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R. S.

Bewertungen

Insgesamt 165 Bewertungen
Bewertung vom 01.07.2022
Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1
Joshi, Alka

Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1


gut

Ein weiblicher Blick auf Indien in den 50er-Jahren, interessant aber oberflächlich

Nachdem Lakshmi einer missbräuchlichen Ehe entkommen ist, hat sie sich als Henna-Künstlerin einen Namen gemacht. Lakshmi steht kurz davor, ein Eigenheim vollständig zu besitzen und aufgrund ihrer Kontakte und Einsicht möglicherweise eine Heiratsvermittlerin zu werden, als ihr Ex-Mann mit ihr bis dahin unbekannten 13-jährigen Schwester auftaucht, was beider Leben nachhaltig verändern wird.

Was mir gut an der Geschichte gefiel, war Lakshmis Job, ihre Rolle als Henna-Künstlerin, wie sie andere Menschen mit Heilkunde und -kräuterwissen behandelte und wie sie im geheimen auch Frauen half abzutreiben. Man bekam dabei beim Lesen einen Einblick in das Leben der Reichen sowie der Armen und Verzweifelten. Die Beziehung zwischen ihr und ihren Kunden ist gut beschrieben.
Leider fühlten sich für mich die Handlung und die Charaktere ein wenig oberflächlich an. Anstatt tief in Lakshmis Karriere, ihre Beziehungen oder die Probleme ihrer jüngeren Schwester einzutauchen, fühlte es sich an, als würde das Buch viele Handlungspunkte nur kurz ansprechen, ohne sie tiefergehend zu behandeln. Anfangs war ich neugierig, wo die Geschichte hinführen würde, doch fühlte es sich beim Lesen so an, als würde sie nur an der Oberfläche der Emotionen kratzen, die sie hätte haben können. Wenn es für die Charaktere schwierig wurde, fühlte es sich das Geschriebene zu klinisch an. Folglich konnte das Buch mich nur wenig emotional berühren, die Charaktere und ihr Leben blieben mir fremd, auch wenn sie gut beschrieben waren.

Ein gut geschriebenes Buch mit interessanten Themen, das außerdem einen faszinierenden Blick auf die indische Gesellschaft in den 50er-Jahren liefert, mir jedoch leider nicht wirklich in Erinnerung geblieben ist. Die Handlung und vor allem die Charaktere fühlten sich sehr künstlich an. Kann man lesen, muss man aber nicht.

Bewertung vom 26.06.2022
Yadriel und Julian. Cemetery Boys
Thomas, Aiden

Yadriel und Julian. Cemetery Boys


ausgezeichnet

Magische, queere und authentische Coming-of-Age-Story

Yadriel ist ein Teenager aus einer langen Reihe von Brujx, die die Macht haben, die Welt der Lebenden mit den Toten zu verbinden. Nachdem er und seine Cousine Maritza das Coming-of-Age-Ritual für Brujos durchgeführt haben, das Yadriel verweigert wurde, treffen sie Julian, einen kürzlich verstorbenen Geist, der über seinen eigenen Tod im Dunkeln ist. Gemeinsam machen sie sich daran, dem Geheimnis um Julians Tod auf die Spur zu kommen. Nebenbei versucht Yadriel seine Familie zu beweisen, dass er ein Brujo ist. Wären da nicht die aufkommenden Gefühle für Julian, die die Dinge verkomplizieren.

