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Benutzername: 
Barbara
Wohnort: 
Remscheid

Bewertungen

Insgesamt 183 Bewertungen
Bewertung vom 12.01.2022
Zum Paradies
Yanagihara, Hanya

Zum Paradies


sehr gut

Es sind gleich drei Geschichten, die Hanya Yanagihara in ihrem Buch erzählt. Buch I spielt am Washington Square in New York 1893, doch ist es kein Rückblick in die Geschichte sondern eine völlig veränderte Vergangenheit. In dieser Welt verliebt sich ein wohlhabender junger Mann in einen unbedeutenden Musiklehrer mit zweifelhaftem Ruf und muß sich entscheiden, ob er die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen oder sich in eine unbekannte Zukunft stürzen möchte.
Buch II handelt von einem jungen Hawaiianer, der 1993 inmitten der AIDS-Epidemie eine Beziehung zu einem deutlich älteren Mann in New York hat. Diesem gegenüber verleugnet er seine Vergangenheit und die Geschichte seines Vaters, die ihn stark geprägt und verändert hat.
Buch III beschreibt eine Zukunftsvision, in der 2093 New York von verschiedenen Seuchen heimgesucht wurde und die Menschen von einem totalitären Staat überwacht werden. Hier versucht eine junge Frau ihren Weg zu finden zwischen Anpassung und Auflehnung.
In ihrem wunderbarem Schreibstil erzählt die Autorin in drei völlig unterschiedlichen Szenarien von jungen Menschen, die anders sind als ihre Geschwister, versehrt sind, keine Freunde haben. Allen gemeinsam ist auch ihre Suche nach Glück, nach Anerkennung und Liebe und die Auseinandersetzung mit der Familie und der Vergangenheit. Dabei sind Gefühle wie Angst, Versagensängste und Scham allgegenwärtig. Doch auch die Liebe gerade zu diesem Menschen, vor allem von Seiten eines Großelternteils, ist in allen drei Geschichten ein großes Thema.
Ein ungemein eindrucksvoller Roman, weil er so ungewöhnlich ist und intensiv vor allem tiefe Emotionen beschreibt. Gut gefällt mir auch der Bezug zu Hawaii und damit zu den Wurzeln der Autorin.
Der Grund, warum ich nur 4 und keine 5 Sterne gegeben habe ist, weil mich die Verwendung der gleichen Namen in allen drei Geschichten doch immer wieder etwas verwirrt hat, obwohl ich die Intention dahinter verstehen kann. Keine leichte Lektüre aber unbedingt empfehlenswert für Freunde von ausgefallener Literatur und dicken Büchern.

Bewertung vom 06.12.2021
Die Brücke der Ewigkeit / Die Baumeister Bd.1 (MP3-Download)
Hector, Wolf

Die Brücke der Ewigkeit / Die Baumeister Bd.1 (MP3-Download)


sehr gut

1342 gelobt der junge Otlin, er werde eine neue Brücke bauen, wenn Gott nur seine Mutter beim Einsturz der alten Brücke rettet. Und so wird er Brückenbauer und schafft es auch, sich als Baumeister beim Bau der Karlsbrücke in Prag zu profilieren. Doch er hat viele Feinde die versuchen, sein Projekt zu torpedieren und ihn in Misskredit zu bringen.
Es ist ein klassischer historischer Roman, Cover und Titel passen hervorragend zum Inhalt. Sehr gut eingeleitet hat Wolf Hektor ihn mit einer Zeittafel und einem Personenregister, das zudem historische Figuren von fiktiven Personen unterscheidet. Auch wenn der Roman mit dem Ende startet bleibt er immer spannend, wird von Jan Otlin rückblickend seinem Schwiegervater erzählt und umfasst die Zeit von 1342 bis 1367. Der Autor versteht es geschickt, die Geschichte des Baus der Karlsbrücke in einer Verbindung von Fiktion und Historie zu erzählen und die Charaktere sehr lebendig zu beschreiben. Hier geht es neben interessanten Fakten zu Bauwerken im 14. Jahrhundert vor allem um Liebe, Neid, Intrigen, Rache und Eifersucht.
Eine unbedingte Leseempfehlung für alle Freunde von historischen Romanen.

