kerl, der Schweres durchmachen musste und niemanden damit belasten wollte.
„Das Leuchten der blauen Lagune“ ist ein berührender Roman gespickt mit Freundschaft, Romantik, Tragik und Herzenswärme, dem die wunderschöne Stadt Venedig als Hintergrundkulisse dient. Die Geschichte rührt ans Herz und lädt zum Schwelgen und Träumen ein. Absolute Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2022
WW - Italien
WW

WW - Italien


ausgezeichnet

A tavola non si invecchia. - Gute Küche schadet nicht. (It. Sprichwort)
Als Familie haben wir einige Jahre in Italien gelebt und von dort einige Rezepte mitgebracht, die sich immer wieder auf unseren Tellern finden werden. Da wir immer nach neuen italienischen Gerichten suchen, ist das neue Kochbuch von WW mit Schwerpunkt Italien deshalb nun auch bei uns eingezogen, und wir haben es gründlich ausprobiert. Wir waren nicht nur neugierig auf die verschiedenen Gerichte, sondern fanden auch den Aspekt interessant, diese in kalorienreduzierter Form auf den Tisch zu bringen, ohne dass der Geschmack darunter zu leiden hat.
Das Buch beginnt mit der Einführung in das neue Punkte-Programm von WW und die Erfolgsgeschichte einer Teilnehmerin des Programms, bevor es sich in die Kapitel „Feine Vorspeisen & knackige Salate“, „Leckere Nudeln & knusprige Pizza“, „Pesto & Saucen“, „Saftiges Fleisch & zarter Fisch“, „Buntes Gemüse & gesunde Hülsenfrüchte“ sowie „Fruchtige Desserts & Kuchen“ aufteilt. Sehr gelungen sind auf den ersten Blick nicht nur die tollen Fotos der insgesamt 70 Gerichte, sondern auch die Rezeptanleitungen und kleinen Tipps. Zudem gibt es bei jedem Rezept die WW-Points-Angabe, die für das Abnehmprogramm notwendig sind sowie die Kalorienanzahl pro Portion. Ebenso sind zwei QR-Codes zu finden, einer davon ermöglicht das Tracken der WW-Points, mit dem anderen Code kann man sich die zum Gericht dazugehörigen Kochvideos anschauen.
Nach einigen Kochsessions haben sich schon einige Lieblingsgerichte herauskristallisiert, da ist sowohl für Fleisch- und Fischliebhaber als auch für Vegetarier einiges dabei, um sich das italienische Flair und etwas Urlaubsstimmung in die heimische Küche zu holen und sich dabei gesund und ausgewogen zu ernähren, ohne auf etwas verzichten zu müssen. Sehr empfehlenswert sind u. a. die würzigen Focacciastreifen, die Rosmarin-Knoblauch-Kartoffelecken mit Dip, die gebackenen Parmesan-Zucchini, Tagliata alla Fiorentina, die neapolitanische Gemüsepizza, Linguine mit Gorgonzola und Rucola, Nudelsalat mit Pestohähnchen, gegrillter Thunfisch mit Salsa Verde und Tomatensalat, Geflügel-Gemüse-Hackbraten mit grünen Bohnen, gefülltes Schweinefilet mit Pilzen, Artischocken-Oliven-Tarte, Risotto Primavera, Tartufo-Schichtdessert, Pflaumencrostata, Himbeer-Orange-Tiramisu mit Skyrcreme und der Schoko-Cheesecake mit Kirschsauce. Jedes Gericht ist ein Gedicht für sich!!!
Dieses Kochbuch ist ein absoluter Glücksgriff, denn man findet viele neue Lieblingsgerichte, die sich zudem auch immer wieder etwas abwandeln lassen. Gleichzeitig achtet man auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Einfach und unkompliziert, so dass sich jeder daran versuchen sollte. Absolute Empfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.07.2022
Findelmädchen
Bernstein, Lilly

