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BlueNa
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Remchingen

Bewertungen

Insgesamt 268 Bewertungen
Bewertung vom 09.11.2012
Inferno / Morbus Dei Bd.2
Zach, Bastian;Bauer, Matthias

Inferno / Morbus Dei Bd.2


sehr gut

Das Grauen ist noch nicht vorbei!

Johann List ist mit seiner Elisabeth und deren Großvater auf der Flucht vor dem erlebten Grauen im Tyroler Bergdorf, das mitsamt seinen Bewohnern und allen, mit der mysteriösen Krankheit infizierten, in Flammen aufgegangen ist. Doch lange hält das Glück und die Freiheit von Elisabeth und Johann nicht an: Ohne gültige Papiere müssen sie sich bis nach Wien durchschlagen, was nicht immer ganz einfach ist. In Wien treffen die Beiden dann auf freundlich gesinnte Leute, aber auch auf alte Feinde aus Johanns Soldatenzeit. Und immer sitzt ihnen die mysteriöse Seuche im Nacken…

Mit dem zweiten Teil der „Morbus Dei“-Reihe knüpft das Autoren-Duo Bastian Zach und Matthias Bauer direkt an die Geschehnisse von „Morbus Dei: Die Ankunft“ an und lassen Johann List und Elisabeth nicht zur Ruhe kommen. Ziemlich rasant verläuft ihre Flucht über Innsbruck nach Wien, eingebettet in sehr gut recherchierten historischen Fakten über Österreich um das Jahr 1704. Man merkt dieser Reihe an, dass auf historische Authentizität viel Wert gelegt wurde und mir kommt dies immer sehr entgegen, denn ich lerne beim Lesen wirklich gerne, für mich Neues, aus der Geschichte unserer Welt hinzu.

Der Erzählstil ist bildlich und temporeich. In allen Farben, Formen und Facetten lässt uns das Autoren-Duo an der Geschichte teilhaben. Rasante Actionszenen wechseln sich mit gemäßigteren Szene ab, so dass es nicht zu viel auf einmal wird. Das Tempo hat im Vergleich zum ersten Buch deutlich zugenommen und durch die rasanten Szenenwechsel noch verstärkt. Auch Spannung kommt ab der ersten Seite auf und reißt bis zum Ende des Buchs nicht wieder ab. Man hat als Leser kaum eine Verschnaufpause, selbst in den ruhigeren Szenen hält man gespannt den Atem an, ob der finsteren Machenschaften der Kirchenoberen in Wien.

Die Protagonisten sind ebenso intensiv, wie in Band eins. Die Liebe zwischen Johann und Elisabeth ist glaubwürdig, sie würden füreinander in den Tod gehen, was auch ein paar Mal beinahe geschieht. Auch die inneren Kämpfe und Zweifel der Beiden sind sehr gut nachzuvollziehen und machen sie menschlich und sympathisch. Elisabeth ist mir manchmal nur ein wenig zu naiv und zu schreckhaft, aber es ist gut möglich, dass eine Frau vom Dorf in dieser Zeit so auf eine große Stadt wie Wien reagiert hat. Ein weiterer toller Charakter ist Pater von Freising, ein Mönch des Jesuitenordens in Wien. Er hat sich ganz und gar der gerechten Sache verschrieben und hilft Johann und Elisabeth wo er nur kann.

Das Cover des Taschenbuchs ist ganz in der Manier des Vorgängerbadens gestaltet: Auf schwarzem Grund ist eine Mönchsgestalt mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze zu sehen. Im Hintergrund sieht man ein flammendes Inferno und die Silhouette des historischen Wien. Ein Wappen ist fast unkenntlich in Spotlackoptik am unteren Rand des Covers aufgebracht. Ich mag die Aufmachung dieser Buchreihe sehr! Sie ist so schön düster und geheimnisvoll, wie die rätselhafte Krankheit.

Insgesamt ist dies ein starker zweiter Teil einer Buchreihe und ich kann nur jedem empfehlen, „Morbus Dei: Inferno“ von Zach/Bauer zu lesen, dem auch der erste Band schon gut gefallen hat. Allen, die nun neugierig auf diese Rehe geworden sind, rate ich, zum ersten Teil „Morbus Dei: Die Ankunft“ zu greifen und in den düsteren Tyroler Winter von 1704 abzutauchen!

9 von 18 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.10.2012
Laugenweckle zum Frühstück / Pipeline Praetorius Bd.1
Kabatek, Elisabeth

Laugenweckle zum Frühstück / Pipeline Praetorius Bd.1


ausgezeichnet

Von der schwäbischen Kehrwoche und bruddligen Nachbarn…

…hat Pipeline Praetorius mehr als genug. Sie lebt in Stuttgart, ist Halb-Schwäbin und mit dem Katastrophen-Gen gesegnet. Pipeline hat gerade ihren (schlechtbezahlten) 80-Stunden-Job in einer Werbeagentur verloren und wacht nun am ersten Tag als Arbeitslose auf, um sämtliche Katastrophen anzuziehen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es mit dem Gang zum Arbeitsamt oder den eigentlichen Bewerbungen nicht so gut klappt, wie es eigentlich sollte und die quirlige 31-Jährige in Selbstmitleid ertrinkt. Da kommt es ihr gar nicht gelegen, dass sich ihr neuer Nachbar Leon als ziemlich gutaussehendes, aber ihr nicht hinreichend intellektuelles und noch dazu anhängliches Exemplar herausstellt. Um noch eins draufzusetzten wird Pipeline von ihrem bruddligen Nachbarn Herrn Tellerle zu seiner urlaubsbedingten Fischpflegerin auserkoren, was alles, nur nicht gut gehen kann!

