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Benutzername: 
NiliBine70
Wohnort: 
Duisburg

Bewertungen

Insgesamt 184 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2011
Stadt der Schmerzen / Katharina Kafka Bd.2
Kneifl, Edith

Stadt der Schmerzen / Katharina Kafka Bd.2


ausgezeichnet

Bella Italia!

Katharina Kafka begleitet ihren homosexuellen und Frauenkleider-liebenden besten Freund Orlando nach Florenz. Sein Vater, dessen unehelicher Sohn er war, ist verstorben und Orlando freut sich, zu den Trauerfeierlichkeiten eingeladen worden zu sein und betrachtet augenscheinlich alles sehr naiv als eine Möglichkeit, im mondänen Florenz Urlaub zu machen und bei seiner vermeintlich wohlhabenden, gut angesehenen Familie zu residieren.
Doch bereits während der Trauerfeier kommt es zu einer Katastrophe. Ein Cousin Orlandos wird ermordet im Kühlhaus eines weiteren Onkels gefunden, der ein Restaurant mit Metzgerei betreibt.
Katharina und Orlando betätigen sich nun als Hobbydetektive, was ihnen anscheinend schon in der Vergangenheit sehr viel Ärger einbrachte. Immer tiefer werden sie in die kriminellen Machenschaften der ehrenwerten Familie Pazzini hineingezogen. Mord, Prostitution, Menschenhandel, Parfumfälscherei im großen Stil, Betrug wo es nur geht… Dazu alles gewürzt mit italienischer und rumänischer Mafia, was Katharina ganz besonders trifft, da sie eine Halb-Roma ist. Und all das vor der wundervollen Kulisse des vor Kunst nur so strotzenden Florenz. Man lernt als Leser unheimlich viel, wenn man will. Man sieht Kunstwerke, Bauten, Paläste, Gärten, alles mehr als deutlich vor sich, riecht die Blumen.
Mir hat die Story sehr gut gefallen, weil es nicht so an den Haaren herbeigezogen scheint. Die Problematik der „Zigeuner“ –ich wähle bewusst diese Bezeichnung- ist allgegenwärtig, überall in Europa und da ist es nicht verwunderlich, wenn solche Fälle tatsächlich passieren. Schockierend ja, aber eben nicht von der Hand zu weisen!
Auch die mafiösen Machenschaften sind ja keine Ausgeburt der Fantasie der Autorin. Nein, das alles ist Wirklichkeit und deshalb umso packender.

Für mich liegt die Vermutung nahe, dass noch weitere Fälle von Katharina und Orlando gelöst werden, vielleicht vor dem Hintergrund anderer, historischer Städte? Es würde mich freuen.

Dieser Kriminalroman liest sich zügig, trotz vieler Erläuterungen zu den Kunstschätzen in und um Florenz, den historischen Schätzen, der Parfumherstellung etc. Man muss kein Kunstkenner sein, nur interessiert, um dem Charme dieser Stadt zu erliegen und sich in die Geschichte ziehen zu lassen.