Bezüglich der Handlung weist die Geschichte hier und da ein paar Schwächen auf, z. B. bzgl. dem Pacing, aber das verblasst gegenüber den Stärken des Romans. Was den Roman nämlich so besonders wertvoll macht, ist dessen Inklusivität und Authentizität. Vor allem die Latinx-Kulturelemente sowie die Trans-Repräsentation haben mir gut gefallen. Auch sind die Brujx eine interessante Möglichkeit, paranormale Aspekte in die Geschichte einzubringen, und ich finde es toll über Yadriel, Maritza und ihre FamilievDía de Muertos vorbereiteten. Was ich an dem Buch ebenfalls schätze, ist, dass dies keine Geschichte ist, in der Yadriel „mit seiner Identität kämpft“. Er weiß genau, wer er ist. Was „Yadriel und Julian“ stattdessen thematisiert, ist Yadriels Familie, die damit zu kämpfen hat und sich teils weigert, ihn so zu sehen, wie er ist. Selbst wenn einige ihrer Aussagen und Handlungen nicht verletzend gemeint sind, wird jedoch deutlich gemacht, wie sehr es Yadriel schmerzt nicht von seiner Familie so akzeptiert zu werden, wie er ist. Darüber hinaus war die Latinx-Kultur so prominent und lebendig. Yadriel lebt es wirklich und als Leser*in wird man einfach in diese schöne Welt hineingezogen, da Aiden Thomas einfach so viele Aspekte dieser Kultur anspricht, von der Hervorhebung verschiedener Akzente bis hin zur Beschreibung der Feierlichkeiten.

„Yadriel und Julian. Cemetery Boys“ ist eine magische, fantasievolle und emotionale Geschichte darüber, wie man den Mut findet, allen – einschließlich sich selbst – zu zeigen, wer man wirklich ist. Sie handelt von Liebe, Freundschaft und Familie und ist allein wegen der tollen Latinx-Kulturelemente sowie der Trans-Repräsentation lesenswert.

Bewertung vom 22.06.2022
Lightseekers
Kayode, Femi

Lightseekers


ausgezeichnet

Finden von Antworten im Dunklen - Krimi aus Nigeria mit Aktualitätsbezug

Absolut fesselnd und zum Nachdenken anregend lässt der Krimiroman „Lightseekers“ die Leser*innen in das zeitgenössische Nigeria eintauchen und erzählt eine nachvollziehbare Geschichte.

In der ländlichen Universitätsstadt Okriki am Stadtrand von Port Harcourt in Nigeria werden drei Universitätsstudenten zu Tode verbrannt, umringt von einem wütenden Mob, der überzeugt ist, dass sie Diebe sind. Es ist kein Geheimnis, wer für ihre kaltblütigen Morde verantwortlich ist. Sieben Personen wurden festgenommen und stehen vor Gericht. Dr. Taiwo, ein Kriminalpsychologe, wird beauftragt, genau diesen öffentlichen Lynchmord an den drei Universitätsstudenten zu untersuchen. An der Oberfläche scheint das Verbrechen einfach zu sein, da der Mob bei seinem Streben nach Selbstjustiz außer Kontrolle gerät, nachdem die drei Opfer des Diebstahls beschuldigt wurden. Aber etwas passt nicht zusammen, denn die örtliche Polizei, die Stadt und die Universität versuchen, die Angelegenheit zu vertuschen.

Der Autor Femi Kayode ist wie sein Protagonist auch Psychologe, der, nachdem er das Video der realen Lynchmorde an vier Studenten der University of Port Harcourt gesehen hatte, die Psychologie hinter diesem menschlichen Verhalten untersuchen wollte. Was sowohl die fiktiven als auch die realen Morde noch schrecklicher machte, war die Aufzeichnung und Verbreitung des Filmmaterials auf YouTube. Zu sehen, wie ihre Kinder brutal gefoltert und getötet wurden und es mit jedem Anblick erneut zu erleben hatte eine verheerende Wirkung auf die Eltern der Opfer. Hier tritt die Macht und zerstörerische Natur der sozialen Medien zu Tage und wie unter den richtigen Bedingungen unregulierte soziale Medien es schaffen, Öl ins Feuer gießen und so die Menschen zu irrationalen Gewaltaktionen manipulieren können.