Pipeline Praetorius ist echt ein Fall für sich, in einer Geschichte, wie sie nur im Schwäbischen spielen kann! Für mich, als Badnerin hat hier ein großartiger Lacher den anderen gejagt und ich musste mich morgens um halb 8 in der Stadtbahn schon sehr beherrschen, um nicht ins brüllendes Gelächter auszubrechen, wenn in Pipelines Leben mal wieder alles schief ging. Auch der Wiedererkennungswert der Stadt Stuttgart, von der ich gar nicht mal so weit weg wohne, hat natürlich dazu beigetragen, dass ich mich super schnell in diesem Roman zurechtfinden konnte. Auch wenn ich Chick-Lit normalerweise nur sehr selten lese, hat mich die Autorin mit Pipeline gleich geschnappt gehabt, ich habe genüsslich alle Katastrophen über sie und mich ergehen lassen und mich köstlich dabei amüsiert!

Vom Schreibstil war ich ziemlich überrascht. Ich hatte nicht erwartet, dass ein „Regional-Roman“ mich so fesseln kann und dabei so flüssig und leicht zu lesen ist. Alles, was ich in der Richtung bisher so angelesen habe, war eher sperrig und Krimi lastig, doch „Laugenweckle zum Frühstück“ ist ganz anders! Dieser Roman könnte auch aus der Feder von Kerstin Gier stammen, die ähnlich humorvoll von fehlgeschlagenen Selbstmordversuchen mit den sich nachziehenden Katastrophen berichten kann, wie Elisabeth Kabatek von Lines unglücklicher Situation als 31-jähriger Single ohne Job in einem Stuttgarter Miethaus in dem die Nichteinhaltung der strengen Kehrwochenregeln einem Staatsverbrechen gleich kommt. Ich konnte mir die Fettnäpfchen, in die Line nach und nach hineinstolpert, so bildlich vorstellen, dass ich aus dem lachen und Kichern kaum mehr heraus kam. Einige Gespräche sind 1:1 in Schwäbisch geschrieben, das könnte für den einen oder anderen etwas schwierig werden, auch wenn ein paar Ausrücke in Fußnoten erklärt werden.

Die Protagonisten habe ich alle gleich in mein Herz geschlossen. Pipeline ist die Chaos-Frau schlecht hin, dabei macht sie diese Tatsche überaus sympathisch, aber auch blind sich und ihren Gefühlen gegenüber. Es braucht manchmal schon einen kräftigen Tritt in Lines Allerwertesten, bis sie erkennt, was ihre beste Freundin Lila schon vor ein paar Wochen wusste. Lila ist Pipelines Fels in der Brandung. Bei ihr kann sie sich bei Prosecco und leckerem Abendessen ausheulen, aber auch ausgehen und Spaß haben. Eine echte Freundin zum Pferdestehlen. Leon wäre der perfekte Mann für Line, was sie natürlich erst mal nicht erkennt, denn sie sieht nur, dass er nicht gerne Bücher liest oder in die Oper geht. Doch der sympathische Ingenieur gibt nicht so schnell auf! Die ganzen Nebenfiguren haben alle ihren ureigenen Charme, wie sie nur in der schwäbischen Metropole Stuttgart zu finden sind. Allen voran Lines Dande Dorle ist ein Schwäbisches Original, genau wie Lines Nachbarn Herr Tellerle oder Frau Müller-Thurgau.

Fazit: „Laugenweckle zum Frühstück“ von Elisabeth Kabatek ist ein wirklich außergewöhnlicher Regional-Roman, der unbedingt über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus einen größeren Bekanntheitsgrad erlangen muss!

Bewertung vom 27.10.2012
Die Frau in Rot
Baumann, Margot S.

Die Frau in Rot


ausgezeichnet

Schicksalhafte Begegnungen

Anouk war vor ihrem schweren Autounfall ein angesagtes Schweizer Modell. Doch jetzt hat sie schwer mit sich und dem traumatischen Erlebnis, bei dem ihre beste Freundin ums Leben kam, zu kämpfen. Ein Tapetenwechsel würde ihr gut tun, rät ihre Mutter und schickt sie kurzerhand zu Anouks Großtante Valerie in ein beschauliches Schweizer Dorf. Dort soll sie sich um Valerie kümmern, die an Alzheimer erkrankt ist. Valeries Hausarzt Max Sandmeier ist gleich von Anouk angetan. Das ehemalige Modell will aber nichts von Max wissen, da sie immer noch um ihre beste Freundin trauert. Doch kurz nach ihrer Ankunft hört Anouk Stimmen und sie sieht ein kleines Mädchen und eine geheimnisvolle Frau in einem roten Kleid. Etwas Ungewöhnliches geht hier vor und Anouk versucht mit Max‘ Hilfe herauszufinden, was es damit auf sich hat.

„Die Frau in Rot“ ist Margot S. Baumanns erster belletristischer Roman und sie hat sich gleich in mein Herz geschrieben. Von der ersten Seite an war ich gefesselt von Anouks Geschichte und ihrem Weg zurück ins Leben, nachdem sie sich die Schuld am Tod ihrer Freundin gegeben und sich daraufhin vor der Welt verkrochen hat.

Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt. Der zweite Erzählstrang ist im 18. Jahrhundert angesiedelt und handelt von der jungen Bernhardine, die einem viel älteren Mann zur Frau gegeben wird und in ihrem eher unglücklichen Dasein in einem kalten, zugigen Schloss ein wenig Liebe und Zuneigung sucht. Beide Erzählstränge konnten mich völlig überzeugen, der von Anouk besticht durch ihr temperamentvolles Wesen und den unheimlichen Vorkommnissen. Der von Bernhardine haucht dem Buch historische Spannung ein, denn nie ist so richtig klar, was als nächstes geschehen wird. Die Gepflogenheiten des 18. Jahrhunderts werden äußerst glaubwürdig dargestellt und ich konnte mir alles sehr realistisch vorstellen. Vor allem mit Bernhardine habe ich gelitten.

