Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
orfe1975
Wohnort: 
Bonn

Bewertungen

Insgesamt 219 Bewertungen
Bewertung vom 14.06.2016
Sternstunden
Meuser, Bernhard

Sternstunden


ausgezeichnet

Sternstunden - Das Buch der ganz normalen Wunder

Cover und Aufmachung:
----------------------------------------
Das Cover ist eigentlich für den Titel und den Inhalt viel zu lieblos und unscheinbar gestaltet. Etwas grafische Aufwertung hätte diesem Werk gutgetan. Nimmt man den Schutzumschlag jedoch ab, findet man den Titel in Silberschrift auf weinrotem Hintergrund, was sehr edel und optisch viel passender erscheint. Ansonsten ist das Buch ein solides Hardcover, wodurch dem Ganzen eine gewisse Wertigkeit verliehen wird. Ein Lesebändchen wäre noch eine passende Ergänzung gewesen.

Inhalt:
----------------------------------------
Bernhard Meuser hat in diesem Buch 35 Geschichten über "normale Wunder im Leben" gesammelt. Dabei sind berühmte Persönlichkeiten, wie Mutter Theresa, Konrad Adenauer u. v. m., aber auch weniger bekannte Persönlichkeiten mit beeindruckenden Geschichten vertreten.
Dabei zeigt sich: Wunder müssen nicht zwingend "was Großes" sein, durch Liebe, Leidenschaft, Ausdauer und Vertrauen in Gott kann man wunderbare Dinge erleben und selber (er)schaffen.

Mein Eindruck:
----------------------------------------
Ich gebe zu, dass ich anfangs in den Geschichten "das Wunder" gesucht habe und leicht enttäuscht war, weil ich besonders nach der ersten Geschichte dachte: "What's the point"?, bzw. "Was will mir diese Geschichte sagen?"
Das liegt daran, dass aufgrund des Titels meine Erwartungen etwas anders gelagert waren. Es sind eben wahre Geschichten, bei denen nicht zwingend wie im Märchen eines Tages der eine, wundersame Knalleffekt eine Wendung im Leben herbeiführt. Als ich dann weiter las, kam ich ins Grübeln und merkte, dass genau das in diesem Buch ausgedrückt werden soll.
Die vielen Geschichten, die sich auch tatsächlich so zugetragen haben, erzählen von Menschen, die im Prinzip so sind wie Du und ich. Jeder findet mindestens eine Person, in der er sich ein Stück weit wiedererkennen kann. Fast alle Menschen haben gemein, dass die ursprünglichen Lebensumstände nicht unbedingt die besten sind. Aber alle schaffen es, durch Vertrauen in Gott und sich selbst ihr Leben zu meistern und am Ende entsteht etwas Besonderes, Wunderbares - nicht nur für sich, sondern auch für andere Menschen.
Hinzu kommt der liebevolle Schreibstil von Herrn Meuser. Man taucht automatisch in die Zeit und ihre Geschichte ein und es gelingt ihm, viele Details so zu schildern, dass sich einem eine ganz neue Perspektive auf die Protagonisten der Geschichten offenbart. Adenauer, van Gogh und Mutter Theresa sind nur einige Beispiele, bei denen ich durch das Buch neue, unbekannte Einsichten in die Person bekommen habe, die mich sehr berührt haben.
Diese Geschichten sind nicht nur unterhaltsam, sondern machen Mut und regen auf ihre Weise an, sich die kleinen Wunder im eigenen Leben bewusst zu machen und darüber zu freuen.

Fazit:
----------------------------------------
Im wahrsten Sinne des Wortes "Wundervolle" Geschichten, die einen berühren und Mut machen.

Bewertung vom 08.06.2016
Herzenssache
Glas, Uschi

Herzenssache


ausgezeichnet

Brotzeit e. V. - Wie aus einer kleinen Sache etwas Großes entstehen kann

Cover und Aufmachung:

Das Bild ist ansprechend, lässt aber eher eine reine Biografie vermuten, passt m. E. nicht ganz zu einem Bericht über Brotzeit e. V. Das Buch ist ein Hardcover und unter dem äußeren Einband findet man die Unterschrift von Uschi Glas in den Buchdeckel eingestanzt. Dies wirkt hochwertig und edel, sodass man das Buch gerne in die Hand nimmt.