Findelmädchen


sehr gut

Keine Berechnung kann das Schicksal besiegen. (Ovid)
1955 Köln. Knapp 10 Jahre nach Kriegsende, in denen die 15-jährige Helga van Beek und ihr älterer Bruder Jürgen bei einer Pflegefamilie auf einem französischen Weingut gelebt haben, verändert ein Brief vom Roten Kreuz ihr Leben. Ihr Vater ist aus der Kriegsgefangenschaft zurück und möchte seine Kinder nun bei sich in Köln haben, von der Mutter fehlt jede Spur. Helga und Jürgen kommen bei ihrer Tante Meta unter. Während Jürgen beim Automobilhersteller Ford eine Anstellung findet, erfüllt sich Helgas Traum von einem Besuch auf dem Gymnasium nicht, sie muss auf Wunsch ihres Vaters auf eine Haushaltsschule. War die Freude, endlich wieder mit dem Vater vereint zu sein, anfangs groß, so schwinden Helgas Illusionen schnell. Tante Meta macht ihr das Leben schwer, aber vor allem ein Praktikum im Waisenhaus bringt sie an die Grenzen der Belastbarkeit. Während in Köln die Kriegsruinen nach und nach verschwinden und der Wiederaufbau in vollem Gange ist, sieht sich Helga den größten Herausforderungen ihres Lebens gegenüber…
Lilly Bernstein hat mit „Findelkind“ einen sehr emotionalen historischen Roman vorgelegt, der den Leser in das Köln der Nachkriegszeit reisen lässt, um Helga und die damaligen Lebensumstände kennenzulernen. Der flüssige, bildhafte und einfühlsame Erzählstil nimmt den Leser schon mit wenigen Zeilen gefangen und bringt ihn an die Seite von Helga, wo er ihr nicht nur über die Schulter schauen, sondern auch ihre Gedanken- und Gefühlswelt sehr genau erkunden darf. Haben Helga und ihr Bruder vorher in einer liebevollen Pflegefamilie eine einigermaßen schöne Kindheit verleben dürfen, so müssen sie nun bei ihrem leiblichen Vater die harte Realität kennenlernen. Die Autorin beschreibt die Stadt zur damaligen Zeit auf sehr realistische Weise, die Kriegsruinen sowie das Leben der Bewohner wird so plastisch dargestellt, dass der Leser während der Lektüre vor dem inneren Auge vor sich sieht. Auch die Rolle der Frau zu jener Zeit wird gut hervorgehoben und ruft Unwillen hervor, denn Frauen wurden immer noch als unmündige Wesen behandelt, die es zu bevormunden gilt. Besonders entsetzlich sind die Zustände in dem Waisenhaus beschrieben, in dem Helga ihr Praktikum absolviert. Hier beweist Helga beweist großen Mut, denn sie setzt sich für die Kinder ein und hat vor allem auch keine Vorurteile gegenüber farbigen Schützlingen, die besonders unter der Behandlung im Heim zu leiden haben, misshandelt und stigmatisiert werden. Die Geschichte weiß von Anfang bis Ende zu fesseln, der finale Schluss passt allerdings nicht so ganz zum restlichen Roman, ist er doch viel zu weich gespült und eher unrealistisch.
Die Charaktere sind sehr facettenreich ausgestaltet und in Szene gesetzt, mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten wirken sie sehr lebendig und nehmen den Leser in ihre Mitte, der ihnen auf Schritt und Tritt folgt. Helga hat einerseits etwas von einer Träumerin, andererseits zeigt sie neben Mut und Stärke auch ein gewisses Maß an Freiheitsdrang und Selbstbestimmung. Sie lässt sich nicht verbiegen und steht für die Dinge ein, die ihr wichtig sind, dabei hat sie das Herz am rechten Fleck. Bruder Jürgen ist aufgeschlossen und lebenslustig, während der Vater sehr schweigsam und zurückhaltend ist. Tante Meta ist ein eiskalter Drachen, die das Heft nicht aus der Hand gibt. Aber auch Fanny, Bärbel, Albert und Claire haben wichtige Rollen in dieser Handlung.
„Findelkind“ ist eine bewegende Geschichte über Selbstbestimmung, Diskriminierung, Entfremdung und der Suche nach einer glücklichen Zukunft. Neben gut recherchiertem Hintergrund besticht der Roman mit sehr real geschilderten Schicksalen, wie sie zur damaligen Zeit leider zum Alltag gehörten. Verdiente Leseempfehlung für eine sehr unterhaltsame und berührende Geschichte!

