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Wedma

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Insgesamt 546 Bewertungen
Bewertung vom 04.11.2020
Die CSU
Deininger, Roman

Die CSU


ausgezeichnet

„Die CSU. Bildnis einer speziellen Partei“ von Roman Deininger habe ich sehr gern gelesen, ein fundiertes, beeindruckendes Werk, das mit facettenreichen Charakterisierungen, kritischen Auseinandersetzungen, tiefen Einsichten, spannenden Erkenntnissen uvm. aufwartet.
Dicht geschrieben, was aber dem Faktor Unterhaltung keinen Abbruch tut. Eine gute Prise Ironie schwingt mit. Oft musste ich schmunzeln, gar auflachen, mal wegen einer sehr treffenden, witzigen Formulierung, mal aufgrund eines Seitenhiebs, oder auch bei anderen Dingen, die so desillusioniert und im Klartext rüberkommen, dass man sie am besten mit guter Portion Humor serviert. Die Beschreibung des Duos Söder/Seehofer zählt z.B. dazu. Aber auch die Charakterisierungen von jedem einzeln, insb. Söders, seiner Darstellungskünste, sind schon köstlich. Da wusste ich oft nicht, ob man da lachen oder weinen soll. Ein Schmunzler war aber immer dabei.
All diese Einblicke, die Querverbindungen, die aus der Geschichte zur Gegenwart gezogen wurden, die Vergleiche, z.B. der Führungsstile, Schwerpunkte usw., die hier angestellt wurden, die Machtallüren und Egotrips der Parteivorderen, sehr gute Fragen zur Zukunft der Partei uvm. lassen den Autor als einen kritischen Insider erkennen, der die Partei durch und durch kennt und seine Sicht meisterhaft darzulegen weiß.
Schauen Sie ins Inhaltsverzeichnis. Man sieht, dass kaum ein wichtiges Thema ausgelassen wurde. In jedem Kapitel findet man reichhaltige, spannende wie aufschlussreiche Inhalte. Besonders interessant, da nicht oft woanders beleuchtet, fand ich Ausführungen zu Frauen in der CSU. Einleuchtende Beispiele dafür, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird.
Ich habe diese Ausführungen als spannend, bereichernd und horizonterweiternd empfunden.
Fazit: Wenn man die CSU besser kennenlernen will, ist man hier an einer sehr guten Adresse. Tiefe Einblicke, spannende Erkenntnisse uvm., höchstunterhaltsam erzählt.

Bewertung vom 14.10.2020
QualityLand 2.0 / QualityLand Bd.2
Kling, Marc-Uwe

QualityLand 2.0 / QualityLand Bd.2


ausgezeichnet

Auf Qualityland 2.0 habe ich mich lange gefreut, sehnsüchtig erwartet und bin sehr zufrieden. Kurz gesagt: Genial. Weiter so.
Wie es aussieht, der E-Poetin Kalliope 7.3 ist es wohl bekommen, dass sie nun die Dinge schreiben darf, wonach ihr der Sinn steht. Das hat ihr der Wohltäter Peter Arbeitsloser im Band 1 ausdrücklich erlaubt. Den habe ich mir in der Vorfreude auf die Fortsetzung vor Kurzem nochmals angehört.
2.0 ist stärker als der Auftakt, in vielerlei Hinsicht: mehr Tiefgang, mehr an starker Gesellschaftskritik, gute Portion Ironie dabei, wohl gelungene Weiterentwicklung der Figuren. Die Handlung, in mehreren, abwechselnd erzählten Strängen, die man unterschiedlichen Genres zuordnen kann, steht dem Ganzen kaum nach.
Im Untertitel heißt Band 2 „Kikis Geheimnis“. Klar erfährt man hier ihre Vorgeschichte. Aber das ist nur ein Nebenstrang. Und bei weitem nicht der wichtigste. Hier geht es um viel mehr, u.a. dass es höchste Zeit ist, zu entscheiden, wie unsere Zukunft, das Leben einfacher Menschen, aussehen soll.
In der Hörbuchversion liest Marc-Uwe Kling sein Werk selbst. Und ich muss sagen: Es macht echt viel Spaß. Das Hörbuch habe ich bereits 2 Mal gehört. Große Klasse. Beim 2.ten Mal fand ich das Ganze noch besser, falls es überhaupt noch möglich ist.
Auch die Print-Ausgabe liegt mir vor. Die Buchgestaltung fällt hochwertig aus und passt prima zum Inhalt. Manche Dinge, wie Doppel D Stories, sind nicht schwarz auf weiß, sondern weiß auf Schwarz gedruckt. So sieht nicht nur der Buchschnitt hübsch aus. Dies trägt zum besseren Leseerlebnis bei.