Bewertung vom 29.11.2021
Berauscht vom Leben
Libaire, Jardine;Ward, Amanda Eyre

Berauscht vom Leben


sehr gut

Die beiden amerikanischen Autorinnen Janine Libaire und Amanda Eyre Ward verbindet, dass sie sich entschlossen haben, gänzlich auf Alkohol zu verzichten. In ihrem gemeinsamen Buch schildern sie Episoden aus ihrem Leben, von der Kindheit über die Jugend bis zum Erwachsenenalter. Sie beschreiben auch die Zeit, in der Alkohol zu Partys, guter Laune und Feiern einfach dazu gehörte. Und wie sie sich beide entschlossen, darauf zu verzichten und trotzdem ein fröhliches und berauschtes Leben zu leben. Angenehmer Weise verzichten sie auf den erhobenen Zeigefinger sondern konzentrieren sich darauf, Alternativen aufzuzeigen, wie man auch ohne Alkohol Spaß haben kann.
Gut gefallen mir die Rezepte für alkoholfreie Getränke, Badezusätze und Essensrezepte am Ende des Buches.
Dieses Buch ist kein Ratgeber, wie man aufhört zu trinken. Es zeigt dem Leser lediglich die Freiheit auf, nicht zu trinken - gerade in einer Gesellschaft, in der Alkohol nicht mit Abhängigkeit und Drogen assoziiert wird sondern das Vorurteil herrscht, dass wer keinen Alkohol trinkt eine Spaßbremse ist.
Der Titel passt hervorragend zum Buch und vermittelt zusammen mit den Schmetterlingen auf dem Cover eine Leichtigkeit und eine positive Lebenseinstellung.

Bewertung vom 29.11.2021
Eifersucht
Nesbø, Jo

Eifersucht


ausgezeichnet

Sieben gänzlich verschiedene Geschichten verbindet Jo Nesbo durch ein gemeinsames Thema: Eifersucht. Ansonsten spielt die Handlung der Kurzgeschichten an unterschiedlichen Orten, die Protagonisten sind mal Männer, mal Frauen, alt und jung, arm und reich. Das macht dieses Buch sehr interessant, zumal auch die Länge der einzelnen Geschichten stark variiert. Immer wieder liest man sich neu ein und oft gibt es am Ende eine überraschende Wendung.
Ein Buch, das sich stark von den Thrillern unterschiedet, die man sonst von Jo Nesbo kennt. Einzig sein Schreibstil ist wie immer, liest sich angenehm und flüssig, sehr unterhaltsam.
Das Cover ist hervorragend gewählt, in seiner Schlichtheit sehr ausgefallen, auch die blauen Seitenkanten machen die Aufmachung ungewöhnlich. Und der Titel gibt alles wieder, was man zum Inhalt wissen muss, kurz und prägnant.
Eine unbedingte Leseempfehlung für dieses interessante Buch.

Bewertung vom 10.10.2021
Julius oder die Schönheit des Spiels
Saller, Tom

Julius oder die Schönheit des Spiels


ausgezeichnet

Julius ist mit Leib und Seele Tennisspieler. Privilegiert aufgewachsen auf einer Burg im Rheinland wählt er den Weg des Profispielers zu einer Zeit, als die Nazis an die Macht kommen und Druck auf diesen vermeintlichen Vorzeige-Deutschen ausüben. Doch dieser Ästhet des Tennis-Spiels und Gentleman auf dem Platz hat hat mehr zu bieten als unbedingten Gehorsam und kämpft mit eigenen Dämonen.
Ein vielschichtiges Buch, das Tom Saller über einen großartigen Tennis-Spieler geschrieben hat. Der geschichtliche Aspekt ist natürlich dominant, aber auch die Themen Fairness und Sportsgeist und das Leben im Berlin der 20er Jahre ergeben eine interessante und spannende Mischung. Der Wechsel der Erzählperspektiven und -zeiten erhöht den Spannungsbogen immens und es gibt einige unerwartete Wendungen in diesem Roman.
In seinem gewohnt schönen und ästhetischem Schreibstil ist dieser Roman von Tom Saller wie auch seine bisherigen Bücher unbedingt zu empfehlen. Mein einziger Kritikpunkt bezieht sich auf das Cover, das für mich eher zu einem trivialen Roman passen würde und dem Inhalt nicht gerecht wird.

