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Benutzername: 
Glüxklaus
Wohnort: 
Franken

Bewertungen

Insgesamt 602 Bewertungen
Bewertung vom 09.03.2023
Mascha das Betrügerhuhn - Der verrückte Eierklau
Bierkandt, Julia

Mascha das Betrügerhuhn - Der verrückte Eierklau


ausgezeichnet

Große Eiversteckerei auf dem Bauernhof - drolliges und warmherziges Bilderbuch

Kaum hat Henne Mascha ihr allererstes perfekt gelungenes Ei gelegt, da nimmt es ihr die Bäuerin schon wieder weg. „So eine Frechheit!“, denkt Mascha. Sie will nicht, dass ihre Eier auf dem Markt verkauft werden. Also tüftelt sie einen perfekten Plan aus, wie sie die Eier in Zukunft verstecken kann. Ob ihr Plan gelingt?

Julia Bierkandt schreibt in kurzen, bildhaften, klaren Sätzen, die für Kinder gut zu verstehen sind. Die vielen witzigen Wortspiele rund um das Wort „Ei“ wie „Verstecker-Ei“, „Ei-Ei Käpt’n“ oder „Flieger-Ei“haben mir und meinen Mitlesern gut gefallen.
Besonders gelungen und ansprechend sind zudem die farbenfrohen, liebevoll gezeichneten Bilder. Alle Figuren sehen drollig und sympathisch aus. Diese Illustrationen machen einfach großen Spaß.
Das großformatige Buch ist zum Vorlesen für Kinder ab drei, vier Jahren geeignet.

Mascha ist kein Huhn wie jedes andere: Sie liest Krimis, hat viele besondere Talente, kann rechnen, grübeln, tüfteln und nähen. Außerdem ist sie Meisterin im Pläneschmieden. Eine herrlich originelle Hauptfigur. Die anderen Tiere auf dem Bauernhof stehen hinter Mascha und unterstützen sie bei ihrem Vorhaben. Die Bauernhofbewohner sind wirklich ein tierisch tolles Team.

„Mascha das Betrügerhuhn“ ist eine bunte, warmherzige, niedliche, gemütliche, toll illustrierte Bauernhofgeschichte mit wunderbaren Wortspielen. Auf einem Bauernhof mit solchen gewitzten Bewohnern und einem derartigen Zusammenhalt möchte sicher jeder gerne einmal Urlaub machen. Mascha lernt, dass man manchmal einfach nur aussprechen muss, was man sich wünscht, um gehört zu werden. Eine klare Kommunikation von Wünschen und Bedürfnissen bringt Kinder auch im echten Leben weiter. Für alle kleinen Hühner- und Tierfreunde ist „Mascha das Betrügerhuhn“ das perfekte Vorlesebuch.

Bewertung vom 02.03.2023
Die schreckliche Adele 05
Mr. Tan;Miss Prickly

Die schreckliche Adele 05


sehr gut

Herrlich böse, fies, schwarzhumorig und originell

Adele gründet zusammen mit drei weiteren Kindern den Club der Bizarren, um sich gegen Jades Club der Malibu-Barbies zu wehren. Jade und ihre Freundinnen müssen sich von nun an noch mehr in Acht nehmen, denn Adele kennt keine Gnade.

Der 95-seitige fünfte Band enthält knapp 80 ein- bis zweiseitige Comics. Die Adele-Bilder zeichnen sich durch sehr klare Konturen, eher gedecktere Farben und verniedlichende Figuren mit großen Augen aus. Die Sprechblasen sind kurz, schlicht und kindgemäß formuliert.
Auch wenn Kinder nicht alle Gags gleichermaßen verstehen werden, richtet sich die Reihe an Kinder ab acht Jahren.

Auf den ersten Blick sieht Adele klein und niedlich aus, aber trotz ihrer Naivität und ihres jungen Alters hat es das Mädchen faustdick hinter den Ohren. Adele ist hinterhältig, gemein und total fies. Wer sie sich zum Feind gemacht hat, sollte sich warm anziehen. Adele schreckt vor gar nichts zurück. Neben Jade und ihren Freundinnen wird besonders Katze Ajax immer wieder von Adele aufs Übelste attackiert.