Mehr verrate ich nicht. Lest oder hört selbst. Es lohnt sich. Auf alle Fälle.

Fazit: Großartige Gesellschaftssatire. Und nicht nur. Grandiose Fortsetzung von Qualityland. Bleibe auf weitere Folgen gespannt und vergebe zehn von 5 möglichen Sternen.

Bewertung vom 14.10.2020
Der Topophilia-Effekt
Rio, Roberta

Der Topophilia-Effekt


ausgezeichnet

Ein bemerkenswertes Buch, das ich sehr gern gelesen habe und empfehle es ebenso gern weiter.
Hier geht es um das alte Wissen, das heute z.T. verlorengegangen ist. Wenn man aber bestimmte Dinge im Umgang mit den Orten nicht beachtet, kann dies ernste Konsequenzen haben. Das Wissen, das in diesem Buch so anschaulich vermittelt wird, kann seinen Lesern auch das Leben retten oder zumindest helfen, ernste gesundheitliche Schäden zu vermeiden, und erfolgreicher und glücklicher zu werden.
Kennt Ihr das evtl? Man kommt in ein Gebäude hinein und nach den ersten Minuten möchte man es ganz schnell wieder verlassen. Man atmet erst dann erleichtert wieder auf, nachdem man diesen Ort weit hinter sich gelassen hat. Oder das Gegenteil: Ihr kennt bestimmt das Wohlgefühl, das einen überflutet, wenn man durch eine schöne Landschaft, z.B. durch den Wald, spazieren geht. Woran mag das liegen? Dieses Buch liefert gute Antworten.
Die Autorin Roberta Rio, promovierte Historikerin, erzählt, wie sie Menschen hilft, indem sie sich mit der Geschichte der Orte beschäftigt. Sie versucht anhand des gewonnenen Wissens, manchmal lassen sich bestimmte Muster ermitteln, eine passendere Bestimmung für diesen Ort zu identifizieren. Das Ganze nennt sie die „historisch-intuitive Methode“.
Anhand vieler Beispiele aus ihrer Praxis bringt Roberta Rio nicht nur das verlorene Wissen den Lesern nahe. Sie erklärt auch das Warum. Es gibt z.B. Orte, die für bestimmte Aktivitäten besser geeignet sind: Dort, wo es seit eh und je reges Treiben herrschte, wird man kaum ein Ort der Ruhe erfolgreich etablieren können. Oder dort, wo es um Verwesung und Zerfall ging, z.B. auf dem ehemaligen, alten Friedhof, baut man sinnvollerweise auch heute lieber keine neue Wohnsiedlung.
Ein Kapitel über die Orte, an denen die Kathedralen gebaut wurden, schildert die Lehre aus einem etwas anderen Blickwinkel. In den Kirchen fühlt man sich oft gut und wiederaufgebaut, nach dem man sie verlassen hat. Dr. Rio liefert mögliche Erklärungen hierfür.
Wenn man sich nicht so gut an einem Ort fühlt, kann es wissenschaftlich erwiesene, gut nachvollziehbare Gründe geben: der Austritt bestimmter Gase, das Vorhandensein der Magnetfelder oder unterirdischer Wasserläufe uvm.
Sie erzählt auch die Geschichte ihrer Mutter. Das gibt den persönlichen Touch und erklärt, warum sie sich mit diesem Thema seit Jahrzehnten befasst.
Ein Fall, der mich sehr beeindruckt hat, heißt „Der Bauernhof“, S. 189. Besonders empfehlenswert für diejenigen, die, ohne gründlich nachgedacht zu haben, alte Bäume fällen.
Zum Schluss gibt es „Anleitung für den Umgang mit den Orten“, i.e. wie man selbst die Besonderheiten der Orte erkennen kann. Es wird u.a. empfohlen, eine geologische Diagnose erstellen zu lassen oder auch auf das Verhalten der Tiere und Pflanzen zu achten. Im Anhang findet man die Auflistung der „Strahlensucher und Strahlenflüchter“, für Tiere und Pflanzen. Zu guter Letzt wird diese Methode nochmals in erstens, zweitens, drittens kurz zusammengefasst, sodass man sich die Kernpunkte gut merken kann.
Die Buchgestaltung fällt hochwertig aus und passt wunderbar zum Inhalt: Festeinband in Zitronengelb, Umschlagblatt aus glattem, festem Papier, angenehme Schriftgröße. Die Beispiele, Fälle aus dem Leben, wurden auf hellgrauem Papier gedruckt, so schaut nicht nur der Buchschnitt recht dekorativ aus, man findet die Beispiele auch schneller.
Fazit: Ein Buch, das man gelesen haben sollte. Dann kann man vieles richtig machen, z.B. an richtigen Orten wohnen, arbeiten, die Geschäfte betreiben usw. Ich kenne mind. drei Menschen, denen ich dieses Buch in die Hand drücken würde: Lese das! Schön auch als Geschenk.