Der Schreibstil selbst hat mir auch richtig gut gefallen. Er lässt sich wunderbar flüssig und angenehm lesen und besticht durch seine Leichtigkeit und Bildhaftigkeit. In jedem Kapitel findet jeweils ein Wechsel zwischen den beiden Zeitebenen Jetztzeit und Vergangenheit statt. Ich mochte das Buch wirklich nicht aus der Hand legen!

Die Protagonisten konnten mich auch überzeugen. Anouks Gemütszustand wird sehr glaubhaft dargestellt und ich konnte ihre Trauer und ihre Schuldgefühle gut nachempfinden. Abgesehen davon, ist Anouk eine sehr sympathische und zauberhafte junge Frau, die ab und an mal in ein Fettnäpfchen tritt und sich kräftig blamiert. Sie ist auch willensstark und mutig. Max Sandmeier, Tante Valeris Hausarzt und Anouks anfänglich verschmähtes Objekt der Begierde, konnte mich auch ziemlich schnell für sich einnehmen. Tante Valerie ist eine charismatische alte Dame, die schönen Dinge im Leben zu schätzen weiß. Bernhardine ist die einzige richtig herausgearbeitet Persönlichkeit im historischen Handlungsstrang. Auch sie ist stark und wird nur schwach, weil sie in Liebe entflammt. Ansonsten ein tolles Mädel für ihre Zeit! Die Nebencharaktere sind aber auch nicht zu verachten und machen das Buch zu etwas Lebendigem!

Das Cover finde ich wunderbar! Man sieht den entzückenden Rücken einer Frau in einem roten Kleid, die auf ein altes herrschaftliches Haus inmitten einer grünen Landschaft zugeht. Nur der Himmel verdunkelt sich gerade unheilvoll. Das Bild ist sehr passend gewählt.

Fazit: „Die Frau in Rot“ von Margot S. Baumann ist wohl einer meiner Überraschungshits in diesem Herbst. Die Geschichte hat mich durch die unheimlichen Begegnungen und wunderbaren zwischenmenschlichen Beziehungen, sowie einer spannenden und interessanten Handlung, in ihren Bann gezogen. Wer unheimlich angehauchte Bücher mit sich abwechselnden Zeitebenen und starken Charakteren mag, ist hier goldrichtig! Für mich hat das Gesamtpaket gestimmt: Mein Geheimtipp für diesen Herbst!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.10.2012
Little Brother
Doctorow, Cory

Little Brother


ausgezeichnet

Sicherheit, um jeden Preis!

Marcus Yallow. 17, clever, Computerfreak und noch dazu äußerlich nicht übel anzusehen geht mit seinen Freunden versteckten Hinweisen eines Computer Games nach, als plötzlich um sie herum heilloses Chaos ausbricht. Ein Knall, Sirenen heulen, Menschen rennen panisch durcheinander, drängen Marcus und sein team in die U-Bahn-Station. Nachdem sie sich herausgekämpft haben, werden sie am helligsten Tag, auf der offenen Straße gekidnappt. Schnell stellt sie sich heraus, dass Terroristen die Bay-Bridge in die Luft gesprengt haben und es die Heimatschutzbehörde ist, die Marcus auf eine geheime Insel verschleppt und tagelang unter menschenunwürdigen Bedingungen verhört hat. Als die Vier Tage später wieder freikommen, hat sich ihre Heimatstadt San Francisco in einen Überwachungsstaat verwandelt. Marcus ist schockiert und sagt dem Department for Homeland Security (DHS) den Kampf an. Mit allen Mitteln, die ihm zu Verfügung stehen: Der Technologie der Zukunft!

Der Jugend-Roman „Little Brother“ lässt einen als Leser ziemlich schockiert zurück, denn das Szenario, dass Cory Doctorow hier beschreibt, ist so realistisch, dass es morgen wahr werden könnte! Die Angst vor Terror und vor Terroristen steckt seit dem 11. September 2001 tief in unseren Knochen, vor allem in den USA hat es lange gedauert, bis die Stimmung sich wieder normalisiert hat. Somit ist es durchaus denkbar, dass die totale Überwachung der Bürger einer Großstadt wie San Francisco nach einem erneuten Terroranschlag böse Realität werden könnte. Auf den Anschlag selbst, auf den die erschreckenden Ereignisse in diesem Buch folgen, wird kaum eingegangen. Denn als Marcus und seine Freunde aus der Haft entlassen werden, sind schon einige Tage vergangen und das gröbste Chaos hat sich gelegt. Dann beginnen die totale Überwachung der Menschen und somit auch die Maßnahmen, die Marcus dagegen unternimmt. Er baut ein Linux basiertes X-Box-Netzwerk auf, ein sicheres Netzwerk, nachdem sein eigener Laptop und seine Bewegungen im Internet vom DHS überwacht werden. Über dieses Netzwerk bringt er viele, viele Gamer dazu, dem DHS ein Schnippchen zu schlagen.

Der Schreibstil ist für ein Jugendbuch genau richtig. In einfachen Sätzen und doch wortgewandt beschreibt der Autor das Szenario der totalen Überwachung. Er schafft es, eine bedrückende Atmosphäre zu erzeugen, in der man die Anspannung, die Furcht und die Wut der Protagonisten hautnah spüren kann. Da das Buch sich Großteils mit Computertechnologie beschäftigt, birgt es auch großes Erklärungspotenzial, was aber wunderbar gelöst wird. Die Erklärungen liefert Marcus immer selbst und zwar einfach und leicht verständlich, so dass auch nicht so technikversierte Leser verstehen, was der Protagonist da gerade vorhat.

