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clematis

Bewertungen

Insgesamt 151 Bewertungen
Bewertung vom 27.06.2024
Hast du Zeit? (eBook, ePUB)
Winkelmann, Andreas

Hast du Zeit? (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Rasant

Menschen verschwinden, Erwachsene dürfen das, sie müssen sich nicht bei Verwandten oder Freunden „abmelden“. Sofern keine Gefahr in Verzug ist, geht die Polizei den Vermisstenmeldungen auch nicht übermäßig engagiert nach, es gibt wichtigere Delikte und Mangel an Personal.

Das Buch beginnt – sehr passend und atmosphärenreich – in einem Bestattungsinstitut. Ohne langes Vorgeplänkel wird der Leser einfach mitten ins Geschehen geworfen und ist ebenso ahnungslos, worum es geht, wie die Person, welche anfangs die Hauptfigur spielt. Unterschiedliche weitere Handlungsstränge werden in den folgenden Kapiteln eröffnet, der Zusammenhang ergibt sich erst im Laufe der Zeit. Das Tempo ist durchwegs hoch, die einzelnen Szenen spannend. Unterschwellig schwingt stets eine gewisse Beklemmung mit, welche Andreas Winkelmann gekonnt durch seinen flotten Schreibstil kreiert. Rasant geht es von einem Schauplatz zum nächsten, von einer wesentlichen Figur zur anderen. Was wie lauter Einzelteile wirkt, wird aber schlussendlich logisch und verständlich zusammengeführt, das ungewöhnliche Motiv bündelt alle losen Fäden zu einem passenden Ende. Unter den Figuren tut sich speziell Lars Erik Grotheer hervor mit seinem Jemand, der die Handlung perfekt abrundet.

Nicht allzu brutal, dafür mit steter Spannung, die einen nicht loslassen lässt – so empfinde ich diesen neuen Thriller von Winkelmann. Nach ausgezeichneten Lesestunden kann ich dieses Buch nur weiterempfehlen.

Bewertung vom 27.06.2024
Wisting und der ungewollte Verrat / Wistings schwierigste Fälle Bd.2 (eBook, ePUB)
Horst, Jørn Lier

Wisting und der ungewollte Verrat / Wistings schwierigste Fälle Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Persönlich

Eher zufällig kommt William Wisting zu einem Erdrutschunglück, wo er sich um erste Hilfestellungen kümmert. Am nächsten Tag steht fest: alle Bewohner konnten geborgen werden, Verletzte werden im Krankenhaus versorgt. Aber dann kommt die große Überraschung: bei den Sicherungs- und Aufräumarbeiten wird eine Leiche gefunden, die nicht direkt mit dem Hangrutsch in Zusammenhang steht, denn Wisting entdeckt ein Schussloch am Opfer.

Zerstörte Häuser, verängstigte Menschen – ganz anders als üblich beginnt dieser Krimi mit einem Unglück, der Kriminalfall taucht erst später auf. Das Ganze ist dadurch aber um nichts weniger spannend, im Gegenteil, durch eine ganz persönliche Verstrickung Wistings in die Angelegenheit wird die Dramatik eher noch gesteigert. Der ansonsten sehr besonnene und klug agierende Kommissar steckt diesmal in einer Zwickmühle, ob seine Art der Problemlösung die richtige ist? Wer William Wisting bereits kennt, wird sich über dieses Wiedersehen freuen, das natürlich auch seine Tochter Line und seine Enkelin Amalie mit einschließt. Wisting als Ermittler und gleichzeitig als fürsorglichen Vater und Opa zu begleiten, bietet eine sehr schöne Sicht auf dessen Persönlichkeit und untermalt die Polizeiarbeit auf sehr angenehme Weise. Dazu kommt der wunderbar flüssige Schreibstil Jørn Lier Horsts, der den Leser von Anfang an mitnimmt und durchwegs fesselt bis zum gekonnt herbeigeführten Ende.