Adele bleibt Adele. Sie macht anderen den Alltag zur Hölle, beleidigt und nimmt niemals Rücksicht. Die Comics sind oberfies, böse und gemein, aber oft auch herrlich komisch. Und gerechterweise muss auch Adele manchmal hochverdiente Niederlagen einstecken. Wer die schreckliche Adele und ihren schwarzen Humor mag, wird auch mit „Aus dem Weg, ihr Kröten“ gut unterhalten werden.

Bewertung vom 02.03.2023
Die schreckliche Adele 04
Mr. Tan;Miss Prickly

Die schreckliche Adele 04


sehr gut

Adele als Verliebte - auch mit Schmetterlingen im Bauch abgrundtief böse und ziemlich komisch

Adele stichelt und quält wieder. Und das im mittlerweile vierten Band in Folge. Diesmal ist Adele allerdings ein wenig gehandikapt. Sie hat sich doch allen Ernstes in ihren neuen Mitschüler Ludwig verliebt. Ob der ihre Liebe erwidert und Adele möglicherweise sogar milde stimmt?

Über 60 Kurzcomicstrips auf 95 Seiten enthält dieser Band. Er ist ungefähr so groß wie DIN A5. Die Illustrationen von Miss Prickly sind in bewährter Art klar, strukturiert und farbig gezeichnet. Die charakteristischen Figuren sehen wie Adele, ihre Mitschüler und die Tiere entweder niedlich und süß oder wie die Erwachsenen ziemlich attraktiv aus. Hässliche, nicht gefällige Gesichter sucht man hier vergebens, die Gesichtsausdrücke der Charaktere sind allerdings manchmal verständlicherweise zum Gruseln. Im Gegensatz zu den im „ungequälten Naturzustand“ makellosen, wie „perfekt polierten“ Bildern der Figuren stehen Adeles schwarze Seele und ihre Taten. Die Sprechblasen umfassen in der Regel nur einen Satz, sind direkt, knapp, kindgemäß, einfach und gut verständlich formuliert.
Die Reihe richtet sich an Kinder und Erwachsene ab acht Jahren.

Adele ist ein unverwechselbares Original. Sie hasst alles und mag nichts, mit mittlerweile einer Ausnahme. Den neuen, schwarz-gekleideten Mitschüler Ludwig hat Adele zum Objekt ihrer Begierde auserkoren. Plötzlich verliert sie in seiner Nähe die Nerven. Aber auch ihm gegenüber zeigt sie sich von ihrer bösartigen Seite, hat er doch die Frechheit, ihre Gefühle zu ignorieren. Selbstverständlich quält Adele auch wieder Katzen, Mitschüler und Mitschülerinnen und feuert zahlreiche verbale Attacken auf ihre Eltern ab. Auch verliebt bleibt sich Adele treu. Eine solche Feindin wünscht man wirklich niemanden.

Die schreckliche Adele beschimpft und ärgert in bekannter Manier. Auch der vierte Band „Die Liebe lieb’ ich nicht“ strotzt nur so vor schwarzem Humor und Boshaftigkeit. Kurzweilige, bitterböse, skurrile, schräge und oft originelle Comics, die immer wieder zum Lachen bringen, sind hier gesammelt. Meine Kinder können einfach nicht genug von dem hinterhältigen kleinen Biest bekommen. Für Adele-Fans ist der vierte Band natürlich ein Muss. Die Bände können auch unabhängig voneinander gelesen werden.

Bewertung vom 27.02.2023
Grenzfall - In der Stille des Waldes / Jahn und Krammer ermitteln Bd.3
Schneider, Anna

Grenzfall - In der Stille des Waldes / Jahn und Krammer ermitteln Bd.3


sehr gut

Kriminelle Abgründe in der Grenzregion - zwei spannende Fälle, zwei interessante Ermittlerfiguren

Alexa Jahn erholt sich von ihrer Schussverletzung. Wenn es nach ihrem Vorgesetzten ginge, dürfte ihre Auszeit durchaus noch länger dauern. Doch dann taucht überraschend Alexas Aschaffenburger Exkollege Jan bei Alexa auf. Er befürchtet, dass sie während ihrer Zusammenarbeit den Falschen verhaftet haben und bittet Alexa, ihm bei der Suche nach dem wahren Täter zu unterstützen. Gemeinsam brechen sie zu einer Wandertour in die Alpen auf.
Währenddessen wird auf einer Baustelle in Tirol ein ausgestopfter Dachs mit äußerst seltsamen Innenleben gefunden. Was steckt dahinter? Berthold Krammer soll die Sache aufklären.