Bewertung vom 27.03.2011
Das Schweigen der Toten
Ritter, Todd

Das Schweigen der Toten


ausgezeichnet

Erstens kommt es anders….
Wenn man sich das Cover ansieht, so sagt das eigentlich schon alles! Es wird blutig, es wird unappetitlich, kurz und gut: Es wird erwartungsgemäß genau das, was der Leser will, ein perfekt konstruierter Thriller!
Auf einer Landstraße wird ein grob gezimmerter Sarg gefunden, die Polizeichefin, Kat Campbell glaubt ihren Augen nicht zu trauen, als sie den Deckel abhebelt. Ein Einheimischer aus Perry Hollow, einer kleinen, verschlafenen amerikanischen Stadt, liegt darin, tot, mit Pennys auf den Augen und vernähtem Mund…
Damit beginnt ein Thriller, wie er besser eigentlich nicht sein kann! In einer wirklich ruhigen Kleinstadt, wo fast jeder jeden kennt, wo nichts passiert, Türen nicht verriegelt werden und Autos auch nicht, wird erst der Lieferwagen des ortsansässigen Blumenhändlers gestohlen, dann wird die Leiche eines unbescholtenen Bürgers in eben dem Sarg mitten auf einer Straße gefunden und das Unheil nimmt seinen Lauf…
Gleichzeitig geht bei dem Lokalblatt eine Todesmeldung ein, von George, demjenigen, der in dem Sarg liegt. Allerdings ist das Fax, mit dem die Meldung kam, vom Abend vorher und Henry, der geheimnisvolle Ersteller der Nachrufe in der Zeitung, wird in die Geschichte mit hineingezogen. Allerdings hält er vorerst dieses Fax für einen schlechten Scherz.
Die Landespolizei wird hinzugezogen, der Verdacht liegt nahe, dass ein Serienkiller, der schon im Zusammenhang mit anderen Morden gesucht wird, auch nun hier sein Unwesen treibt.
Auf dem Hof von George wird nun nach Spuren gesucht. Hierbei wird in der Scheune eine tote Katze gefunden, stümperhaft präpariert, mit Sägemehl gefüllt.
Aus dem Grund gerät nun ein Hobby-Jäger und –Präparator ins Visier.
Auch ein ortsbekannter Rowdy scheint bestens in das von der Landespolizei erstellte Täterprofil zu passen.
Aber alle haben mehr oder weniger glaubwürdige Alibis…
Als ein Mann gefunden wird, der auch noch alles gesteht, scheint der Fall gelöst. Doch kann man das nicht glauben, da zu dem Zeitpunkt einfach noch zu viel Buch übrig ist.
Einige Monate später geschieht ein ähnlicher Mord, mit dem gleichen Ergebnis und wiederum einem Fax von Unbekannt über den Todeszeitpunk an die Zeitung.
Neben all der Spannung, die der Fall mit sich bringt, hat Chief Kat Campbell auch noch einen kleinen, behinderten Sohn, dem sie selbst glaubt, nicht ganz gerecht zu werden. Es war klar, dass auch dieser kleine Junge ins Visier des Täters gerät.
Die Figuren die zu den Guten zählen, nehmen einen auch gleich für sich ein, Kat Campbell als liebende Mutter, allein erziehend, mit einer übermächtigen Mutter vorneweg. Ihr zur Seite ein Nachrufschreiber, Henry, der ein schreckliches Erlebnis aus seiner Vergangenheit nicht verwinden kann und trauert, aus diesem Grund nur für sich allein lebt und Buße tut, weil er sich schuldig fühlt. Aber er kann nicht aus Seiner Haut und hilft, wo er kann. Nick, der zuerst den Eindruck eines typischen Bundespolizisten abgibt, sich aber als herzensgut entpuppt und mehr als fähig, aber auch nicht ohne Probleme in seinem Leben.
Durch das ganze Buch zieht sich ein starker Spannungsbogen, mit viel Blut, vielen vermeintlichen Tätern und ich bin ehrlich, ich wusste bis zur Auflösung nicht, wer es wirklich war! Alle, die verdächtigt wurden, hätten es wirklich sein können!
Es gab echte Gänsehautmomente, Herzklopfen und viel Mitraten. So sollte ein Thriller für mich sein. Aus diesem Grund würde ich jedem Thriller-Liebhaber „Das Schweigen der Toten“ uneingeschränkt empfehlen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.03.2011
Leise stirbst du nie
Annechino, Daniel

Leise stirbst du nie


ausgezeichnet

Nichts für Mütter!

Sami Rizzo und ihr Partner Alberto Diaz müssen eine Reihe von Morden aufklären, bei denen Mütter mit ihren kleinen Kindern entführt werden, die toten Mütter dann mit Kreuzigungsmerkmalen, vergewaltigt und mit herausgeschnittenem Herz vor Kirchen abgelegt werden und die Kinder körperlich unversehrt hauptsächlich bei Supermärkten wieder auftauchen. Im Laufe der Geschichte begegnet Sami dem Mörder, Simon und begibt sich in Gefahr.

Alleine schon das Cover hat mich sofort eingenommen. Ein blutiger Händeabdruck… Und der Einstieg in die Geschichte, die letzten Minuten im Leben einer dieser Mütter, hat mich direkt gefesselt und schockiert. Sehr detailliert wird dem Leser das Geschehen, die Gefühle der Opfer und vor allem die kranke Gedankenwelt des Mörders dargelegt und beschrieben. Simon, der Täter, war als Kind von seiner Mutter unter dem Deckmäntelchen von Gottesfurcht und Gottes Willen missbraucht worden und sieht sich nun in der Rolle des göttlichen Rächers. Sehr drastisch erlebt man Stück für Stück seine Kindheit mit, erfährt, was er erfahren musste, wie sein Leben bestimmt war, durch Zwänge, denen er nicht entweichen konnte. Sein Verstand wurde vergiftet, durch religiösen Irrsinn einer Mutter, die sich an ihrem Sohn verging…

Sami lernt diesen Simon, einen Physiotherapeuten, gutaussehend und charmant, bei einer Obdachlosenspeisung kennen und fühlt sich zu ihm hingezogen. Doch nach und nach wird sie skeptisch, misstraut ihm und kommt ihm auf die Schliche. Sie lässt sich auf ein gefährliches Spiel ein, was dem Leser den Atem raubt und einen denken lässt, Mädchen, tus nicht!!!