Realistische Szenen, gut vorstellbare Figuren, eine durchdachte Handlung – alles, was man von einem guten Krimi erwarten darf, bietet auch dieser spezielle Fall von „Wisting“. Ich habe mich bestens unterhalten und empfehle den „ungewollten Verrat“ daher sehr gerne weiter.

Bewertung vom 26.06.2024
Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null (eBook, ePUB)
Graw, Theresia

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Briten

Bad Oeynhausen, 1945: Nach kurzer amerikanischer Besatzung übernehmen die Briten die Herrschaft und errichten mitten im Kurort Bad Oeynhausen ihr Hauptquartier. Die bisherigen Bewohner werden kurzerhand vor die Tür gesetzt und müssen bei Verwandten oder in Lagern unterkommen. Während Anne in eine primitive Baracke vor der Stadt zieht, marschiert ihre frühere Freundin Rosalie zu einem Bauernhof, wo sie gegen Mithilfe bei Stall- und Hausarbeit eine kleine Kammer und Kost bekommt. Während die eine gegen die britische Bevormundung aufbegehrt, versucht die andere, sich mit den Besatzern zu arrangieren.

In kurzen, übersichtlichen Kapiteln stellt Theresia Graw die Geschichte von Anne und Rosalie dar, verquickt historische Fakten mit romanhaften Elementen zu einem besonderen Ganzen. Von der ersten bis zur letzten Seiten herrscht spürbare Lebendigkeit, man erkennt das Herzblut der Autorin, welches in jeder einzelnen Zeile steckt. Detaillierte Recherchen lassen überaus realistische Szenen entstehen, die einem bisweilen den Atem stocken lassen über die Gräuel, welche auch nach dem Krieg noch zu erdulden waren – mit ein paar persönlichen Habseligkeiten sind die Oeynhausener aus den eigenen vier Wänden vertrieben worden, Hunger und Kälte nagen an den ohnehin geschwächten Menschen, jeder Tag gleicht einem Kampf ums Überleben. Anne und Rosalie stehen als Beispiel für Schicksale, welche sich so oder ähnlich zugetragen haben und erinnern auch heute noch an jene schreckliche Zeit. Aber auch die Briten sind hervorragend charakterisiert, insbesondere ihre Art zu sprechen ist sehr treffend wiedergegeben.

Mit viel Feingefühl und stilistischer Wertigkeit erzählt Theresia Graw vom Grauen und vom Hoffen, vom Verzagen und vom Kämpfen. Die Blickwinkel von Anne und Rosalie beleuchten unterschiedliche Herangehensweisen, wobei keine besser ist als die andere, jeder muss seinen Weg finden und für sich zurechtkommen. Sehr emotionale und berührende Augenblicke darf der Leser mit den beiden jungen Damen erleben, und auch heute noch denkt man beim Lesen immer wieder darüber nach, wie man wohl selbst in solchen Situationen gehandelt hätte.

Ich bin auch von diesem Roman aus der Feder Theresia Graws sehr ergriffen und werde den Nachhall noch länger in mir spüren. Ein hervorragendes Buch aus historischen Gegebenheiten und einer wunderschönen fiktiven Handlung, ich empfehle es sehr, sehr gerne weiter!

Bewertung vom 26.06.2024
Anna O. (eBook, ePUB)
Blake, Matthew

Anna O. (eBook, ePUB)


sehr gut

Hoffnung

Hoffnung ist es, was Psychologe Dr. Benedict Prince wecken möchte, um eine Patientin aus ihren vierjährigen Schlaf zu holen. Er geht von einem Resignationssyndrom aus, das behandelbar ist. Allerdings steckt er in einer Zwickmühle: denn wenn Anna O. zu Bewusstsein kommt, wird sie wegen Doppelmordes vor Gericht gestellt, immerhin ist sie mit einem blutigen Messer in der Hand aufgefunden worden, während ihre beiden Freunde tot im Blut gelegen sind. Aber ist sie überhaupt schuldig? War sie im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte? Oder war sie als Schlafwandlerin unterwegs?

