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Rezensentin aus BW

Bewertungen

Insgesamt 217 Bewertungen
Bewertung vom 11.10.2020
Kochen wie in Israel
Cohen, Stav

Kochen wie in Israel


ausgezeichnet

Ich habe schon des Öfteren israelisch in Restaurants gegessen, bisher aber nie den Mut aufgebracht, selbst israelisch zu kochen.
Als ich diesem Kochbuch, dessen farbenfrohes Cover mich sofort angesprochen hat, begegnet bin, habe ich sofort beherzt zugeschlagen.
Und es hat sich gelohnt!

Als ich beim Aufblättern auf das Vorwort des Autors Stav Cohen gestoßen bin, hat mich sofort angesprochen, dass er ein Plädoyer für hochwertige und frische Zutaten hält und Gewürzen einen ganz besonderen Stellenwert einräumt.
Dass er sich, seine Familie und die israelische Küche kurz vorgestellt hat, hat mir gefallen.

In der folgenden Bucket-List und im Länder-Quickie erfährt man kurz und knapp einige nützliche und interessante Dinge über Israel.

Äußerst interessant ist die folgende Auflistung der „Helden der israelischen Küche“... gemeint sind die 5 wichtigsten Zutaten wie Kreuzkümmel, Datteln, Granatapfel, Kichererbsen und Tahin.

Nützlich sind die kurzen Infos und Tipps zu den einzelnen Gerichten.

Die farbenfrohen Fotos sind appetitanregend und machen große Lust auf‘s Kochen ... und Essen ;-)

Was ich unbedingt betonen möchte, ist, dass der Autor eine wunderbare und abwechslungsreiche Auswahl getroffen hat!

Der Hobbykoch findet absolute Klassiker wie Hummus, Falafel, Shawarma, Shakshuka, Mejadra, Sabich und vieles mehr.

Ich habe diese Gerichte alle nachgekocht und mein Mann und ich waren begeistert.

Die Zubereitung ist mit etwas Aufwand verbunden, denn es ist eine ganz andere Art des Kochens. Auch das Besorgen der benötigten Lebensmittel geht nicht so ruckzuck, wie wenn man Gulasch mit Spätzle macht.
Aber in gut sortierten Supermärkten und türkischen Lebensmittelläden wird man gut fündig und so Manches findet man online.

Ganz besonders angesprochen haben mich die Fischgerichte und die vegetarischen Gerichte.
Der Makrele in Zitronensauce kann man einfach nicht widerstehen und die Zucchini-Pashtida ist köstlich.
Zu den gerösteten Möhren mit Avocadomus kann man nur sagen „interessante Kombi und soooo lecker!“

Labaneh mit Feigen und Halva ist eine göttliche Nachspeise und auch das Himbeer-Rosen-Sorbet ist eine Sünde wert.

Ich denke, meine Begeisterung ist unschwer zu übersehen.
Wer Lust auf andersartige und köstliche kulinarische Genüsse hat, der wende sich der israelischen Küche und diesem Kochbuch zu.

Bewertung vom 11.10.2020
Kochen wie in Portugal
Bras, Antonio

Kochen wie in Portugal


ausgezeichnet

Ich liebe die spanische Küche und bin schon lange interessiert an der Küche des Nachbarlandes Portugal. Als ich dieses GU-Kochbuch gesehen habe, hat mich sogleich das farbenfrohe Cover mit dem Vorspeisenteller angezogen.

Als ich beim Aufblättern auf das Vorwort des Autors Antonio Bras gestoßen bin, hat mich sofort angesprochen, dass er von Musik und Kochen begeistert ist.
Dass er sich dann kurz vorgestellt hat und auf die Entstehungsgeschichte des Kochbuchs eingegangen ist, hat mir gefallen.

In der folgenden Bucket-List und im Länder-Quickie erfährt man kurz und knapp einige nützliche und interessante Dinge über Portugal.

