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Wedma

Bewertungen

Insgesamt 549 Bewertungen
Bewertung vom 06.11.2020
Meinungsunfreiheit
Kubicki, Wolfgang

Meinungsunfreiheit


ausgezeichnet

Dieses Buch ist wichtiger Beitrag zum Thema Meinungsunfreiheit. So eine Fülle von treffend gefassten Punkten zum heutigen Zustand der Demokratie, einleuchtenden Beispielen aus der Praxis, tollen Gedankenanstößen! Die Vorschläge, wie die Lage gerettet werden könnte, sind zum Schluss auch dabei.
Wolfgang Kubicki ist als stellvertretender FDP Vorsitzender und Bundestagsvizepräsident bekannt.
Die Inhalte dieses Buches sind aber parteienübergreifend. Wie man also selbst zur FDP steht, ist nicht von Bedeutung.
Optimal wäre es, das Buch aufmerksam zu lesen und sich im Freundes-/Familienkreis darüber auszutauschen, denn durch die ausführliche Auseinandersetzung mit diesem Thema könnte man evtl. noch zur positiven Lösung beitragen.
Der Stoff ist gut, logisch geordnet: Rechtliche Dimension, gefolgt von der medialen und gesellschaftlichen, um dann über die Verletzlichkeit der Meinungsfreiheit, über die politische Arena und die fortwährende Aufgabe der Demokraten zu reden.
Alle Teile haben ihre starken Seiten. Aber ab der medialen Dimension geht es richtig zur Sache. Hier wurde u.a. über den Bedeutungsverlust der klassischen Medien laut nachgedacht. Die „Leitmedien“ und ihre Propaganda-Methoden, die in der Demokratie, die ihren Namen verdient, nichts verloren haben, wurden sachlich, Punkt für Punkt aufs Korn genommen. Zu Talkshows und sozialen Medien findet man hier ebenfalls treffende Aussagen. In der gesellschaftlichen Dimension geht es u.a. um die heutigen Tendenzen, die zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit beitragen, wie z.B. die Tendenz, die Diskussion abzukürzen, um gleich ins Moralische zu verfallen; die Tendenz zur Spaltung der Gesellschaft, die auch aktiv von „Qualitätsmedien“ vorangetrieben wird; die Tendenz zur Hysterie. Auch über die „Sehnsucht nach dem Autoritären und nach Heilgestalten“, S. 108 ff. findet man hier spannende Inhalte, über die man gern im eigenen Kreis mal debattieren könnte. Die letzten Absätze hier fand ich sehr treffend, wie so vieles in diesem Buch.
Im nächsten Teil, über die Verletzlichkeit der Meinungsfreiheit, liest man: „Wenn Schwarz und Weiß die einzigen Schattierungen in der Debatte sind, bekommen wir ein fundamentales Problem für die Demokratie.“ S. 120. Auch die nächsten Unterkapitel „Klima der Angst“, „Zwang zur Konformität“ warten mit guten Punkten und Beispielen aus dem Leben zum Zustand der Meinungsfreiheit auf, die u.a. zur Gleichschaltung der Meinungen führen und der demokratischen Debatte jeden fruchtbaren Boden entziehen.
Im letzten Teil stellt der Autor fest: „Ich kann mich an keine Phase der Bundesrepublik erinnern, in der es um die Freiheit der Meinung so schlecht bestellt war wie heute.“ Und erinnert, dass: „… das Hauptziel unserer Demokratie die friedliche Integration von Meinungen und Interessen ist, nicht deren Ausgrenzung.“ S. 139. Auf den letzten Seiten geht er zur Aufgabe der Demokraten über.
Mehr sage ich zu den Inhalten nicht, mag nicht spoilern. Original ist immer besser als Nacherzählung.
Die Kapitel sind oft kurz, haben es aber in sich. Und wenn man über all diese Missstände in geballter Form liest, kommt einem oft genug der Gedanke, dass man eigentlich die Beschreibungen der Zustände unter einer handfesten Diktatur präsentiert bekommt. Seltsam nur, dass diese immer noch als Demokratie bezeichnet werden will.
Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch zu einem Thema, das uns alle angeht. Hier gilt: Selbst lesen, nachdenken, sich darüber austauschen. Vllt wird es noch was mit der Demokratie.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.11.2020
Happiness
Turner, Tina