Ebenso zeichnet Kayode eine authentische Darstellung der nigerianischen Kultur und gibt einen Einblick in das Leben in Nigeria. Er bewegt sich hierbei nahtlos zwischen den Welten des extremen Reichtums und der Armut, die mit Mangel an Möglichkeiten, Elektrizität und Infrastruktur begleitet wird, sowie durch einen Alltag, der durch regelmäßig vom Militär errichtete Straßensperren oder Bestechungsgelder geprägt ist. Darüber hinaus bietet das Buch ein aufschlussreiches Bild der beunruhigenden Geschichte Nigerias, wie den Schrecken des Biafra-Bürgerkriegs und der Entdeckung des Öls, in deren Folge es zu Mord, zur verheerenden Zerstörung des Landes sowie entsetzlicher Brutalität und Gewalt kam.

„Lightseekers“ ist ein intelligenter, komplexer und fesselnder Krimi, der einen von der ersten Seite in seinen Bann zieht und den man kaum aufhören kann zu lesen, weil man herausfinden will, was passiert ist und wer dafür verantwortlich ist. Gut gefallen hat mir auch der Einblick in das Leben in Nigeria und sein gesellschaftspolitisches Klima. Was der Krimi außerdem lesenswert macht, ist, dass er es einerseits mit Leichtigkeit schafft, ein zufriedenstellendes Gleichgewicht zwischen der Behandlung wichtiger sozialer Themen und der Aufrechterhaltung einer ansprechenden Erzählung zu finden und dass er andererseits nicht zu weit in die dunklen Winkel der Verzweiflung abschweift. Es ist ein erschütternder Kriminalroman, aber es gibt ein Aufflackern von Licht inmitten all der Dunkelheit.

Bewertung vom 20.06.2022
Kein Sommer ohne dich
Henry, Emily

Kein Sommer ohne dich


gut

Es hätte perfekt sein können...

In „Kein Sommer ohne dich“ treffen die Leser*innen auf Poppy und Alex, die beste Freunde seit dem College sind und die in den letzten zehn Jahren jeden Sommer zusammen verreist sind. Aber vor zwei Jahren gab es einen Riss in ihrer Freundschaft und seitdem haben sie nicht miteinander gesprochen. Da Poppy mit ihrem Leben unzufrieden ist, obwohl sie ihren Traumjob hat, wendet sie sich erneut an Alex. Sie stimmen einer weiteren Reise zu und Poppy ist fest entschlossen, die Dinge endlich in Ordnung zu bringen.
Zu Beginn des Buches haben sich Poppy und Alex auseinandergelebt. Die Prämisse, dass die beiden Protagonisten zusammen einen Sommerurlaub verbringen, gibt der Geschichte ihre Struktur. Die Geschichte wird dann in einer Mischung aus Rückblenden auf vergangene Sommer und dem Handlungsverlauf in der Gegenwart erzählt. Die Rückblenden zeichnen ihre gemeinsame Freundschaft im Laufe der Jahre nach, während im Jetzt erzählt wird, wie sie versuchen, ihre zerbrechliche Beziehung wieder herzustellen und zu reparieren.

Das Buch ist locker und luftig geschrieben, oft auch humorvoll in seinen Ton und mit einigen zärtlichen Momenten und romantischen Spannungen zwischen Poppy und Alex versehen. Eigentlich die perfekte Sommerlektüre, doch leider konnte mich das Buch nicht so richtig begeistern, vor allem gegen Ende hat es sich für mich etwas gezogen. Vieles, was mir am Anfang des Buches gut gefallen hat, störte mich im weiteren Verlauf. So gefielen mir z. B. Poppy und Alex scherzhafte Gespräche zu Beginn, doch mit der Zeit verloren diese an Unterhaltungswert und wurden eher langweilig, lenkten sie doch von der eigentlichen Handlung ab. Besonders störte mich jedoch die Misskommunikation zwischen Poppy und Alex, beide waren unfähig, richtig über ihre Gefühle zu reden und was sie einerseits beide vom Leben wollen und was sie andererseits einander bedeuten. Als beide jung waren, hat das Verdrängen solcher Fragen noch Sinn gemacht, doch mit der Zeit hätte ich mir mehr persönliche Entwicklung diesbezüglich gewünscht, auch hätten so manche Spannungen zwischen Poppy und Alex vermieden werden können.