Äußerst interessant ist die folgende Auflistung der „Helden der Küche Portugals“... gemeint sind die 5 wichtigsten Zutaten wie Koriandergrün, Zitronen, Grünkohl, portugiesische Wurst und Zimt.

Nützlich sind die kurzen Infos und Tipps zu den einzelnen Gerichten.

Die farbenfrohen Fotos sind appetitanregend und machen große Lust auf‘s Kochen ... und Essen ;-)

Ich habe schon einige der Gerichte ausprobiert und manche davon sind in unseren Lieblingsrezepte-Ordner gewandert.

Das Portugiesische Gazpacho ist nicht nur farbenfroh und lecker, sondern genau das Richtige für warme Tage, an denen man erfrischende Speisen schweren Gerichten vorzieht.

Die Lissabonner Fischküchlein sind köstlich und ich haben den Tipp des Autors befolgt, sie in den Picknickkorb zu packen. Sie waren bei meiner Familie der Renner!

Sowohl der Oktopusreis als auch der Meeresfrüchtereis sind eine Sünde wert und die berühmten „Pastéis de Nata“ sind eine göttliche Nachspeise.

Mein persönlicher Favorit ist der Lammtopf mit Tomaten und Oregano. Das Fleisch zergeht wie Butter auf der Zunge!

Ich möchte das Kochbuch gerne weiterempfehlen, denn es hat mir einen wunderbaren Einblick in die portugiesische Küche gewährt und viele Genussmomente beschert.

Was mir nicht so gefiel, war, dass ein Schwerpunkt auf Stockfisch lag. Ich bevorzuge an Kochbüchern generell Ausgewogenheit und in diesem Fall wurde das Gewicht auch noch auf ein Nahrungsmittel gelegt, das mir persönlich nicht zusagt ;-)
Aber den zweiten Punkt kann ich dem Autor natürlich nicht ankreiden.

Bewertung vom 11.10.2020
Kochen wie in Indien
Roychoudhury, Indrani;Banerjee, Robi

Kochen wie in Indien


ausgezeichnet

An diesem Kochbuch bin ich nicht vorbeigekommen. Die indische Küche interessiert mich brennend und die beiden Autoren kannte ich schon von ihrem YouTube Channel „Lucky Recipes“, dem ich schon seit längerem sehr gerne folge.

Das Buch beginnt bereits mit einer sympathischen Vorstellung der beiden Autoren Robi Banerjee und Indrani Roychoudhury.

Die folgende Indien-Bucket-List führt kurz und knackig auf, was man in Indien tun sollte und was nicht und auch das Länderquickie gibt einen kleinen aber feinen Einblick ins Land.
Im Verlauf erfährt man immer wieder etwas über die indische (Ess-)Kultur und jedes Rezept wird mit einer kurzen und interessanten Information zum Gericht eingeleitet.

Die farbenfrohen Fotos sind appetitanregend und machen große Lust auf‘s Kochen ... und Essen ;-)

Ganz besonders angesprochen haben mich die vielen abwechslungsreichen und z. T originellen vegetarischen Rezepte.

Was äußerst aufschlussreich für Anfänger in der indischen Küche ist, ist die Erklärung der Top-5-Zutaten zu Beginn, die die Autoren „die Helden der indischen Küche“ nennen.

Ich habe schon einige der Gerichte ausprobiert und manche davon sind in unseren Lieblingsrezepte-Ordner gewandert.

Das Nacho Chaat z. B. ist dermaßen farbenfroh und saftig! Mal was ganz anderes.

Das Mango-Chutney ist zwar etwas aufwendig in der Zubereitung, aber es lohnt sich! Ich habe es meiner Familie zu dem Lamm Kathi Kabab gereicht und alle waren begeistert.

Mein persönlicher Favorit ist Paneer mit Ingwer und Kokos.
Diese Kombination ist nicht nur originell, sondern sehr lecker!
Vor unserem Indienurlaub kannte ich diesen indischen Frischkäse nicht. Seither bin ich begeistert von diesem Kuhmilch-Produkt, das gerne als Einlage in Currys verwendet wird.