Happiness


ausgezeichnet

Ein sehr schönes, weises, kluges Buch, so lebensbejahend, aufbauend von der ersten bis zur letzten Seite. Eine prima passende Lektüre für trübe Novembertage.
Tina Turner kannte ich bisher als eine stimmgewaltige Rocksängerin. Umso mehr gespannt war ich auf ihr Buch, das „Mein spiritueller Weg“ als Untertitel trägt. Und ja, ich bin beeindruckt.
Hier findet man viele Dinge, die man für sich mitnehmen kann, unabhängig davon, ob man ein Einsteiger oder Fortgeschrittener auf dem Gebiet der Spiritualität ist.
Bitte richtig verstehen, es wurde auch gleich zu Anfang gesagt: Spiritualität ist an keine Religion gebunden. Man muss kein Buddhist sein, um von den Inhalten dieses Buches zu profitieren.
Acht Kapitel gibt es insg. Jedes hat sein Highlight. Tina Turner erzählt u.a. ihr Leben, hier und da manche Ereignisse aus ihrer Vergangenheit eingestreut, um ihre Kernaussagen zu verdeutlichen.
Die Texte sind leicht und verständlich. Sie vermitteln sehr zugänglich die grundlegendsten Dinge wie zehn Welten des Buddhismus, samt positiven und negativen Ausprägungen, den bekannten Chant, von dem hier viel die Rede ist, und wie das Chanten Tina Turner aus den schweren Lebenssituationen geholfen hatte. Es geht auch um den dauerhaften Zustand der Zufriedenheit, und wie man ihn erreichen kann. Tiefe Einsichten, über die es nachzusinnen lohnt. Auch wenn nicht alles neu erscheinen mag, kann sein, dass gerade diese Geschichten die Augen öffnen und den Zugang zur aktiven Arbeit an sich und zur Besserung der Lebenssituation im Endeffekt verschaffen.
Man profitiert vom Buch noch mehr, wenn man sich die Videos (auf der bekannten Plattform) anschaut. Dann kann man sich das Geschriebene und die Menschen, die hier erwähnt wurden und mitgewirkt haben, besser vorstellen. Die Videos sind toll gemacht, großartig gesungen. Gut möglich, dass man dann aus dem „Wow!“ nicht mehr herauskommt. Das Friedenslied mit den Kindern hat es mir besonders angetan. Wenn man all das gehört hat, versteht man das Kap. 7 „Singen trägt dich über alles hinaus“ besser. Auch das gesamte Buch öffnet sich einem dann noch ganz anders.
Die Zitate von Maya Angelou, Indira Ghandi, Louise Hay uvm., die alle paar Seiten auftauchen, unterstreichen das Gesagte. Schöne Sprüche, über die sich jedes Zitatenheft freuen wird.
In jedem Kapitel findet man etwas Gutes, Weises, Kennenlernens- bzw. lesenswertes. Im letzten Kapitel liest man zum Thema, wie man die eigene Vergangenheit ändern kann. Sehr schön erklärt. Viel Wahres dabei. Auch bei anderen Themen. Die letzte Seite ist auch sehr schön.
Im Anschluss folgt das Nachwort, das noch mehr über Tina Turner und ihren spirituellen Weg erzählt, wie die Menschen um sie herum davon profitieren konnten.
Einige Fotos findet man in der Mitte. Manche sind s/w, die jüngere Tina und ihre Söhne zeigen. Sie bereichern die Ausführungen und runden das Portrait Tinas ab.
Die hochwertige Ausstattung, handliches Format machen dieses Buch zu einem schönen, wertvollen Mitbringsel/ Geschenk, das in jede Handtasche passt und immer mit dabei sein kann.
Fazit: Ein sehr schönes, weises, kluges Buch, das die Möglichkeit bietet, dieser starken Frau zu begegnen, von ihrem Weg zu lernen, von ihren Gedanken, Einsichten, Gesängen zu profitieren uvm. Bleibt zu hoffen, dass dieses Buch noch viele begeisterte Leser findet.