Ich war schon sehr gefangen von der Story und der Schreibweise des Autors. Auch wenn eigentlich von Beginn an klar war, wer ist der Täter. Das Drumherum war so dicht gestrickt, dass ich kaum aufhören konnte zu lesen! Ein guter, solider Thriller, den man nicht aus der Hand legen möchte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.03.2011
Beste Beziehungen
Ernst, Gustav

Beste Beziehungen


ausgezeichnet

Bis zum bitteren Ende schonungslos!
5 einzelne Geschichten, 5 mal ein wirklich schonungsloser Blick hinter die Kulissen, die jeder nach außen hin aufstellt. Erbarmungslos, ohne Rücksicht auf die Gefühle des Lesers, provokant bis zum Äußersten. So habe ich dieses Buch erlebt.
Da besucht z.B. einer seine Ex-Freundin, in der Hoffnung, wieder mit ihr zusammen zu kommen und die Situation eskaliert.
Ein anderer lebt mit seiner Exfrau und seiner neuen Freundin in einer Wohnung.
Da sind Franz und Lisa mit ihren beiden Kindern und Lisa drängelt und gängelt ihren Mann, bis er alle, sogar seine Schwiegereltern umbringt.
Ein Gymnasiallehrer gibt seiner Nichte Nachhilfe, eigentlich…
Und ein Büroleiter im Ministerium hat eine Affäre mit einer Ministerin.
Alles hört sich erst mal nicht sehr spektakulär an. Doch liest man, trifft einen bald die Sprache des Autors wie eine Dampframme mitten in den Magen. Er macht nicht politisch korrekt halt an der Schwelle zum Perversen. Und genau das hat mich an einer bestimmten Stelle fast dazu gebracht, das Buch abzubrechen. Ich habe es dann aber doch nicht getan und habe mich dann hinterher gefragt, warum habe ich weiter gelesen? Weil ich weiß, dass es so oft genug wirklich ist? Bin ich so sensationslüstern? So verroht oder doch masochistisch, dass ich nicht aufhören kann? Dass ich mir selbst Bauchweh zufügen muss? Augenscheinlich ja! Und ich denke, vielen wird es ähnlich ergehen.
Es ist erschreckend, wie z.B. der Lehrer seine pädophilen Neigungen vor sich selbst schönt, wie er sich dem hingibt. Und noch viel erschreckender, wie seine Frau vor sich selber das Verhalten ihres Mannes damit erklärt, dass das Mädchen ihn schließlich dazu gebracht habe!
Ich denke nicht, dass dies ein Buch für jedermann ist. Man sollte sich im Klaren sein, wie krass hier geschrieben wurde, wie sehr es einen provoziert. Aber ich denke trotzdem, dass ich es als Diskussionsgrundlage empfehlen kann. Denn eins ist gewiss, genug Gesprächsstoff birgt diese Story!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.03.2011
Die Farben der Grausamkeit
Zoderer, Joseph

