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YukBook
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München

Bewertungen

Insgesamt 285 Bewertungen
Bewertung vom 15.04.2021
Die Offenbarung der Johanna
Aicher, Mathias

Die Offenbarung der Johanna


sehr gut

Es ist nicht üblich, in einer Lesung einen Mordfall aufzuklären. Genau das tut jedoch Johanna Krämer in dieser Geschichte. Im Kaisersaal von Woltersweiler, ihrem Heimatort, verkündet die Bestsellerautorin, den wahren Mörder ihrer besten Freundin Nikki zu entlarven, die 1988 vergewaltigt wurde. Beschuldigt wurde damals Johannas Bruder Jacob, der sich in Untersuchungshaft das Leben nahm.

So gebannt wie die 300 Besucher dieser Lesung lauschen wir im Hörbuch der Stimme von Yesim Meisheit, die den Part des vorgetragenen Romans übernimmt. Darin begibt sich die vom Dienst suspendierte Kommissarin Jules Wunderlich nach dem Tod ihres Vaters in ihren Heimatort und rollt den Mordfall wieder auf. Die Spannung wird dadurch gesteigert, dass nicht nur nach und nach die Dorfbewohner mit ihren Geheimnissen eingeführt, sondern auch ihre heftigen Reaktionen während der Lesung beschrieben werden.

Für meinen Geschmack hätte die Geschichte etwas mehr Tempo und etwas weniger Kraftausdrücke vertragen. Manche Schilderungen schienen mir nicht relevant für die Auflösung des Falls zu sein, machten andererseits die ambivalenten Gefühle der Hauptfigur sowohl während ihrer Recherchen als auch während der Lesung deutlich. Das Konzept, eine Lesung in einen nervenaufreibenden Psychotrip zu verwandeln, der an ein Krimidinner erinnert, ist auf jeden Fall aufgegangen.

Bewertung vom 13.04.2021
Der Klang der Wälder
Miyashita, Natsu

Der Klang der Wälder


ausgezeichnet

Klavierstimmer zählt vermutlich nicht zu den typischen Berufen, von denen junge Menschen träumen. Vielleicht liegt es aber nur daran, dass sie nicht so ein einschneidendes Erlebnis hatten wie die Hauptfigur Tomura.

Als der Siebzehnjährige in seiner Schule gebeten wird, für den Klavierstimmer Itadori die Tür der Turnhalle zu öffnen, und hört, welche Klänge dieser dem Schulflügel entlockt, die ihn an rauschende Wälder seines Heimatdorfs erinnern, steht für ihn seine Zukunft fest: Er will Klavierstimmer werden.

Das Handwerk lernt er an einer Fachschule und anschließend in einem Instrumentenhandel, in dem auch sein großes Vorbild Itadori arbeitet. Wenn er seine Kollegen beim Kundenbesuch begleitet, muss er feststellen, wie unerfahren er noch ist und welch weiter Weg vor ihm liegt. Diese Bescheidenheit, Demut und Selbstzweifel empfand ich als typisch japanisch - ebenso seinen Drang, das Handwerk mit viel Fleiß, Disziplin und großer Hingabe zu perfektionieren und systematisch an seinen Fehlern zu arbeiten.

Obwohl der Beruf alles andere als spektakulär ist, fand ich es spannend, Tomura durch seinen Alltag zu begleiten und nachzuempfinden, warum ihm die Tätigkeit so viel bedeutet, was ihn verunsichert und welches Ziel er anstrebt. Ich konnte mir richtig gut vorstellen, wie erfüllend es für einen Klavierstimmer sein muss, nach erfolgreicher Arbeit nicht nur einen überglücklichen Kunden vor sich zu haben, sondern auch in den Genuss einer musikalischen Kostprobe zu kommen.

Noch ein weiteres Element macht den Roman zu einem typisch japanischen Roman, denn Natsu Miyashita schlägt einen Bogen von der Suche nach dem idealen Klang zu der Schönheit der Natur. Mit ihrer Geschichte voller Poesie und Liebe zur Musik hat sie meine Lust geweckt, mich nach langer Zeit mal wieder ans Klavier zu setzen und den Minutenwalzer von Chopin zu spielen.