Anna Schneider schildert abwechselnd Alexas und Bertholds Fall. Sie erzählt leicht, flüssig und unkompliziert, ihre Sprache lässt sich angenehm und ohne Anstrengung lesen. Wiederholt werden noch rätselhafte Passagen aus unbekannter Perspektive eingeschoben, deren Bedeutung erst später geklärt wird.

Alexa Jahn brennt viel zu sehr für ihren Beruf, als dass sie sich eine durchaus benötigte Auszeit gönnen würde. Mit ihrem Exkollegen Jan verbindet sie zudem eine komplizierte Beziehung. Aufgeben oder sich helfen Lassen fällt Alexa sehr schwer, weshalb sie zum Leidwesen ihrer Kollegem immer wieder im Alleingang in kritische, gefährliche Situationen gerät.
Berthold Krammer weiß erst seit kurzem, dass er Alexas Vater ist. Ihn treibt aktuell zudem um, dass sich sein Widersacher Roland Perski auf freiem Fuß befindet. Er weiß, dass das Finale in der Affäre Perski noch aussteht. Und noch etwas bereitet Krammer Sorgen, seine Kollegin Rosa Szabo scheint ebenfalls bedroht zu werden, weigert sich aber darüber zu sprechen.

Zwei abgründige, erschütternde Fälle, die perfekt zu der dunklen, geheimnisvollen Atmosphäre der Berge passen. Beide werden in „Grenzfall- In der Stille das Waldes“ packend erzählt.
Während ich vom letzten Band der Reihe eher enttäuscht war, hat mich die Autorin mit dem dritten Fall der Reihe wieder überzeugt. Sie erzählt von Gewalt, Leid, Mord, Beziehungen, Liebe, Familie und Schicksalsschlägen. Anna Schneider hat zwei wirklich interessante Ermittlerfiguren gezeichnet, die zwar auch alleine funktionieren, deren Zusammenwirken sie aber noch spannender machen. Am Ende wartet einen vielversprechender Cliffhanger. Mit diesem Kriminalroman hat Anna Schneider für mich sehr viel richtig gemacht. Ich freue mich schon auf den nächsten Band der Reihe.

Bewertung vom 26.02.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


gut

Unheilvoller Roadtrip mit Halbwüchsigem und Großvater - gnadenlos ehrlich und direkt und trotzdem rätselhaft unklar

„In dieser Nacht machte ich die Erfahrung, dass man manchmal Dinge weiß, die man nicht wissen kann, aber man weiß diese Dinge nicht weniger deutlich, als wenn sie wissenschaftlich bewiesen wären. Es ist nicht so kompliziert, wie es sich ausspricht, das muss ich dazusagen. Es ist das Einfachste von der Welt, genau genommen.“

Frankie ist knapp vierzehn, als sein Großvater aus dem Gefängnis entlassen wird. Obwohl der ältere Mann sich hart und unsympathisch gibt, fühlt sich Frankie von ihm wie magisch angezogen, ist regelrecht fasziniert von seiner Persönlichkeit und seinem Leben. Gemeinsam unternehmen die beiden einen folgenschweren Ausflug, der Frankies Leben von Grund auf ändert…

Michael Köhlmeier schreibt aus Frankies Sicht in Ich-Form. Er erzählt flüssig, messerscharf und direkt, gewährt den Leserinnen und Lesern einen erschütternd klaren Blick in die Gedanken und das Innenleben seines Protagonisten.

Obwohl Frankie knallhart, offen und ehrlich schildert, was in ihm vorgeht, entwickelte ich beim Lesen keinen rechten Zugang zu ihm, verstand seine Beweggründe nicht, lernte ihn nicht wirklich kennen. Frankies Großvater Ferdinand erzählt aus seiner Zeit im Gefängnis. Er habe viel Zeit zum Nachdenken gehabt, erklärt er, habe sich oft nach dem Warum für Handeln gefragt. „Ich bin dahintergekommen, dass wir nicht etwas aus irgendeinem Grund tun. Das Ergebnis meines zehnjährigen Denkens lautet: Wir tun etwas. Fertig.“ Auch bei Frankie fragte ich mich oft nach dem Warum und überlegt zwangsläufig, ob der Großvater mit seinen Ausführungen nicht doch recht hat.

