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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 380 Bewertungen
Bewertung vom 30.01.2022
Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2
Osman, Richard

Der Mann, der zweimal starb / Die Mordclub-Serie Bd.2


ausgezeichnet

Äußerst unterhaltsam
Douglas, Ex-Ehemann von Elizabeth und ehemaliger Kollege beim britischen Geheimdienst, MI5 hat ein Problem: bei der Durchsuchung der Villa eines Kriminellen konnte er der Versuchung nicht widerstehen und ließ Diamanten im Wert von 20 Millionen Pfund mitgehen. Nur dumm, dass sie eigentlich der Mafia gehören und diese sie gerne wiederhätte. Also versteckt er das Diebesgut und quartiert sich in der Seniorenresidenz ein, in der Elizabeth und die anderen Mitglieder des Donnerstagsmordclub wohnen, in der Hoffnung, dass er dort nicht aufgespürt wird. Außerdem: Wenn ihn jemand aus diesem Schlamassel befreien kann, dann Elizabeth!
Doch nicht nur dieser Fall beschäftigt die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs: Ibrahim, einer der Ihren, ist bei einem Ausflug in die Stadt von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen und ausgeraubt worden. Er landet traumatisiert im Krankenhaus und seine Freunde sinnen auf Rache.
Es gibt also genug zu tun für Elizabeth, Joyce, Ron und ihren Helfer Bogdan. Richard Osman ist mit „Der Mann, der zweimal starb“ wieder ein ausgesprochen kurzweiliger und humorvoller Roman gelungen, ein Vergnügen für Freunde des britischen Humors. Ich habe mich sehr darüber amüsiert, wenn sich Joyce beispielsweise darauf freut, in ihrem kommenden Weihnachtsbrief an Freunde und Bekannte erwähnen zu können, dass ihr Name in MI5-Kreisen ein Begriff ist! Wie schon beim ersten Band sind es der Humor und der Schreibstil des Autors, die für mich den Reiz ausmachen, der Kriminalfall selbst wird eher mit einem Augenzwinkern präsentiert und würde sich so mit Sicherheit nicht abspielen. Aber das ist völlig zweitrangig bei diesem äußerst unterhaltsamen Roman, der mir vergnügliche Lesestunden beschert hat!

Bewertung vom 21.01.2022
Ende in Sicht
Rönne, Ronja von

Ende in Sicht


gut

Zwei Frauen mit Todeswunsch
Als die 69jährige Hella Licht losfährt, ist sie fest entschlossen, in einem Sterbehospiz in der Schweiz ihrem Leben ein Ende zu setzen. Ihre Karriere ist am Ende, die finanziellen Reserven sind aufgebraucht und es scheint niemanden in ihrem Leben zu geben, der ihr nahesteht. Unterwegs auf der Autobahn fällt plötzlich ein Körper auf die Fahrbahn vor ihr (und nicht auf ihre Motorhaube, wie im Klappentext fälschlicherweise behauptet). Die 15jährige Juli wollte ihrem Leben ein Ende setzen und ist von einer Autobahnbrücke gesprungen, doch sie ist nur leicht verletzt. Hella, die keine Ahnung hat, wie sie sich in der Situation verhalten soll, nimmt Juli mit und fährt sie ins nächste Krankenhaus. So beginnt ein verrückter Roadtrip zweier unterschiedlicher Frauen mit Todeswunsch.
Was sehr vielversprechend anfängt und von der Thematik her sicher einiges hergegeben hätte, hat meine Erwartungen allerdings nicht erfüllt. Hella und Juli sind total überzeichnet, ich konnte weder Empathie noch Sympathie für die beiden empfinden. Juli ist rotzfrech und respektlos, die Tatsache, dass sie im Kindesalter von ihrer Mutter verlassen wurde, hat sie depressiv gemacht. Ihren Vater, der sich redlich bemühte, sie zu erziehen und ihr ein schönes Leben zu bieten, lehnt sie ab und Freunde hat sie keine. Die ehemals erfolgreiche Schlagersängerin Hella wiederum hat schon längst den Zenit ihres Erfolgs überschritten, ihre letzten Auftritte waren nur noch peinlich. Dies scheint ihr Grund genug, um sterben zu wollen. Die beiden kutschieren quer durch Deutschland, erleben skurrile Situationen und lernen sich gegenseitig ein bisschen kennen. Manche Passagen sind ganz interessant oder amüsant, andere so überzogen, dass es nur noch genervt hat. Die Sprache der Autorin ist stellenweise bemüht originell, beispielsweise, wenn sich Hella „in den Bademantel schält“. Ich hatte mich sehr auf diese Lektüre gefreut, aber leider konnte sie mich nicht erreichen.