Bewertung vom 04.11.2020
Die CSU
Deininger, Roman

Die CSU


ausgezeichnet

„Die CSU. Bildnis einer speziellen Partei“ von Roman Deininger habe ich sehr gern gelesen, ein fundiertes, beeindruckendes Werk, das mit facettenreichen Charakterisierungen, kritischen Auseinandersetzungen, tiefen Einsichten, spannenden Erkenntnissen uvm. aufwartet.
Dicht geschrieben, was aber dem Faktor Unterhaltung keinen Abbruch tut. Eine gute Prise Ironie schwingt mit. Oft musste ich schmunzeln, gar auflachen, mal wegen einer sehr treffenden, witzigen Formulierung, mal aufgrund eines Seitenhiebs, oder auch bei anderen Dingen, die so desillusioniert und im Klartext rüberkommen, dass man sie am besten mit guter Portion Humor serviert. Die Beschreibung des Duos Söder/Seehofer zählt z.B. dazu. Aber auch die Charakterisierungen von jedem einzeln, insb. Söders, seiner Darstellungskünste, sind schon köstlich. Da wusste ich oft nicht, ob man da lachen oder weinen soll. Ein Schmunzler war aber immer dabei.
All diese Einblicke, die Querverbindungen, die aus der Geschichte zur Gegenwart gezogen wurden, die Vergleiche, z.B. der Führungsstile, Schwerpunkte usw., die hier angestellt wurden, die Machtallüren und Egotrips der Parteivorderen, sehr gute Fragen zur Zukunft der Partei uvm. lassen den Autor als einen kritischen Insider erkennen, der die Partei durch und durch kennt und seine Sicht meisterhaft darzulegen weiß.
Schauen Sie ins Inhaltsverzeichnis. Man sieht, dass kaum ein wichtiges Thema ausgelassen wurde. In jedem Kapitel findet man reichhaltige, spannende wie aufschlussreiche Inhalte. Besonders interessant, da nicht oft woanders beleuchtet, fand ich Ausführungen zu Frauen in der CSU. Einleuchtende Beispiele dafür, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird.
Ich habe diese Ausführungen als spannend, bereichernd und horizonterweiternd empfunden.
Fazit: Wenn man die CSU besser kennenlernen will, ist man hier an einer sehr guten Adresse. Tiefe Einblicke, spannende Erkenntnisse uvm., höchstunterhaltsam erzählt.

Bewertung vom 14.10.2020
QualityLand 2.0 / QualityLand Bd.2
Kling, Marc-Uwe

QualityLand 2.0 / QualityLand Bd.2


ausgezeichnet

Auf Qualityland 2.0 habe ich mich lange gefreut, sehnsüchtig erwartet und bin sehr zufrieden. Kurz gesagt: Genial. Weiter so.
Wie es aussieht, der E-Poetin Kalliope 7.3 ist es wohl bekommen, dass sie nun die Dinge schreiben darf, wonach ihr der Sinn steht. Das hat ihr der Wohltäter Peter Arbeitsloser im Band 1 ausdrücklich erlaubt. Den habe ich mir in der Vorfreude auf die Fortsetzung vor Kurzem nochmals angehört.
2.0 ist stärker als der Auftakt, in vielerlei Hinsicht: mehr Tiefgang, mehr an starker Gesellschaftskritik, gute Portion Ironie dabei, wohl gelungene Weiterentwicklung der Figuren. Die Handlung, in mehreren, abwechselnd erzählten Strängen, die man unterschiedlichen Genres zuordnen kann, steht dem Ganzen kaum nach.
Im Untertitel heißt Band 2 „Kikis Geheimnis“. Klar erfährt man hier ihre Vorgeschichte. Aber das ist nur ein Nebenstrang. Und bei weitem nicht der wichtigste. Hier geht es um viel mehr, u.a. dass es höchste Zeit ist, zu entscheiden, wie unsere Zukunft, das Leben einfacher Menschen, aussehen soll.
In der Hörbuchversion liest Marc-Uwe Kling sein Werk selbst. Und ich muss sagen: Es macht echt viel Spaß. Das Hörbuch habe ich bereits 2 Mal gehört. Große Klasse. Beim 2.ten Mal fand ich das Ganze noch besser, falls es überhaupt noch möglich ist.
Auch die Print-Ausgabe liegt mir vor. Die Buchgestaltung fällt hochwertig aus und passt prima zum Inhalt. Manche Dinge, wie Doppel D Stories, sind nicht schwarz auf weiß, sondern weiß auf Schwarz gedruckt. So sieht nicht nur der Buchschnitt hübsch aus. Dies trägt zum besseren Leseerlebnis bei.