Michael Köhlmeier schreibt über Familie, Jugend, Pubertät, Schuld, Beziehungen, Macht, Gewalt, Kriminalität, den Reiz des „Bösen“, über Außenseiter, „richtige“ und „falsche“ Wege, über Unheil, Momente, die alles verändern können und vor allem über das „Warum“. Warum tun wir, was wir tun? Gibt es Gründe für unser Handeln? Oder konstruieren wir nicht vielmehr erst hinterher Rechtfertigungen für unser Handeln?
„Frankie“ ist ein Buch, das durch seine klare, direkte Sprache beeindruckt und besticht, gleichzeitig, aber so viele Fragen aufwirft. Ein deprimierendes, erschütterndes, knallhartes, verstörendes Buch, das gleichermaßen fasziniert wie abstößt.
Die kontroverse Geschichte wird mir sicherlich noch länger in Erinnerung bleiben. Ich bin mir allerdings selbst noch nicht ganz im Klaren, wie ich den Roman letztendlich einordnen soll. Ein bisschen ging es mir mit dem Buch da wohl wie Frankie mit seinem Großvater. Definitiv ist der Roman geeignet für das gemeinsame Lesen in Lesekreisen, denn er wird garantiert für einige Diskussionen unter seiner Leserschaft sorgen.

Bewertung vom 26.02.2023
Der Tag, an dem Lotto-Werner verhaftet wurde
Wilke, Jutta

Der Tag, an dem Lotto-Werner verhaftet wurde


sehr gut

Schräger, origineller Kinderkrimi mit skurrilen Figuren und ganz viel Liebe

Finja ist unglücklich: Papa geht auf mysteriöse Verabredungen und lässt Finja häufig allein, außerdem verbringt Emil viel Zeit mit Juma, einer neuen Freundin. Lotto-Werner hingegen hat seinen persönlichen Jackpot gewonnen, er macht seiner geliebten Gerda Wischnewski einen Heiratsantrag. Doch der geht leider gründlich schief. Gerade als Werner den Ring herausholt, wird er von der Polizei verhaftet. Lotto-Werner soll ein Dieb sein? Nie im Leben. Finja möchte unbedingt Werners Unschuld beweisen und beginnt zu ermitteln. Zur Not geht das bestimmt auch ohne Emil und die lästige Juma, glaubt sie.

Jutta Wilke schreibt in Gegenwart und Ich-Form aus Finjas Sicht. Das macht sie sehr direkt, lebendig, mit viel wörtlicher Rede, erfrischend, kindgemäß und authentisch in 20 Kapiteln von ganz unterschiedlicher Länge. Besondere Highlights sind die amüsanten Steckbriefe der vorkommenden Personen. Die stammen eigentlich ursprünglich von Emil, Finja hat sie aber ergänzt und korrigiert. Sehr passend dazu Ulf Ks individuelle Illustrationen: schwarz-weiß, plakativ, klar, eckig, witzig und aussagekräftig. Das Buch richtet sich an Kinder ab zehn Jahren.

Detektivin Finja fühlt sich aktuell nicht sehr wohl in ihrer Haut, ihr Vater und Emil vernachlässigen sie. Bei all der Aufregung um Lotto-Werner merkt sie gar nicht, was wirklich mit ihr los ist…
Finjas bester Freund Emil hat sich diesmal vorgenommen, einen echten Liebesroman zu schreiben. Angesichts der in der Luft liegenden Spannungen gar nicht so einfach. Und dann gibt es ja noch Juma mit den intensiven blauen Augen, die vielleicht gar nicht so nervig ist, wie Finja anfangs glaubt. Zusätzlich komplettieren viele skurrile Figuren wie die kittelschürzentragende Frau Wischnewski, der vergessliche Alte aus der Dreizehn oder die coole, zupackende Friseurin Silke die Figurenkonstellation.