Ich möchte dieses Kochbuch v. a. allen interessierten „Neulingen“ empfehlen.
Es gibt einen wunderbaren Einblick und Überblick und man findet sehr viele typische und recht einfach nachzukochende Gerichte darin.
Die Zutaten bekommt man problemlos im indischen Lebensmittelladen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.10.2020
Das Buch Ana
Kidd, Sue Monk

Das Buch Ana


ausgezeichnet

Die Liebesgeschichte von Ana und Jesus und eine Geschichte über Emanzipation und Selbstbestimmung.

Dieser Roman war ein „Muss“, nachdem ich bereits „Die Bienenhüterin“ und „Die Erfindung der Flügel“ mit Begeisterung gelesen habe und weil mich die Idee dahinter sofort reizte:
Jesus war verheiratet, aber nicht, wie schon an anderen Stellen durchgespielt, mit Maria Magdalena sondern mit der fiktiven Frau Ana, die noch dazu die Schwester von Judas ist.
Gleichzeitig muss ich einräumen, dass ich etwas skeptisch war wegen meiner Befürchtung, eine verklärte, abgedroschene oder gar missionarische Bibel-Geschichte lesen zu müssen. Aber weit gefehlt!

Wir begeben uns auf eine Zeitreise zurück ins Jahr 16 nach Christus und landen im von Römern besetzten Galiläa.

Hier wächst die schlaue, wissensdurstige und aufgeweckte Ana mit ihrem Bruder Judas in einer wohlhabenden und einflussreichen jüdischen Familie auf.
Ihr Vater ist ein Schriftgelehrter und der oberste Berater des Herrschers Herodes Antipas.
Ana lernt dank ihres Vaters, gegen den Widerstand ihrer Mutter und obwohl es Frauen in der damaligen Zeit eigentlich verboten war, lesen und schreiben.
Sie studiert die Thora und interessiert sich besonders für die darin vorkommenden Frauen Eva, Sarah, Rebecca, Rachel und Ruth. Voller Enthusiasmus und Leidenschaft schreibt sie deren Geschichten auf Papyrusrollen nieder.

Mit 14 Jahren soll das freiheitsliebende Mädchen mit dem älteren kleinwüchsigen Witwer Nathaniel verheiratet werden, wogegen sie sich erfolglos wehrt.

Es ist selbstredend und nachvollziehbar, dass sie nicht im Geringsten begeistert davon ist, diesen Mann mit dem verbitterten Gesichtsausdruck zu heiraten.

Fasziniert ist sie allerdings von dem warmherzigen und einfühlsamen Jesus von Nazareth, den sie recht zeitgleich auf dem Markt trifft und der ihre Verzweiflung erkennt.
Glücklichen Zufällen ist es zu verdanken, dass Jesus und Ana schließlich ein Paar werden.

Der wunderbare Erzähl- und bildgewaltige Schreibstil von Sue Monk Kidd vermochte mich erneut zu fesseln.
Sie erschafft authentische Charaktere und vermittelt ein glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit.
Sie hat, so wirkt es, genau recherchiert und hält sich an die historischen Gegebenheiten wie Kleidungsstil und religiöse Bräuche. Alles könnte genau so gewesen sein.

Sie baut historische Personen wie Herodes Antipas und Judas sowie weitere fiktive Figuren wie Anas Tante Yaltha, eine gebildete, alleinstehende Frau und ihre Freundin Tabitha in die Geschichte ein, wodurch sie noch interessanter und abwechslungsreicher wird.

Die Autorin erzählt im Grunde eine bekannte Geschichte, aber dadurch, dass sie sie aus Frauensicht erzählt und mit fiktivem Material anreichert, wirkt sie neuartig und ist überhaupt nicht langweilig oder abgedroschen.