Mehr verrate ich nicht. Lest oder hört selbst. Es lohnt sich. Auf alle Fälle.

Fazit: Großartige Gesellschaftssatire. Und nicht nur. Grandiose Fortsetzung von Qualityland. Bleibe auf weitere Folgen gespannt und vergebe zehn von 5 möglichen Sternen.

Bewertung vom 14.10.2020
Der Topophilia-Effekt
Rio, Roberta

Der Topophilia-Effekt


ausgezeichnet

Ein bemerkenswertes Buch, das ich sehr gern gelesen habe und empfehle es ebenso gern weiter.
Hier geht es um das alte Wissen, das heute z.T. verlorengegangen ist. Wenn man aber bestimmte Dinge im Umgang mit den Orten nicht beachtet, kann dies ernste Konsequenzen haben. Das Wissen, das in diesem Buch so anschaulich vermittelt wird, kann seinen Lesern auch das Leben retten oder zumindest helfen, ernste gesundheitliche Schäden zu vermeiden, und erfolgreicher und glücklicher zu werden.
Kennt Ihr das evtl? Man kommt in ein Gebäude hinein und nach den ersten Minuten möchte man es ganz schnell wieder verlassen. Man atmet erst dann erleichtert wieder auf, nachdem man diesen Ort weit hinter sich gelassen hat. Oder das Gegenteil: Ihr kennt bestimmt das Wohlgefühl, das einen überflutet, wenn man durch eine schöne Landschaft, z.B. durch den Wald, spazieren geht. Woran mag das liegen? Dieses Buch liefert gute Antworten.
Die Autorin Roberta Rio, promovierte Historikerin, erzählt, wie sie Menschen hilft, indem sie sich mit der Geschichte der Orte beschäftigt. Sie versucht anhand des gewonnenen Wissens, manchmal lassen sich bestimmte Muster ermitteln, eine passendere Bestimmung für diesen Ort zu identifizieren. Das Ganze nennt sie die „historisch-intuitive Methode“.
Anhand vieler Beispiele aus ihrer Praxis bringt Roberta Rio nicht nur das verlorene Wissen den Lesern nahe. Sie erklärt auch das Warum. Es gibt z.B. Orte, die für bestimmte Aktivitäten besser geeignet sind: Dort, wo es seit eh und je reges Treiben herrschte, wird man kaum ein Ort der Ruhe erfolgreich etablieren können. Oder dort, wo es um Verwesung und Zerfall ging, z.B. auf dem ehemaligen, alten Friedhof, baut man sinnvollerweise auch heute lieber keine neue Wohnsiedlung.
Ein Kapitel über die Orte, an denen die Kathedralen gebaut wurden, schildert die Lehre aus einem etwas anderen Blickwinkel. In den Kirchen fühlt man sich oft gut und wiederaufgebaut, nach dem man sie verlassen hat. Dr. Rio liefert mögliche Erklärungen hierfür.
Wenn man sich nicht so gut an einem Ort fühlt, kann es wissenschaftlich erwiesene, gut nachvollziehbare Gründe geben: der Austritt bestimmter Gase, das Vorhandensein der Magnetfelder oder unterirdischer Wasserläufe uvm.
Sie erzählt auch die Geschichte ihrer Mutter. Das gibt den persönlichen Touch und erklärt, warum sie sich mit diesem Thema seit Jahrzehnten befasst.
Ein Fall, der mich sehr beeindruckt hat, heißt „Der Bauernhof“, S. 189. Besonders empfehlenswert für diejenigen, die, ohne gründlich nachgedacht zu haben, alte Bäume fällen.
Zum Schluss gibt es „Anleitung für den Umgang mit den Orten“, i.e. wie man selbst die Besonderheiten der Orte erkennen kann. Es wird u.a. empfohlen, eine geologische Diagnose erstellen zu lassen oder auch auf das Verhalten der Tiere und Pflanzen zu achten. Im Anhang findet man die Auflistung der „Strahlensucher und Strahlenflüchter“, für Tiere und Pflanzen. Zu guter Letzt wird diese Methode nochmals in erstens, zweitens, drittens kurz zusammengefasst, sodass man sich die Kernpunkte gut merken kann.
Die Buchgestaltung fällt hochwertig aus und passt wunderbar zum Inhalt: Festeinband in Zitronengelb, Umschlagblatt aus glattem, festem Papier, angenehme Schriftgröße. Die Beispiele, Fälle aus dem Leben, wurden auf hellgrauem Papier gedruckt, so schaut nicht nur der Buchschnitt recht dekorativ aus, man findet die Beispiele auch schneller.
Fazit: Ein Buch, das man gelesen haben sollte. Dann kann man vieles richtig machen, z.B. an richtigen Orten wohnen, arbeiten, die Geschäfte betreiben usw. Ich kenne mind. drei Menschen, denen ich dieses Buch in die Hand drücken würde: Lese das! Schön auch als Geschenk.