Bewertung vom 08.04.2021
Der Verdacht
Audrain, Ashley

Der Verdacht


ausgezeichnet

Ashley Audrain beschreibt in ihrem Roman den Horror jeder Mutter: Sie erschafft eine Erzählerin, die nicht in der Lage ist, ihr eigenes Kind zu lieben. Dabei hatte sich Blythe auf die Geburt ihrer Tochter gefreut und alles Erdenkliche getan, um sich auf die Mutterrolle vorzubereiten. Das Verhältnis zu Violet ist jedoch von Geburt an gestört und hat Folgen, die bei mir blankes Entsetzen auslösten. Nicht minder schockierend sind die Porträts von Blythes Mutter und Großmutter, die mit der Handlung verzahnt werden.

Während ihr Ehemann sich als Architekt beruflich verwirklicht, fühlt sich Blythe wie jemand, der nur noch körperlich zu funktionieren und die Familie am Leben zu erhalten hat. Dennoch gibt sie sich aus Liebe zu ihrem Mann Mühe, die perfekte Mutter zu sein. Ihre Qualen, Selbstzweifel, Einsamkeit und mörderischen Gedanken, die jede noch so verzweifelte Mutter sofort verdrängen würde, beschreibt die kanadische Autorin eindringlich und schonungslos. Ich spürte, wie diese Versuchung, seine eigene Macht auszunutzen und jemanden mit grausamen Worten oder Taten zu verletzen, in jedem von uns schlummert.

Sie beleuchtet das Thema Mutterschaft in seiner ganzen Bandbreite, vom Gefühl höchster Glückseligkeit bis hin zu den Abgründen, die sich auftun, wenn man sich vor seinem eigenen Kind fürchten muss. Hinter jeder Seite witterte ich neues Unheil und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Für alle Frauen, ob mit oder ohne Kind, absolut lesenswert!

Bewertung vom 05.04.2021
Was von Dora blieb
Hirsch, Anja

Was von Dora blieb


gut

Die Aufarbeitung der Familiengeschichte ist ein beliebtes Thema in der Literatur. Auch Isa, Ich-Erzählerin in diesem Roman, begibt sich auf Spurensuche. Auslöser ist eine Ehekrise, die sie zwingt, ihren Lebensweg in Frage zu stellen. Antworten hofft sie, in den Briefen, Tage- und Skizzenbüchern ihrer verstorbenen Großmutter Dora zu finden, die den Ruf hatte, streng, launisch und despotisch zu sein.

Als Fan von Künstlerromanen verfolgte ich mit großer Neugier Doras Studium im Jahr 1924 an der heutigen Folkwang Universität der Künste in Essen. Die komplizierte Dreiecksbeziehung, die sich zwischen Dora, ihrer großen Liebe Frantek und besten Freundin Maritz entspinnt, liest sich ebenso spannend wie die damalige Künstlerszene, die Anfänge des Folkwangmuseums, das ich schon oft besucht habe, und den Einfluss des Gründers Karl Ernst Osthaus auf Walter Gropius und das Bauhaus.

Im zweiten Teil des Romans lenkt die Erzählerin den Fokus auf ihren Großvater Max und ihren Vater Gottfried, deren Vergangenheit ihr mehr Schwierigkeiten bereitet. Gottfried wurde auf eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt geschickt. Ich konnte gut nachvollziehen, wie Isa nach Fakten sucht, die ihre Vorfahren entlasten, und ihr lückenhaftes Bild nach und nach vervollständigt.

Stellenweise fand ich die Schilderungen zu sachlich, fast dokumentarisch, so dass mich dieser Part nicht so packen konnte wie Doras Schicksal. Auch die parallele Handlung, in der sich Isa und ihr Nachbar Gustav näher kommen, hätte etwas gestrafft werden können.