Mein Eindruck:

Da ich Uschi Glas seit Kindheitstagen als Schauspielerin kenne und mag und immer das Gefühl hatte, dass sie eine absolute Powerfrau ist, die immer wieder aufsteht, wollte ich dieses Buch unbedingt lesen. Zudem kannte ich das Projekt noch nicht und war sehr neugierig, mehr über ihr Engagement zu erfahren.
Bereits zu Beginn beschreibt sie sehr authentisch, wie sie im Radio zufällig einen Bericht darüber hört, dass in Deutschland viele Grundschulkinder hungrig zur Schule gehen und dadurch Probleme haben, dem Unterricht zu folgen. Nach dem Bericht denkt sie: "Da müsste man was gegen machen."
Während viele andere dies auch denken, es aber dabei belassen, packt sie die Sache gleich an. Sie wendet sich persönlich an Schulen, packt Essenskisten zusammen, baut Räume zu Frühstücksräumen um, kümmert sich um Sponsoren uvm. So entsteht schließlich "Brotzeit e.V.". Ein mittlerweile sehr erfolgreiches Projekt mit vielen Unterstützern, das immer weiter wächst.

Imponiert hat mir dabei ihre Art, sich nicht unterkriegen zu lassen, denn "Wenn ich auf Widerstand stoße, passiert es oft, dass ich dann erst recht das mache, wovon ich überzeugt bin." Hinzu kommt die Art, dass sie das was sie macht, richtig machen will. Dies zeigt sich u. a. im gründlichen Recherchieren und sorgfältigen planen der nächsten Schritte. Sie sagt von sich selbst: "Ich nehme die Dinge ernst. Damit meine ich: Sie haben Bedeutung, sie sind mir nicht gleichgültig. Die 'Passt schon'-Haltung mag ja ganz locker daher kommen, aber sie lässt für meine Begriffe Wertschätzung vermissen. Für das, was man selber tut, und auch für das, was andere tun." Das finde ich eine gute und löbliche Einstellung, die heutzutage nicht selbstverständlich ist.

Zwischen den einzelnen Projektentstehungsschritten schreibt sie immer wieder über die ein oder andere Geschichte aus ihrem Leben. Teilweise nicht direkt mit Brotzeit zusammenhängend, aber für mich waren es wichtige und unterhaltsame Fakten, um mehr hinter die Fassade der Brotzeitgründerin zu blicken. Neben Uschi Glas kommen auch die Menschen zu Wort, ohne die Brotzeit nicht möglich wäre: die vielen ehrenamtlichen Helfer. Sie berichten vom "Glück gebraucht zu werden" und mich haben die vielen menschlichen Schicksale fasziniert, die durch Brotzeit aufeinandergetroffen und so eine positive Wendung erfahren haben. Man merkt beim Lesen immer wieder, dass sie und alle Helfer wirklich das Projekt zu ihrer "Herzenssache" gemacht haben und dazu ermuntern wollen, selber im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu helfen und damit ein Stück weit auch selbst glücklicher zu werden. Denn: "Nicht weil einer reich ist, kann er helfen, sondern: Weil ich helfe, bin ich reich." und "Um dazu beizutragen, dass die Welt ein Stück besser wird, braucht es keine Millionen; eine helfende Hand im richtigen Augenblick - darauf kommt es an, finde ich." Dabei geht das Engagement für den Verein längst über die Frühstücksausgabe hinaus: Mützen stricken für Kinder und Schachunterricht oder Hausaufgabenhilfe sind nur einige Beispiele. Die Vielfalt hat mich hier sehr erstaunt und ermutigt über meine eigenen Helferpotenziale nachzudenken.
Zum Schluss haben für mich viele Fotos aus dem Berufs- aber auch Privatleben von Uschi Glas sowie über das Brotzeit-Projekt das Gesamtbild abgerundet.

Fazit:

Gelungener und unterhaltsamer Mix aus der Entstehungsgeschichte zu Brotzeit e.V., den Menschen dahinter und Lebensgeschichten der Autorin - Mut machend und warmherzig geschrieben

Bewertung vom 29.05.2016
99 Überraschungen im Koran
Beutler, Kurt

99 Überraschungen im Koran


sehr gut

99 Überraschungen im Koran aus christlicher Sicht - Guter Einblick mit vielen Denkanstößen

Cover:
-----------------
Die beiden Farben grün (wie die Hoffnung) und rot (wie Krieg, Blut, aber auch Liebe) prägen das Cover und stehen für mich somit als Symbole für viele gegensätzliche, aber auch gemeinsame Themen, die den Koran und die beiden Schriftstücke des Christentums (Bibel) und des Judentums (Thora) verbinden. Die Symbole dieser drei Religionen stehen nebeneinander, wobei durch die Lupe klar der Fokus auf dem Koran liegt. Das Cover passt für mich gut zum Titel, es wirkt seriös und ein wenig zurückhaltend. Nicht unbedingt ein Eyecatcher, aber man findet es, wenn man sich für solche Themen interessiert.