Außerdem und darüber hinaus gibt die Autorin in dem Roman denjenigen Frauen eine Stimme, die sich gegen das Althergebrachte, gegen fragwürdige Konventionen und gegen eine männerdominierte Welt wehren und für ihre Selbstbestimmung eintreten, was der Geschichte etwas Zeitloses und Modernes gibt.

Ich empfehle diese faszinierende, berührende und fesselnde Lektüre gerne weiter!
Es ist originell und spannend, das Neue Testament aus Sicht einer klugen, gebildeten und kritischen Frau kennenzulernen.

Um Gefallen an dem Roman zu finden muss man meines Erachtens übrigens weder religiös, noch bibelfest oder gläubig sein.

Ein spannendes und lesenswertes Vergnügen!

Bewertung vom 09.10.2020
Über allem und nichts
Neumann, Gunther

Über allem und nichts


ausgezeichnet

Die 36-jährige Clara Fink hat es geschafft. Sie konnte ihren Traum vom Fliegen verwirklichen, ist Copilotin einer Billig-Airline und auf dem Weg zum Flugkapitän.

Sich in der knallharten und rücksichtslosen, von Männern dominierten Welt zurechtzufinden, durchzusetzen und zu behaupten, ist eine Herausforderung.

Ihr Flugzeug hat sie im Gegensatz zu ihrem Leben aber voll im Griff und unter Kontrolle.

Eine innere Unruhe und emotionale Ambivalenzen machen sie zur Getriebenen, die rastlos zwischen unbehaglichen Flughäfen, fremden Ländern, anonymen Metropolen und zwei Männern hin- und herpendelt.

Erinnerungen an Missbrauchserfahrungen und unklare Gefühle in Bezug auf diese o. g. zwei Männer beuteln sie, fordern Ablenkung und „zwingen sie zur Dauer-Flucht“...
... bis sie sich, unausgeglichen, überlastet und erschöpft eine zweiwöchige Auszeit auf der Insel Sri Lanka nimmt.
Ihr inneres Gleichgewicht ist destabilisiert...

Die folgende Motorrad-Reise durch das noch immer vom Bürgerkrieg verheerte Land ist gleichsam eine Reise durch ihr Leben und zu sich selbst.
Sie stellt sich den bisher auferlegten Tabus und bricht das Schweigen, indem sie sich mit den Schatten ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und innere Zwiesprache hält.

Die Pilotin Clara sucht sich selbst, innere Klarheit und ihr Glück.
All das zu finden wird erst möglich sein, nachdem sie Schwieriges und Traumatisches be- und verarbeitet hat.
Ob ihr das auf Sri Lanka gelingen wird, bleibt hier erstmal ein Geheimnis.

Was ich allerdings gern verraten möchte, ist, dass wir einen tiefen Einblick in die zerbrechliche, verletzte, schmerzhafte und unglückliche Innenwelt der Protagonistin bekommen.
Clara wird dadurch authentisch und in ihrer Zerrissenheit sehr menschlich.

Man liest gebannt und bleibt atemlos zurück
Der Autor schreibt intensiv, wuchtig, feinfühlig, wort- und bildgewaltig.
Er hat eine eindrückliche und geschliffene Sprache, mal poetisch, mal dicht und knapp.
Begeistert haben mich die wundervollen Landschaftsbeschreibungen.

Ich empfehle diesen packenden und tiefgründigen Debutroman, der mir unterhaltsame Lesestunden bescherte, gerne weiter!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.10.2020
Normale Menschen
Rooney, Sally

Normale Menschen


ausgezeichnet

Eine Stadt im westlichsten Zipfel Irlands.
Zwei Jugendliche aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten.
Er, Connell, Sohn einer alleinerziehenden Putzfrau, aus armen und einfachen Verhältnissen.
Sie, Marianne,Tochter einer Rechtsanwältin, aus einer wohlhabenden Akademikerfamilie.
Er, Connell, beliebt, Mädchenschwarm und Star der Fußballmannschaft.
Sie, Marianne, sonderbar, graue Maus und Außenseiterin.
Beide klug und begabt.
Beide vorbelastet und einigermaßen kompliziert.
Beide voneinander angezogen.