Bewertung vom 16.01.2022
Bei den Tannen / Commissario Grauner Bd.7
Koppelstätter, Lenz

Bei den Tannen / Commissario Grauner Bd.7


ausgezeichnet

Tod im Sternerestaurant
Im beschaulichen Sarnertal bei Bozen bricht eine berühmt-berüchtigte Restaurantkritikerin während eines Restaurantbesuchs tot zusammen. Da ihre beiden Hunde ebenfalls vom Essen gekostet haben und sterben, liegt der Verdacht nahe, dass das Essen vergiftet gewesen sein muss. Doch wer hätte ein Interesse daran, Carla Manfredi zu töten? Die Sterneköchin Hedwig Jöchler doch sicher nicht, bescherte ihr Carla Manfredi doch einen steten Zufluss von Gästen aus aller Welt. Und doch ist für die Dorfbewohner klar, dass Hedwig die Schuldige sein muss, immerhin ist sie mit ihren beiden Schwestern im Dorf als Hexe verschrien. Oder sollte durch den Mord etwa Hedwig Jöchler selbst geschadet werden?
Commissario Grauner, der neben seinem Beruf als Kriminalkommissar noch als Landwirt arbeitet und sich am liebsten auf seinem Hof mit seinen Kühen umgibt, beginnt sich gemeinsam mit seiner Assistentin Tappeiner im Dorf umzuhören. Dabei erfahren sie von jahrhundertealten Fehden und tauchen tief in die Geschichte der Hexenverfolgung in dieser Gegend ein.
Für mich war dies das erste Buch aus der Reihe um Commissario Grauner und es hat eine Weile gedauert, bis ich mich mit den Namen und Vorkommnissen aus früheren Bänden vertraut gemacht hatte. Doch kann dieses Buch durchaus unabhängig von den Vorgängerbänden gelesen werden. Mir gefiel die ruhige und oft schon philosophische Art des Johann Grauner, seine Heimatverbundenheit und sein Humor. Man erfährt viel über Land und Leute in Südtirol. Besonders schön fand ich auch, dass das Titelbild perfekt zur Geschichte passt, zeigt es doch die sogenannten „Stoanernen Mandl“, die auch im Roman eine Rolle spielen. Die Stärke dieses Romans liegt für mich nicht so sehr im eigentlichen Kriminalfall und dessen Auflösung, sondern vielmehr in der Beschreibung von Land und Leuten. Ich habe bei der Lektüre große Lust bekommen, diese Gegend einmal selbst zu besuchen. Ein kurzweiliger Roman, der mich gut unterhalten hat. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 28.12.2021
Strahlentod / Sabine Kaufmann Bd.6
Holbe, Daniel;Tomasson, Ben