Bewertung vom 02.10.2020
Streamland
Kleiner, Marcus S.

Streamland


ausgezeichnet

„Streamland“ würde ich jedem in die Hand drücken: Lese das! Unbedingt.
Dieses Buch beleuchtet mannigfaltige Facetten und liefert sachliche Einblicke, die bezüglich der zukünftigen Entwicklungen eine große Rolle spielen werden.
Für viele dürfte das Buch zum Augenöffner werden. Vorausgesetzt, man liest es aufmerksam und denkt über das Gelesene ausführlich nach. Der Inhalt soll u.a. dazu verführen, selbstkritisch auf den eigenen Konsum der Streamingdienste zu schauen und das eigene Verhalten zu hinterfragen.
Dieses Buch ist überfällig, da es starkes Potenzial hat, endlich die erforderliche, breitflächige Diskussion in der Gesellschaft zu diesem Thema anzustoßen. Weder im politischen noch im medialen Raum ist diese aktuell im zufriedenstellenden Maße vorhanden.
So viele wertvolle Gedankenanstöße, kritische Analysen, Einblicke in das Streaming-Junkie-Dasein und andere lesenswerte Ausführungen, die das Buch liefert, sollten konstruktiv ausdiskutiert werden, ob im Bekannten-, Freundeskreis oder unter den Kollegen, in der Familie usw.
Der Autor konsumiert die Inhalte der Streamingdienste selbst. Er weiß, wovon er schreibt. Er ist aber auch sehr wohl imstande, sich kritisch mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen und darzulegen, warum diese Dienste da sind, wer davon profitiert und was diese mit den Nutzern machen. So viel sei verraten: Frei nach Neil Postman (Wir amüsieren uns zu Tode), der mal übers Fernsehen gesagt haben soll, sinngemäß: „Das ist nicht für Idioten geschaffen, das macht welche.“
So manche Ausführung ähnelt einer Provokation. Diese ist aber längst bitter nötig, wenn man sich den hohen Stellenwert der Zugehörigkeit zu dem Kreis der „Eingeweihten“, i.e. der Streamingdienstnutzer, vor Augen führt, den dieser mittlerweile bei bestimmten Zielgruppen genießt. Diese nach allen Regeln der Kunst gebastelte Verblendung der Nutzer, wie sie zustande kommt usw., kann man am besten mithilfe der etwas weniger konventionellen Methoden darstellen.
Den Nutzern sollte endlich klar werden, was regelmäßiger, oft ausufernder Konsum der Streamingdienste mit ihnen macht und warum. Wie die Anbieter dies schaffen, wurde hier sehr klar und für jeden verständlich dargelegt.
Ein gutes Buch ist gut auf jeder Seite. Hier stimmt es absolut. Es hat stark angefangen und ließ im weiteren Verlauf kaum nach.

Die Buchgestaltung passt zum hochwertigen Inhalt: Festeinband in Anthrazit, prima passend zum Umschlagblatt. Angenehme Schriftgröße, was nicht nur das Lesen erleichtert, sondern auch von Respekt ggü. den Lesern durchblicken lässt. Die Anmerkungen sind ebenfalls liebevoll gestaltet. Dort findet man noch viele Kommentare des Autors, die die Ausführungen des Haupttextes ergänzen. Literatur führt die verwendeten Quellen und gibt Tipps, was man noch Gutes zu diesem Thema lesen könnte.

Ich danke Markus S. Kleiner für sein Engagement und wünsche diesem Buch eine möglichst breite Leserschaft.