Inhalt:
-----------------
Der Autor ist evangelischer Pastor, mit einer Ägypterin verheiratet und befasst sich viele Jahre mit dem Islam. In diesem Buch untersucht er in 99 kurzen, anschaulichen Kapiteln, welche Überraschungen der Koran aus christlicher Sicht bereithält. Zur Sprache kommen Themen wie Aufbau des Korans, die Rolle von Jesus, Maria und anderen Bibelpersönlichkeiten, Gewalt im Islam, die Rolle der Frau im Islam uvm.

Mein Eindruck:
-----------------
Nachdem ich begeistert vom Autor das Buch "Ehrenmorde" gelesen hatte, war ich sehr gespannt auf dieses Buch. Ich habe mich bisher noch nicht so intensiv mit dem Thema Koran und Muslime beschäftigt, und erwartete vom Autor einen kurzen, prägnanten und gut verständlichen Einblick in das Thema. Ich wurde in sofern nicht enttäuscht, dass auch dieses Buch in einer sehr anschaulichen und gut verständlichen Sprache geschrieben wurde. Die einzelnen Überraschungen sind zwar kurzgefasst, aber dennoch so umfassend, dass man versteht, worum es geht. Ich habe viel dazu gelernt, angefangen vom Aufbau des Korans über Parallelen zu Bibel bis hin zu den für mich überraschenden Unterschieden zwischen den Schriften. Auch zu den (wechselhaften) Einstellungen gegenüber Christen und Juden war mir vorher nichts bekannt, hier hat der Autor mir viele neue Erkenntnisse und Denkanstöße geliefert. Weitere behandelte Themen sind das Thema "Heiliger Krieg" bzw. Gewalt im Islam, die Rolle von Jesus in der Bibel sowie einige Details zu Deutungen der Koraninhalte.
In der Struktur sind größere Themenblöcke auszumachen, es schleichen sich zwischendurch aber immer wieder Punkte ein, die scheinbar willkürlich zwischendurch eingefügt wurden, sodass der Aufbau daher nicht immer logisch nachvollziehbar ist. Besonders die Überraschungen gegen Ende des Buches waren m. E. eher ein Sammelsurium der Dinge, die vorher nicht untergebracht werden konnten und das letzte Kapitel war für mich zwar eine gute Zusammenfassung des Buchinhaltes, aber keine eigenständige Überraschung. Der Autor wollte es wohl unbedingt auf 99 Kapitel bringen in Anlehnung an die 99 Namen Allahs als Symbol dafür, dass man auch die Überraschungen nie vollständig erfassen wird. Die Überraschungen wirken sehr fundiert recherchiert und werden durch Quellenangaben präzisiert. Häufig hat der Autor sehr ausführlich seine Erfahrungen von Gesprächen mit Muslimen und seine persönliche Schlussfolgerungen einfließen lassen. In einigen Kapiteln nennt er jedoch Dinge einfach nur, lässt sie aber unkommentiert so stehen, an diesen Stellen fehlte mir persönlich seine Interpretation.

Bei der Bewertung habe ich zwischen 3 und 4 Sternen geschwankt, mich aber für wohlwollende 4 entschieden, da das Buch trotz aller Kritik einen guten Überblick über den Koran gibt sowie gute Ansätze liefert, um mit Muslimen ins Gespräch zu kommen. Zudem gibt es Denkanstöße, um sich auch mit dem eigenen Glauben wieder verstärkt zu beschäftigen.

Fazit:
-----------------
Interessanter, umfassender Einblick in den Koran aus christlicher Sicht mit vielen Informationen und Denkanstößen, leider im Aufbau und der Ausführung nicht ganz überzeugend

Bewertung vom 09.05.2016
Indianertod
Buck, Rainer

Indianertod


ausgezeichnet

Winnetou ist tot - Manuel Wolff ermittelt

Cover:
------------------------
Das Bild mit der Leichenumrandung mit Indianerfeder hinter einem Tatortabsperrband ist eine erfrischend neue Idee, um einen Mordfall im Karl-May-Winnetou-Milieu zu kennzeichnen. Es hat mich sofort angesprochen und neugierig auf den Krimi gemacht.