Trotz mancher Kritikpunkte war es alles in allem ein netter und kurzweiliger Roman über zwei Freunde, die mehr als nur freundschaftliche Gefühle füreinander empfinden. Liebhaber leichter und unterhaltsamer Liebesromane wird „Kein Sommer ohne dich“ bestimmt gut gefallen.

Bewertung vom 19.06.2022
Die dunkle Leidenschaft
Haller, Reinhard

Die dunkle Leidenschaft


ausgezeichnet

Informatives und interessantes Sachbuch über Hass in all seinen Facetten

Prof. Dr. med. Reinhard Haller, Gerichtspsychiater und Psychotherapeut, behandelt in seinem Buch „Die dunkle Leidenschaft“ in fünfzehn Kapiteln den Hass und geht auf seinen Ursprung und mögliche Ursachen für diesen ein. Er beleuchtet hierbei nicht nur die psychologischen Aspekte, sondern geht auch auf Phänomene wie toxische Männlichkeit, Incels, Hass im Netz oder Amoktäter ein.

Das Buch liest sich flüssig und ist trotz einiger Fachbegriffe auch für den Laien leicht verständlich geschrieben. Aufgelockert wird der Text durch konkrete Fallbeispiele aus den Medien, aus Reinhard Hallers psychiatrischer Praxis oder durch Beispiele aus der Literatur. Auch die eher kurz gehaltenen und gut strukturierten Kapitel machen das Lesen interessant. Besonders gut gefallen haben mir die zwei letzten Kapitel "In zehn Schritten den Hass überwinden" und "Acht Schritte gegen ein gesellschaftliches Klima des Hasses" in dem der Autor darlegt, was jeder Einzelne bzw. die Gesellschaft gegen Hass tun kann. Wichtig hierbei ist Empathie für seine Mitmenschen zu zeigen und sich in andere Menschen hineinversetzen.

Mit „Die dunkle Leidenschaft“ ist Reinhard Haller ein interessantes, informatives und aufklärendes Sachbuch über Hass in all seinen Facetten gelungen, das auf jeden Fall lesenswert ist.

Bewertung vom 12.06.2022
Bekenntnisse eines Betrügers
Raina, Rahul

Bekenntnisse eines Betrügers


ausgezeichnet

Ein Blockbuster von einem Roman

Ramesh Kumar in Neu-Delhi verdient seinen Lebensunterhalt damit, Prüfungen für die Kinder der Reichen und Mächtigen der Stadt im Teenageralter abzulegen. Als seine Höchstpunktzahl bei den All Indias einen seiner Kunden, Rudi Saxena, zu einer nationalen Berühmtheit macht, werden beide schnell in einen Wirbelsturm aus Korruption, Entführungen, Kriminalität und Verschwörung hineingezogen.
Dies war eine brillante Lektüre mit einer interessanten und fesselnden Handlung.
Von Beginn an ist der Ton des Ich-Erzählers und Protagonisten Ramesh markant, bissig, respektlos und oft ein bisschen vulgär, wenn er jeden Aspekt des modernen Indiens verspottet, ob reich oder arm und genau das ist, was den Roman auch so besonders macht, auch wenn der Schreibstil sicherlich nicht jeden zusagen wird.

„Bekenntnisse eines Betrügers“ ist voller Witz und Sarkasmus, aber es behandelt auch einige ernstere Themen, wenn es um Rameshs Kindheit und die Armut und das Leben allgemeine in Indien geht. Mir hat gefallen, wie Rahul Raina es geschafft hat, eine ziemlich unbeschwerte und lustige Geschichte zu schreiben, aber auch darunter roh und ehrlich zu sein.

Bewertung vom 12.06.2022
Queergestreift
Köller, Kathrin;Schautz, Irmela

Queergestreift


ausgezeichnet

Empowernde Lektüre

„Queergestreift: Alles über LGBTIQA+“ konnte mich von der ersten Seite an restlos begeistern. Das Buch klärt auf, räumt mit Vorurteilen auf, regt zum Nachdenken an und sorgt für mehr Respekt, Toleranz und Offenheit und ist daher für jeden, egal ob Jung oder Alt, ob auf der Suche nach der eigenen Sexualität oder Identität oder ob man einfach nur dazu beitragen will, dass unsere Gesellschaft bunter wird, zu empfehlen.