Bewertung vom 26.09.2021
Althea Gibson - Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin
Schoenfeld, Bruce

Althea Gibson - Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin


sehr gut

Die ehrgeizige Althea Gibson ist die erste farbige Tennisspielerin, die 1956 in Wimbledon gewann. Eigentlich wollte sie immer nur Tennis spielen und gewinnen. Doch ihre Hautfarbe bleibt immer Thema, nicht zuletzt bei den Farbigen, die sie vor ihren Karren gegen die Rassentrennung spannen wollen. Die eher versnobten weißen Tennisfans buhen sie aus, schneiden sie oder ignorieren sie gar, selbst nach ihrem ersten großen Sieg.
Althea Gibson hat von allem etwas zu viel: sie ist zu groß, zu dünn, zu athletisch, zu ehrgeizig, zu eingebildet und großspurig. Das macht sie zusätzlich zu ihrer Hautfarbe zur Außenseiterin in einer Zeit, in der Frauen im Sport immer noch hübsch, brav und angepasst zu sein hatten. Bruce Schönfeld gelingt es, ein spannendes Porträt der großartigen Tennisspielerin zu zeichnen und dabei den Zeitgeist der 50er Jahre in der Sportwelt und zum Thema Rassismus zu beschreiben. Dabei erzählt er auch die Geschichte von Althea bester Freundin und Weggefährtin Angela Buxton, die als weiße Jüdin ähnliche Erfahrungen gemacht hat, was diese beiden Frauen fest zusammen schweißt.
Dieses Sachbuch liest sich fast wie ein Roman und es beschämt einen zutiefst, wie mit Althea Gibson nicht nur in Amerika, sondern weltweit umgegangen wurde.
Ein spannendes und interessantes Buch auch für nicht-Tennis-Spieler, obwohl die Leser*innen mit sehr vielen Namen, Daten und Fakten aus der Sportwelt konfrontiert werden.

Bewertung vom 26.09.2021
Wenn ich wiederkomme
Balzano, Marco

Wenn ich wiederkomme


ausgezeichnet

Daniela lässt ihre zwei Kinder in Rumänien beim Vater und den Großeltern zurück, um in Italien als private Pflegekraft zu arbeiten. Doch wie kommen die Kinder zurecht, die zurück bleiben müssen, ihre Mutter vermissen und bald darauf auch vom Vater verlassen werden? Was bedeutet es für die Mutter selber, die zerrissen wird zwischen der Liebe zu ihren Kindern, dem Wunsch, ihnen mit ihrem sauer verdienten Geld ein besseres Leben zu ermöglichen und einer bis zur Depression zermürbenden Arbeit?
Diesen Fragen geht Marco Balzano in seinem Roman so eindrücklich nach, dass er den Lesern die Augen öffnet über das Leben der auch in unserem Land so beliebten 24Stunden-Pflegekräfte aus Osteuropa. Dabei kommt nicht nur Daniela mit ihrer Sicht auf dieses Leben zu Wort, sondern ebenfalls Tochter Angelica und Sohn Manuel, die beide sehr unterschiedlich mit der Situation umgehen. Der jüngere Manuel tut sich besonders schwer, er rebelliert auf seine Art und mit schrecklichen Folgen. Die ältere und angepasste Angelica versucht ihr bestes, um alle Familienmitglieder trotz der Umstände zusammen zu halten und trotzdem ihren eigenen Weg zu gehen.
Cover und Titel passen hervorragend zu diesem Roman, der mich betroffen von einem Thema zurück lässt, das ich aus diesem Blickwinkel noch nie hinterfragt habe. Toll geschrieben, intensiv und dabei nicht zu emotional, gelingt es dem Autor, mich gleichzeitig gut zu unterhalten und tief zu berühren.
Eine unbedingte Leseempfehlung, die neugierig auf weiter Bücher von Marco Balzano macht.

Bewertung vom 18.09.2021
Der Sucher
French, Tana

Der Sucher


sehr gut

Cal Hooper war Cop in Chicago und zieht nach einer gescheiterten Ehe auf der Suche nach innerem Frieden in ein idyllisches Dorf nach Irland. Doch der vermeintlich friedliche Ort mit seinen freundlichen Nachbarn birgt einige Geheimnisse und Cal kann seine Polizisten-Vergangenheit nicht so einfach abstreifen wie gedacht.
Es ist kein typischer Tana French Thriller, sondern ein Roman den die Autorin diesmal geschrieben hat. Geblieben sind die ausführlichen Landschaftsbeschreibungen und Charakterstudien der einzelnen Personen, zudem ein eher gemächlicher Handlungsverlauf. Was mir bei den Thrillern immer gut gefallen hat geht in diesem Roman leider ein bisschen zu Lasten der Spannung, erst im letzten Drittel nimmt die Geschichte deutlich an Fahrt auf. Die Protagonisten und ihre Konflikte sind sehr interessant und authentisch.
Das Cover und der Titel, der zum Glück einfach aus dem Englischen übersetzt wurde, passen sehr gut zum Inhalt des Buches.
Sicher nicht Tana Frenchs bestes Buch bisher aber der Roman ist unterhaltsam und kurzweilig.