Bewertung vom 02.04.2021
Das Geschenk eines Regentages
Shinkai, Makoto;Nagakawa, Naruki

Das Geschenk eines Regentages


gut

In diesem Roman lernen wir vier Japanerinnen unterschiedlichen Alters und Charakters kennen: die zurückhaltende Miyu, die unter Liebeskummer leidet; die selbstbewusste und begabte Kunststudentin Reina, die ein Praktikum beginnt; Aoi, die mit ihrer besten Freundin die Leidenschaft für Mangas teilt und Shino, die sich aufopferungsvoll um die Pflege ihrer Schwiegereltern gekümmert hat. Sie alle haben gemein, dass eine Katze in ihr Leben tritt und es auf die eine oder andere Weise verändert.

Auch die Katzen haben ganz unterschiedliche Temperamente und Vorlieben und lernen sich auf ihren Streifzügen kennen. Der besondere Charme liegt darin, dass jede der vier Geschichten, in denen sich die Wege einiger Frauen kreuzen, abwechselnd aus der Sicht der Katze und der Besitzerin erzählt wird. Meist geraten die Protagonistinnen in eine verzwickte oder verzweifelte Lage und finden Trost bei ihren Katzen.

Ich erkannte immer wieder Anspielungen auf den realen Arbeitsalltag, unter dem die Japaner leiden: Die Schwierigkeiten der Verständigung, weil man seinem Gegenüber nicht zu nahe treten will, die Revierkämpfe, der Leistungsdruck und die Last zahlreicher familiärer Verpflichtungen. Typisch japanisch fand ich auch die poetische und melancholische Erzählweise, die die Natur mit einbezieht und alle Sinne anspricht.

Die Katzen werden als sehr mitfühlende Wesen dargestellt, die in erster Linie ihre leidenden Besitzerinnen aufmuntern und trösten möchten. Das Verhalten der Menschen aus ihrer Sicht zu betrachten, fand ich interessant während ich mit den Dialogen zwischen den Katzen nicht so viel anfangen konnte. Ich hätte mir noch etwas mehr Facetten und Einblick in das Verhältnis zwischen Mensch und Tier gewünscht und wäre gern noch tiefer in die einzelnen Frauenschicksale eingetaucht.

Bewertung vom 24.03.2021
Die Telefonzelle am Ende der Welt
Imai Messina, Laura

Die Telefonzelle am Ende der Welt


sehr gut

Schauplatz dieses Romans ist eine "Telefonzelle am Ende der Welt", genauer gesagt am Hang des Kujirayama in Ôtsuchi an der Küste Nordostjapans. Hauptfigur Yui erfährt erstmals von einem Windtelefon, das tatsächlich existiert, in ihrer eigenen Radiosendung. Seit dem Tsunami im März 2011 reisen Trauernde dorthin, um mit ihren verstorbenen oder vermissten Angehörigen zu sprechen.

Yui, die ihre Mutter und ihre Tochter beim Tsunami verloren hat, sucht eines Tages diesen Pilgerort auf und lernt den Arzt Takeshi kennen, der um seine verstorbene Frau trauert. Von nun an fahren sie gemeinsam einmal im Monat von Tokio nach Ôtsuchi und kommen sich während der langen Autofahrt näher.

Wir bekommen nicht nur Einblick in die tragische Geschichte der beiden Figuren, sondern auch in das Schicksal anderer Hinterbliebenen, die – jeder auf seine Weise – versuchen, über ihren Verlust hinwegzukommen. Originell fand ich die Einschübe zwischen den Kapiteln, in denen die Autorin bestimmte Details hervorhebt statt sie in die Handlung einzubetten, zum Beispiel Erinnerungen an ein bestimmtes Gespräch, an die Kleidung oder Gewohnheiten des Verstorbenen.

Trotz aller Tragik strahlt die Erzählweise eine Leichtigkeit, Sanftheit, aber auch Verletzlichkeit aus. Man merkt, dass die Schriftstellerin schon lange in Japan lebt. Sie verwendet viele japanische Ausdrücke und beschreibt die Alltagskultur und typische Bräuche wie die Verehrung der Ahnen vor einem kleinen Hausaltar. Der Schmerz wird bei Yui und Takeshi nicht verschwinden, doch sie lernen nach und nach die Erinnerungen mit schönen Augenblicken in der Gegenwart zu verbinden, in der sie geliebt und gebraucht werden.