Inhalt:
------------------------
Der Teilzeit-Baptistenpastor Manuel Wolff, der nebenberuflich Journalist und außerdem großer Karl-May-Fan ist, besucht die Karl-May-Festspiele in Bad Espefeld. Plötzlich fällt der Winnetou-Darsteller Branco Illic vom Pferd -tödlich getroffen von einer echten Kugel. Wolffs Freund, der pensionierte Kommissar Robert Falke ist ebenfalls vor Ort und gemeinsam recherchieren Sie, wer ein Interesse am Tod des Schauspielers haben könnte. Dabei ergeben sich gleich zu Beginn viele Fragen, auch Illics Schauspielerkollegin Jana und ihre Schwester Lisa spielen darin eine Rolle. Besonders durch Lisa merkt Wolff, dass er sich nicht nur mit den Geheimnissen der Verdächtigen, sondern auch mit denen seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzen muss.

Meine Meinung:
------------------------
Am Anfang des Krimis steht eine Liste aller im Roman vorkommenden Personen mit kurzer, teils amüsant zu lesender Beschreibung. Von der scheinbaren Vielzahl der Personen sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn die Charaktere werden alle nach und nach im Roman eingeführt und man kann sie sich gut einprägen, es ist nicht notwendig, die Liste vorher zu studieren. Ich habe die Liste nur überflogen, am Ende des Buches noch mal gelesen und konnte einige Bemerkungen dann auch erst richtig einordnen. Das ist aber das einzige kleine Manko, dass ich die Liste eher ans Ende statt zu Beginn gesetzt hätte.

Ansonsten ist nach dem Tod des Winnetou-Schauspielers erst mal jede Menge Spannung angesagt. Ein Verdächtiger rückt sofort in den Fokus, doch gibt es noch jede Menge weitere Spuren, die es zu verfolgen gilt. Auch im Verlauf des mittleren Teiles bleibt es spannend, doch die menschlichen Beziehungen und Gefühle rücken mehr in den Vordergrund, sodass der Leser mehr über die beiden Ermittler erfährt. Dabei schafft es der Autor geschickt, christliche Fragestellungen und Wertvorstellungen in die Handlung einfließen zu lassen, ohne dass die Spannung zum erliegen kommt und gibt dem Roman damit noch mehr Tiefgang. Durch die Kombination von Teilzeitpastor mit Journalist hebt sich Wolff erfrischend von Pater Brown & Co. ab. Im letzten Part schließlich nimmt die Geschichte noch mal so richtig Fahrt auf bis zu einem fulminanten Showdown mit einer für mich doch sehr überraschenden Auflösung.

Als passionierte Krimileserin war ich positiv überrascht, wie hervorragend es hier gelingt, viele Spuren zu streuen und den Leser mehrfach aufs Glatteis zu führen, ohne zu verwirrend zu werden. Schon dafür klare 5 Sterne von mir. Besonders schön finde ich aber, dass im Roman auch menschlich-christliche Aspekte wie Liebe, Vergebung und Glauben an Gott so geschickt verarbeitet werden, dass sie nicht künstlich erscheinen oder mit erhobenem Zeigefinger daherkommen, sondern dem Roman einfach einen wohltuenden Tiefgang verleihen. All das wird in einem angenehm flüssigen Sprachstil gespickt mit einer Prise Humor und kleinen Seitenhieben auf Karl-May-Werke erzählt. Auch wenn die Geschichte an sich abgeschlossen ist, ist mir das Ermittlerduo so ans Herz gewachsen, dass ich mich sehr über eine Fortsetzung freuen würde. Eine klare Leseempfehlung, wenn ich mich nicht irre...

Fazit:
------------------------
Sehr spannender Krimi mit christlichem Tiefgang, sympathischen Ermittlern und feinem Humor im Karl-May-Ambiente

Bewertung vom 26.04.2016
X-World
Arndt, Jörg

X-World


sehr gut

Die Schöpfung einer neuen Welt und die Folgen

Cover:
--------
Das Cover vermittelt gleich auf den ersten Blick, worum es geht: eine Vermischung aus Cyberworld und Bibelgeschichte. Der "Baum der Erkenntnis" wird durch eine Art Lupe betrachtet und steht so im Fokus des Schöpfers als Beobachter.