Die Protagonisten sind sehr überzeugend dargestellt. Vor allem Marcus, den man die ganze Zeit begleitet, lernt man außerordentlich gut kennen. Ich konnte seine Gefühle und seine Motivation wunderbar nachvollziehen und auch, dass er sich in Ange verliebt, passt hervorragend zu ihm. Auch Marcus Freunde Jolu und die eben erwähnte Ange bleiben einem im Gedächtnis, da sie ihre ganz eigenen Eigenschaften haben. Mit diesen Protagonisten konnte ich mich identifizieren!

Das Cover ist für meinen Geschmack zu unauffällig gewählt worden. Zwar spielen die abgebildeten Dinge eine Rolle im Buch, doch springt es zu wenig ins Auge, denn „Little Brother“ hat meiner Meinung nach noch viel mehr Aufmerksamkeit verdient!

Insgesamt kann ich „Little Brother“ von Cory Doctorow bedenkenlos allen empfehlen, die sich in das schockierend-realistische Szenario hineinwagen wollen. Das Buch birgt eine tiefere Moral, denn durch mutige Menschen und eine Presse, die sich nicht mundtot machen lässt, kann sich alles wieder zum Guten wenden! Unbedingt lesen!!!

Bewertung vom 19.10.2012
Vakuum
Wagner, Antje

Vakuum


ausgezeichnet

Nebel des Grauens

Am 17. August um 15:07 Uhr ist plötzlich alles still in Mannheim. Keine Menschenseele befindet sich auf den Straßen, im Zug, im Bahnhof. Nur die fünf Jugendlichen Kora, Tamara, Leon, Alissa und Hannes irren verloren und irritiert durch die Gegend, bis sie nach und nach aufeinander treffen. Sie kennen sich nicht, schließen sich aber schnell zu einer Zweckgemeinschaft zusammen und versuchen zu ergründen, was mit allen anderen Menschen passiert ist. Dann entdecken sie den scheinbar harmlosen Nebel und merken schnell, dass in diesem Nebel etwas lauert. Etwas, das ihren Alpträumen entsprungen zu sein scheint und es macht Jagd auf die Fünf!

Es ist schwierig den Inhalt des Buches in Worte zu fassen, denn der Großteil der Story spielt sich in der Psyche der fünf Jugendlichen ab. Das Unterbewusstsein und der Kampf gegen die eigenen Ängste und Dämonen stehen hier im Mittelpunkt. Man erfährt auch immer nur stückchenweise, was mit den Protagonisten eigentlich los ist. Immer wieder bekommt man ein kleines Häppchen vorgeworfen und man lechzt nach mehr, doch dann geht es mit einer anderen Person oder dem Handlungsstrang in der Gegenwart weiter. Man möchte natürlich als Leser wissen, was da in dem Leben der Jugendlichen los ist und so wird man immer weiter und weiter in die Geschichte hineingezogen, ohne sich davon wieder befreien zu können, bis die letzte Seite umgeblättert ist.

Der Schreibstil von Antje Wagner war wieder unglaublich gut zu lesen. Sie schafft es, mit Worten ein Gebilde zu bauen, in das ich hineinklettern und mich darin wohlfühlen kann. Die Sätze sind zwar zum Teil relativ kurz gehalten, aber die Wortwahl und die Zusammensetzung lassen keine Langeweile aufkommen. Sie sind anspruchsvoll genug, um auch ältere Leser anzusprechen. Der Spannungsbogen der Geschichte ist zu Beginn recht niedrig, steigt aber, nachdem alle Protagonisten durch sich abwechselnde Passagen eingeführt wurden, langsam aber stetig an. Jedes Mal, wenn der Nebel auftaucht spitzt sich das Geschehen zu, um dann wieder abzufallen und sich auf einen neuen Höhepunkt vorzubereiten. Zum Schluss mündet alles natürlich in einem Show-down.

Die Protagonisten sind alles Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren. Alissa ist die Älteste, sie ist mit ihrem jüngeren Bruder Leon zusammen, als alle Menschen plötzlich verschwinden. Alissa übernimmt die Initiative und versucht herauszufinden, was nun eigentlich los ist. Leon folgt ihr meist auf Schritt und Tritt. Beiden lastet etwas schwer auf der Seele. Tamara sitzt in einem Zug nach Mannheim, der auf freier Strecke stehen bleibt. Sie ist ein äußerst cleveres Mädchen mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Hannes ist eigentlich ein gutaussehender Sunnyboy, den auch ein Ereignis in seinem Leben aus der Bahn geworfen hat. Er ist der sportliche und einfallsreiche Typ. Kora ist 16 und sitzt im Frauengefängnis in Schwäbisch-Gmünd ein. Ihren Charakter konnte ich am wenigsten einordnen. Sie mimt die Verschlossene und Unnahbare. Man lernt sie alle im Laufe des Buchs sehr gut kennen, da aus wechselnder Perspektive der Fünf erzählt wird.

Das Cover des Hardcovers ist sehr mystisch und unheimlich gestaltet. Man sieht den Nebel und schemenhafte Gestalten, sowie ein Licht in ihm. Der Titel ist in Spotlackoptik aufgebracht. Das Cover ist zwar sehr schlicht, passt aber ziemlich gut zum Inhalt des Buches.