Wer steckt hinter Lotto-Werners Verhaftung? Finja versucht die Wahrheit herauszufinden und erlebt ein turbulentes, spannendes, überdrehtes und ganz schön verrücktes Abenteuer. Wie es sich für eine echte Detektivin gehört, beobacht und lauscht sie, bleibt immer dran, beweist Geduld, schaut hinter Fassaden, versucht, sich nicht auf falsche Fährten locken zu lassen, findet allerhand Geheimnisse und schließlich Lösungen. Nebenbei gerät sie in emotionale und verletzende Auseinandersetzungen, macht verschiedene interessante und extravagante, teils kriminelle Bekanntschaften und stößt dabei immer wieder auf die Liebe. Gegen Ende geht es fast etwas zu rasant und wendungsreich zu. „Der Tag, an dem Lotto-Werner verhaftet wurde“ ist dennoch insgesamt eine nette, komische, phantasievolle und sehr originelle Freundschafts-Detektivgeschichte mit viel Herz, die wie schon der Vorgänger einige Überraschungen auf Lager hat. Wer nicht ganz ernste, aber dafür umso unterhaltsamere Krimis und liebenswerte skurrile Figuren mag, für den ist dieses Buch genau richtig.

Bewertung vom 24.02.2023
Als Großmutter im Regen tanzte
Teige, Trude

Als Großmutter im Regen tanzte


sehr gut

Unbekannte, erschütternde deutsch-norwegische Geschichte packend erzählt

„Sie ist verrückt“, sagte Lilla, wenn Großmutter ruhig durch den warmen Sommerregen tanzte.
„Nein, ist sie nicht“, verteidigte Großvater sie immer. „Sie ist glücklich.“

Juni hat einen gewalttätigen Ehemann und flüchtet vor ihm in das Haus ihrer verstorbenen Großmutter Thekla auf einer kleinen norwegischen Insel. Dort entdeckt sie Fotos, die Thekla mit einem deutschen Soldaten zeigen. Junis Neugier ist geweckt, sie beginnt mit Nachforschungen über das Leben ihrer Großmutter. Was sie herausfindet, betrifft auch sie selbst und rückt ihr gesamtes Leben in ein neues Licht.

Trude Teige erzählt in strukturierter, gut verständlicher, flüssiger Sprache auf verschiedenen Ebenen: In Ich-Form aus Junis Sicht und in der dritten Person, wenn es um Theklas Erlebnisse in den vierziger Jahren geht. Beide Erzählstränge werden nach und nach miteinander verbunden. Junis Sicht auf ihr Leben verändert sich, als sie von der Geschichte ihrer Großmutter erfährt.

Ein Haus, zwei Frauen: Juni flüchtet aus ihrem Leben. Sie weiß nicht mehr weiter und versucht im Haus der Großmutter, in der Einsamkeit, zur Ruhe zu kommen. Die Geschichte ihrer Großmutter weckt in der jungen Frau unerwartete Energien. Die Neugier führt Juni schließlich nach Berlin und in das Örtchen Demmin mit der grausamen Historie. Durch die Beschäftigung mit ihrer Großmutter fasst sie neuen Mut. Auch eine neue Bekanntschaft wirkt sich sehr positiv aus. Juni bleibt im Vergleich zu ihrer Großmutter allerdings als Charakter etwas blass.
Junis Großmutter Thekla wird als starke, leidenschaftliche Frau beschrieben, die für die Liebe alles tut und großes Leid erfahren muss. Für Juni ist sie allerdings die verrückte Oma, die im Regen tanzte. Theklas Schicksal fesselte mich, ließ mich nicht mehr los.
Zwischen Großmutter Thekla und ihrer Enkelin steht Theklas Tochter und Junis Mutter Lilla. Lilla, die mit ihrem Leben nicht zurechtkommt, die die Einsamkeit der Insel erdrückend findet, die die Stadt braucht wie die Luft zum Atmen, ihre Familie aber nicht. Im Verlauf der Handlung wird klar, warum Lilla sich genauso entwickelt, wie sie sich entwickelt.