Inhalt:
---------
Der Programmierer Ron braucht nach einer Jobniederlage dringend ein Erfolgserlebnis, auch um seiner Ex-Frau Lisa und seinem Sohn Jonte unterhaltsmäßig unter die Arme greifen zu können. Da kommt ihm die Erfindung eines Cyberhelms, für das er ein neues Spiel entwickeln soll, sehr recht. Seine Vision hierfür ist die Erschaffung einer Welt, in der man noch einmal von vorne anfängt. Eine Welt wie im Paradies, in der alle Menschen glücklich und friedlich miteinander leben können - X-World. Der Start gelingt, doch Ron hat nicht mit dem Bösen gerechnet, das sich in Form eines Gegenspielers namens Lutz in seine Welt schleicht und sie nach und nach zu vergiften droht. Ron hat keine andere Wahl als einzugreifen. Der Kampf des Guten gegen das Böse beginnt.

Mein Eindruck:
-------------------
Nicht nur das Cover, auch die Idee, die Schöpfungsgeschichte in die Cyberwelt zu verlagern, hat mich von Beginn an fasziniert. Vor allem die Frage: was wäre wenn.. wenn Gott die Welt noch einmal so erschaffen würde, würde sich die Geschichte wiederholen, oder gäbe es die Möglichkeit, sie anders enden zu lassen? Wer gewinnt am Ende dieses Experimentes: das Gute oder das Böse? Und kann das eine ohne das andere überhaupt existieren? Ist der Mensch von Grund auf nur "gut"?

Von diesen und noch mehr Fragen getrieben habe ich dieses Buch begonnen zu lesen und in wenigen Tagen verschlungen. Der Einstieg ist bereits sehr gut gelungen, man schaut dem Programmierer direkt über die Schulter und begleitet ihn Tag für Tag bei der Erschaffung und Weiterentwicklung seiner Welt. Es ist spannend zu sehen, wie die Schöpfungsgeschichte auf die virtuelle Welt übertragen wird. Obwohl der Autor als Pastor kein Computerexperte ist, beweist er sehr gute Recherche und Ideenreichtum, um dies mit viel Detailliebe umzusetzen. So gibt es z. B. auf der einen Seite die Bots, die über künstliche Intelligenz verfügen, aber nicht über den Tellerrand des Spiels hinausblicken können. Der Glauben an einen Schöpfer oder gar eine Welt außerhalb X-World sind ihnen fremd. Auf der anderen Seite gibt es die realen Menschen, die sich als Spieler in der Welt herumtreiben. Sie wissen von der "Außenwelt" und dass Ron Erschaffer von X-World ist, aber haben die Wahl, Ron zu folgen oder seinem bösen Widersacher Lutz.

Doch die Erschaffung des Paradieses ist erst der Anfang. Ich möchte nicht zu viel verraten, doch ähnlich wie in der Bibel hat das Böse so viel Einfluss, dass sich X-World immer mehr verändert und sowohl Ron als auch Lutz sich einiges einfallen lassen, um ihre Interessen durchzusetzen. Dabei werden noch weitere Bibelgeschichten in leicht veränderter Form in X-World umgesetzt. Im Vergleich zum Buch der Bücher ist der Ausgang aber nicht immer ganz so vorhersehbar und zwischendurch erleben die Figuren in der realen Welt auch noch einige Dinge. Die Grenzen von RT (Real Life) zu VR (Virtual Reality) verschwimmen immer mehr und so werden auch aktuelle Probleme, wie Computer-/Onlinesucht hier thematisiert.

Das Buch hat mich durchweg gut unterhalten, durch die Übertragung von Bibelgeschichten auf die Cyberwelt oft zum Schmunzeln gebracht und viel zum Nachdenken angeregt. Dennoch hat mich das Ende nicht ganz überzeugt. In den letzten Kapiteln kamen mir einige Dinge zu übereilt vor, es waren mir ein paar Zufälle zu viel und ein paar Dinge waren mir zu kurz abgehandelt. Daher ziehe ich einen Punkt für diesem ansonsten hervorragend geschriebenen Roman ab, der zu Recht einen Preis gewonnen hat.