Bewertung vom 26.09.2020
Beethoven
Caeyers, Jan

Beethoven


ausgezeichnet

Diese Beethoven Biografie aus der Feder von Jan Caeyers beeindruckt in vielerlei Hinsicht, v.a. aber durch die Fülle an relevanten Informationen, die Beethovens Leben betreffen, und den bildhaften, sehr zugänglichen Erzählstil, denn so eine beachtliche Menge an Stoff und das Wie des Erzählten, die so facettenreich und reif über Beethoven und seine Familie erzählen, sind äußerst selten.
Es gibt 5 Teile. In jedem findet man seine Schwerpunkte. Mal fühlt man sich in die Zeiten der Hexenverbrennung entführt, mal in die modernen Zeiten, und immer bildet die Musik den roten Faden der Geschichte. In den ersten beiden bekommt man vermittelt, wie die Kindheit des Musikgenies aussah, wie er das Klavierspielen lernte, wer seine Lehrer und Gönner waren. Auch über seinen Werdegang als Komponist findet man reichhaltige Informationen, sodass man sich davon ein umfangreiches Bild machen kann. Über seine „unsterbliche Geliebte“ liest man zunächst im 3.ten Teil, was sich auch bis kurz vorm Schluss fortsetzt.
Sehr bereichernd wirken die Ausführungen zu Besonderheiten der damaligen Zeit, i.e. die gesellschaftlichen Verhältnisse, die innenpolitischen Lage Österreichs, vor und nach der Eroberung durch Napoleon, was die Nachfrage nach der Musik, die Beethoven schrieb, erklärte. Der kulturgeschichtliche Aspekt tut dem Ganzen sehr gut, denn so kann man in diese Zeit eintauchen und die wegweisenden Entscheidungen Beethovens besser nachvollziehen. Dass man so viele bekannte Namen trifft, z.B. Clementi, Czerny (von ihm hört man hier oft und bis zum Schluss), Goethe (da gibt es ein extra Kapitel über die Begegnungen von Beethoven und Goethe), Haydn, Mozart, Salieri, der europäischen Könige und Fürsten, mit Bezug auf Beethoven kurz auch ihre Geschichten erzählt bekommt, macht das Gesamtbild runder und bereichert es ungemein.
Über die Entstehung/ Aufführung seiner bekanntesten Stücke wie Opera Fidelio, Missa Solemnis, Ode an die Freude, 5.te Symphonie gibt es extra Kapitel. So manche ergänzenden Infos liest man in anderen Kapiteln, da diese unter anderen Blickwinkeln nochmals beleuchtet werden.
Noch ein positiver Aspekt, der hier öfter aufgefallen ist: Dass der Autor die Musikstücke so griffig und verständlich, im Kontext des Zeitgeschehens und dem, wie es Beethoven um diese Zeit erging, zu beschreiben vermochte, i.e. was ihn bewegt, was ihn geärgert hatte.
Man findet auch, insb. im letzten Teil, einige Seiten über seinen Charakter, sein typisches Verhalten, seine Gewohnheiten. Man bekommt also einen umfangreichen Eindruck, wie Beethoven als Mensch war, wie er mit anderen umging. Dem oft komplizierten Verhältnis zu seinem Neffen Karl und seinem späteren Schicksal ist viel Raum gegeben worden, aus dem man tiefere Einblicke in seinen Charakter gewinnt. Das gilt auch dem Verhältnis zu seiner großen Liebe.
Die Buchgestaltung fiel hochwertig aus, wie so oft bei C.H. Beck: Festeinband mit dem Farbfoto Beethovens, passendes Lesebändchen. Für perfekte Orientierung wurde auch gesorgt: Auf jeder Seite sieht man oben, in welchen Teil man gerade liest und die Kapitelüberschrift. Die s/w Fotos der Noten oder auch der Ölgemälde, Zeichnungen, die Beethoven oder andere Personen, Landschaften usw. zeigen, bereichern das Leseerlebnis ebenfalls. Einige Notenabschnitte seiner Werke wurden direkt in den Text hineingearbeitet, was dem Buch auch besonderes Flair verleiht.
Fazit: Eine bemerkenswerte, umfangreiche, wohl gelungene Biografie. Man liest nicht nur die Lebensgeschichte des Genies. Ein opulentes Gemälde der Zeit und der Geschehnisse um Beethoven sind genauso ein Teil des Ganzen. Man sieht, dass hier ein Musiker durch und durch an den Werken war. Und auch das verleiht der Biografie ihren unverwechselbaren Charakter.
Dieses Werk kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen. Ich habe es genüsslich und extra langsam gelesen. Dies hat mir viele schöne Lesestunden bereitet, was ich Euch auch wünsche.

Bewertung vom 22.09.2020
'Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen'
Krauss, Marita

'Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen'