Strahlentod / Sabine Kaufmann Bd.6


gut

Atomkraft, nein danke
Im hessischen Knüllwald soll eine alte Bahnstrecke, die Kanonenbahn, wieder aktiviert werden, damit auf ihr Atommüll transportiert werden kann, der aus den Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague zurück nach Deutschland kommt. Bei einer Demonstration gegen das geplante Projekt explodiert ein alter VW Camper. Ermittler Ralph Angersbach ist entsetzt, als er vor Ort eintrifft, denn genau so ein Fahrzeug gehört seinem Vater. Ist die verkohlte Leiche am Steuer des Fahrzeugs tatsächlich sein Vater?
Da kurz zuvor Ralphs Halbschwester Janine überfallen wurde, kann Angersbach nicht an Zufall glauben. Ihm kommt es vor, als ob jemand sich an ihm rächen will, indem er Leute, die ihm nahestehen, angreift bzw. tötet.
Kurz danach geschieht ein weiterer Mord. Auch dieses Mal kennt Angersbach das Opfer: es handelt sich um jemanden, mit dem er vor Jahren bei einem Fall zusammengearbeitet hat. Auch damals ging es um Atommüll und die Castortransporte. Ein Demonstrant verletzte einen Polizisten durch einen Steinwurf so stark am Kopf, dass dieser starb.
Ralph Angersbach und seine Kollegin Sabine Kaufmann, die schon in früheren Fällen zusammengearbeitet haben, ermitteln in alle Richtungen. Sind militante Atomkraftgegener für die Morde verantwortlich oder ist der Mörder eher im privaten Umfeld der Opfer zu suchen?
Für mich war dies das erste Buch aus der Reihe, daher war mir auch nicht klar, dass zwischen den beiden Ermittlern in der Vergangenheit mehr als nur ein kollegiales Verhältnis bestand. Allerdings wurde nie etwas Ernstes daraus, was beide ein wenig zu bedauern scheinen. Sabine Kaufmann hat jedoch gerade ein Verhältnis mit einem anderen Kollegen begonnen und ist sich ihrer Gefühle nicht sicher. Immer wieder führt sie sich die Vor- und Nachteile der beiden Männer vor Augen, was in meinen Augen ziemlich ermüdend war. Diesen ganzen Handlungsstrang hätten die Autoren meiner Meinung nach gerne weglassen oder zumindest kürzen können.
Die Geschichte insgesamt war nur mäßig spannend. Die Ermittler, die mir beide nicht besonders sympathisch sind, stochern im Nebel und decken dabei so manches auf, was nicht zur Lösung der Fälle beiträgt, einiges davon ziemlich haarsträubend. Den eigentlichen Täter hatte ich schon lange vor den beiden auf dem Schirm.
Der Schreibstil hat mir nicht sonderlich gefallen. Was mich sehr irritiert hat, war dieser ständige Wechsel zwischen Vor- und Nachnamen. Im einen Satz ist von Sabine die Rede, im nächsten von Kaufmann, und genauso verhält es sich mit den anderen Personen. Insgesamt wirkt die Story auf mich sehr konstruiert und unrealistisch. Ich glaube nicht, dass ich den weiteren Werdegang der Protagonisten weiterverfolgen werde.

Bewertung vom 13.12.2021
In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10
Neuhaus, Nele

In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10


gut

Heike Wersch, bis vor kurzem Programmleiterin im renommierten Winterscheid-Verlag, wird von ihrer Freundin Maria Hauschild als vermisst gemeldet. Da Hauschild die Agentin des inzwischen unter die Krimiautoren gegangenen Henning Kirchhoff ist (dem Leiter der Frankfurter Rechtsmedizin und Ex-Ehemann von Pia Sander), wendet sie sich direkt an ihn. In Werschs Haus treffen die Beamten nur den dementen Vater von Heike Wersch an, von ihr selbst fehlt jede Spur. Kurz darauf wird ihre Leiche im Wald gefunden. Offensichtlich starb sie durch einen Schlag mit einem harten Gegenstand. Das wahrscheinliche Tatwerkzeug wird gefunden, doch Bodenstein und Sander können den Verdächtigen nicht mehr vernehmen, da inzwischen auch er das Zeitliche gesegnet hat. Wie sich herausstellt, starb er ebenfalls eines unnatürlichen Todes.
Die beiden Toten gehörten einer alten Clique an, die sich bereits seit Jahrzehnten kennt und deren Mitglieder größtenteils im Verlagswesen tätig sind. Oliver von Bodenstein und Pia Sander vernehmen die alten Freunde und es stellt sich heraus, dass die Beziehungen untereinander längst nicht so harmonisch sind wie es zunächst den Anschein hatte.
Derweil liegt in Bodensteins Privatleben einiges im Argen. Die Tochter seiner Ehefrau macht ihm das Leben zur Hölle und seine Ex-Frau Cosima liegt mit Lungenkrebs in der Klinik. Da Bodenstein als Spender infrage kommt, hat er beschlossen, Cosima einen Teil seiner Lunge zu spenden.
Den Anfang des Buchs fand ich sehr amüsant. Vor allem die Tatsache, dass Kirchhoff als Autor von Nele Neuhaus‘ Bestsellern vorgestellt wird, war witzig. Ziemlich nervig fand ich allerdings, dass die alten Fälle aus früheren Büchern viel zu häufig erwähnt wurden. Obwohl ich sämtliche Bücher der Reihe gelesen habe, konnte ich mich an die allerwenigsten erinnern und sie haben mich auch nicht mehr interessiert. Normalerweise mag ich es auch, wenn man aus dem Privatleben der Kommissare etwas erfährt, aber auch das war hier zu viel des Guten. Die Ermittlungen zogen sich in die Länge, die vielen Personen wurden zwar in einem Personenregister erklärt, aber wer will schon beim Lesen eines Buchs ständig nachschlagen, wer wer ist? Ich jedenfalls nicht.
Ich hatte mich wirklich sehr auf den neuen Fall gefreut, wurde aber enttäuscht. Am Schluss war es mir schon fast egal, wer die Morde begangen hatte. Normalerweise lese ich dicke Schmöker wie diesen in wenigen Tagen, hier habe ich Wochen gebraucht, da mich die Handlung einfach nicht fesseln konnte. Deshalb von mir 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 25.11.2021
Das Geschenk
Bronsky, Alina