Trude Teige schildert die traurige Geschichte einer Liebe, die nicht sein sollte, erinnert an ein kaum bekanntes, erschreckendes Ereignis in der Stadt Demmin, das auch Thekla indirekt betrifft. Geschichte wird hier nicht schwarz-weiß, sondern persönlich und differenziert betrachtet. Berührend, bewegend und schockierend. Das Buch endet bei aller Tragik zuversichtlich, für mich allerdings etwas zu glatt. Überhaupt hat mich der historische Teil rund um Thekla mehr gepackt als der aktuellere Part mit Juna. Dennoch ist auch dieser Part notwendig, denn alle Charaktere agieren nicht unabhängig von der Geschichte ihrer Familie, müssen lernen, damit umzugehen. Manche scheitern daran, anderen gelingt es hingegen irgendwie, mit der Bürde zu leben.
Unterm Strich ist „Als Großmutter im Regen tanzte“ ein fesselnder Roman, der stimmig und multiperspektivisch von Liebe, Identität, Familie und einer bedrückenden, übermächtigen Vergangenheit erzählt und seine Leserinnen und Leser sicher noch lange beschäftigen wird.

Bewertung vom 23.02.2023
Bissle Spätzle, Habibi?
Alaoui, Abla

Bissle Spätzle, Habibi?


gut

Wenn verschiedene Welten aufeinander treffen - leichte Liebesgeschichte zwischen den Kulturen

„Ich brauche kein Turm der Liebe, mein Leben ist schon Soap genug.“

Amayas muslimische Familie stammt aus Marokko. Amaya ist Schauspielerin, dreißig und Single, letzteres gefällt vor allem Mayas Mutter überhaupt nicht. Als potentieller Schwiegersohn kommt für Mayas Eltern nur ein Muslim in Frage. Maya lernt über die muslimische Dating-Plattform Minder Ismail kennen, der ihr zwar auf Anhieb sympathisch ist, die Schmetterlinge im Bauch bleiben aber aus. Doch dann trifft Amaya auf Ismaels besten Freund Daniel, einen waschechten Schwaben und dazu noch Atheisten. Für Amaya und Daniel ist es Liebe auf den ersten Blick, doch Amaya ist sich bewusst, dass Daniel vor ihren Eltern keine Gnade finden wird. Hat die Beziehung nicht vielleicht doch eine Zukunft?

Autorin Abla Alaoui schreibt in der ersten Person Präsens aus Amayas Sicht. Sie schildert gut verständlich, flüssig und mit Humor, was sich aktuell in Amayas Leben ereignet und erzählt zusätzlich in Rückblenden von wichtigen Schlüsselszenen aus Amayas Vergangenheit. Daniels Freunde und Familie lässt die Autorin im schwäbischen Dialekt sprechen, diese amüsanten Passagen musste ich mir laut vorlesen, um sie zu verstehen.

Amaya hat im Laufe ihres Lebens einige Verletzungen erfahren. Schauspielerin ist sie gegen den Widerstand der Eltern geworden. Wegen ihrer Berufsentscheidung war sie lange auf sich allein gestellt. Nun hat sie große Angst, sich und andere erneut zu verletzen und ist daher nicht immer ehrlich. Sie verstrickt sich zunehmend in Lügen. Amayas Feigheit, ihre Lügen und das Versteckspiel konnte ich zwar angesichts der Umstände teilweise nachvollziehen, dennoch habe ich mich auch oft darüber geärgert. Aus meiner Sicht, die ich nicht in einer muslimischen Familie großgeworden bin, ist die Situation und Amayas langes Hinausschieben des Unvermeidlichen natürlich schwer zu begreifen. Ich hätte Amaya mehr Mut gewünscht.
Insgesamt bleiben die Charaktere für mich ein bisschen blass und teilweise zu brav. Auch die fast langweilige Beziehung zwischen Amaya und Daniel berührte und überzeugte mich nicht richtig.

„Bissle Spätzle, Habibi“ ist ein leichter, kurzweiliger Roman über Familie, Liebe, Freundschaft und unterschiedliche Kulturen. Hier treffen oft ganz verschiedene Welten aufeinander und das ist durchaus unterhaltsam zu lesen. Gerade Daniels bodenständige schwäbische Verwandt- und Bekanntschaft sorgt für allerlei schräge, witzige Momente. Ein netter, harmloser Roman, der sich schnell und unkompliziert liest. Der ganz große Wurf ist Abla Alaouis Debüt für mich allerdings nicht.