ausgezeichnet

Die Lola Montez Biografie aus der Feder von Marita Krauss habe ich sehr gern gelesen: Damit einige erfüllten Lesestunden verbracht, in die damalige Zeit eingetaucht und darüber die Gegenwart für eine Weile vergessen.
Man „trifft“ hier nicht nur die charismatische Frau, die ihrer Zeit weit im Voraus war. Man bekommt eine gute Vorstellung, was für ein Mensch Lola Montez war: Ihre Stärke, ihre Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und aus schwierigen, scheinbar aussichtlosen Situationen als Siegerin hervorzugehen. Aber auch die weniger rühmlichen Dinge wurden hier beschrieben. Viele Zeitgenossen, die sie kannten, kamen hier zur Sprache, sowohl die Bewunderer als auch diejenigen, die sie nicht ausstehen konnten/ in ihr eine Gefahr für die Moral, die bestehende Ordnung sahen.
Die Biografie wurde chronologisch aufgebaut. Man sieht, aus welchen Verhältnissen Lola stammte, wie sie aufgewachsen war: keine besonders sorglos-glückliche Kindheit. Das gestörte Verhältnis zu ihrer Mutter hatte ihr Leben nachhaltig geprägt. Man ist dabei, wie sie früh heiratete und, des Ehebruchs schuldig gesprochen, geschieden wurde, welche trüben Perspektiven ihr danach offenstanden. Und wie sie ihr Leben trotz all dem so gestaltete, dass es ihr besser passte.
Ihrem Leben in Bayern und dem Verhältnis zu Ludwig I. von Bayern wurden einige Kapitel in der Mitte gewidmet. Bereichernd fand ich hier auch diese knappen und aussagestarken Zusammenfassungen der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse: der innenpolitischen Lage, der Intentionen Ludwigs, das Bild Bayern als Hort des Katholizismus usw., die dem Leser die Besonderheiten der damaligen Zeit vor Augen führten. Der Hergang der Affäre wurde recht detailreich gezeichnet, vom Anfang mit der keuschen Liebe bis zum bitteren Ende. Die Gedichte, die ihr Leopold schrieb, einige Briefe findet man hier ebenfalls. So tauchte man völlig in die damalige Zeit und dieses Liebesverhältnis ein. Man begriff u.a., warum das Leben von Lola Montez, die als Tänzerin viele Zuschauer begeistern konnte, als Freundin von Ludwig I. von der Bevölkerung verhasst war. Bildhafte Beispiele, wie sie verschmäht wurde, erläutern dies.
Aber auch als das Leben in Bayern für Lola zu Ende war, gab es spannende und erfolgreiche Wendungen in ihrem Leben: Ihr Aufenthalt in der Schweiz, das Leben in USA, ihr Welttournee nach Australien, die Reise nach Europa als Vortragsrednerin.
Dass Lola Montez das Fach der Werbung in eigener Sache perfekt beherrschte, wurde schnell klar. All die Skandale und Skandälchen, ihr Lebensstil der unverheirateten, eigenständigen Frau, ihre offenen Briefe in der Presse uvm. dienten dazu, den Namen Lola Montez zu verewigen, weit über den Tod der Erfinderin hinaus.
Man bekommt also einen umfassenden Eindruck von dieser facettenreichen Persönlichkeit. Es geht dabei sowohl um die hellen als auch um die dunkleren Seiten: Die Hybris, die zum Zusammenbruch der anfangs so unerschütterlich erscheinenden Beziehung zu Ludwig I. führten, uvm.
Auch die Art, WIE diese Lebensgeschichte erzählt wurde, hat mich sehr beeindruckt: so schlicht und ergreifend wurde das Ganze dargeboten, wie man es nur kann, wenn man sowohl über vielfältiges Wissen zum Thema Lola Montez und ihre Zeit verfügt, als auch über die beachtliche persönliche Reife und das schriftstellerische Können. Das Verhältnis Autor - Leser wurde mMn perfekt gestaltet. Es war bestimmt nicht einfach, über so eine komplexe Persönlichkeit zu schreiben. Marita Krauss ist dies prima gelungen.
Fazit: Eine rundum gelungene, beeindruckende, mitreißende Biografie der Lola Montez, die sich wie ein Roman lesen lässt (was durchaus als Kompliment gemeint ist). Wenn man in die damalige Zeit eintauchen oder einfach etwas Gutes lesen möchte, wird hier fündig.

Bewertung vom 15.09.2020
Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen
Echensperger, Romana

Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen


ausgezeichnet

Ein sehr schönes, aufschlussreiches, informatives Buch, das ich sehr gern weiterempfehle. Es bringt das biodynamische Winzerhandwerk den Lesern nahe. Die wunderbar, schlicht und ergreifend, geschriebenen Texte, ergänzt durch die zahlreichen Farbfotos, erklären nicht nur, sie machen definitiv Lust auf mehr.

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.

Schon im Vorwort gewinnt die Autorin gleich an Sympathie, als sie den Titel „Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen“ erklärt: „Das Buch soll keine Opposition zur konventionellen Wirtschaftsweise darstellen. Mir geht es darum, den Blick zu erweitern…“ Und das ist ihr vorzüglich gelungen.