Es geht um Freundschaft, Faszination, Begehren, Leidenschaft, Sex, Liebe, Verbindlichkeit, Selbstzweifel, Ängste, Wunsch nach Anerkennung, Stolz, Abhängigkeit und Macht.

Das klingt abgedroschen und langweilig?
Oder mit Themen überfrachtet?
Ist es aber überhaupt nicht!

All dies sind nunmal die Themen, die zum Erwachsenwerden dazugehören und sie werden in der richtigen Dosierung und Tiefe eingebracht.

Die Autorin ist eine scharfsinnige Beobachterin und brillante Erzählerin mit eigenwilligem Schreibstil (keine wörtlichen Reden, bzw. selbige ohne Satzzeichen), Erzählstil (Zeitsprünge) und Erzählton (kühl und distanziert).

Sie schreibt schnörkellos und ehrlich und zeichnet ihre Figuren in all ihrer Komplexität und Unterschiedlichkeit, wodurch sie greifbar werden und authentisch wirken.

Wir bekommen Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt und erkennen dort Selbstzweifel, Ängste und Unsicherheiten.
Sally Rooney versteht es, uns Lesern die inneren Konflikte ihrer Protagonisten in ihrer ganzen Tragweite und Tiefe nahe zu bringen.

Wir erfahren so Einiges von den Familien der beiden Protagonisten, die in der gleichen Klasse sind und sich am Ende ihrer gemeinsamen Schulzeit anfreunden, diese Freundschaft aber auf Connells Wunsch hin lange geheim halten und wir begleiten sie ins Studium am Trinity College in Dublin, wo sich die Rollen aufgrund ihrer Herkunft verkehren:
Marianne ist nun „unter ihresgleichen“ und wird zum Star. Connell ist die unspektakuläre Landpomeranze, fühlt sich fremd und als Außenseiter.

Was die beiden verbindet, ist eine Art on-off-Beziehung mit Höhen und Tiefen.
Es geht nicht ohne und nicht mit.
Sie kreisen umeinander, sie verletzen sich, sie können nicht ohne einander.
Missverständnisse sind an der Tagesordnung.
Sie lieben sich, schaffen es aber nicht, dieser Liebe eine Verbindlichkeit vor sich selbst und vor Anderen zu geben.

„Normale Menschen“ ist ein großartiges und unterhaltsames Werk mit Sogwirkung.
Es geht in dieser intensiven Geschichte, die gleichermaßen nüchtern wie packend erzählt wird und immer wieder mit philosophischen Gedanken überrascht, um Identitätsfindung und Erwachsenwerden.

Die Autorin geht hier einer spannenden Frage nach:

Gibt es Voraussetzungen und Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Liebe funktionieren und überleben kann?
Muss es Überlappungen und Gemeinsamkeiten geben?
Wie groß müssen diese Überlappungen und Gemeinsamkeiten sein?

Kann es zwischen dem Sohn einer Putzfrau und der Tochter von wohlhabenden Akademikern zu mehr als einer Affäre kommen?
Kann es zwischen einem beliebten Fußballstar und einem schüchternen Mauerblümchen zu mehr als einer Affäre kommen?

Der Roman ist alles andere als eine typische bzw. klassische Liebesgeschichte und hält Überraschungen bereit.
Manchmal kommt es einfach anders, als man denkt.

Klare Leseempfehlung - auch für Erwachsene ;-)

Bewertung vom 07.10.2020
Das Meer der Libellen
Owuor, Yvonne Adhiambo

Das Meer der Libellen


ausgezeichnet

Wir begeben uns in eine fremde und exotische Welt.
Nach Ostafrika.
An die Nordküste Kenias.
Auf die die kleine Insel Pate.