Bewertung vom 02.10.2020
Streamland
Kleiner, Marcus S.

Streamland


ausgezeichnet

„Streamland“ würde ich jedem in die Hand drücken: Lese das! Unbedingt.
Dieses Buch beleuchtet mannigfaltige Facetten und liefert sachliche Einblicke, die bezüglich der zukünftigen Entwicklungen eine große Rolle spielen werden.
Für viele dürfte das Buch zum Augenöffner werden. Vorausgesetzt, man liest es aufmerksam und denkt über das Gelesene ausführlich nach. Der Inhalt soll u.a. dazu verführen, selbstkritisch auf den eigenen Konsum der Streamingdienste zu schauen und das eigene Verhalten zu hinterfragen.
Dieses Buch ist überfällig, da es starkes Potenzial hat, endlich die erforderliche, breitflächige Diskussion in der Gesellschaft zu diesem Thema anzustoßen. Weder im politischen noch im medialen Raum ist diese aktuell im zufriedenstellenden Maße vorhanden.
So viele wertvolle Gedankenanstöße, kritische Analysen, Einblicke in das Streaming-Junkie-Dasein und andere lesenswerte Ausführungen, die das Buch liefert, sollten konstruktiv ausdiskutiert werden, ob im Bekannten-, Freundeskreis oder unter den Kollegen, in der Familie usw.
Der Autor konsumiert die Inhalte der Streamingdienste selbst. Er weiß, wovon er schreibt. Er ist aber auch sehr wohl imstande, sich kritisch mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen und darzulegen, warum diese Dienste da sind, wer davon profitiert und was diese mit den Nutzern machen. So viel sei verraten: Frei nach Neil Postman (Wir amüsieren uns zu Tode), der mal übers Fernsehen gesagt haben soll, sinngemäß: „Das ist nicht für Idioten geschaffen, das macht welche.“
So manche Ausführung ähnelt einer Provokation. Diese ist aber längst bitter nötig, wenn man sich den hohen Stellenwert der Zugehörigkeit zu dem Kreis der „Eingeweihten“, i.e. der Streamingdienstnutzer, vor Augen führt, den dieser mittlerweile bei bestimmten Zielgruppen genießt. Diese nach allen Regeln der Kunst gebastelte Verblendung der Nutzer, wie sie zustande kommt usw., kann man am besten mithilfe der etwas weniger konventionellen Methoden darstellen.
Den Nutzern sollte endlich klar werden, was regelmäßiger, oft ausufernder Konsum der Streamingdienste mit ihnen macht und warum. Wie die Anbieter dies schaffen, wurde hier sehr klar und für jeden verständlich dargelegt.
Ein gutes Buch ist gut auf jeder Seite. Hier stimmt es absolut. Es hat stark angefangen und ließ im weiteren Verlauf kaum nach.