Beginnend mit L für Lesbian und endend mit A+ für A_sexual wird jedem Buchstaben von LGBTIQA+ ein Kapitel gewidmet. In diesen wird auf leicht verständliche und sehr ansprechende Art und Weise alles Wissenswerte erklärt. Das Buch handelt von Sex, Liebe und Identität und lässt durch Interviews, persönliche Berichte und Geschichten Betroffene zu Wort kommen und lässt so die Menschen aus der queeren Community lebendig werden. Auch gibt es Checklisten für Eltern, Freunde etc. und es werden Organisationen und Anlaufstellen aus der LGBTIQA+-Community vorgestellt. Ebenso werden geschichtliche Hintergründe und Begriffe erläutert. Die schön gestalteten Illustrationen machen das Buch auch optisch zu einem Highlight, das in keinem Buchregal fehlen darf.

Bewertung vom 12.06.2022
Fischers Frau
Kalisa, Karin

Fischers Frau


gut

Eine Geschichte, bei der nicht alle Fäden miteinander verknüpft wurden

Erzählt wird in „Fischers Frau“ die Geschichte von den Pommerschen Fischerteppichen anhand der Lebenswege zweier Frauen, von Mia Sund in der Gegenwart und Nina, einer Teppichknüpferin ebenjener Pommerschen Fischerteppiche in den 1920er-Jahren. Mia Sund, Faserarchäologin, wird ein Fischerteppich zur Prüfung auf Echtheit vorgelegt, der untypische Details wie z. B. ornamentale Borten aufweist, vorgelegt. Um das Rätsel um den Ursprung und die Geschichte hinter dem Teppich zu lösen, begibt sich die zurückgezogene lebende Mia auf eine Reise nach Zagreb und in die Vergangenheit.

Leider konnte mich der Roman nicht so sehr fesseln, wie es mir gerne gewünscht hätte. Ich hatte das Gefühl, dass die Karin Kalisa das Potenzial ihrer eigenen Geschichte nicht völlig ausschöpft. Meiner Meinung nach wirkten die Handlungsstränge von Mia und Nina alleine besser als verbunden. Verknüpft harmonisierten sie nicht wirklich, die Verbindung wirkte zu erzwungen bzw. konstruiert. Auch verliert die Autorin sich in ihrem poetischen und detailreichen Schreibstil und in Beschreibungen von Nebensächlichkeiten, die die Geschichte nicht unbedingt voranbringen und was somit zu einigen Längen in dem an sich eher dünnen Buch führt. Ebenso fiel es mir schwer, eine emotionale Nähe zu den Charakteren aufzubauen.

Das Faszinierendste an dem Roman sind und bleiben die Pommerschen Fischerteppiche und ihre Geschichte, die entstanden, als wegen der Überfischung Ende der 1920er-Jahre ein Fangverbot in Vorpommern verhängt wurde und die Fischer anfingen, die Teppiche zu knüpfen, um nicht in die Armut zu rutschen.

Bewertung vom 12.06.2022
Papyrus
Vallejo, Irene

Papyrus


ausgezeichnet

Ein Buch über Bücher, das sich wie ein spannender Roman liest

„Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern“ ist nicht nur ein Sach- bzw. Geschichtsbuch, sondern erzählt auch einfach eine gute Geschichte.
Vallejo vermittelt den Leser*innen auf unterhaltsame und verständliche Art und Weise die Erfindung der Bücher und die Geschichte der Literatur. Der Text liest sich flüssig und stellenweise auch wie ein Abenteuerroman. Man hat das Gefühl, man würde die Autorin auf einen Kaffee treffen, so warmherzig ist der Ton, in dem sie ihr Wissen und ihre Leidenschaft für das Thema mit einen teilt.