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.07.2022
Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen / Ikonen ihrer Zeit Bd.7
Paulin, Claire

Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen / Ikonen ihrer Zeit Bd.7


ausgezeichnet

Was mein Herz wach hält, ist eine Stille voller Farben. (Claude Monet)
1876 Paris. Nachdem der ausschweifende Lebensstil ihres Vaters Ernest kein Geld mehr da ist und dieser nach Belgien flüchtet, wird die 11-jährige Blanche Hoschedé aus ihrer bisher behüteten Welt gerissen und kommt mit ihrer Mutter Alice sowie den fünf Geschwistern bei dem mit der Familie befreundeten und bekannten Maler Claude Monet unter. Aber auch in Monets eigener Familie ist nicht alles eitel Sonnenschein, auch hier gibt es finanzielle Probleme und einige Schicksalsschläge zu verkraften. Blanche verehrt Monet schon lange und liebt es, ihm beim Malen zuzusehen. Schon bald greift sie selbst zu Pinsel und Farben, um ihre eigenen Eindrücke auf der Leinwand festzuhalten und entwickelt schon bald ihren eigenen Stil, wobei ihre Malerei an die Techniken von Monet erinnert und doch ihre ganz persönliche Note haben…
Claire Paulin hat mit „Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen“ einen historischen Roman vorgelegt, der mit seinem Mix aus Fiktion und realen Fakten den Leser gut zu unterhalten weiß. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert antreten, um dort nicht nur in die Welt der Kunst einzutauchen, sondern vor allem Blanche und die Lebensumstände ihrer Familie kennenzulernen. Schon früh wurde Blanche durch ihren Vater geprägt, der in die damalige Kunstszene investierte und auch persönlichen Kontakt zu den Künstlern pflegte. Leider übernahm er sich finanziell und stürzte seine Familie in den Bankrott, setzte sich nach Belgien ab, während seine Frau Alice mit den sechs Kindern bei der Familie von Claude Monet unterkam, der ebenfalls zum Freundeskreis von Blanches Vater zählte. Blanche ist fasziniert von den Bildern Monets, sie weicht dem Maler bald nicht mehr von der Seite und studiert seine Techniken, um diese dann selbst auszuprobieren. Die Jahre bei der Familie Monet waren geprägt von Höhen und Tiefen, von Zeiten der Armut, des Erfolges und der Schicksalsschläge. Nach einer Liaison mit dem amerikanischen Maler John Leslie Breck, die Monet verbot, ehelichte Blanche Monets Sohn Jean. Die Autorin hat sich sehr eng an die realen Fakten gehalten und diese mit viel Fingerspitzengefühl mit ihrer Geschichte verwoben. Die wunderbaren Beschreibungen der Landschaften, aber vor allem von Monets Garten verschaffen dem Leser während der Lektüre ein schönes Kopfkino.
Die Charaktere sind glaubwürdig und lebensnah gezeichnet, ihre menschlichen Ecken und Kanten geben dem Leser die Möglichkeit, ihnen sehr nahe zu kommen und mit ihnen zu fiebern. Blanche ist eine sehr eindrucksvolle und starke Person, die schon früh mit der Kunst in Berührung gekommen ist. Obwohl aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen, hat sie ihr Schicksal angenommen und nie den Mut verloren. Mit Fleiß und großem Interesse hat sie sich die Malerei und ihren Stil selbst erarbeitet. Blanche ist mutig, experimentierfreudig und vor allem sehr warmherzig sowie oftmals selbstlos. Freundin Geneviéve ist immer für Blanche da und unterstützt sie in allen Lebenslagen.
„Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen“ überzeugt mit einem eingängigen, empathischen Erzählstil sowie einer Protagonistin, die erst mit diesem Roman größeren Bekanntheitsgrad erreicht, der ihr eigentlich schon viel eher zustand. Der Mix aus realen und fiktiven Fakten, dem Eintauchen in die Künstlerszene und in den Haushalt Monets, die bildhaften Beschreibungen der Örtlichkeiten und Lebensweisen sowie die damals ereignisreiche Zeit für alle Beteiligten machen dieses Buch zu einem Lesegenuss, in den man wunderbar abtauchen kann. Absolute Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.07.2022
Träume im Wind
Walker, Noa C.