Dort treffen wir auf das wissbegierige, pfiffige und eigenwillige Mädchen Ayaana und ihre Mutter Munira, die von ihrer Familie und der Gesellschaft verstoßen wurde, weil sie ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hat.

Den in die Jahre kommenden Matrosen Muhidin, der viel herumgekommen ist, viel ertragen muss(te) und nun einen Buchladen besitzt, adoptiert sie als Vater.

Drastische und folgenschwere Geschehnisse beeinflussen und verändern den Alltag auf der Insel und Ayaanas Leben tiefgreifend und nachhaltig:
Das Erscheinen undurchsichtiger und fragwürdiger Fremder.
Das Auftauchen religiöser Extremisten.
Chinas Machtbegehren.
Ein Tsunami.

All das bringt die junge Erwachsene Ayaana dazu, eine Einladung nach China und ein Stipendium anzunehmen und sich von den vertrauten Inselbewohnern, dem gewohnten Alltag und der bekannten Umgebung zu verabschieden.
Sie plant, in China zu studieren und begibt sich auf eine gefährliche Schiffsreise, über der die Frage „Nhi shi shei“ (Wer bist du?) schwebt und die als Metapher für eine Reise zu sich selbst betrachtet werden kann.

Yvonne Adhiambo Owuor ist eine genaue Beobachterin, die detailliert und wunderbar bildlich beschreiben kann. Die vielschichtig gezeichneten Protagonisten und Szenen erwachen zum Leben und die Landschaften sieht man förmlich vor dem geistigen Auge.
Man kann sich in den herrlichen Naturbeschreibungen regelrecht verlieren.

Der facetten- und themenreiche, spannende und fesselnde Roman, der relevantes politisches Zeitgeschehen streift, ist letztlich fiktiv, wurde aber von der realen Geschichte einer jungen Frau aus Pate inspiriert, die 2005 aufgrund ihrer chinesischen Wurzeln tatsächlich ein chinesisches Studienstipendium erhalten hat.

„Das Meer der Libellen“ ist ein Stück moderne afrikanische Literatur und erzählt eine intensive Geschichte, die gleichermaßen lebensbejahend, exotisch und stürmisch, wie düster und traurig ist.

Ein herausragender, außergewöhnlicher, wuchtiger und poetischer Roman, der eine bewegende, in Teilen märchenhafte Geschichte von einer jungen Frau erzählt, die ihr Glück, die Liebe und ihren Platz sucht, Verluste verkraften und Sehnsüchte überwinden muss.
Es geht um Heimat, Wurzeln und Heimweh, Gewalt, Verlust und Trauer, Freiheit und Unabhängigkeit sowie um die Machtkämpfe der „Großen und Möchtigen“.

Unbedingt lesen!

Bewertung vom 06.10.2020
Dieses entsetzliche Glück
Mingels, Annette

Dieses entsetzliche Glück


ausgezeichnet

Wir begeben uns ins fiktive amerikanische Kleinstädtchen Holbrook in den USA, das der gemeinsame Nenner zwischen den verschiedenen zahlreichen Protagonisten und den 15 verschiedenen Episoden, man könnte sie eigentlich auch Kurzgeschichten nennen, ist.

Es sind keine allgemein spektakulären, aber individuell bedeutsamen Geschichten, die durchaus eine poetische und philosophische Dimension haben.

Wir begegnen ganz alltäglichen Menschen mit ebenso alltäglichen Sorgen und Nöten, Wünschen und Sehnsüchten.

Das wird aber niemals eintönig oder langweilig! Im Gegenteil!
Der Roman ist originell und äußerst ansprechend konstruiert, die Charaktere sind interessant und die Autorin schreibt feinfühlig und unaufgeregt.