Bewertung vom 18.09.2021
Die andere Tochter
Golch, Dinah Marte

Die andere Tochter


sehr gut

Antonia Petzold bekommt nach einem Unfall die Hornhaut einer Verstorbenen implantiert. Doch nach dieser Operation fühlt sie sich verändert, nicht mehr wohl mit ihrem Beruf, ihrem Freund und ihrer Familie. Als sie die Chance bekommt, die wohlhabende Familie der Spenderin kennen zu lernen und von deren Mutter sehr herzlich aufgenommen wird, lernt sie ein völlig andere Welt kennen. Und plötzlich muss sie vieles aus ihrer Vergangenheit hinterfragen und begibt sich auf die schmerzhafte Suche nach der eigenen Identität.
Es ist eine sehr spannende Geschichte, die Dinah Marte Golch hier erzählt. Viele verschiedenen Themen sind miteinander verknüpft, hier geht es um Organspende und deren psychologische Folgen, um Beutekunst aus der Nazizeit und um jeden Preis gewahrte Familiengeheimnisse. Doch zugleich ist das mein Kritikpunkt, vielleicht ist das alles ein bisschen zu viel für einen Roman. Jedes dieser Themen hätte vertieft schon für eine eigenen Geschichte gereicht - obwohl dieser Mix zugegebener Maßen sehr spannend und kurzweilig ist. Der Schreibstil liest sich angenehm und fesselnd, in der zweiten Hälfte nimmt die Geschichte mit immer neuen Wendungen viel Fahrt auf. Ich habe meist mit der Figur der Toni Petzold gefühlt, allerdings kommt mir einiges doch eher unrealistisch und übertrieben vor. Hier gibt es ein paar zu viele Zufälle und zu übertriebene Reaktionen.
Das Cover passt hervorragend zu diesem Roman, in dem Antonia mühsam die Puzzle-Steinchen aus ihrer Vergangenheit zusammen setzt.
Ein spannender und unterhaltsamer Roman mit vielen Facetten und ein paar Abstrichen an die Realität.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2021
Reise durch ein fremdes Land
Park, David

Reise durch ein fremdes Land


ausgezeichnet

Der Fotograf Tom macht sich mit dem Auto von Irland aus auf die Reise nach England, um seinen kranken Sohn Luke zu Weihnachten nach Hause zu holen. Schwere Schneefälle verhindern eine Flugreise, auch die Straßen sind gefährlich glatt und schlecht zu befahren. Doch für die Familie ist es ganz wichtig, dass Luke nach Hause kommt und Tom nutzt die Stunden alleine im Auto, um sein Verhältnis zu seinem ältesten Sohn Daniel aufzuarbeiten und sich seinem Verhalten in der Vergangenheit zu stellen.
Erst nach und nach lernt der Leser Tom kennen, aus der zunächst etwas übertriebenen Fürsorge für Luke wird zunehmend Verständnis. Nur begleitet von der Stimme des Navis lässt er die Gedanken an Daniel zu, seine Kindheit, die unbeschwerten Zeiten als glückliche Familie. Er, der sich als Fotograf immer ein bisschen hinter dem Objektiv versteckt, setzt sich gedanklich mit seiner Sprachlosigkeit, mit Liebe, Verlust und Schuld auseinander.
Sprachgewaltig und intensiv beschreibt David Park diese Reise durch ein fremdes Land, das sich sowohl auf die Landschaft als auch auf Toms schonungslose Selbstreflexion bezieht. Hier ist der Titel hervorragend gewählt und das Cover ist wunderschön. Der Schreibstil vermittelt einem fast das Gefühl, mit Tom im Auto zu sitzen und durch die verschneite Landschaft zu fahren.
Diese Buch hat mich zutiefst berührt und ist einerseits sehr traurig, hinterlässt jedoch zum Ende trotz allem einen Hoffnungsschimmer. Die Qual des Vaters ist so authentisch beschrieben, dass ich kaum glauben konnte, dass David Park nicht selber so eine Erfahrung gemacht hat.
Eine unbedingte Leseempfehlung für dieses ganz besondere Buch, das noch lange im Gedächtnis bleibt.