Träume im Wind


ausgezeichnet

Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen. (Walt Disney)
Die deutsche Lehrerin Marly kann es kaum glauben, als sie vor dem wunderschönes Herrenhaus an der normannischen Küste steht. Sie ist eine von drei Erbinnen dieses Anwesens, obwohl sie sich das nicht erklären kann. Auch die beiden Miterbinnen, die französische Geschäftsfrau Joscelin aus Paris sowie die zurückhaltende Lucienne aus Kanada, wurden von dem Erbe überrascht und können sich keinen Reim darauf machen, wieso sie geerbt haben. Schnell müssen sich die drei untereinander fremden und so unterschiedlichen Frauen zusammenraufen und das Herrenhaus auf Vordermann bringen, so will es die eigenwillige verstorbene Eigentümerin. Dabei entdeckt eine jede von ihnen nicht nur ihre verborgenen Talente, sondern sie kommen auch nach und nach auf das Geheimnis, warum ausgerechnet eine jede von ihnen zur Erbin auserkoren wurde…
Noa C. Walker hat mit „Träume im Wind“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der nicht nur mit farbenprächtigen Beschreibungen sofort zu begeistern weiß, sondern auch mit einer unterhaltsamen, warmherzigen Geschichte über Familie, Geheimnisse, Freundschaften, Liebe, Ängste und Sehnsüchte. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser abwechselnd an die Seite von Marly, Lucienne und Joscelin gleiten, um deren Gedanken- und Gefühlswelt bei diesem Abenteuer mitzuverfolgen. Lucienne, die alleinstehend und schwanger ist, sieht in dem Herrenhaus die Verwirklichung ihres Traums, als Köchin zu arbeiten und Gäste mit ihren Gerichten zu erfreuen. Marly hat dagegen so gar keine Vorstellung davon, welche Rolle sie in dem Plan spielt, doch schon bald werden alte Erinnerungen in ihr geweckt, die sie nachhaken lassen. Ihr verborgenes Gesangstalent spricht sich bald herum und wird zum Publikumsmagneten. Und Joscelin, die am liebsten sofort wieder zurück nach Paris gereist wäre, entpuppt sich nicht nur als gewiefte Geschäftsfrau, sondern auch als exzellente Barkeeperin. Wunderbar verknüpft die Autorin die einzelnen Schicksale der Charaktere miteinander, lässt sie zusammenwachsen und ihre Fähigkeiten immer weiter entwickeln. Der Leser ist bei allem hautnah dabei, denn durch die Erzählweise der Autorin spult sich während der Lektüre ein herrliches Kopfkino vor dem inneren Auge ab. Erst nach und nach fügen sich die Puzzlesteine zu einem Gesamtbild zusammen und eröffnen dem Leser die Verbindung zwischen den einzelnen Frauen. Dabei steigt die Spannung immer weiter an, um den Leser dann mit einem zufriedenen Lächeln ins Finale zu entlassen, da alle Fäden perfekt miteinander verbunden wurden.
Die Charaktere sind facettenreich ausgestaltet und in Szene gesetzt. Mit ihren glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten wachsen sie dem Leser schnell ans Herz, der ihnen nur zu gerne folgt und mit ihnen fiebert, hofft und bangt. Mardy ist eine Frau, die stets Optimismus und Freundlichkeit verströmt. Sie ist hilfsbereit, schlichtend, einnehmend und liebevoll. Joscelin hat Haare auf den Zähnen, ist energisch, hektisch, penibel und wirkt oftmals wie ein Snob. Lucienne ist zurückhaltend, schüchtern, sensibel und liebt es vor allem, in der Küche zu zaubern. Pascal ist Fitnesstrainer und Ernährungsberater. Er ist freundlich und unterstützt, wo es nur geht. Seine Schwester Sarah hat ein Händchen für Pflanzen, während Menschen ihr eher Angst einjagen, aber in ihr wohnt eine alte weise Seele und ein wunderbarer Humor. Aber auch der alte Koch ist ein Unikum, den man nicht missen möchte, ebenso wie Monsieur Henry.
„Träume im Wind“ ist ein wunderbarer Roman vor der malerischen Küste der Normandie. Der Mix aus alten Familiengeheimnissen, neuen Freundschaften, unterschiedlichen Schicksalen sowie Romantik ist unwiderstehlich und lässt den Leser regelrecht an den Seiten kleben. Absolute Leseempfehlung für ein Highlight! Einfach wunderbar!!!