Die Farben der Grausamkeit


sehr gut

Farbiger Selbstbetrug
Das Buch spielt zum Ende der 80er Jahre. Überall befindet sich die Welt im Umbruch. Und auch Richard, der „Held“ der Geschichte, scheint sich an einem Punkt seines Lebens zu befinden, an dem es Zeit für einschneidende Umwälzungen zu sein scheint.
Vor Jahren hatte er, als Radiomoderator tätig, bei der Arbeit die junge Ursula kennen gelernt. Lebhaft, wild, zu allem bereit und sich hoffnungslos in sie verliebt. Eine verhängnisvolle Liebe. Er, verheiratet mit Selma, eigentlich glücklich mit zwei kleineren Kindern, hatte versucht, dieser Liebe zu entfliehen, indem er für sich und seine Familie eine Zuflucht in den Bergen schafft. Er hatte krampfhaft versucht, durch harte und verbissene Arbeit an dem verfallenen Berghof Ursula und alles, was sie für ihn bedeutet, zu vergessen. Doch dies misslingt. Er wird befördert, bekommt die Möglichkeit, als Auslandskorrespondent in die Welt an die Orte zu reisen, wo Geschichte gemacht wird, auch während des Zusammenbruchs der DDR. Und bei dieser Tätigkeit begegnet ihm Ursula wieder, die sich jetzt Manuela nennt und mit einem Spanier, einem Zwitter, verheiratet ist. Und alles beginnt von vorn, ja wird noch viel schlimmer. Richard weiß, er muss sich entscheiden…
Joseph Zoderer hat gemäß des Titels seines Buches sehr viel mit Farben gearbeitet. Poetisch, virtuos beschreibt er die Geschichte einer lange Jahre andauernden Affäre eines Familienvaters, der sich nicht scheut, seinen Betrug an seiner Ehefrau und seinen Kindern vor sich selbst immer wieder zu verteidigen. Er, der Unschuldige, der sich nicht wehren konnte vor den „Angriffen“ Ursulas.
Der Stil ist gewöhnungsbedürftig, nichts, was man zwischendurch liest, aber mit viel Tiefgang. Das Buch löst vielerlei Gefühle beim Leser hervor. Bei mir wuchs mehr und mehr die Wut auf Richard. Mehrmals habe ich gedacht, klar, Du armer Tor, konntest Dich nicht wehren! Mir hat das Herz manchmal bis zum Hals geschlagen vor lauter Ärger über diesen Mann, der für so viele andere steht, die es genauso handhaben. Da nutzen die wirklich künstlerisch ausgesuchten Worte des Autors wenig!
Aber genau das ist es, was es zu einem guten Buch macht. Ich habe nicht aufgehört zu lesen, ich musste es bis zum Schluss lesen, wollte wissen, wie entscheidet Richard sich. Kommt er zur Vernunft? Oder hat er nur wieder blumige, bunte Ausreden, verknüpft mit Bildern, warum er von Ursula/Manuela nicht lassen kann…
Wer mutig genug ist, sollte sich auch auf diese Reise begeben.
Was ich nur schade fand, bedingt durch die Kurzbeschreibung hatte ich gehofft, dass die Geschichte mehr mit dem Fall der Berliner Mauer und der neueren deutschen Geschichte verstrickt wäre, was leider nicht der Fall war.

Bewertung vom 27.02.2011
Die Therapeutin / Siri Bergmann Bd.1
Grebe, Camilla;Träff, Åsa

Die Therapeutin / Siri Bergmann Bd.1


ausgezeichnet

Feines Grauen
Eine Therapeutin, die es selbst eigentlich am dringendsten braucht, therapiert zu werden… Das war mein erster Eindruck nach einigen Seiten. Und dieser Eindruck hat sich mehr und mehr verstärkt. Allerdings hat der Täter im Buch das schamlos ausgenutzt…
Siri lebt auf dem Land, in dem Haus, wo sie mit ihrem verstorbenen Mann gelebt hat und hat mit den Geistern ihrer Vergangenheit mehr als zu kämpfen. Sie arbeitet weiterhin als Psychotherapeutin in einer Gemeinschaftspraxis in Stockholm, mit einer lebensfrohen Kollegin und Freundin und einem Kollegen, der als notorischer Weiberheld daherkommt und auch vor seinen Kolleginnen nicht halt macht.
Bedingt durch ein Erlebnis in ihrer Kindheit hat sie panische, ja krankhafte Angst vor der Dunkelheit und das macht ihr ein entspanntes Leben in der Abgeschiedenheit schier unmöglich. Aber dort wegziehen, das kann sie auch nicht.
Dann verschwindet ihre Katze und ihr kommt es vor, als werde sie beobachtet. Aber sie redet sich lange Zeit ein, dass sie sich das nur einbildet, bedingt durch die Lage ihres Häuschens und ihrer Ängste.
Doch dann wird eine ihrer schwierigsten Patientinnen tot im Wasser in der Nähe ihres Hauses gefunden und Siri plagen Versagensängste. Sie glaubt, sie habe ihre Patientin in den Freitod getrieben.
Auch die Ermittlungen, die von einem Team aus einem attraktiven jungen Polizisten und einer Ermittlerin durchgeführt werden, zeigen deutlich in diese Richtung. Doch kommen nach und nach Zweifel auf.
Das Buch hat oftmals einen sehr klinischen Ton, ich denke, bedingt dadurch, dass eine der Autoren-Schwestern selbst in dieser Branche tätig ist, man merkt einfach, dass da eine Fachfrau geschrieben hat. Nichtsdestotrotz ist die Bedrängnis, in der Siri sich befindet, ungemein deutlich spürbar. Ich würde diesen Thriller als „fein“ bezeichnen. Der „Thrill“ kommt auf leisen Sohlen daher, trifft einen aber unvermittelt hart und steigert sich fast unmerklich ins Atemlose. Sehr subtil gemacht und damit etwas für Leute, die nicht zwingend viel Blut und Action brauchen, um auf ihre Kosten zu kommen. Mir hat „Die Therapeutin“ auf jeden Fall ungemein gut gefallen und ich hoffe auf mehr von dem Geschwisterpaar!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.02.2011
Der Augenschneider
Berger, Valentina