Die Inhalte sind wunderbar, logisch und klar, aufgebaut. Die Kapitel am Anfang „Eine kurze Geschichte der Landwirtschaft“, „Die Grundlagen der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise“, „Richtlinien und Zertifizierung“ plus paar Interviews bilden eine solide Basis für die nachfolgenden 12 Winzerportraits aus Burgenland, Südtirol, Pfalz, Rheingau, Elsass, Mosel usw. Hier liest man faszinierende Geschichten. Die Winzer erzählen, wie sie zur Biodynamie gekommen sind, was sie für ihre Böden und Reben tun, wie wichtig sie für den Weingeschmack sind, wie sie ihre Probleme lösen, was sie dafür begreifen mussten, was sie an altem Wissen verwenden, warum sie dies für notwendig erachten uvm. Dazwischen, fast auf jeder Seite, sind die Zitate der Winzer hervorgehoben, die in 2-3 Sätzen bestimmte Dinge, mitunter auch kleine Geheimnisse, in Bezug auf ihren biodynamischen Weinbau auf den Punkt bringen. Anschließend wurden auch ihre Weine vorgestellt: wie sie aussehen, riechen, sich am Gaumen anfühlen.

Die Ausführungen wurden mit tollen Farbfotos begleitet, die mal die malerischen Weinfelder, mal die Weinkeller, mal die Reben und Böden in Nahaufnahme, die Kühe im Weinberg, die Winzer und ihre Familien zeigen.

Fazit: Ein großartiges Buch, das biodynamisches Winzerhandwerk dem breiten Publikum prima erklärt und definitiv Lust auf mehr weckt. Toll auch als Geschenk. Hier passen die Form und der Inhalt auf eine hervorragende Weise. Eine sehr schöne Buchgestaltung plus wunderbare Texte, die sich wie Gespräche unter Freunden und Bekannten anfühlen. Da möchte man glatt fortan nur die Weine aus biodynamischem Weinbau genießen. Man schmeckt den Unterschied. Davon bin ich überzeugt.

Bewertung vom 14.09.2020
Die Anbetung
Wolff, Marie-Luise

Die Anbetung


ausgezeichnet

Dieses digitalisierungskritische Buch habe ich sehr gern gelesen und empfehle es wärmstens weiter. Es liefert nicht nur so manche Information, die man den sog. Leitmedien kaum entnehmen kann. Es gibt so viele Ideen, Gedankenanstöße, spannende Fragestellungen, über die man dringend nachdenken und die man im Freundes-/Familienkreis ausdiskutieren sollte. So viele bemerkenswerte Stellen, s. Foto. Fast auf jeder Seite steckt ein Klebezettel. Es ist auch ein Buch, das man vllt schnell durchlesen kann, ein schlichter, aber ergreifender Schreibstil, aber das Nachdenken über die Inhalte kann mitunter das Vielfache der Lesezeit betragen, was sich ein unbedingter Attribut der sehr lesenswerten Bücher ausmachen lässt.
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.
Das Buch hat 7 Kapitel, die man in beliebiger Reihenfolge lesen kann. Sie sind wie Essays zum jeweiligen Thema. Schon im Vorwort geht es gut los mit der These, dass „…die Bildung digitaler Plattformkonzerne den Ausfall staatlicher Regulierung bewirkt haben.“ S. 10. „Unsere ‚Opferbranchen‘ lassen wir bisher ungeschützt. Alle Türen stehen den digitalen durch das Versagen des Staats weit offen.“ „Digitalmonopole sind Monopole, auch wenn sie modern daherkommen. Mit ihrem Geschäftsmodell beamen sie uns in die Wirtschaftsordnung feudaler, vordemokratischer Zeiten zurück.“ S. 11. In weiteren Kapiteln wird dies, und noch vieles mehr, plausibel, bildhaft, für jeden zugänglich erläutert.
Jedes Kapitel hat seine Highlights. Kap. 4 „Geldverbrennung im Silicon Valley“ hat mehrere davon. Hier geht es u.a. um Elon Musk und seine Geschäfte, um seinen feudalen Führungsstil, um seine als umweltfreundlichen angepriesenen Autos, die Marsbesiedelungspläne usw. Im Unterkapitel „Orwell und das 21. Jahrhundert“ geht es u.a. um die private Big Data Firma Plantir, die den Horror der Orwellschen Totalüberwachung längst möglich gemacht hat. Da stehen einem die Haare zu berge.
Im Kap. 6 „Der digitale Konsument: Wie man zum Instrument von Algorithmen wird“ fand ich nicht nur griffige Zusammenfassungen zu Kahnemanns Werk „Schnelles Denken, langsames Denken“. Hier geht es um Nudging und Super Nudging online, dass man vor lauter clever gestalteter Reize dazu tendiert, das kritische, langsame Denken auszuschalten und sich dem Digitalen wehrlos zu ergeben. Das Verhalten solcher Nutzer wird vorausseh- und steuerbar, was etliche Interessengruppen aus der Wirtschaft und Politik für sich zu nutzen wissen.
Kapitel 7 liefert den „Wegweiser“ namens „Das Ende der Anbetung“. Die Warnung, dass außer paar digitalen Monopolisten das Groß der Nutzer auf der Verliererseite stehen werden, geht dem voran. „Das soziale, das kulturelle und auch das wirtschaftliche Leben werden mit und nach den Eingriffen der digitalen Konzerne ärmer sein. Wir können und sollten uns dieser Eingriffe deutlich erwehren.“ S. 246. Weiterhin gibt es 14 Punkte für die Nutzer, die ihren Umgang mit dem Digitalen dadurch optimieren können. Auch die drauf folgenden 16 Vorschläge zur strukturellen Verbesserung im Umgang mit dem Digitalen sollten sich die Politiker wie ihre Wähler durch den Kopf gehen lassen. Wenn so manches daraus realisiert wäre, sei es die digitalen Konzerne zur Erfüllung ihrer Steuerpflicht bringen, die Speicherung und Verkauf privater Nutzerdaten durch digitale Dienstleister gesetzlich zu verbieten oder auch Grundrechtecharta für die Anwendung starker künstlicher Intelligenzen zu erarbeiten, wäre man weiter in Sachen, ach aus dem Digitalisierungsjoch einen Stück zu befreien.