Aus unterschiedlichen Blickwinkeln wird diese Geschichte erzählt, vorwiegend von Ben in der Ich-Form, der Rest aus Sicht eines neutralen Dritten. So wechseln die kurzen Kapitel rasch und fachen des Lesers Neugierde an. Was ist das Resignationssyndrom? Warum sind Schlafwandler nicht oder nur bedingt schuldfähig? Interessante Themen kommen zur Sprache, während das wichtigste natürlich unter den Nägeln brennt: was hat Anna in besagter Nacht getan?

Blakes Schreibstil ist flott und nimmt den Leser mit, die Figuren sind teilweise schwer durchschaubar und auch die Handlung selbst ist komplex. Leider wird es im letzten Drittel dann ein wenig langatmig, aber wo man sich im Grunde schon ein Ende erwartet, kommt nochmals Spannung auf mit überraschenden Wendungen - diese Auflösung habe ich keinesfalls vorhergesehen.

Das angesprochene Thema ist überaus interessant, wer Lesen ohne überschwängliche Dramatik und barbarisches Blutvergießen liebt, wird hier gut bedient sein.

Bewertung vom 23.06.2024
The Stranger's Wife
Weatherley, Anna-Lou

The Stranger's Wife


sehr gut

Bewertet wird die deutschsprachige Ausgabe, Die Frau des Fremden.

Zufall

Beth lebt wie in einer Bilderbuchfamilie, reicher Mann, süße Tochter, bemerkenswertes Anwesen, Cath findet sich am anderen Ende der Skala, gebunden an einen unverbesserlichen Drogensüchtigen, immer wieder spitalsreif geprügelt, voller Angst, da ihr der Kerl den Tod androht, sollte sie ihn je verlassen. Zwei Welten, welche einander nie begegnen? Der Zufall – das Schicksal? – kann auch das möglich werden lassen.

Flott dahin fliegen die Seiten, wenn man ein Buch von Anna-Lou Weatherley aufschlägt, so auch hier, wo es um zwei Frauen, zwei Welten, geht, welche unterschiedlicher nicht sein könnten. Aber die eine Welt ist nicht so toll, wie sie aussieht, die andere nicht so ausweglos, wie sie scheint. Der Fokus liegt eher auf Beths Geschichte, und auch Dan, dem Ermittler, wird ausreichend Raum gewährt. Aufgrund des Zufalls und den dadurch möglichen Verwirrungen und Wendungen, spielt aber auch Cath eine Rolle. So geht es in raschem Tempo hin und her, die Autorin wechselt häufig Schauplätze und Zeitpunkte, sodass der Leser dem Geschehen volle Aufmerksamkeit schenken muss, um nicht den Faden zu verlieren. Wer ist für welche Tat verantwortlich, wer hat welchen Plan ausgeheckt? Spannende Fragestellungen, in die Enge getriebene Figuren, man kann den Thriller kaum aus der Hand legen. Der Zufall, Dreh- und Angelpunkt der Handlung, wirkt aber doch recht künstlich eingefügt, ein Punkt, der mir nicht ganz so gut gefällt. Nichtsdestotrotz erlebt man Beths und Caths Schicksal hautnah mit und wartet gespannt auf eine Ende, welches schließlich alle – einschließlich den Leser – zufriedenstellt.

Vier Sterne und eine Leseempfehlung für Freunde von kniffligen Wendungen und Überraschungen.