Das Geschenk


gut

Kathrin und Klaus sind sehr erstaunt, als ihr früherer Freund Peter, der seit 4 Jahren Witwer ist, sie einlädt, Weihnachten mit ihm zu feiern. Früher hatten sie viel miteinander unternommen, doch jetzt haben sie sich schon lange aus den Augen verloren. Um dem armen, traurigen Witwer Weihnachten einfacher zu machen, sagen sie zu, obwohl sie eigentlich ganz andere Pläne für die Weihnachtstage hatten. Umso größer ist die Überraschung, als ihnen eine junge Frau die Tür öffnet, Peters „Neue“, wie sich herausstellt. Sharon ist nicht nur viel jünger als die anderen drei, sie könnte sich von Peters verstorbener Frau Almut auch nicht mehr unterscheiden. Der erste Eindruck ist der einer ziemlich naiven und prolligen jungen Frau mit Plüschpelz, kleinem Schoßhündchen und rosa Strähnen im blond gefärbten Haar. Als sich dann noch herausstellt, dass Sharon Krankenschwester in dem Krankenhaus ist, in dem Almut starb, sind Kathrin und Peter hellauf entsetzt. Eine Affaire mit der Krankenschwester anfangen, während die eigene Frau im Sterben liegt, wie fies ist das denn?
Dass vieles von dem, was sie annehmen, sich als falsch herausstellt, zeigt sich erst im Verlauf der Geschichte. Ebenso wie die Tatsache, dass in ihrer eigenen Ehe auch nicht alles so ist, wie es nach außen scheint…
Mir hat der erste Teil der Geschichte deutlich besser gefallen als der Schluss. Nicht nur Kathrin und Klaus, sondern auch den Lesern wird der Spiegel vorgehalten, wie schnell man sich von Äußerlichkeiten täuschen lässt. Klaus wird mir mit der Zeit immer unsympathischer, allerdings konnte ich mich mit keiner der doch ziemlich klischeehaft dargestellten Personen identifizieren. Das Ende lässt mich einigermaßen ratlos zurück. Was will uns die Autorin mit diesem Büchlein sagen, außer, dass man sich nicht vom ersten Eindruck leiten lassen soll?
Die Geschichte ist teilweise ganz amüsant zu lesen, das auf dem Klappentext angekündigte „Feuerwerk voller Wortwitz“ habe ich allerdings vermisst.