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das einen wertvollen Beitrag in der öffentlichen Debatte zum Thema Digitalisierung leistet. Sehr gern gelesen. Bitte mehr davon.

Bewertung vom 01.09.2020
Wir müssen reden, Frau Doktor!
Adler, Yael

Wir müssen reden, Frau Doktor!


ausgezeichnet

Dr. med. Adler hat erneut ein informatives und unterhaltsames Werk vorgelegt, das heute stark aktuelles Thema aus diversen Blickwinkeln beleuchtet: bessere Verständigung zwischen den Patienten und den Ärzten. Denn davon, wie gut Arzt und Patient miteinander auskommen, hängt vieles ab, die Genesung des Patienten eingeschlossen. Dies wurde anhand des Beispiels aus dem realen Leben gleich am Anfang beschrieben. Die Geschichte von Markus, Anfang 50, bei dem Prostatakarzinom im Frühstadium entdeckt wurde, und wie es ihm damit erging, beeindruckt nicht nur, sie macht deutlich, was alles schiefgehen kann, wenn man eine weniger geschickte Kommunikation mit den Ärzten an den Tag legt. Es geht praktisch ums Leben und Tod.

Dr. Adler geht wohl geordnet vor und untersucht zunächst die Beziehung Patient-Arzt. Dabei unterscheidet sie diverse Arzttypen wie „Der Kittelträger“, „Der Dino“, „Der ‚Spezialist‘“, „Der Technikgläubiger“, „Der Hypochonder“ usw. Jeder Typ ist auf ca. 3 Seiten beschrieben samt Fazit, was für diesen Arzttypus wichtig ist und wie man mit ihm am besten umgeht. Die Ärzte-Klischees, z.B. wie sich die Chirurgen, Hautärzte, Kardiologen usw. typischerweise verhalten und wie man dies sich zunutze machen kann, findet man im Anschluss.

Im nächsten Kapitel folgen die Patiententypen wie „Der Zwanghafte (Listenschreiber)“, „Der Ängstliche I und II“, „Der Hypochonder“ usw. Hier ist interessant zu schauen, zu welchem Typus man selbst tendiert, und wie die Ärzte mit so einem Typus im Normalfall umgehen.

Auch einige Internetadressen der Gesundheitsportale wurden hier gegeben, die man gern nutzen kann, statt zum Dr.-bekannte-Suchmaschine zu greifen uvm.

Man erfährt hier u.a., was in bestimmten Situationen zu tun angebracht wäre, z.B. „Was tun, wenn mein Arzt mir teure Zusatzleistungen verkaufen will?“ S. 179ff. Die Empfehlungen sind in einer kleinen Tabelle zusammengefasst, dazu kommt eine Internetseite, auf der die Zusatzleistungen beschrieben sind, sodass man selbst abschätzen kann, ob man sie wirklich braucht. Das Thema Vertrauen zw. Arzt und Patient wurde hier ebenfalls beleuchtet, genauso wie und was tun, wenn man den Arzt wechseln möchte uvm.

Dr. Adler zeigt die gröbsten Fehler auf, die die Ärzte und Patienten in einem Gespräch miteinander begehen können. Sie erklärt, wie man sich am besten auf einen Arztbesuch vorbereitet und effizient kommuniziert.
Man erhält also eine sehr gute Entscheidungsgrundlage für die Fragen, die viele Patienten beschäftigen.