Fazit: Antje Wagner entführt uns mit ihrem neuesten Jugendbuch „Vakuum“ in die Tiefen der Psyche. Gleichzeitig erschafft sie ein beängstigendes Szenario, das dystopische Züge trägt und dessen Ende mich schon ziemlich überrascht hat. Ich kann nur jedem ans Herz legen, dieses Buch zu lesen und sich selbst eine Meinung dazu zu bilden! Es lohnt sich!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.10.2012
Grave Mercy - Die Novizin des Todes / Grave Mercy Bd.1
LaFevers, Robin Lorraine

Grave Mercy - Die Novizin des Todes / Grave Mercy Bd.1


ausgezeichnet

Wenn der Tod deine Bestimmung ist…

Ismae kann als 14-jähriges Mädchen vor einer grausamen Zwangsheirat fliehen und kommt im Kloster des Heiligen Mortain unter. Dort wird sie zu einer „Tochter des Todes“ ausgebildet, erhält Kampf-, Verteidigungs- und Giftunterricht. Außerdem wird sie sie in den Künsten der Frauen ausgebildet. Nach drei Jahren erhält sie ihre ersten Aufträge und einer davon führt Ismae an den Hof der bretonischen Herzogin Anne und in den Haushalt des Edelmanns Gavriel Duval. Hier wird ihre Treue zu ihrem Gott auf eine harte Probe gestellt, denn wie soll Ismae in einem Geflecht aus Lügen und Intrigen des Auftrag des Todes erfüllen, ohne schwerwiegende Fehler zu begehen?

„Grave Mercy – Die Novizin des Todes“ ist der Auftakt zu einer neuen Reihe, die viel mehr historisch als von Fantasy-Elementen geprägt ist. Diese spielen nur eine Nebenrolle, aber das war in diese Buch genau richtig so! Mich konnte Robin LaFevers mit ihrem Debut im Bereich der jungen Erwachsenenliteratur nämlich absolut verzaubern und fesseln. Mit gut recherchierten historischen Fakten, konnte sie mich ebenso überzeugen, wie mit einer mitreißenden, herzerwärmenden Story rund um Ismae, einer Meuchelmörderin, im Auftrag ihres Klosters und dem Heiligen Mortain. Die Intrigen am Bretonischen Hof wurden ebenso glaubwürdig und undurchsichtig gestrickt, so dass man als Leser zuerst allem und jedem misstraut und dann zusammen mit Ismae langsam Vertrauen zu den einzelnen Protagonisten fasst. Natürlich ist der Tod ein großes Thema in diesem Buch und es fließt auch hin und wieder Blut, aber davon sollte sich keiner abschrecken lassen!

Der Schreibstil der Autorin hat mich sehr positiv überrascht. Ich mochte es, wie sie es geschafft hat, ohne Mühen Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen, wie die Geschichte mich schon nach wenigen Seiten mitgerissen hat und ich es gar nicht erwarten konnte, das Buch wieder zur Hand zu nehmen. Nach der Anfangsphase im Kloster wird es auch ziemlich schnell spannend, als Ismae den Auftrag erhält mit Duval an den Hof der Herzogin zu ziehen. Aber auch der Humor kommt nicht zu kurz! Es war immer wieder amüsant zu lesen, wie ungeschickt sich Ismae in Duvals Gegenwart anstellt und wie sie in ein Fettnäpfchen nach dem Andren tappt. Das Buch ist aus der Sicht von Ismae geschrieben, sie ist die Ich-Erzählerin.

Die Protagonisten selbst konnten mein Herz im Sturm erobern. Gerade die 17-jährige Ismae war mir schnell sympathisch, denn man erlebt mit ihr schlimme Dinge zu Beginn der Geschichte. Das verbindet einen sehr schnell mit dem jungen Mädchen. Vom Wesen her ist Ismae selbstbewusst, sie denkt sie ist spitzenmäßig ausgebildet, aber sie ist dennoch sehr naiv, was Männer allgemein und den bretonischen Hof angeht. Duval ist ebenfalls ein sehr sympathischer Kerl, dem ich von Anfang an mein vollstes Vertrauen geschenkt habe. Herzogin Anne ist ein sehr junges Mädchen, das Vertrauen und Zuneigung sucht, allerdings von allen Seiten von Intriganten umgeben ist. Selbst die Nebenfiguren sind voller Facetten und jeder von ihnen ist einzigartig. Hier war ich absolut zufrieden!

Das Cover der Klappenbroschur finde ich außergewöhnlich gut gelungen: Eine junge Frau in einem roten Kleid, steht vor alten Mauern, eine Armbrust in der Hand. Ihre Haare wehen im Wind, sie blickt in die Ferne: Ismae. Dieses Titelbild passt einfach nur hervorragend zum Inhalt des Buches. Die Klappen im Inneren sind voll bebildert und es gibt am Anfang des Buches eine Karte des Herzogtums Bretagne, die zur Orientierung beiträgt, sowie eine Übersicht über die handelnden Personen und deren Funktion/Stellung am Hofe. Dies ist mir auch sofort positiv aufgefallen.

Fazit: „Grave Mercy – Die Novizin des Todes“ von Robin LaFevers ist ein Historischer Jugendroman mit wenigen Fantasy-Elementen, der mich von Beginn an in seinen Bann geschlagen hat! Unbedingt lesen!!!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2012
Nacht über Villjamur / Die Legenden der Roten Sonne Bd.1
Newton, Mark Charan

Nacht über Villjamur / Die Legenden der Roten Sonne Bd.1


weniger gut

Die Winterstarre zieht auf

Eine bittere Eiszeit zieht über der Stadt Villjamur herauf, Flüchtlinge vom Land strömen zur großen Stadt in der sie sich Schutz vor der Kälte erhoffen. Brynd, der Kommandant der der kaiserlichen Nachtwache wird ausgesandt um die neue Kaiserin nach Hause zu geleiten. Ermittler Jeryd wird zu einem Mord an einem hohen Ratsmitglied herangezogen und Randur kommt nach Villjamur, um mit unlauteren Mitteln genügend Geld zu verdienen, um seiner Mutter zu einem längeren Leben zu verhelfen. Im Untergrund braut sich gleichzeitig eine finstere Verschwörung zusammen.