Die Personen werden in all ihrer Vielschichtigkeit, Unterschiedlichkeit und Komplexität gezeigt, wodurch sie sehr glaubwürdig und authentisch erscheinen und man einen detaillierten Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt bekommt, was mir außerordentlich gut gefällt.

Annette Mingels ist eine gute Beobachterin mit Menschenkenntnis, die noch dazu wunderbar erzählen und beschreiben kann.

Erst mit der Zeit erkennt man zwischen den Figuren Verbindungen, die über den o.g. gemeinsamen Nenner, die Kleinstadt Holbrook, hinausgehen. Man entdeckt familiäre, bekanntschaftliche, freundschaftliche Verbindungen, Liebesbeziehungen oder berufliche Überlappungen.
Eine deutliche Gemeinsamkeit ist auch deren Suche nach Sinn und Glück.

Dadurch, dass jeder Protagonist seine Geschichte selbst erzählt und dann oft später in der Geschichte eines Anderen wieder auftaucht, wird er noch „runder“ und kommt er einem noch näher.
Man lernt ihn sozusagen aus der Perspektive seiner Selbst- und einer Fremdwahrnehmung kennen.
Und dann kommt ja unsere eigene Wahrnehmung noch dazu.
Ein origineller Kunstgriff!

Ich empfehle diesen Episodenroman, der mir mit seinen tiefgründigen Geschichten aus dem Alltag und mit seiner darüber liegenden leichten Schwermütigkeit und melancholischen Stimmung, die aber im Verlauf hoffnungsvoller wird, sehr gerne weiter.

Man kann und sollte ihn nicht „schnell weglesen“, sondern aufmerksam und bedächtig genießen, damit man die Zusammenhänge sowie die vielen Protagonisten und deren Verbindungen gut „verdauen“ und die Lektüre somit bis ins Letzte auskosten kann.

„Dieses entsetzliche Glück“ bereitete mir sehr viel Lesevergnügen!

Unbedingt lesen!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.10.2020
Malé
Ehrlich, Roman

Malé


weniger gut

Malé, das dem Untergang geweiht ist, hat nichts mit den Malediven zu tun, wie wir sie uns vorstellen oder wie wir sie heute kennen.
Wir treffen kein Urlaubsparadies an, sondern einen Inselstaat mit heruntergekommenen Gebäuden, bröckelnden Mauern und überfluteten Straßen.

Es ist eher eine karge Ruinenlandschaft, die nach einer globalen Katastrophe entstanden und gleichzeitig ein Ort für eigenartige Aussteiger geworden ist.
Leute, die dageblieben, also nicht geflüchtet sind, obwohl der ölige Meeresspiegel stetig und bedrohlich ansteigt.
Es ist nötig, Gummistiefel zu tragen oder barfuß zu laufen. Manchmal steht man hüfthoch im Wasser.

Eine diktatorische Miliz regiert den Ort streng und unbarmherzig. Wehren können sich die Bewohner nicht.

Im Verlauf der Geschichte trifft man auf Figuren wie Elmar Bauch, der den Tod seiner Tochter verdauen muss, Hedi, die über das Schicksal von Menschen auf einer vermüllten Insel in einem vermüllten Meer reflektiert, die Literatureissenschaftlerin Frances, die nach einem verschollenen Lyriker sucht und den Schriftsteller Adel, der sich mit einem Schiffskoch, einem Finnen und einem Jugendlichen trifft, um deren Biografien literarisch zu verwerten.

Die Figuren kamen mir nicht nahe, blieben mir seltsam fremd und erschienen mir oberflächlich.
Es war nicht einfach, in den Roman hinein zu finden.
Die Erzählweise lag mir nicht, war mir zu abgehoben und elitär, auch zu fragmentarisch.
Eher eine nüchterne Aneinanderreihung von Episoden, als eine kontinuierlich erzählte Geschichte.
Mit den Schachtelsätzen, unnötigen Einschüben und Details, vielen Wiederholungen, sowie der Anstrengung, dem Roman zu folgen, sank für mich der Unterhaltungswert.