Fazit:
--------------------
Bibelgeschichten auf die Cyberworld übertragen - intelligent umgesetzt, spannend und mit einer Prise Humor geschrieben, regt zum Nachdenken an

Bewertung vom 25.04.2016
Ich heiratete meinen Ex-Mann
Masi, Monica

Ich heiratete meinen Ex-Mann


ausgezeichnet

Mutmachbuch für alle Ehepaare und tolle Biografie

Cover:
----------------
Auf dem Cover sieht man eine Collage ausgewählter Fotos der Autorin, glücklich lächelnd in die Kamera, alleine und bei den beiden Hochzeiten mit ihrem Mann. Zentral unter dem Titel platziert rücken die beiden Ringe das Thema "Ehe" in den Vordergrund. Dies kombiniert mit dem scheinbar kontroversen "Ex" im Titel machen Lust auf die Geschichte dahinter und das Geheimnis, das die beiden haben, um (wieder) zu einem harmonischen Miteinander zu gelangen.

Inhalt:
----------------
Die Autorin schreibt darüber, wie sie ihren "Traummann" Stefan kennen und lieben lernt, sie heiraten und kurz darauf "die Hölle" ihrer Beziehung beginnt. Als sich schließlich die Untreue in die Ehe einschleicht, ist die Trennung unvermeidlich. Doch was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen.. und so kommt es, das beide mit Gottes Hilfe eine zweite Chance bekommen, und schließlich ihren Bund ein zweites Mal standesamtlich besiegeln. Nun sind sie nicht nur als Paar, sondern auch als zweifache Eltern glücklich.

Mein Eindruck:
----------------
Ungewöhnlich, aber sehr spannungserzeugend sind die Zeitsprünge in der Erzählung. Hinzu kommt eine sehr ausschweifende Passage, in der Frau Masi viel von ihrer Persönlichkeit preisgibt, wie sie aufgewachsen ist und welche Werten sie vermittelt bekommen hat. Doch im Nachgang realisiert man schnell, dass dies wichtig ist, um den Verlauf ihrer Partnerschaft und späteren Ehe mit Stefan verstehen zu können.
Beide sind auf den ersten Blick unterschiedlich wie Tag und Nacht, doch sie teilen die gleichen Wertvorstellungen zu Ehe und Familie und nach 3 Jahren "Beziehungstest" heiraten sie in der Traumstadt Venedig. Dieses Glück währt jedoch nur einen Tag, dann kehrt durch Stress und Missverständnisse "die Hölle" in die Ehe ein. Sie möchte Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit. Er sieht sich scheinbar unerfüllbaren Anforderungen gegenübergestellt und zieht sich in sein Schneckenhaus zurück. Irgendwann streitet man nur noch oder schweigt, eine Teufelsspirale nach unten, die keiner der beiden aufzuhalten vermag. Schließlich suchen sie in einer anderen Beziehung ihr Glück und trennen sich, ohne sich jedoch aus den Augen zu verlieren.
Besonders in den Leidensjahren war ich überrascht, wie schonungslos ehrlich die Autorin ihre Gefühle und Handlungen beschreibt, auch wenn diese nicht immer rühmlich für sie sind. Das Gleiche gilt auch für die Phase, in der sie durch das Schicksal ihres Bruders zum Glauben an Jesus findet. Ihre Gedankengänge konnte ich sehr gut nachvollziehen, vor allem, weil sie auch ihre anfänglichen Zweifel ehrlich beschreibt. Trotz allem ist nicht alles "Friede, Freude, Eierkuchen", denn bis die beiden wieder zusammenkommen, bedarf es noch einiger Zeichen und Umwege von Gott. Zudem wird auch klar, dass man bereit sein muss, zu vergeben und stets auch an sich selber zu arbeiten, nur dann kann eine Beziehung wirklich gelingen.

Die Autorin schreibt sehr gefühlvoll, ehrlich und bildhaft, man fühlt sich sehr schnell ihn ihr italienisch geprägtes Temperament und ihre Persönlichkeit hinein. Man lacht und weint mit ihr und ist einfach nah am Geschehen. Durch den Einblick, den Stefan am Ende des Buches in einem Kapitel in sein Innenleben gewährt, wird der Gesamtblick sehr gut abgerundet, denn zu einer Ehe gehören eben immer zwei. Nach den ganzen intimen Geständnissen der beiden sowie einem Blick auf eine Reihe von Fotos aus ihrem Familienleben hat der Leser am Ende das Gefühl, ein enger Freund der Familie zu sein.

Fazit:
----------------
Toll und unterhaltsam geschriebenes Mutmachbuch für alle, die in einer Beziehung leben und eine Hommage an die Ehe, absolut lesenswert!