Das klingt jetzt alles ein wenig zusammenhanglos und das ist es irgendwie auch. Sämtliche Protagonisten werkeln vor sich hin, man weiß oft lange gar nicht, was überhaupt der Grund dafür ist, dass eben jene Person in dieser Geschichte existieren darf und erst zum Schluss fügt sich das ein oder andere Puzzleteil ineinander. Das hat mir aber nicht genügt! Schon der Beginn der Geschichte gestaltete sich schleppend, ich bin nur sehr schwer reingekommen und habe doch tatsächlich immer wieder vergessen, wer denn eigentlich wer war, weil es einfach zu viele Protagonisten waren, die sich da aneinander gereiht haben. Und alle waren irgendwie wichtig und dann doch wieder nicht, so als ob sich der Autor einfach nicht hat entscheiden können, auf wen oder was er nun sein Augenmerk legen soll. Meiner Ansicht nach, ein Fehler, denn so wurde die Handlung ziemlich verworren und ich habe irgendwann die Lust an diesem Buch verloren. Natürlich habe ich es trotzdem zu Ende gelesen, auch wenn das am Schluss ein wahrer Kraftakt war!

Der Schreibstil an sich ist gar nicht mal schlecht. Mark Charan Newton kann gut erzählen und Städte, sowie Landschaften beschreiben, bei Personen sieht das Ganze schon wieder anders aus. So ist Ermittler Jeryd zum Beispiel ein Rumel. Der Erklärung nach ein, mit dem Menschen verwandtes Wesen, dass viel länger lebt, eine festere Haut und einen Schwanz hat. Nur konnte ich mir unter dieser mageren Beschreibung absolut nichts Konkretes vorstellen! Auch sämtliche Menschen waren für mich nur vage umrissene Gestalten. Allein Hauptmann Brynd wird als Albino bezeichnet und sticht so deutlich aus der Masse heraus. Eine Spannungskurve konnte ich auch nicht wirklich entdecken, vielleicht ganz zum Schluss war ein Hauch von Spannung zu spüren, davor plätschert die gesamte Geschichte und auch der Kriminalfall, in dem Ermittler Jeryd ermittelt, vor sich hin.

Mit den Protagonisten wurde ich einfach nicht warm. Erst einmal hat mich die Fülle der handelnden Personen genervt, denn keine von ihnen hatte irgendwas Spannendes zu tun. Am besten hat mir dann doch noch Randur gefallen, der von weiter entfernten Inseln stammt und der zweiten Kaisertochter Eir Fechten und Tanzen beibringt. Hier bleibt natürlich die Romanze nicht aus. Ermittler Jeryd war mir einfach zu gemächlich, wobei er zum Ende hin zu wahren Höchstleistungen aufläuft. Brynd reitet eigentlich unentwegt durch eisige Landschaften auf sinnlosen Missionen. Außerdem ist da noch Rika, die zukünftige Kaiserin, die auch einmal im Mittelpunkt steht um dann wieder in die Bedeutungslosigkeit zu versinken. Natürlich gibt es noch einen Haufen an Nebenpersonen, die sich immer wieder in den Vordergrund drängen, darunter zu finden sind eine Hure, ein Kanzler, ein Ermittlergehilfe, zwei Kultisten, usw.

Das Cover der großformatigen Klappenbroschur gefällt mir dafür sehr gut. Es verspricht High-Fantasy und passt mit den dunklen, Blau-, Grau- und Violett Tönen sehr gut zur Stimmung des Buches. Der Titel ist in Spotlackoptik aufgebracht.

Für mich war „Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur“ von Mark Charan Newton ein zäher Brocken. Allein die Ideen und Fantasie, die in dieser Geschichte stecken, haben mich davon abgehalten, das Buch zur Seite zu legen und mich bis zum Ende durchhalten lassen.