Was mir gefiel, war v. a. die Idee hinter dem Roman und die Parallele, die zum Berlin im Jahre 1989 gezogen wurde, das damals, metaphorisch gesehen, auch eine Insel war, auf die Zuwanderer strömten, mit denen sich die Einheimischen auseinandersetzen mussten.

Ich finde es nicht nur wichtig, über Themen wie Klimawandel, steigende Meeresspiegel und Artensterben zu schreiben, sondern höchst sinnvoll und bedeutsam.
Aber was mich betrifft, doch bitte etwas weniger experimentell und auf bekömmlichere Art und Weise!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2020
Herzfaden
Hettche, Thomas

Herzfaden


ausgezeichnet

Dieser Roman war für mich ein „Muss“, weil ich vom letzten Roman des Autors, „Pfaueninsel“ dermaßen begeistert war.

In „Herzfaden“ geht es wieder um eine historische Geschichte, die aber dieses Mal in Augsburg spielt und von der berühmten Augsburger Puppenkiste und ihren Anfängen handelt.
Wer kennt ihn nicht, den „Urmel aus dem Eis“?
Ich habe ihn unzählige Male im Fernsehen verfolgt und mit meinen Kindern war ich nicht nur einmal in der Puppenkiste.

Das ist also der zweite Grund, warum mich die Geschichte um Walter Oehmichen, einen Schauspieler des Augsburger Stadttheaters, und um seine Tochter, die Puppenschnitzerin Hatü Oehmichen, die als junges Mädchen zusammen mit ihren Freunden in den Trümmern Augsburgs nach dem Krieg die Puppenkiste gründete, interessiert und in seinen Bann gezogen hat.

Was mir besonders gut gefallen hat, war, dass Hatü Oehmichen selbst es ist, die ihre Geschichte einem zwölfjährigen Mädchen erzählt, das nach einer Vorstellung der Puppenkiste ganz im Stil bekannter Märchen durch eine Tür auf den Dachboden gelangt, wo sie von verschiedenen Marionetten und Hatü begrüßt wird.

Der Beginn dieses gegenwärtigen Erzählstrangs ist sehr märchenhaft, aber auf dem Dachboden herrscht nicht nur heile Welt.
Auch im zweiten Erzählstrang, in dem es um die Geschichte der Puppenkiste geht, die gar nicht ohne die grauenhafte Geschichte der Nazizeit erzählbar ist, wechseln sich bezaubernde und düstere Momente ab.
Dem Autor gelingt es bravourös, diese beiden Geschichten miteinander zu verweben.

Hatü zu begleiten, wie sie im Krieg aufwächst, ihre ersten Puppen schnitzt und sich zum ersten Mal verliebt, macht großen Spaß. Sie glaubt an ihren Traum und schafft den Durchbruch. Chapeau!

Der 288-seitige Roman ist in einfacher und poetischer Sprache geschrieben und spielt auf verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen, die sich peu à peu aufeinander zubewegen und schließlich raffiniert ineinander übergehen.

Die gleichermaßen berührende, bewegende, wie zauberhafte Geschichte ist zu keinem Zeitpunkt kitschig oder seicht. Sie hat mich fasziniert, gefesselt und begeistert.

Aber nicht nur die Geschichte selbst, sondern auch WIE der Roman von Thomas Hettche komponiert wurde, macht es überaus lohnenswert, zum Buch zu greifen.

Es ist eine Wertschätzung der Frau, die felsenfest an ihren Traum geglaubt und leidenschaftlich und mit Herz ihr Ziel verfolgt hat und es ist eine Hommage an Holzpuppen, denen der Puppenspieler und die Puppenkiste Leben einhaucht.

Nicht umsonst heißt der Roman „Herzfaden“.
Es geht um den emotionalen Faden zwischen Marionette und Zuschauer... um den Draht, den sie zueinander bekommen.

Unbedingt lesen! Ein Highligt!