Bewertung vom 22.02.2023
Alien Academy (Band 3) - zurück nach Hause
Till, Jochen

Alien Academy (Band 3) - zurück nach Hause


ausgezeichnet

Rückkehr in die Heimat? Würdiges Finale der galaktisch genialen Trilogie

Der erste Rausflug der Schüler der Alien Academy steht an. Cody und Co sind verständlicherweise sehr aufgeregt. Doch dann entpuppt sich der Rausflug als große Chance für die Alienschüler, für immer auf ihre Heimatplaneten zurückzukehren und somit die Alien Academy zu verlassen. Wie werden sich die Freunde entscheiden?

Jochen Till schreibt aus Codys Perspektive in der ersten Person Präsens. Er erzählt frech, erfrischend und direkt mit gewohnt viel Wortwitz. Immer wieder ein Genuss, seine besonderen Wortkreationen wie das Grundnahrungsmittel auf Paras „Schlabbobel“ oder die Planetennamen „Flexos“ und „Blubbdropp“. Herrlich komisch auch Knowitalls Ausführungen mit den amüsanten, sarkastischen Korrekturen. Raimund Freys originelle, comicartige Schwarz-Weiß-Blau-Illustrationen passen prima zur Geschichte und zu meiner Vorstellung von den Charakteren. Die Reihe richtet sich an Kinder ab neun Jahren zum Selberlesen. Dank des erweiterten Zeilenabstands lassen sich die Kapitel angenehm und flott lesen.

Wiedersehen mit der galaktisch bunten Figurentruppe: Erzähler Cody ist cool, aufgeweckt, geht den Dingen auf den Grund und ist süchtig nach Flauschigkeit. Sein bester Freund Brocken ist gigantisch groß, aber ultraleicht und hat vor allem Angst. Darius Gesicht hat bisher noch nie jemand gesehen, Yomumo zeigt sich sehr anpassungsfähig. Fluffy ist das flauschigste Wesen der Welt, grummelt gerne und ist ein ziemlich reifer, weiser Schüler. Tripto stellt immer wieder seine außergewöhnlichen Kletterkünste unter Beweis und verschenkt sein Herz großzügig an jeden. Die toughe Loff muss regelmäßig gegossen werden, NRG besteht aus reiner Energie, hat eine Exohülle, ist aber dennoch ziemlich präsent. Dann gibt es noch Tool, der unzählige Techniken zur Rettung aus Notsituationen auf Lager hat, und Lehrer Knowitall, bei dem Nomen ganz eindeutig Omen ist. Ein absolut unterhaltsames Team, mit dem es nie langweilig wird.

Ob Cody und Co nun ihre alte, vergessene Heimat zur neuen machen?
Sie erleben ein aufregendes, hochspannendes, gefährliches und actionreiches Abenteuer quer durch die Galaxien, werden dabei von einigen unerwarteten, turbulenten Wendungen überrascht. Bei allem gewohnten Witz und schrägem Humor erinnert Autor Jochen Till an aktuelle politische Probleme, betrachtet typisch menschliche Verhaltensweisen durchaus auch in einem kritischen Licht. Eine herrlich skurrile, schräge und sehr lustige Freundschaftsgeschichte mit vielfältigen Charakteren und ernsten Zwischentönen. Für uns ein würdiger Abschluss der außerirdisch gut gelungenen, uneingeschränkt lesenswerten Trilogie.

Bewertung vom 01.02.2023
Die magischen Träume des Malcolm Bell
Welford, Ross

Die magischen Träume des Malcolm Bell


sehr gut

Wenn Traum und Wirklichkeit verschwimmen - dramatische, sehr phantasievolle Traumgeschichte

„Das Leben in uns drin ist genauso real wie alles andere, Traum-Junge. Vielleicht sogar noch realer.“

Bei einer Mutprobe auf einem fremden Grundstück lässt der elfjährige Malcom Bell zwei merkwürdige Gegenstände mitgehen: Trauminatoren. Mit ihrer Hilfe kann man seine Träume kontrollieren, Klar- oder Wachträume träumen, so verspricht es zumindest die Verpackung. Malcolm und sein kleiner Bruder Sebastian wagen den Versuch und wirklich: Sie erleben gemeinsam erstaunliche Träume, bestimmen, was im Traum passiert, träumen immer wildere, gefährliche Abenteuer. Sebastian kann von den besonderen Träumen einfach nicht genug bekommen. Doch eines Morgens passiert etwas Schreckliches. Sebastian steckt in einem Traum fest und lässt sich nicht mehr wecken. Nur Malcolm kann seinen Bruder retten. Doch ihm bleibt nicht mehr viel Zeit…