Bewertung vom 23.06.2024
Bretonische Sehnsucht / Kommissar Dupin Bd.13 (eBook, ePUB)
Bannalec, Jean-Luc

Bretonische Sehnsucht / Kommissar Dupin Bd.13 (eBook, ePUB)


sehr gut

Mystisches Inselleben

Bei seinem bereits dreizehnten Fall ermittelt Kommissar Georges Dupin auf der rauen Atlantikinsel Ouessant, etwa zwanzig Kilometer westlich des französischen Finistère. Ein junger Mann wird an den Strand der Insel geschwemmt, wobei unklar ist, ob es sich um einen Unfall oder um Mord handelt. Begleitet von Mythen und Mysterien rund um das Eiland stochert Dupin lange im Dunklen und muss sich mit augenscheinlichen Nebensächlichkeiten, wie dem Unterschied zwischen Meerjungfrauen, Nixen und Sirenen, beschäftigen.

Die malerische Kulisse der wildschönen Insel begleitet den Leser quer durch den Krimi, immer wieder erwähnt Jean-Luc Bannalec die Besonderheit der Natur- und Tierwelt, holt aus zu geschichtlichen Informationen und lässt gerne das wandelnde Lexikon namens Kommissar Riwal zu Wort kommen, wenn es um Mythen, Riten und Brauchtum geht. Insbesondere die Musik und landestypische Instrumente spielen eine Rolle, aber auch Zeremonien rund um den Tod werden Dupin und den Lesern nahegebracht. Bisweilen schweift dadurch der Text weit von der Handlung ab, die eigentlichen Ermittlungen rücken häufig in den Hintergrund. Es dauert also eine ganze Weile, bis es irgendeine Idee zur Todesursache des Angeschwemmten gibt. Unterhaltsam ist der Krimi trotzdem, denn anders als gewohnt, steht Dupin auf der Insel kein Dienstwagen zur Verfügung, als Ersatz hat Riwal Fahrräder organisiert – ebikes, mit denen der leitende Kommissar sich erst anfreunden muss. Außerdem unternimmt er aufgrund fehlender Beweise auch noch einen waghalsigen Alleingang, der ihm nicht gut bekommt.

Der flüssige Schreibstil vermag den Leser auch diesmal mitzunehmen, die ungewöhnlichen Hintergründe hätten gerne etwas kürzer ausfallen können. Dennoch bietet das mystische Inselleben gute Unterhaltung, auf die man sich gerne einlassen kann.

Bewertung vom 23.06.2024
Der Ruf der Nachtigall / Eifelfrauen Bd.2 (eBook, ePUB)
Riebe, Brigitte

Der Ruf der Nachtigall / Eifelfrauen Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Schwestern

Tochter Klara und Adoptivtochter Mia wachsen bei ihrer Mutter Johanna im beschaulichen Altenburg in der Eifel auf. Entbehrungen während der Kriegsjahre und auch danach können den beiden Mädchen aber nichts anhaben, sie sind stark, wie ihre (weiblichen) Vorfahren der Familie Fuchs. Während Klara besonders musikalisch begabt ist und eine sehr schöne Singstimme hat, liegen Mias Fähigkeiten mehr im mathematisch-organisatorischen Bereich. So unterschiedlich die beiden Schwestern sind, so innig ist ihre Liebe zueinander – bis eines Tages der Schauspieler Pavel im Dorf ankommt.