10 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.07.2022
Inselluft
Hansen, Jette

Inselluft


gut

Allein läufst du um deine Insel deinem Vor-dir-Weglaufen hinterher. (Manfred Hinrich)
Da Sarah dringend eine Auszeit nicht nur für ihren Heuschnupfen benötigt, nimmt sie dafür kurzfristig ein auf sechs Monate befristetes Jobangebot als Postbotin auf der Insel Föhr wahr. Schon die Überfahrt beschert ihr die erste Bekanntschaft mit dem Künstler Sven. Doch kaum auf der Insel, wird sie von den Einwohnern sofort herzlich aufgenommen. Ihre Kollegin Gertje und Mitbewohnerin Miri sind ebenso hilfsbereit wie Tierarzt Marten. Schnell lebt sich Sarah ein, doch ein Anruf aus der Heimat bringt die Dinge, vor denen sie geflohen ist, wieder auf ihre Tagesordnung. Gleichzeitig kümmert sie sich um Martens schwangere Schwester Fee, obwohl auch hier die Erinnerungen an die Vergangenheit stets sehr präsent sind. Während Sven und Marten um Sarah werben, hat diese mehr damit zu tun, sich endlich zu den Gespenstern ihrer Vergangenheit zu stellen…
Jette Hansen hat mit „Inselluft“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser nicht nur den Besuch auf einer malerischen Insel spendiert, sondern diesen auch mit allerlei problematischen Themen konfrontiert, die das Buch auf den ersten Blick nicht offenbart. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort an Sarahs Seite gleiten, um sie fortan nicht mehr aus den Augen zu lassen, während er ihre Gedanken- und Gefühlswelt hautnah mitverfolgen kann. Schon die farbenfrohen Beschreibungen der Anreise per Fähre und den Örtlichkeiten auf der Insel projizieren wunderschöne Bilder vor dem inneren Auge des Lesers und geben ihm ein Gefühl von Inselurlaub. Sarah, die sich von dem Tapetenwechsel nicht nur Linderung für ihren Heuschnupfen erhofft, findet schnell Anschluss auf Föhr, doch kann sie sich ihren neuen Bekanntschaften nur schwer öffnen aufgrund ihrer bewegten Vergangenheit. Die Handlung beschränkt sich allerdings nicht nur auf Sarahs Probleme, sondern thematisiert darüber hinaus auch die jedes einzelnen Protagonisten, so dass der Leser von dieser geballten Menge regelrecht erschlagen wird. Sarahs Schicksal wird dabei fast zu Nebensache, wie gut, dass es da die gute alte Freundin Isabel gibt, die Sarah immer wieder zur Seite steht. Von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, Vergewaltigung, Schwangerschaft durch einen One-Night-Stand bis hin zu Selbstmord ist in dieser Handlung alles vertreten und vertreibt damit leider auch die Leichtigkeit, die der Roman eigentlich verspricht. Obwohl flüssig zu lesen, sind es gerade diese vielen zum Teil nur angeschnittenen, aber nicht weiter ausgeführten Themen, die die Lektüre dann recht unbefriedigend gestalten. Hier wäre weniger auf jeden Fall mehr gewesen.
Die Charaktere sind leider recht oberflächlich ausgestaltet, so dass der Leser mehr als Statist und stiller Beobachter fungiert als mit den Protagonisten zu fiebern und zu fühlen. Sarah ist eine zurückhaltende und hilfsbereite Frau, die mit sich selbst hadert. Sie muss erst lernen, sich endlich freizuschwimmen. Freundin Isabel ist eine Frau, die die Dinge in die Hand nimmt und mit Rat und Tat zur Seite steht. Tierarzt Marten ist ein ernsthafter, feiner Kerl, der viel Feingefühl besitzt. Sven ist ein rastloser Mann, der selbst noch an einem Schicksalsschlag knabbert. Martens Schwester Fee benimmt sich oft wie ein Teenager, der andere benötigt, um die Kohlen für sie aus dem Feuer zu holen.
„Inselluft“ ist ein kurzweiliger Unterhaltungsroman, der Inselflair verströmt, während seine Protagonisten einiges an Problemen zu wälzen haben. Ganz nett zu lesen, aber mehr auch nicht. Eingeschränkte Leseempfehlung.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2022
Der Sommer danach
Büchle, Elisabeth