Ross Welford schreibt abwechslungsreich, klar und gut verständlich aus Malcoms Sicht in der ersten Person im Präsens. Er wendet sich manchmal an seine Leser, spricht diese dann direkt an. Meist schildert er, was aktuell passiert, erzählt in verschiedenen Rückblenden aber auch von der Vergangenheit und erklärt, wie es zur jetzigen Situation kam. Anfangs verliert man ob der Zeitsprünge als junger Leser möglicherweise einmal die Orientierung, doch das gibt sich im Verlauf recht schnell wieder und gestaltet die Handlung umso geheimnisvoller.
Vor allem Susan und ihre Oma finden oft schöne Worte wie: „Wir glauben nicht an Gott. Oder zumindest nicht an den Gott.“ (…) „Aber wir glauben an Gebete und daran, dass der Wind die Gebete für Hoffnung und Mitgefühl in jeden Winkel der Welt trägt.“
Für jüngere Kinder könnten die wilden Traumsequenzen durchaus etwas verwirrend sein, das Buch ist daher erst geeignet für Kinder ab 11 Jahren.

Malcom, dessen Eltern geschieden sind, hat es nicht leicht. Er hat einen Hang, immer wieder in Schwierigkeiten zu geraten, ohne dass er etwas dafür kann, zieht Probleme magisch an. Die Trauminatoren bringen noch mehr in seinem ohnehin schon komplizierten Leben durcheinander. Mit seinem quirligen, aufgeweckte Bruder Seb hat Malcom alle Hände voll zu tun.
Als Malcolm Susan kennenlernt, kann er diese zunächst überhaupt nicht leiden, gibt sie sich doch stets so kontrolliert und strebsam. Doch dann zeigt Susan, was wirklich in ihr steckt. Susans Großmutter Mola, die manchmal ein wenig verrückt, manchmal aber auch ziemlich weise und wissend wirkt, ist schwer einzuschätzen. Sie ist eine interessante Schlüsselfigur, die für Überraschungen sorgt und mitunter ziemlich kryptische Ratschläge auf Lager hat wie: „Die Stille ist nämlich nicht leer, Malky. Sie ist voller Antworten.“
Ebenso etwas unberechenbar, der alte Mr. McKinley, der in seiner Vergangenheit zu leben scheint. Die Figurenkonstellation ist insgesamt spannend und vielfältig, birgt viel Potential.

Eine sehr aufregende und nervenaufreibende Vorstellung, in den eigenen Träumen gefangen zu sein. Malcom, der so gerne seine Träume kontrollieren möchte, verliert plötzlich in der Wirklichkeit die Kontrolle. Für ihn verschwimmen die Grenzen zwischen Traum und Realität.
Mola rät Malcom: „Geh ans Äußerste deines Traums und darüber hinaus.“ Und das tut er, seine Träumen entwickeln sich ziemlich extrem, werden nicht nur für Malky selbst, sondern auch für die Leser zur Herausforderung. Manchmal lesen sich die Erlebnisse im Traum ganz schön verworren und schräg und sind für Kinder doch schwer zu durchblicken.
Ross Welford hat mit „Die magischen Träume des Malcolm Bell“ ein sehr phantasievolles, aufregendes Buch über Freundschaft, Zusammenhalt, Geschwisterliebe, Kontrolle, Träume und das Loslassen geschrieben. Er scheut sich nicht, auch ernst Probleme anzusprechen, konfrontiert seine Leserschaft mit Scheidung, Depression und Tod. Das alles wird zwar altersgemäß erzählt, ist aber zwischendurch ziemlich harter Tobak und nichts für schwache Nerven, auch wenn das Ende wiederum sehr glücklich und versöhnlich ist.
Trotz der manchmal ein wenig komplizierten, übertriebenen Traumsequenzen insgesamt ein fesselndes, lesenswertes, ideenreiches Buch mit viel Einfühlungsvermögen.