Bewertung vom 24.09.2012
Erebos Bd.1
Poznanski, Ursula

Erebos Bd.1


ausgezeichnet

Die Welt ist nur ein Spiel
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Nick ist sich sicher: Da läuft etwas unglaublich cooles und geheimes und es läuft ohne ihn! Kleine Päckchen werden im Verborgenen weitergereicht, Mitschüler verändern sich, fehlen plötzlich im Unterricht. Dann bekommt Nick selbst die Chance auf so ein Päckchen mit dem Versprechen: es ist unglaublich cool, du wirst es lieben! Und Nick greift zu! Ab sofort taucht er ab in die Welt von „Erebos“, einem intelligenten und fantastischen Rollenspiel. Nick kämpft mit seinem Charakter gegen Monster und andere Spielfiguren, steigt Level um Level auf, verfängt sich immer weiter in der Welt von „Erebos“, das Spiele-Quests mit Aufträgen in der realen Welt verknüpft. Bis Nick einen Auftrag bekommt, den er unmöglich ausführen kann…
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„Erebos“ ist wahrlich ein Buch mit Suchtpotenzial! Ich kam mir beim Lesen selbst fast wie ein Dunkelelf, Nicks Spielfigur, vor, so echt waren die Erlebnisse des Elfen in Nicks Augen. Am Anfang war es ein Spiel, ein faszinierendes zwar, aber nur ein Spiel. Doch bald begannen die Realität und das Spiel ineinanderzufließen, bis sich Nicks ganzen Leben nur noch um „Erebos“ drehte. Er hat seinen Essens- und Schlafrhythmus an das Spiel angepasst, vernachlässigt seine familiären Pflichten und seine Freunde. Wahnsinn, was das für Ausmaße angenommen hat! Irgendwann war ich nur noch schockiert! „Erebos“ als Spiel an sich ist sehr innovativ, denn der Spieler hat das Gefühl, dass genau auf seine Bedürfnisse eingegangen wird. Es spielt immer eine wundervolle Musik, bei der sich der Spieler unbesiegbar fühlt, ein Spiel, das definitiv süchtig macht!
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Der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig und angenehm zu lesen. Dabei ist er sehr eindringlich und intensiv. Ich hab mich total schnell zu Recht gefunden, konnte mich auf das Buch einlassen und darin abtauchen. Nach anfänglicher Einführung in Nicks Leben vor „Erebos“, gewinnt die Geschichte schnell an Tempo und wird spannend. Vor allem die Aufgaben, die Nick im realen Leben erfüllen muss, geben Rätsel auf. Ich konnte mir die Welt in und außerhalb von „Erebos“ sehr gut vorstellen. Die Geschichte ist in London angesiedelt, was mich am Anfang ein wenig verwundert hat, was sich dann aber durchaus seinen Reiz hat. Ursula Poznanski bringt für mich alles äußert glaubhaft herüber.
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Die Charaktere konnten mich schnell für sich erobern. Protagonist Nick ist 17 Jahre alt, geht in die Schule und ist eigentlich ein typischer Teenager. Er gehört zu den Coolen, macht sich über Nerds lustig, ist ein guter Sportler und in ein Mädchen verknallt, das selbst für ihn unerreichbar scheint. Trotzdem ist Nick mir ziemlich sympathisch und das von Anfang an. Krass ist der Realitätsverlust, dem er anheimfällt. Jamie, Nicks bester Kumpel, hält nichts von „Erebos“ und versucht ihm immer wieder ins Gewissen zu reden. Emily beobachtet das Geschehen aus sicherer Entfernung. Sie macht sich zu Recht Sorgen und ist von Nick erst mal ziemlich enttäuscht. Ob er ihre Gunst zurückgewinnen kann?
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Die Aufmachung des Taschenbuchs ist sehr auffällig. Es ist in dunklem, verwaschenem Rot gehalten und ein finsteres Auge blickt uns vom Cover entgegen. Der Titel ist weiß und fällt gleich ins Auge.
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Fazit: „Erebos“ ist ein Jugendbuch, das aufgrund eines sehr aktuellen und brisanten Themas sehr nachdenklich stimmt. Computerspielesucht ist mittlerweile ein weit verbreitetes Problem in unseren Kinderzimmern und trotz des schockierend realen Szenario hat mir die Lektüre sehr viel Spaß gemacht. Ich kann das Buch nur jedem unbedingt empfehlen, der gerne in virtuelle Welten abtaucht und seine Grenzen kennt, aber besonders all denjenigen, die bei PC- Videogames an Maßlosigkeit leiden!

Bewertung vom 18.09.2012
Lebendige Schatten / Reckless Bd.2
Funke, Cornelia;Wigram, Lionel

Lebendige Schatten / Reckless Bd.2


ausgezeichnet

Zurück in der Welt hinter dem Spiegel

Nach der Rettung seines Bruders Will ist Jacob Reckless ist weiter auf der Jagd nach ungewöhnlichen Zauberdingen. Doch diesmal nicht, um sie zu verkaufen, oder im Auftrag eines Herrschers in der Spiegelwelt, sondern für sich selbst. Denn der Fluch der Schwarzen Fee, der Jacob getroffen hat, damit er Will retten konnte, lässt seine Zeit wie Sand in einem Stundenglas verrinnen. Verzweifelt probiert er alles aus, was den Sagen nach von Krankheiten und Flüchen Heilung verspricht. Doch alles ist vergeblich. Plötzlich tut sich eine letzte und auch fast utopische Chance für Jacob auf und er und Fuchs machen sich auf die Suche nach drei Körperteilen eines grausamen Hexenmeisters aus dunkler Vorzeit. Sie bleiben jedoch nicht lange allein auf ihrer Jagd und ein Wettlauf gegen die Konkurrenz und die Zeit beginnt…

Lange, lange mussten wir vor dem Spiegel ausharren, bis nun endlich der zweite Teil von Cornelia Funkes „Reckless“-Reihe erschienen ist. Und ja, das Warten hat sich so sehr gelohnt! Ich hatte wirklich hohe Erwartungen an das Buch, ob der langen Wartezeit, und als ich die ersten Seiten gelesen hatte, war ich wieder mittendrinn, als ob keine zwei Jahre zwischen den beiden Bücher verstrichen wären. Schnell waren mir die Begebenheiten aus Band eins wieder präsent. Jacob hat diese Motte auf der Brust, die er dem Fluch der Schwarzen Fee zu verdanken hat und die sein Leben bald beenden wird. Die Story um Jacobs Jagd nach der Rettung seines Lebens ist abwechslungs-, temporeich und spannend. Wir treffen wieder auf die unterschiedlichsten Märchen- und Fabelwesen, wie z.B. einen Blaubart, einen Flaschengeist und zwei Rieslinge. An Ideenreichtum mangelt es Cornelia Funke wahrlich nicht!

Der Schreibstil ist wunderbar frisch, bildlich und farbenfroh. Man spürt die Poesie der Worte, die mal zart wie Schmetterlinge, mal hart wie Jade auf den Leser einwirken. Ich war gefesselt und gefangen in der Welt hinter dem Spiegel, ich wollte nur mit Jacob und Fuchs los ziehen und Abenteuer erleben, wollte auf wilden Rössern reiten und durch tosende Meere schwimmen. Selten kann mich ein Buch so gefangen nehmen und begeistern, denn der Spannungsbogen steigt ziemlich schnell an und wird auch konstant hoch gehalten. Ich konnte keine Längen entdecken und war immer gewillt weiterzulesen, denn ich wollte Jacob unbedingt retten!