Der Sommer danach


ausgezeichnet

Schiebt nie einander die Schuld zu, sondern nehmt euch auf, wie ihr seid. (Dietrich Bonhoeffer)
1945 Potsdam. Die 20-jährige Karla ist vom Krieg gezeichnet, denn sie wurde mit ihrem Geschwistern von der Gestapo in Sippenhaft genommen und als Namenlose in ein Heim gesteckt, weil ihr Vater sich politisch gegen Hitler stellte, an einem Attentat auf ihn mit beteiligt war und dafür hingerichtet wurde. Ihre Mutter und ihre jüngeren Geschwister haben immer noch mit den Nachwirkungen zu kämpfen und ihr ältester Bruder Konrad gilt als verschollen. Durch Zufall lernt die arbeitssuchende Karla die britische Joan Bright kennen, die für Churchills Delegation anlässlich der Berliner Alliierten Konferenz arbeitet. Die beiden Frauen verstehen sich auf Anhieb gut, so dass Joan Karla als Dolmetscherin einstellt, weil diese neben Englisch auch Russisch und Französisch spricht. An der Seite von Joan schwebt Karla immer wieder in Gefahr, aber sie erlebt auch das Misstrauen sowohl der Alliierten als auch der Deutschen, die sie für die Tochter eines Verräters halten. Über Joan lernt sie auch den Techniker Ray kennen, der ihr aber mit großer Ablehnung entgegentritt…
Elisabeth Büchle hat mit „Der Sommer danach“ einen wunderbaren historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur eine Zeitreise zum Ende des Zweiten Weltkrieges machen lässt, sondern auch sehr empathisch und eindrucksvoll die Lage im zertrümmerten Deutschland sowie deren Bewohner widerzuspiegeln und dabei auch die Ansicht der Alliierten mit einzubinden. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schon mit den ersten Zeilen in die Handlung eintreten, um nicht nur die Nachkriegszeit und die Aufklärung der Naziverbrechen durch die Alliierten mitzuerleben, sondern auch die Geschichte von Karla und ihrer Familie aus erster Hand zu erfahren. Dabei hat die Autorin ihre Haupthandlung, die im Jahr 1945 stattfindet, in einen Gegenwartsrahmen um eine gealterte Karla und ihrer Urenkelin Nina eingebunden, so dass die Geschichte auf unterschiedlichen Zeitebenen stattfindet und dem Leser so immer wieder in der Gegenwart etwas Entspannung gönnt, da der Handlungsrahmen in der Vergangenheit sehr emotional und oftmals schrecklich ans Herz gehen. Karla, geschunden von der Gestapo, findet sich in einem Trümmerland wieder, dass unter den Alliierten aufgeteilt wird. Bei ihrer Arbeit als Dolmetscherin bekommt sie schonungslos die Gräueltaten der Nazis präsentiert, die ihr regelrecht die Luft zum Atmen nehmen. Einerseits hofft sie auf einen Neuanfang und die Verarbeitung des Erlebten, andererseits sind da diese abscheulichen Dinge, die sie als Deutsche mit zu verantworten hat, obwohl gerade ihr Vater ein absoluter Gegner des Regimes war. Nebenbei treibt sie die Suche nach ihren verschollenen Geschwistern um und die unpassende Liebe zu einem Briten. Büchle verbindet mit akribischer Recherche politische Fakten, historisches Geschehen und die emotionale Zerrissenheit von Karla wunderbar miteinander, so dass der Leser während der Lektüre das Gefühl hat, in Karlas Haut zu stecken, ihren Zwiespalt durch jede Pore zu spüren und dabei Geschichte leibhaftig mitzuerleben.
Die Charaktere sind sehr facettenreich und detailliert ausgearbeitet und lebensnah in Szene gesetzt. Der Leser findet sich sofort in ihrer Mitte wieder, schaut ihnen über die Schulter und darf ihre Gedanke- und Gefühlswelt genau erkunden. Karla wirkt zu Beginn mutlos und verängstigt, doch je mehr man sie beobachtet, umso stärker tritt sie hervor, gewinn an Kraft und Hoffnung. Gleichzeitig wird ihre innere Zerrissenheit ob der ganzen Tatsachen, die auf sie einprasseln, deutlich. Joan ist eine selbstbewusste Frau, die ihre Geheimnisse hat. Ray ist ein empfindsamer Kerl, der schwer mit dem zu kämpfen hat, was er von den deutschen Gräueltaten gesehen hat. Auch die politischen Strategen Churchill, Stalin und Truman wurden wunderbar Leben eingehaucht, so dass sie für die Zeit der Lektüre für den Leser sehr präsent sind.
„Der Som

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