Es gibt hier noch weitere spannende Themen, auf die ich in diesem Rahmen nicht eingehe.

Fazit: Ein Buch voller Empfehlungen, Infos, Gedankenanstöße in einer sehr zugänglichen und für jeden verständlichen Form: klar, hin und wieder mit lustigen s/w Zeichnungen lesefreundlich aufbereitet. Ein sehr guter Ratgeber, den ich gern weiterempfehle.

Bewertung vom 27.08.2020
Die Indianer
Bungert, Heike

Die Indianer


ausgezeichnet

Ein toll geschriebenes, informatives und aufschlussreiches Werk, das ich sehr gern gelesen habe und ebenso gern weiterempfehle.
Angefangen mit der vorchristlichen Zeit und dem neusten Stand der Erkenntnisse, aus welchen Regionen der Welt die Urvölker nach Nordamerika eingewandert waren: (Kapitel 1 „Ursprünge“ 14000 v Chr. - ca. 1400 n.Chr.) und den Ausführungen zum Stand der Dinge bevor das Ganze losging (Kapitel 2 „Kultur, Sprache und Lebensweise vor Ankunft der Euroamerikaner (1400-1513))“ ging es übers Mittelalter (Kapitel 3 „Formen des Kontaktes und Auswirkungen (1513-1689))“ immer näher zu der heutigen Zeit bis zum Jahr 2019.
Wer den Romanzyklus „Lederstrumpf“ von J. F. Cooper mal gelesen hat, kann sich vieles aus den Kapiteln 4 „Von der Teilnahme an europäischen Kriegen zur Indianerpolitik der jungen USA (1689-ca. 1820), Kapitel 5 „Indianische Erneuerungsbewegungen und der Widerstand gegen die Euroamerikaner (1762-ca. 1820)“ und Kapitel 6 „Die US-amerikanische Vertreibungspolitik und die Reaktion der Indigenen (1820-ca. 1860)“ bildhaft vorstellen.
Hier sind die Dinge ebenfalls so dargestellt worden, dass die Geschehnisse klar vor Augen stehen. In diesem Sachbuch aber wurde die Vogelperspektive eingenommen und Hintergründe, Zusammenhänge usw. dargelegt. Schauen Sie ins Inhaltsverzeichnis. Zu jedem der dort aufgeführten Themen, s. die Kapitelüberschriften, findet man reichhaltige, aufschlussreiche Inhalte. Gut auch, dass man hier über die Kultur und Religionen der indigenen Völker, zumindest kurz, lesen konnte. Wie sie versucht haben, auf ihre Art die Geschehnisse, ja den Verlauf der Geschichte zu eigenen Gunsten zu verändern… David gegen Goliath ist nichts dagegen.
Die vier Ziele, die Heike Bungert an ihr Buch gestellt hat, sind prima getroffen worden. Insb. der Überblick über die indianische Geschichte ist sehr gut gelungen. Auch die Rolle der indigenen Frauen, ferner die Rolle der indianischen Gruppen im „Zivilisierungsprozess“ und die gegenseitige Wahrnehmung sind deutlich herausgekommen.
Die Sachverhalte sind so klar und unverblümt dargelegt worden! Man sieht, wie viele Kriege, wie viel Gewalt, wie viel Leid die Euroamerikaner nach Nordamerika gebracht haben, welche Verbrechen begangen wurden. Da stehen einem die Haare zu Berge. Das Ganze ist aber schön nüchtern, sachlich und/aber keineswegs trocken erzählt worden. Die Balance zwischen dem Sachlichen und dem Kopfkino, das gleich am Anfang startet, ist prima getroffen, was ich der Autorin hoch anrechne.
Man sieht dem Werk an, dass dieses Thema der Autorin sehr am Herzen lag. Großartige Arbeit hat sie geleistet: Ihr Wissen so zugänglich, so lebendig und (doch) auf dem Niveau eines sehr guten Sachbuches für die Leser aufbereitet. Schon diese Leistung, diese Hingabe, zusammen mit den spannenden, aussagestarken Inhalten, machen dieses Werk sehr lesenswert.

Es gibt einige s/w Fotos, die die Indianer den heutigen Leser nahebringen.
Hinten im Buch findet man auch Karten: Die Indianerreservate und Stammesgebiete heute. Und noch eine, die aufzeigt, wo welche indigenen Völker lebten, bevor sie von den Euroamerikanern entdeckt wurden. Das gibt zu denken.
Die Anmerkungen sind auch liebevoll gestaltet. Dort gibt es ergänzende Kommentare, Empfehlungen der weiterführenden Literatur usw.

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das zeigt, auf welchem Fundament das heutige Weltmacht-Imperium steht, mit welchen Mitteln diese Macht gewonnen wurde uvm.