Bewertung vom 12.11.2021
Die Überlebenden
Schulman, Alex

Die Überlebenden


ausgezeichnet

Der letzte Kindheitssommer
Jedes Jahr verbringen die Brüder Nils, Benjamin und Pierre den Sommer mit ihren Eltern in ihrem Sommerhaus mitten im Wald, weitab vom nächsten Dorf. Was wie eine Idylle klingt, ist alles andere als das. Die Eltern sind hauptsächlich mit sich selbst und Trinken beschäftigt, die Jungs sich selbst überlassen. In einem Sommer geschieht ein Unglück, woraufhin die Familie sofort abreist und nie wieder in das Ferienhaus zurückkehrt.
Jetzt ist die Mutter der längst erwachsenen Jungs gestorben, der Vater lebt schon lange nicht mehr. In einem Brief bittet sie die drei darum, noch einmal in das Ferienhaus zurückzukehren und ihre Asche in den nahegelegenen See zu streuen. Dass diese Fahrt und das ganze Unterfangen nicht unproblematisch sind, erfährt der Leser bereits in der ersten Szene. Die drei sind am Sommerhaus angekommen und haben sich gegenseitig blutig geschlagen, Jahrzehnte alte Konflikte sind zum Ausbruch gekommen. Der Leser versteht an diesem Punkt nicht, wie es dazu kommen konnte, erst nach und nach erfährt man in einer Zeitreise Genaueres über die Kindheit der drei Brüder. Man fragt sich, wieso Nils, Benjamin und Pierre in den letzten Jahren so gut wie keinen Kontakt zueinander hatten. Erst ganz am Ende des Buchs wird vieles klar, beispielsweise der Buchtitel.
„Die Überlebenden“ ist keine einfache Lektüre, es hat mir sehr widerstrebt zu lesen, wie sehr die Eltern ihre Söhne vernachlässigt haben. Eine Schlüsselszene für mich: Ein Lehrer weist einen der Brüder darauf hin, wie wichtig es ist, regelmäßig zu duschen und die Wäsche zu wechseln. Es ist ein Buch, das man mit dem Wissen, das man zum Schluss hat, eigentlich noch einmal von vorne lesen müsste, doch dafür hat es mich zu sehr deprimiert. Trotzdem Leseempfehlung für diesen raffiniert konstruierten und sprachgewaltigen Roman, der unter die Haut geht!

Bewertung vom 01.11.2021
Das Glück des Wolfes
Cognetti, Paolo

Das Glück des Wolfes


ausgezeichnet

Und über allem wacht der Berg
Nach einer gescheiterten Beziehung in Mailand zieht es den 40jährigen Schriftsteller Fausto in das kleine Bergdorf Fontana Fredda, wo er als Koch im einzigen Lokal des Dorfes Anstellung findet. Dort trifft er auf Silvia, die ebenfalls ihr bisheriges Leben zurücklassen und in den Bergen ein neues Leben beginnen will. Die beiden gehen eine Beziehung ein, doch nach dem Winter trennen sich ihre Wege wieder, da Silvia den Wunsch hat, auf einer Gletscherhütte in 4000 m Höhe zu arbeiten. Das Leben in den Bergen ist hart und gefährlich und doch übt es eine große Faszination auf diejenigen aus, die sich dafür entschieden haben.
Neben Fausto und Silvia lernt man als Leser weitere Bergbewohner kennen, beispielsweise Babette, die Inhaberin des Lokals, die nach vielen Jahren beschließt, noch einmal etwas Neues anzufangen, und den Nepalesen Pasang, der als Bergführer arbeitet und um die Gefährlichkeit der Berge weiß.
Das Leben all dieser Menschen wird wie durch Streiflichter beleuchtet, man sieht einen kurzen Ausschnitt aus ihrem Leben, doch erfährt wenig oder nichts über ihre Vergangenheit und wie es mit ihnen weitergeht. Die Handlung weist keinen roten Faden auf, der rote Faden ist vielmehr der Berg, der alles ungerührt beobachtet, Freud und Leid der Bewohner. Und so lautet der Schlusssatz des Buchs auch "Und über Fontana Fredda ragte der Berg auf, der den Träumen dieser Menschen vollkommen gleichgültig gegenüberstand und nach ihrem Erwachen einfach weiterexistieren würde."
Ein ruhiges und poetisches Buch, das eine Saite in mir zum Klingen gebracht hat.

Bewertung vom 30.10.2021
Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7
Hjorth, Michael;Rosenfeldt, Hans

Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7


ausgezeichnet

Wenn die Schlange sich regt...
Mit großer Spannung habe ich diesen siebten Teil der Reihe um Sebastian Bergmann erwartet, und nachdem mich der sechste Teil etwas enttäuscht hatte, bin ich von „Die Früchte, die man erntet“ wieder begeistert.
Es sind einige Jahre vergangen und es hat so manche personelle Veränderung in der Reichsmordkommission gegeben. Torkel ist nicht mehr Chef, seine Stelle hat Vanja eingenommen, die noch ein wenig damit kämpft, der Aufgabe gerecht zu werden. Sebastian Bergmann arbeitet inzwischen als Therapeut, und Torkels Leben dreht sich seit dem Tod seiner Frau nur noch um Alkohol.
Als in der Kleinstadt Karlshamn innerhalb kurzer Zeit mehrere Menschen von einem Heckenschützen erschossen werden, wird die Reichsmordkommission zur Verstärkung der lokalen Polizeikräfte angefordert. Zunächst scheint es keinen Zusammenhang zwischen den Opfern zu geben, doch bald wird klar, dass das Motiv Rache sein muss, denn alle Opfer haben auf die eine oder andere Weise Schuld auf sich geladen. Vanja und ihr Team arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung des Falls, denn es kann jederzeit ein neuer Mord geschehen. Es gelingt ihnen, die Fälle aufzuklären, doch hier beginnt der zweite spannende Handlungsstrang, in dem es um Vanjas besten Freund und Kollegen Billy und seine seltsamen Neigungen geht. Diejenigen Leser, die die Reihe von Anfang an mitverfolgen, wissen von seinem geheimen Leben. Eigentlich sollte Billy mittlerweile seinen Platz im Leben gefunden haben: er ist verheiratet mit My, die mit Zwillingen schwanger ist, und die Dinge laufen gut für ihn. Wäre da nicht die Schlange in seinem Inneren, die gefüttert werden will…
Dem Autorenteam Hjorth & Rosenfeldt ist mit „Die Früchte, die man erntet“ wieder ein ausgesprochen spannender und raffiniert gesponnener Krimi gelungen, den ich kaum aus der Hand legen konnte und der bis zuletzt mit neuen, unerwarteten Wendungen aufwartet. Die beiden Cliffhanger ganz zum Schluss lassen mich hoffen, dass das Warten auf den achten Band nicht ganz so lange dauern wird!

Bewertung vom 04.10.2021
Wenn ich wiederkomme
Balzano, Marco

Wenn ich wiederkomme


ausgezeichnet

Alles für die Familie
Daniela lebt mit ihrer Familie in Rumänien. Die Gegend ist arm, Jobs sind rar gesät. Ihr Ehemann ist seit Jahren arbeitslos, sie ist allein dafür verantwortlich, die Familie zu ernähren. In einer Nacht- und Nebelaktion verlässt sie Rumänien, um wie tausende andere osteuropäische Frauen in Italien als Altenpflegerin zu arbeiten. Vor allem ihr Sohn Manu trägt ihr dies nach. Er versteht nicht, wie die Mutter sie zurücklassen konnte, um sich -vermeintlich – in Italien ein schönes Leben zu machen. Manu, der immer ein guter Schüler war, lässt in seinen Leistungen nach. Angelica, die ältere Schwester, kommt besser mit der Situation klar. Dann macht sich auch noch der Vater auf und davon, um anderswo Arbeit zu finden. Fortan kümmern sich die betagten Großeltern, vor allem der Großvater, um die beiden Jugendlichen.
Der erste Abschnitt des Buchs wird aus Manus Perspektive erzählt, im zweiten kommt die Mutter Daniela zu Wort. Der Leser erfährt, welch hartes Leben sie in Italien führt. Sie arbeitet schwarz und ist praktisch rund um die Uhr für den alten Mann verantwortlich, dessen Pflegerin sie ist. Das Highlight ihrer Tage sind die abendlichen Telefongespräche mit der Heimat, doch Manu wird immer einsilbiger, er „bestraft“ sozusagen die Mutter für ihren angeblichen Verrat. Daniela nimmt all die Strapazen auf sich, weil sie möchte, dass ihre Kinder es einmal besser haben sollen als sie, sie will ihnen eine gute Schulbildung ermöglichen. Angelica ergreift die Chance und studiert, doch Manu hat kein Interesse am Gymnasium, das er besucht. Er würde am liebsten auf die Landwirtschaftsschule wechseln und wie sein Großvater das Land bearbeiten. Als der Großvater stirbt, bricht Manus Welt zusammen. Dann geschieht ein Unglück und Daniela kehrt nach Rumänien zurück. Viel ist in der Zwischenzeit passiert, die Kinder haben sich von ihr entfremdet, der Mann ist weg, die Heimat fühlt sich nicht als solche an. Hat sich ihr Opfer gelohnt? War es die richtige Entscheidung, nach Italien zu gehen? Diese und viele weitere Fragen wirft dieses eindringliche Buch auf, das die Situation der vielen Pflegekräfte aus dem Osten beleuchtet. Ein ganz und gar lesenswertes Buch, das unter die Haut geht.