Aufgeteilt in zwei Teile, Griechenland und Rom ist das Buch jedoch keine rein chronologische Erzählung ausgehend vom antiken Griechenland bis zum Römischen Reich, sondern auch gleichzeitige eine Reise durch verschiedene Epochen und geschichtlichen Ereignissen, die mit Beispielen aus klassischer und aktueller Literatur sowie Musik und Film verbunden werden. Wenn Vergleiche zwischen den einzelnen Epochen, Entwicklungen oder literarischen Werken gezogen werden, werden diese in ihren jeweiligen sozialen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext gesehen und eingeordnet.

Was „Papyrus“ außerdem eine besondere Note verleiht, sind die persönlichen Anekdoten der Autorin, in denen sie darüber schreibt, was Literatur und Bücher für sie bedeuten. Wenn sie z.B. davon berichtet, was für sie den Reiz von Buchläden ausmacht oder wie sie versucht, einen Blick auf die Lektüre anderer zu werfen, um zu sehen, was sie lesen, fühlte ich mich beim Lesen direkt angesprochen, da ich das Gleiche empfinde bzw. tue.

Passend zum Titel des Buches wurde Papyrus-Gras als Buchcover gewählt, das allein aufgrund der goldenen Details zum Hingucker im Buchregal wird und Fehlen darf dieses Buch auf gar keinen Fall im Buchregal eines jeden Buch- und Literaturliebhabers.

Bewertung vom 12.06.2022
City on Fire Bd.1
Winslow, Don

City on Fire Bd.1


ausgezeichnet

Ein Buch, dass man nicht ablehnen kann zu lesen

„City on Fire“ ist ein Roman über das organisierte Verbrechen, brutal und unterhaltsam wie „Der Pate“, „The Sopranos“ oder „Goodfellas“.

Don Winslows neuer Roman ist der erste einer Trilogie.

Wir schreiben das Jahr 1986. Der Ort ist Providence, Rhode Island. Seit Jahren herrscht zwischen den italienischen und irischen Verbrecherorganisationen Frieden, jeder begnügt sich mit seinem Teil. Doch dann kommt es zu einem Bandenkrieg zwischen Iren und Italienern, der zunächst durch Eifersucht, Liebe und einer schönen Frau ausgelöst wurde. Da auch die Gangsterbosse älter geworden sind, sehen einige der Jüngeren auf beiden Seiten Chancen, ihren Einfluss auszuweiten. Jedoch bleibt dies nicht ohne Folgen. Der Kampf nach Macht und Ruhm feuert den gewalttätigen Bandenkrieg weiter an, zudem werden Loyalitäten auf die Probe gestellt.

Die Geschichte macht einfach nur Spaß, es geht Schlag auf Schlag (pun intended), die Spannung wird konstant hochgehalten und wie für einen Roman über das organisierte Verbrechen auch nicht anders zu erwarten, ist er voller Sex und Gewalt. Neben der Handlung können auch die abwechslungsreichen Charaktere überzeugen, viele von ihnen kommen direkt von der Straße, was sich auch in ihrer Sprache widerspiegelt. Einige sind hart, andere sind schlau und haben versteckte Ziele. Dann gibt es noch diejenigen die stolz und wütend sind und schwer zu kontrollieren. Was sie aber alle gemeinsam haben, ist, dass sie eine eigene Persönlichkeit haben, die sie interessant macht und sie überzeugend dargestellt werden. Natürlich darf auch der typische Mob-Talk nicht fehlen. Das Buch fesselt von der ersten Seite und ist aufgrund des flüssigen und atmosphärischen Schreibstils schnell gelesen. Auch das Ende hat es in sich, zudem wird angedeutet wohin die Reise im zweiten Band gehen könnte.

Wer Romane und Filme über das organisierte Verbrechen mag, sollte sich „City on Fire“ auf keinen Fall entgehen lassen. Ein spannender und vielversprechender Auftakt, der Lust auf den nächsten Teil macht.