Die Buchgestaltung passt zum hochwertigen Inhalt: Festeinband in Anthrazit, prima passend zum Umschlagblatt. Angenehme Schriftgröße, was nicht nur das Lesen erleichtert, sondern auch von Respekt ggü. den Lesern durchblicken lässt. Die Anmerkungen sind ebenfalls liebevoll gestaltet. Dort findet man noch viele Kommentare des Autors, die die Ausführungen des Haupttextes ergänzen. Literatur führt die verwendeten Quellen und gibt Tipps, was man noch Gutes zu diesem Thema lesen könnte.

Ich danke Markus S. Kleiner für sein Engagement und wünsche diesem Buch eine möglichst breite Leserschaft.

Bewertung vom 26.09.2020
Beethoven
Caeyers, Jan

Beethoven


ausgezeichnet

Diese Beethoven Biografie aus der Feder von Jan Caeyers beeindruckt in vielerlei Hinsicht, v.a. aber durch die Fülle an relevanten Informationen, die Beethovens Leben betreffen, und den bildhaften, sehr zugänglichen Erzählstil, denn so eine beachtliche Menge an Stoff und das Wie des Erzählten, die so facettenreich und reif über Beethoven und seine Familie erzählen, sind äußerst selten.
Es gibt 5 Teile. In jedem findet man seine Schwerpunkte. Mal fühlt man sich in die Zeiten der Hexenverbrennung entführt, mal in die modernen Zeiten, und immer bildet die Musik den roten Faden der Geschichte. In den ersten beiden bekommt man vermittelt, wie die Kindheit des Musikgenies aussah, wie er das Klavierspielen lernte, wer seine Lehrer und Gönner waren. Auch über seinen Werdegang als Komponist findet man reichhaltige Informationen, sodass man sich davon ein umfangreiches Bild machen kann. Über seine „unsterbliche Geliebte“ liest man zunächst im 3.ten Teil, was sich auch bis kurz vorm Schluss fortsetzt.
Sehr bereichernd wirken die Ausführungen zu Besonderheiten der damaligen Zeit, i.e. die gesellschaftlichen Verhältnisse, die innenpolitischen Lage Österreichs, vor und nach der Eroberung durch Napoleon, was die Nachfrage nach der Musik, die Beethoven schrieb, erklärte. Der kulturgeschichtliche Aspekt tut dem Ganzen sehr gut, denn so kann man in diese Zeit eintauchen und die wegweisenden Entscheidungen Beethovens besser nachvollziehen. Dass man so viele bekannte Namen trifft, z.B. Clementi, Czerny (von ihm hört man hier oft und bis zum Schluss), Goethe (da gibt es ein extra Kapitel über die Begegnungen von Beethoven und Goethe), Haydn, Mozart, Salieri, der europäischen Könige und Fürsten, mit Bezug auf Beethoven kurz auch ihre Geschichten erzählt bekommt, macht das Gesamtbild runder und bereichert es ungemein.
Über die Entstehung/ Aufführung seiner bekanntesten Stücke wie Opera Fidelio, Missa Solemnis, Ode an die Freude, 5.te Symphonie gibt es extra Kapitel. So manche ergänzenden Infos liest man in anderen Kapiteln, da diese unter anderen Blickwinkeln nochmals beleuchtet werden.
Noch ein positiver Aspekt, der hier öfter aufgefallen ist: Dass der Autor die Musikstücke so griffig und verständlich, im Kontext des Zeitgeschehens und dem, wie es Beethoven um diese Zeit erging, zu beschreiben vermochte, i.e. was ihn bewegt, was ihn geärgert hatte.
Man findet auch, insb. im letzten Teil, einige Seiten über seinen Charakter, sein typisches Verhalten, seine Gewohnheiten. Man bekommt also einen umfangreichen Eindruck, wie Beethoven als Mensch war, wie er mit anderen umging. Dem oft komplizierten Verhältnis zu seinem Neffen Karl und seinem späteren Schicksal ist viel Raum gegeben worden, aus dem man tiefere Einblicke in seinen Charakter gewinnt. Das gilt auch dem Verhältnis zu seiner großen Liebe.
Die Buchgestaltung fiel hochwertig aus, wie so oft bei C.H. Beck: Festeinband mit dem Farbfoto Beethovens, passendes Lesebändchen. Für perfekte Orientierung wurde auch gesorgt: Auf jeder Seite sieht man oben, in welchen Teil man gerade liest und die Kapitelüberschrift. Die s/w Fotos der Noten oder auch der Ölgemälde, Zeichnungen, die Beethoven oder andere Personen, Landschaften usw. zeigen, bereichern das Leseerlebnis ebenfalls. Einige Notenabschnitte seiner Werke wurden direkt in den Text hineingearbeitet, was dem Buch auch besonderes Flair verleiht.
Fazit: Eine bemerkenswerte, umfangreiche, wohl gelungene Biografie. Man liest nicht nur die Lebensgeschichte des Genies. Ein opulentes Gemälde der Zeit und der Geschehnisse um Beethoven sind genauso ein Teil des Ganzen. Man sieht, dass hier ein Musiker durch und durch an den Werken war. Und auch das verleiht der Biografie ihren unverwechselbaren Charakter.
Dieses Werk kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen. Ich habe es genüsslich und extra langsam gelesen. Dies hat mir viele schöne Lesestunden bereitet, was ich Euch auch wünsche.