Bewertung vom 17.03.2021
Die Glücklichen
Beyer, Susanne

Die Glücklichen


ausgezeichnet

Die Frauen, die Susanne Beyer in ihrem Buch vorstellt, könnten unterschiedlicher nicht sein. Sie hat sowohl mit Prominenten wie Siri Hustvedt, Birgit Fischer, Christiane Paul oder Katarina Barley als auch mit weniger bekannten Persönlichkeiten gesprochen. Eines haben sie gemeinsam: Sie sind um die Fünfzig und genießen diese Lebensphase statt ihrer Jugend nachzutrauern – die Autorin selbst mit eingeschlossen.

Warum das so ist, erläutert Susanne Beyer auf sehr gelungene Weise: In jedem Kurzporträt stellt sie ein bestimmtes Thema in den Vordergrund, zum Beispiel Körper, Leistung, Mutterschaft, Stil oder Sinnlichkeit. Entsprechend vielfältig sind die Lebensgeschichten, in die wir eintauchen, und auch sehr persönlich.

Häufig erlebten die Frauen einen U-förmigen Lebenslauf und erkämpften sich nach schweren Schicksalsschlägen, Krisen oder Demütigungen ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben. Dabei beeindruckte mich vor allem, dass sie nicht die Erfolgsrezepte der Männer kopierten, sondern ihren eigenen Weg gingen, so wie Claudia Schiffer, die die Gesetze der Modeindustrie für sich nutzte oder Antje von Dewitz, die das Familienunternehmen nach ihren eigenen Vorstellungen umgestaltete.

Obwohl es nur Schlaglichter sind, schafft es die Autorin, das Besondere an den oftmals unkonventionellen Lebensentwürfen herauszustellen, welche Rolle die Herkunft dabei spielte, welche Vorbilder die Frauen hatten, was ihr Antrieb war und welche Lehren sie aus ihren Erfahrungen gezogen haben. Sie weitet den Blick auf die einzelnen Themen, indem sie auch Sichtweisen und Erkenntnisse aus der Soziologie, Politik, Medizin und Philosophie einfließen lässt.

Ich lese sehr gern Frauenbiografien und habe schon eine beträchtliche Sammlung. Dieses Buch, das mir anhand verschiedenster Berufswelten und bewegender Schicksale das Lebensgefühl einer neuen Frauengeneration vermittelt, wird einen besonderen Platz in meinem Regal finden.

Bewertung vom 05.03.2021
Dinosaurier auf anderen Planeten
McLaughlin, Danielle

Dinosaurier auf anderen Planeten


sehr gut

So befremdlich wie der Titel sind auch die Erzählungen in diesem Band. Befremdlich ist vor allem das Verhalten der Figuren. Gleich in der ersten Geschichte bringt die Schülerin Becky ihre Mutter auf die Palme, in dem sie sich zu Hause ihre Füße abbindet. Es handelt sich um eine Hausaufgabe, bei der sie nachfühlen soll, welche Qualen Chinesinnen einst durchlitten haben, um einem Schönheitsideal zu entsprechen. In einer anderen Erzählung sammelt der neunjährige Finn mit Hilfe eines aufgespannten Tennisnetzes tote Vögel. Für ihn sind es die Vorboten der Apokalypse.

Während die Kinder voller Experimentierfreude und Überzeugung auf ihre ganz eigene Art und Weise die Welt um sich herum erkunden und versuchen, sie zu begreifen, scheint bei den Erwachsenen der Zug längst abgefahren zu sein. Es sind durchgehend tragische Figuren, denen sowohl ihre Kinder als auch Partner entgleiten und die sich mühsam durch den Alltag quälen. Das gilt sowohl für Cahill, der mit seiner psychisch gestörten Frau und seiner fordernden Chefin völlig überfordert ist, als auch für Kate, die in der titelgebenden Geschichte von seinem Enkel ferngehalten wird.

Danielle McLaughlin legt schonungslos familiäre Abgründe offen und legt uns ziemlich schwere Kost vor. Faszinierend ist, wie nah beinander Schönheit und Grausamkeit in ihren Beschreibungen liegen und welche eindringlichen Bilder sie in unserer Vorstellung erzeugt.