Bewertung vom 12.04.2016
Zuerst der Tee
Fonyad, Gabor

Zuerst der Tee


sehr gut

Ein Tschuktschologe in England

Cover:
-------------------------------
Das Cover zeigt blasenförmige Ausschnitte aus einem Rosengemälde, wobei die Blasen symbolisch für den Blickwinkeln der Hauptperson Eduards stehen könnten. Sie schlängeln sich wie ein Pfad, der von oben rechts nach unten rechts im Zickzackkurs läuft: Vom großen blinden Fleck zum großen Blick fürs Ganze, für die Schönheit der Natur und des Lebens. Doch auch andere Deutungen wären denkbar, denn das Cover lässt ebenso viele Interpretationen zu wie der Inhalt des Buches an sich. Das Bild wirkt schlicht, zeitlos schön und passt zum Titel, der ebenfalls leise klingend daherkommt.

Mein Eindruck:
-------------------------------
Bereits zu Beginn konnte ich kaum das Buch zur Seite legen, so angetan war ich von dem Schreibstil, es war wie eine Wellnessmassage für die Seele. Das liegt an den liebevollen Detailbeschreibungen von Eduards Charakter, aber auch dem geschickten Einflechten des umfangreichen Wissens des Autors über die Sprache Tschuktschisch, Musik, Kirche und Essen. Begleitet wird dies von einem stets vorhandenen subtilen Humor, der einem beim Lesen ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert.
Die Hauptperson Eduard mochte ich von Beginn an. Er entspricht in extremen Maßen dem Klischee eines verschrobenen Wissenschaftlers, der mit seinen Gedanken nur bei der Arbeit ist. Er erlaubt sich keine Ablenkungen oder Emotionen, zieht jeden seiner Tage in einem vorbestimmten Rhythmus durch und versagt Alkohol, Kaffee und sonstigen Genussmitteln, die seinen Geist verändern könnten. Das Auftauchen der chaotischen Musikerin Pauline bringt sein akkurat geführtes Leben ins Wanken, mehr und mehr dringt sie in seine Denkweise ein und verwandelt seinen Blick für den Sinn des Lebens. Auch seine Gefühlswelt wird in Aufruhr versetzt, seine Emotionen steigern sich kontinuierlich während des Romans bis zu einem bestimmten Punkt, an dem er eine Entscheidung treffen muss, wie er damit umgeht.
Pauline ist die Figur, die dem statische Leben Eduards neuen Schwung gibt, sie ist lebensfroh, spontan und oft wankelmütig. Das Auftauchen Eduards reizt sie, weil seine Lebenseinstellung völlig anders ist als die ihre. Dennoch ist unklar, ob die Begegnung mit ihm auch bei Ihr Spuren hinterlassen wird, er bleibt ihr ein Rätsel, sie sagt "Ich weiß wirklich nicht, ob dieser Mensch nicht doch ausschließlich aus Denken besteht, ohne Körper.... Wie ein Gespenst". Und dann ist da noch Oscar, den ein bestimmter Grund in den kleinen Ort Rye geführt hat. Er spielt, ebenso wie Mario, ein Freund Paulines, nur eine Randfigur, die immer wieder auftaucht, um neue Impulse zu setzen. Seine Beweggründe bleiben dabei undurchsichtig.

Dieser Roman ist schwer zu beschreiben: er ist sehr faszinierend und doch nicht greifbar und in keine Schublade passend. Die Handlung ist sehr vielversprechend: die Interaktionen der einzelnen Personen und die zunächst kontinuierliche Veränderung Eduards, die die Spannung zum Ende hin immer weiter steigen lässt. Doch in den letzten Kapiteln erfährt der Roman eine unerwartete, überraschende Wende, die mich ratlos, verwirrt und ein wenig enttäuscht zurückließ. Dennoch finde ich ihn gut, denn neben der Sprache, dem subtilen Humor und den reizvollen Dialogen lässt der Roman, trotz des für mich eher enttäuschenden Endes einfach sehr viel geniales Potenzial der Interpretation, vom Cover angefangen bis hin zum Titel, den Dialogen der Figuren und schließlich dem Ende der Geschichte. Und das macht das nachhaltig Packende und Faszinierende dieses Romans aus.