Bewertung vom 22.09.2020
'Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen'
Krauss, Marita

'Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen'


ausgezeichnet

Die Lola Montez Biografie aus der Feder von Marita Krauss habe ich sehr gern gelesen: Damit einige erfüllten Lesestunden verbracht, in die damalige Zeit eingetaucht und darüber die Gegenwart für eine Weile vergessen.
Man „trifft“ hier nicht nur die charismatische Frau, die ihrer Zeit weit im Voraus war. Man bekommt eine gute Vorstellung, was für ein Mensch Lola Montez war: Ihre Stärke, ihre Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und aus schwierigen, scheinbar aussichtlosen Situationen als Siegerin hervorzugehen. Aber auch die weniger rühmlichen Dinge wurden hier beschrieben. Viele Zeitgenossen, die sie kannten, kamen hier zur Sprache, sowohl die Bewunderer als auch diejenigen, die sie nicht ausstehen konnten/ in ihr eine Gefahr für die Moral, die bestehende Ordnung sahen.
Die Biografie wurde chronologisch aufgebaut. Man sieht, aus welchen Verhältnissen Lola stammte, wie sie aufgewachsen war: keine besonders sorglos-glückliche Kindheit. Das gestörte Verhältnis zu ihrer Mutter hatte ihr Leben nachhaltig geprägt. Man ist dabei, wie sie früh heiratete und, des Ehebruchs schuldig gesprochen, geschieden wurde, welche trüben Perspektiven ihr danach offenstanden. Und wie sie ihr Leben trotz all dem so gestaltete, dass es ihr besser passte.
Ihrem Leben in Bayern und dem Verhältnis zu Ludwig I. von Bayern wurden einige Kapitel in der Mitte gewidmet. Bereichernd fand ich hier auch diese knappen und aussagestarken Zusammenfassungen der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse: der innenpolitischen Lage, der Intentionen Ludwigs, das Bild Bayern als Hort des Katholizismus usw., die dem Leser die Besonderheiten der damaligen Zeit vor Augen führten. Der Hergang der Affäre wurde recht detailreich gezeichnet, vom Anfang mit der keuschen Liebe bis zum bitteren Ende. Die Gedichte, die ihr Leopold schrieb, einige Briefe findet man hier ebenfalls. So tauchte man völlig in die damalige Zeit und dieses Liebesverhältnis ein. Man begriff u.a., warum das Leben von Lola Montez, die als Tänzerin viele Zuschauer begeistern konnte, als Freundin von Ludwig I. von der Bevölkerung verhasst war. Bildhafte Beispiele, wie sie verschmäht wurde, erläutern dies.
Aber auch als das Leben in Bayern für Lola zu Ende war, gab es spannende und erfolgreiche Wendungen in ihrem Leben: Ihr Aufenthalt in der Schweiz, das Leben in USA, ihr Welttournee nach Australien, die Reise nach Europa als Vortragsrednerin.
Dass Lola Montez das Fach der Werbung in eigener Sache perfekt beherrschte, wurde schnell klar. All die Skandale und Skandälchen, ihr Lebensstil der unverheirateten, eigenständigen Frau, ihre offenen Briefe in der Presse uvm. dienten dazu, den Namen Lola Montez zu verewigen, weit über den Tod der Erfinderin hinaus.
Man bekommt also einen umfassenden Eindruck von dieser facettenreichen Persönlichkeit. Es geht dabei sowohl um die hellen als auch um die dunkleren Seiten: Die Hybris, die zum Zusammenbruch der anfangs so unerschütterlich erscheinenden Beziehung zu Ludwig I. führten, uvm.
Auch die Art, WIE diese Lebensgeschichte erzählt wurde, hat mich sehr beeindruckt: so schlicht und ergreifend wurde das Ganze dargeboten, wie man es nur kann, wenn man sowohl über vielfältiges Wissen zum Thema Lola Montez und ihre Zeit verfügt, als auch über die beachtliche persönliche Reife und das schriftstellerische Können. Das Verhältnis Autor - Leser wurde mMn perfekt gestaltet. Es war bestimmt nicht einfach, über so eine komplexe Persönlichkeit zu schreiben. Marita Krauss ist dies prima gelungen.
Fazit: Eine rundum gelungene, beeindruckende, mitreißende Biografie der Lola Montez, die sich wie ein Roman lesen lässt (was durchaus als Kompliment gemeint ist). Wenn man in die damalige Zeit eintauchen oder einfach etwas Gutes lesen möchte, wird hier fündig.