Bewertung vom 21.02.2021
Die Mitternachtsbibliothek (1 MP3-CD)
Haig, Matt

Die Mitternachtsbibliothek (1 MP3-CD)


sehr gut

Das Schöne an Büchern ist, dass man in verschiedenste Rollen schlüpfen und mehr als nur sein eigenes Leben leben kann. Doch was wäre, wenn man tatsächlich mehrere Lebensvarianten ausprobieren könnte? So wie Nora Seeds, Heldin dieses Romans.

Nora hat ihre zahlreichen Enttäuschungen und Niederlagen so satt, dass sie ihrem Leben ein Ende setzen will. Nach einer Tabletten-Überdosis findet sie sich in einer riesigen Bibliothek wieder, einem Ort zwischen Leben und Tod. Das Besondere an dieser Mitternachtsbibliothek: Jedes Buch enthält ein Leben, das Nora hätte leben können. Nun hat sie die einmalige Chance, sich aus all den Möglichkeiten ihr perfektes Leben auszusuchen und Versäumtes wieder gutzumachen.

Ich ließ mich gern von Noras Wahl überraschen und begleitete sie von einer Option zur nächsten. Mal ist sie Gletscherforscherin, mal Olympiasiegerin, mal ein Rockstar. Was sehr verlockend klingt, entpuppt sich allerdings als gar nicht so erfüllend, zumal Nora jedes Mal in eine völlig neue Situation hineingeworfen wird und sich erstmal orientieren muss. Hinzu kommt, dass sie an jedem Leben etwas auszusetzen hat, so dass mir ihre Nörgelei und Unzufriedenheit manchmal auf die Nerven ging.

Matt Haig vermittelt uns wieder einmal viele philosophische Weisheiten und Theorien aus der Quantenphysik – vor allem die wichtige Botschaft, dass man das Potenzial, das uns jeder einzelne Lebensentwurf bietet, erkennen und nutzen sollte, statt sich von Fehlentscheidungen oder Rückschlägen herunterziehen zu lassen. Ich mag seine Gedankenexperimente, doch in diesem Roman fand ich sie nicht ganz so stark umgesetzt wie in seinen vergangenen Werken.

Bewertung vom 17.02.2021
Sprich mit mir
Boyle, T. C.

Sprich mit mir


ausgezeichnet

Nicht nur Haustierbesitzer werden sich sicher schon einmal die Frage gestellt haben: Was wäre, wenn ich mich mit einem Tier unterhalten könnte? In diesem Werk von T.C. Boyle liegt die Vorstellung gar nicht so fern.

Die Geschichte dreht sich um Sam, einem zweieinhalbjährigen Schimpansen, der im Haushalt des Sprachforschers Guy Schermerhorn aufwächst und die Gebärdensprache erlernt. Als die Studentin Aimee eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft bei ihm antritt, ist sie ganz hin und weg von dem klugen Schimpansen, der am liebsten Cheeseburger und Pizza isst und in Magazinen schmökert. Die tiefe Zuneigung beruht auf Gegenseitigkeit und schon bald werden die beiden unzertrennlich.

Die Illusion, dass Sam dauerhaft in einer häuslichen Gemeinschaft leben könnte, wird jäh zerstört, als Guys Chef Moncrief wegen fehlender finanzieller Mittel das Forschungsprojekt für gescheitert erklärt und Sam für Tierversuche verkaufen will. Die Handlung eskaliert, denn jede Figur verfolgt nun fieberhaft ihre eigenen Interessen.

Das Ganze wird dadurch verstärkt, dass T.C. Boyle das Geschehen aus wechselnden Perspektiven erzählt, sogar aus der Sicht des Schimpansen. Der Sprecher Florian Lukas meistert den extremen Wechsel zwischen Sams zaghafter und verängstigter Stimme und Moncriefs arroganten und wutentbrannten Tonfall exzellent.

Die Geschichte ist nicht nur spannend, sehr emotional und humorvoll erzählt, sondern regt auch zum Nachdenken an, welche Gemeinsamkeiten wir Menschen mit Tieren teilen und warum wir unsere Überlegenheit und egozentrische Rolle als so selbstverständlich hinnehmen.