Das Cover beinhaltet wieder den silbernen Spiegelrahmen, diesmal vor einem dunkelgrünen Hintergrund. Im Mittelpunkt steht die braune Motte, die Jacobs Leben bedroht. Somit ist die Umschlaggestaltung des Hardcovers sehr passend gewählt und spricht mich ungemein an.

In diesem Teil geht es hauptsächlich um Jacob und Fuchs und ihre Abenteuer auf der Suche nach dem rettenden Artefakt. Will trifft man nur ganz kurz zu Beginn der Geschichte. Aber Jacob entwickelt sich zu einem jungen Mann, den ich einfach nur noch mögen musste. Im ersten Band war ich noch so hin- und hergerissen, doch jetzt tut er mir einfach nur Leid und ich bewundere seinen Mut und sein Durchhaltevermögen. Er kämpft zwar für sich, aber auch für alle, die ihm nahe stehen und sein Egoismus schrumpft auf ein Minimum zusammen. Fuchs setzt sich bedingungslos für ihren Freund ein, stellt sich für ihn sogar ihrer unliebsamen Vergangenheit. Ob ihre Liebe erwidert werden wird?

Fazit: „Reckless – Lebendige Schatten“ von Cornelia Funke konnte mich sogar noch mehr begeistern, als „Steinernes Fleisch“ und ich habe eine märchenhafte Zeit hinter dem Spiegel verbracht. Hoffentlich lässt uns Frau Funke nicht wieder so lange auf eine Fortsetzung warten!

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2012
Denk an mich in der Nacht
Harris, Joanne

Denk an mich in der Nacht


gut

Eine Geschichte, dunkel wie die Nacht

Alice wird nach zwei Jahren Trennung mit ihrem Exfreund Joe konfrontiert wird. Er bittet sie, seine neue Freundin Ginny bei sich wohnen zu lassen. Alice ist fasziniert und abgeschreckt zu gleich von der rothaarigen Schönheit, die sich plötzlich ganz anders benimmt, wie wenn Joe bei ihr ist. Auch Ginnys merkwürdige Freunde weisen auf ein ernstzunehmendes Problem der Schönen hin. Auch Daniel Holmes kämpft im Jahr 1948 in Cambridge gegen (seine) Dämonen…

Joanne Harris hat ihr Erstlingswerk „Denk an mich in der Nacht“ mit 17 Jahren geschrieben, doch erst vor wenigen Jahren wurde diese düstere Geschichte ins Deutsche übersetzt. Die Handlung ist in Cambridge angesiedelt, der Universitätsstadt in England.

Ich mochte den Schreib- und Erzählstil der Autorin von Anfang an. Das Buch las sich gut und die Stimmung, die vor allem den ersten der beiden Erzählstränge durchdringt, dunkel und unheilvoll, war zum Greifen nahe. 1948 rettet Daniel Holmes eine schöne junge Frau namens Rosemary aus dem Fluss. Er ist der Held, wird aber krank und als er wieder genesen ist, hat sein Freund Robert ihm die rothaarige Schöne vor der Nase weggeschnappt. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Auch in der Gegenwart merkt Alice schnell, dass mit Joes neuer Flamme irgendwas nicht stimmt und nimmt die Spur von Ginny und ihren Freunden auf. Nebeneinander fließen die beiden Erzählstränge her, kommen sich immer näher, um zum Schluss in einander überzugehen. Und hier kommen wir auch schon zum größten Manko des Buches: Im letzten Teil ändert sich der Stil völlig, er wird einfach nur total wirr und undurchsichtig. Ich habe zum Teil überhaupt nicht mehr verstanden, was nun gerade passiert. Das ist es, was mich am meisten an der Geschichte stört, und nicht, dass sehr schnell klar ist, wer oder was Rosemary eigentlich ist.

Die Protagonisten gefallen mir alle sehr gut. Rosemary haben mehr gemeinsam, als es zuerst den Anschein hat und sie treiben ein perfides Spiel mit ihren Opfern. Alice, eine junge Malerin, wir sehr kreativ, um ihren Exfreund Joe aus den Fängen von Ginny zu befreien und das, obwohl er ihr nicht glaubt, ihr sogar droht. Sie ist mir sehr sympathisch gewesen und ich konnte ihre Gefühle immer voll nachempfinden. Nur manchmal fand ich sie zu leichtsinnig, ich würde nicht nachts allein in dunklen Gassen herumschleichen. Joe ist eigentlich ein unbezähmbarer Freigeist, der sich der Musik verschrieben hat. Doch nun ist er ganz verändert. Daniel Holmes ist ein junger Mann, ein Student in Cambridge. Er ist sehr klug, doch er hat noch keine Lebenserfahrung und blickt zu seinem Freund Robert auf. Robert wird von Rosemary verführt und ist ihr bald ebenso hörig, wie Joe seiner Ginny.

Das Hardcover besticht mit einer ungewöhnlichen, aber sehr schönen und stimmigen Umschlaggestaltung. Eine rothaarige junge Frau mit schneeweißer Haut, die Rosemary/Ginny darstellen soll liegt mit geschlossenen Augen auf dem Rücken. Die Haare breiten sich bis zum unteren Buchrand aus. Das rote Kleid, das sie trägt bringt ihre geheimnisvolle Ausstrahlung richtig zur Geltung. Mir gefällt es sehr gut!

Insgesamt hat mir „Denk an mich in der Nacht“ von Joanne Harris gut gefallen, die Story nahm schnell Fahrt auf und konnte mich begeistern. Doch der Schluss hat mich so verwirrt, dass ich keine Ambitionen mehr hatte, ihn zu Ende zu lesen (was ich natürlich trotzdem getan habe). Deshalb vergebe ich „nur“ drei von fünf Sternen.