Während im ersten Band der Eifelfrauen Johanna im Mittelpunkt steht, geht es nun um ihre beiden Töchter Klara und Mia. Eifrig helfen sie mit am kleinen Bauernhof, füttern Ziegen, ernten Obst. Die Bilder, welche Brigitte Riebe mit Leichtigkeit entwirft, hat man schnell in bunten Farben vor Augen, sogar die Melodien auf Klaras Lippen vermeint man zu hören - die abgesetzten Texte dazu passen sehr gut ins Geschehen. Mit viel Liebe zum Detail wird eine fahrende Oper auf die Beine gestellt, andernorts über den Absatz von Zigaretten diskutiert. Das Weltgeschehen zwischen 1945 und 1954 fließt als Hintergrund mit ein und erklärt unter anderem, warum ein Mitglied der Großfamilie nach Amerika ausgewandert ist oder ein anderes sich den Nazis angeschlossen hat. Das Fuchs-Imperium umfasst ja eine recht vielfältige Mischung an Charakteren, die der Journalist unter ihnen sogar in einem sehr persönlichen Buch abbildet. Immer wieder werden kurz auch Personen erwähnt, welche kaum mit Klara und Mia Kontakt halten, was mich im Ablauf der Erzählung weniger interessiert, sondern eher vom roten Faden abgelenkt hat. Auch sonst fließen sehr viele Einzelheiten mit ins Geschehen ein (Mirabellenprinzessin, Gründgens,…), welche durchaus interessant, aber schon ziemlich weit entfernt sind vom Kern des Geschehens. (Was für mich bisweilen schon ein wenig zu viel ist, gefällt anderen Lesern aber gerade besonders gut!) Der Anknüpfungspunkt zu Teil Eins über die Füchse im Garten hingegen passt wieder wunderbar zu allen anderen Blicken in die Natur.

Der Ruf der Nachtigall ist eine würdige Fortsetzung der „Eifelfrauen“ mit Klara und Mia, den zwei ebenso unterschiedlichen wie liebenswerten Schwestern, die schlussendlich beide ihren Weg finden. Der ruhige Schreibstil Brigitte Riebes führt unaufgeregt durch eine schöne Handlung, welche sorgfältig recherchierte Details bereithält und den Leser somit sehr realistisch in die damalige Zeit versetzt.

Bewertung vom 23.06.2024
Helle Sommer (eBook, ePUB)
Astrabie, Sophie

Helle Sommer (eBook, ePUB)


sehr gut

Was zusammengehört

Billie ist sieben, sie lebt mit ihrem Großvater als Mini-Familie und muss vieles entbehren, weil einfach nie genug Geld da ist. Als in den Sommerferien Maxime bei seiner Tante urlaubt, freunden sich die beiden sehr ungleichen Kinder an: Maxime aus reichem Hause und Billie, die nichts hat, nicht einmal mehr Eltern. Dafür besitzt sie Mut und Ausdauer, was sie ihr Leben meistern lässt. Trotz ihrer eklatanten Verschiedenheit spüren beide Kinder, dass sie irgendetwas verbindet, aber sie verlieren einander immer wieder aus den Augen, treffen einander nur alle paar Sommer wieder.

Im Mittelpunkt dieses ansprechenden Romans steht Billie, ein vergnügtes Mädchen, das sich trotz ihres Waisenstatus und trotz ihrer Armut durchzusetzen lernt. Das Leben ist hart zu ihr, aber sie verliert selten ihren Mut und findet immer einen Weg. Billie erzählt ihre Geschichte in der Ich-Form, was die Handlung sehr nah an den Leser heranträgt und für die nötige Authentizität sorgt. Ab dem Sommer 1998 gibt es einzelne Episoden, Ausschnitte aus Billies Leben, die ihren Großvater, ihre Schulzeit und auch ihre berufliche Laufbahn beleuchten. Zeitraffer (gut erkennbar in den Kapitelüberschriften) beschleunigen den Ablauf, sodass sich keine Langeweile einschleicht. Das Gefühl, dass die beiden Seelen irgendetwas verbindet, verblasst zuweilen, gänzlich verschwindet es aber nie. So sind Billie und Maxime immer wieder auf der Suche nach dem anderen. Es gibt verpasste Chancen und Wiedersehen, differierende Lebensziele und unerwartete Kreuzungen. Was zusammengehört, wird das Schicksal zusammenführen, außer der Mensch will das verhindern.

Ein gefühlvoller Roman ohne Kitsch und Romantik, der für schöne Lesestunden sorgt.