Bewertung vom 15.09.2020
Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen
Echensperger, Romana

Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen


ausgezeichnet

Ein sehr schönes, aufschlussreiches, informatives Buch, das ich sehr gern weiterempfehle. Es bringt das biodynamische Winzerhandwerk den Lesern nahe. Die wunderbar, schlicht und ergreifend, geschriebenen Texte, ergänzt durch die zahlreichen Farbfotos, erklären nicht nur, sie machen definitiv Lust auf mehr.

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.

Schon im Vorwort gewinnt die Autorin gleich an Sympathie, als sie den Titel „Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen“ erklärt: „Das Buch soll keine Opposition zur konventionellen Wirtschaftsweise darstellen. Mir geht es darum, den Blick zu erweitern…“ Und das ist ihr vorzüglich gelungen.

Die Inhalte sind wunderbar, logisch und klar, aufgebaut. Die Kapitel am Anfang „Eine kurze Geschichte der Landwirtschaft“, „Die Grundlagen der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise“, „Richtlinien und Zertifizierung“ plus paar Interviews bilden eine solide Basis für die nachfolgenden 12 Winzerportraits aus Burgenland, Südtirol, Pfalz, Rheingau, Elsass, Mosel usw. Hier liest man faszinierende Geschichten. Die Winzer erzählen, wie sie zur Biodynamie gekommen sind, was sie für ihre Böden und Reben tun, wie wichtig sie für den Weingeschmack sind, wie sie ihre Probleme lösen, was sie dafür begreifen mussten, was sie an altem Wissen verwenden, warum sie dies für notwendig erachten uvm. Dazwischen, fast auf jeder Seite, sind die Zitate der Winzer hervorgehoben, die in 2-3 Sätzen bestimmte Dinge, mitunter auch kleine Geheimnisse, in Bezug auf ihren biodynamischen Weinbau auf den Punkt bringen. Anschließend wurden auch ihre Weine vorgestellt: wie sie aussehen, riechen, sich am Gaumen anfühlen.

Die Ausführungen wurden mit tollen Farbfotos begleitet, die mal die malerischen Weinfelder, mal die Weinkeller, mal die Reben und Böden in Nahaufnahme, die Kühe im Weinberg, die Winzer und ihre Familien zeigen.

Fazit: Ein großartiges Buch, das biodynamisches Winzerhandwerk dem breiten Publikum prima erklärt und definitiv Lust auf mehr weckt. Toll auch als Geschenk. Hier passen die Form und der Inhalt auf eine hervorragende Weise. Eine sehr schöne Buchgestaltung plus wunderbare Texte, die sich wie Gespräche unter Freunden und Bekannten anfühlen. Da möchte man glatt fortan nur die Weine aus biodynamischem Weinbau genießen. Man schmeckt den Unterschied. Davon bin ich überzeugt.