Fazit:
-------------------------------
Roman mit subtilem Humor, genialer Vielschichtigkeit und großem Interpretationspotenzial, mal was ganz anderes

Bewertung vom 10.04.2016
Zeit der Kornblumen
Bertschik, Margarete

Zeit der Kornblumen


ausgezeichnet

Das bewegte Leben der Marie Hoffstede

Inhalt:
Beschrieben wird das Leben der Marie Sophia Hoffstede, ein Mädchen, das in einem kleinen Dorf in Norddeutschland Ende des ersten Weltkrieges zur Welt kommt. Als Tochter eines Bauern und eine von vielen Geschwistern bleibt ihr kaum die Wahl, ihrer Neigung zu Büchern und Dichtung auszuleben. Harte Arbeit auf Bauernhöfen und Gründung einer Familie sind für sie als selbstverständlich vorgesehen. Erst nach vielen Jahren ist die Zeit für sie gekommen, sie fasst einen Entschluss, der in der damaligen Zeit zunächst Empörung und Unverständnis in ihrem familiären Umfeld entfacht. Doch sie geht ihren Weg und lebt ein zweites Mal auf.

Mein Eindruck:
Mir hat von vorneherein die klare Struktur des Romans sehr gut gefallen: zu Beginn steht dick die Jahreszahl, sodass man sich gleich zeitmäßig orientieren kann. Darüber rechts in einer Ecke steht immer ein Vers in drei Zeilen als "Appetizer" mit einem zum Kapitel passenden Natureindruck. Eingangstext eines jeden Kapitels ist immer die Beschreibung eines Fotos von Marie und anschließend folgt dann wie ein Heranzoomen die Geschichte hinter dem Bild. Bei der Fotobeschreibung musste ich automatisch an die Blindensprache im TV denken, bei dem auch alles so deutlich beschrieben wird, bis ins kleinste Detail. Als Leser fühlt man sich dadurch sofort vertraut mit Marie und hat den Eindruck, rückblickend ihr Familienalbum durchzublättern.
Interessant ist auch der Erzählstil der Handlung. Die Geschichte Maries wird eingerahmt von einem Prolog und einem Epilog, bei der der Leser direkt an Maries Gedanken teilhat und die beide in der Gegenwartsform geschrieben sind. Dagegen wird das Leben, auf das sie zurückblickt, passenderweise im Vergangenheitsstil und abwechselnd aus Sicht verschiedener anderer Personen wie z. B. ihrer Mutter, ihres Stiefvaters, ihrer Tochter etc. und nur ab und zu aus ihren Gedanken heraus erzählt. Dies gepaart mit der Tatsache dass die Geschichte nicht streng chronologisch, sondern mit ein paar Zeitsprüngen aufwartet, führten zu einem angenehmen Spannungsaufbau im Buch. Der erste Zeitsprung (in die Zukunft) kam unerwartet, da man diese Erzählweise nicht gewohnt ist, aber es machte neugierig, wie es wohl dazu gekommen ist. Die Orientierung wurde stets durch die Jahreszahlen gewährleistet und so las sich das Buch spannend bis zum Schluss. Die Autorin versteht es auch sehr gut, die Vergangenheit in ihren Details sehr gut zum Leben zu erwecken. Zum einen beschreibt sie die Orte und Landschaften sehr intensiv, dass man sich umgehend in das Szenario hineinversetzt fühlt. Zum anderen schafft sie es auch den Zeitgeist sehr gut und nachvollziehbar einzufangen mithilfe ihrer realistisch wirkenden Charaktere und ihre detaillierten Beschreibungen. Ich hatte das Gefühl, die Biographie einer Person vor mir zu haben, die tatsächlich gelebt hat, obwohl die Figur der Marie rein fiktiv ist. Ihr Leben ist stark an das typische Leben eines Mädchens vom Lande zu Zeiten nach dem ersten Weltkrieg angelehnt und doch schafft sie später einen Ausbruch aus dem konventionalen Umfeld und macht Hoffnung und Mut, dass man sein scheinbar vorbestimmtes Leben auch selbst in die Hand nehmen und ändern kann.
Der Roman hat mich gut unterhalten und gleichzeitig sehr bewegt und ich denke, hier werden viele die Geschichte ihrer Mütter oder Großmütter wiederfinden und dadurch ein Stück weit besser nachvollziehen können. Gleichzeitig ist es ein Eintauchen in eine Zeit, das auch nachhaltig für die heutige Zeit eine Botschaft bereithält, über die es sich nachzudenken lohnt: Es ist nie zu spät, sein Leben zu ändern und seinen Traum zu verwirklichen.

Fazit:
Packend geschriebene Lebensgeschichte einer Bäuerin, die den Mut findet, ihren Traum zu verwirklichen.