Bewertung vom 23.06.2024
Eiskeim
Lundt, Mikael

Eiskeim


gut

Grönlandeis

Nachdem im Jahre 1967 Forschungsarbeiten im Camp Century Hals über Kopf abgebrochen worden sind, aber keine genaueren Informationen an die Öffentlichkeit gelangt sind, arbeitet Nora Grimm heute mit einem Stipendium in einer neuen Station auf Grönland. Sie möchte der Ökologie von vor 400.000 Jahren auf den Grund gehen, findet aber stattdessen eigenartige Kristalle, die Leben in sich zu tragen scheinen. Wie kann es anders sein, auch die US-Army und andere Organisationen sind interessiert an den Vorgängen im ewigen Eis.

Hinter dem wunderschönen Titelbild verbirgt sich ein spannender Wissenschaftsthriller. Mikael Lundt hat sorgfältig recherchiert und etliche naturwissenschaftliche Details in die Handlung einfließen lassen. Diese hält einiges an Überraschungen bereit und zieht den Leser schnell in den Bann. Allerdings verliert sich die Dramatik im Laufe der Zeit in immer weniger glaubwürdigen Einzelheiten, einerseits die Zuständigkeit der einzelnen Befehlshaber betreffend, andererseits die Forschungsergebnisse selbst angehend. Die Figuren werden ausreichend beleuchtet, insbesondere der alte Jansson beeindruckt mich, der Schreibstil passt ebenso sehr gut und führt flott voran. Dass die Geschichte aber schlussendlich in science-fiction-ähnliche Gefielde abdriftet, gefällt mir nicht besonders.

Spannende Themen rund um Forschungen im (gar nicht so?) ewigen Grönlandeis, politische und persönliche Intrigen und utopisch anmutende Elemente auf der Basis einer bis 1967 real existierenden Militäreinrichtung. Für mich insbesondere am Ende zu phantasiebehaftet, aber durchaus lesenswert.

Bewertung vom 23.06.2024
Bertha Benz und die Straße der Träume (eBook, ePUB)
Schwarz, Alexander

Bertha Benz und die Straße der Träume (eBook, ePUB)


sehr gut

Beharrliche Bertha

Auf den ersten Blick verliebt sich Bertha Ringer in Carl Benz. Trotz anfänglicher Bedenken ihres Vaters wird einige Jahre später geheiratet. Als Erfinder und Idealist ist der Ingenieur brillant, an Geschäftssinn mangelt es allerdings gewaltig, wodurch die Familie immer wieder in große Geldnot gerät. Aber Bertha hält zu Carl und beweist, dass Perfektionismus nicht alles ist. Sein Zögern könnte Konkurrenten zugutekommen, also schreitet Bertha entschieden zur Tat.


In leichtem romanhaften Stil präsentiert Alexander Schwarz diese interessante Romanbiografie über eine entschlossene junge Frau, die sich nicht in die Rolle als Köchin und Wäscherin für die Familie pressen lassen will. Schon ihrem Vater, einem Zimmermann, ist sie als Kind gerne zur Hand gegangen und hat sich erfreut an den entstandenen Bauten. Ihr beschwingtes Gemüt lässt es zu, dass Bertha die Schwächen ihres geliebten Ehemanns insofern kompensiert, als sie seinem unerschütterlichen Forscherdrang Planung und Organisation entgegensetzt. Beide Charaktere sind wunderbar getroffen und sehr lebensnah dargestellt. Auch die politische und wirtschaftliche Lage im ausklingenden 19. Jahrhundert ist gut dargestellt, knapp, ohne den Roman zu stören, werden beispielsweise die Einflüsse des deutsch-französischen Kriegs und der Börsenkrach in Wien in die Handlung eingeflochten. „Beharrlichkeit führt zum Ziel“ (kindle, Pos. 2836), das ist Berthas Lebensmotto, welches sie auch an ihre Kinder weitergibt, das gerade zur damaligen Zeit gewiss nicht einfach war.


Ein schönes Zeitzeugnis, ein interessantes Portrait von Bertha Benz, das durch detaillierte Recherche in diesem Buch lebendig werden darf.