Der Augenschneider


ausgezeichnet

Ein Augenfetischist wütet in der Modelszene
Zuerst möchte ich gerne loswerden: Bitte nicht vom Cover auf einen Abklatsch anderer Bücher schließen, dem ist nicht mal ansatzweise so! Und auch die Dicke sagt nichts über dieses Buch aus.
Direkt zu Beginn wird man mit den Taten des „Augenschneiders“ brutal konfrontiert, man kann eigentlich gar nicht richtig Luft holen. Aber man will als Leser auch zwingend weiter lesen, man will wissen was hinter allem steckt.
Interessant fand ich, dass der Täter und zumindest ein Teil seiner Intention direkt bekannt gegeben wurde. Der Name, seine Vorgehensweise, alles wird einem schonungslos vorgesetzt. Und macht einen sprachlos….
Das „Ermittlerteam“ wird dann sehr menschlich dargestellt, mit Fehlern, die aus ihnen Gott sei Dank keine strahlenden Helden machen, sondern eher Menschen, wie sie uns tagtäglich begegnen. Heinz Martin, der Gerichtsmediziner, wird persönlich in die Fälle der Models, die verschwinden und mit herausgeschnittenen Augen und furchtbar malträtiert aufgefunden werden, verstrickt, als seine Halbschwester, Emilia, ebenfalls Model und mit mindestens einem der Opfer näher bekannt, verschwindet. Sein Freund und Kommissar Helmut Wagner, der eigentlich Wien den Rücken gekehrt hat und nun in Innsbruck bei seiner Lebensgefährtin Sonja lebt, ist für ihn der rettende Anker, er soll ihm helfen, da er dem nun an Wagners Platz im Polizeiapparat gerückten Moser, es absolut nicht zutraut, seine Schwester lebendig aus den Klauen des wahrhaft psychopathischen Täters zu befreien. Die Dritte im Bunde ist die Spurenermittlerin Laura Campelli, heißblütig, mit italienischen Wurzeln und zudem Ex-Geliebte von Helmut Wagner…
Diese Konstellation birgt ziemlich viel Sprengstoff, zwischenmenschlich betrachtet. Die Verwicklungen machen die Lösung des Falls und das zeitige Finden von Emilia nicht gerade einfacher.
Mir persönlich hat aber gerade das sehr gut gefallen. Auch die Tatsache, dass Wagner wie jeder andere von uns auch keiner Autopsie beiwohnen kann, ohne dass ihm schlecht wird, fand ich einfach nur gut. So fühlt man sich den Protagonisten gleich näher, kann Stimmungen als Leser besser aufnehmen.
Alles in Allem würde ich die Geschichte als guten Thriller bezeichnen, mit einem rasanten Showdown. Sehr schön auch zu wissen, dass es weitergeht mit dem „Dreigestirn“ Martin, Wagner und Campelli!

Bewertung vom 18.02.2011
Sterbenskalt
French, Tana

Sterbenskalt


ausgezeichnet

Ich hatte bisher „Grabesgrün“ von der Autorin gelesen und war mir ehrlich gesagt nie ganz schlüssig, ob noch weiteres folgen sollte. Aber alleine die Kurzbeschreibung hat mich sehr angesprochen, sodass ich ihr und dem Buch doch eine Chance gegeben habe. Um so mehr freut es mich, dass es sich wirklich gelohnt hat!
Frank Mackey, der seit über 20 Jahren den Kontakt sowohl zu seiner Familie, als auch zu seiner ursprünglichen Heimat, abgebrochen hat, wird von seiner Schwester, mit der wohl doch ein loser Kontakt vorhanden war, telefonisch elektrisiert. Vor 22 Jahren, eine Nacht, in der er mit seiner Jugendliebe Rosie ein völlig neues Leben in England beginnen wollte und sie kam nicht zum verabredeten Zeitpunkt. Er fand einen Brief, von dem er annahm, dass er Rosies Abschied an ihn bedeutete und entschloss sich, trotzdem Irland den Rücken zu kehren und in England –egal wie- neu anzufangen. Seine Schwester deutet an, dass Rosies Koffer in einem alten Abrisshaus gefunden wurde und Frank kann sich nicht dagegen wehren, er muss in sein altes Leben zurück. Er hat all die Jahre gehofft, dass Rosie irgendwann doch zu ihm findet. Doch nun scheint alles anders.
Zu der zerstörten Hoffnung, als die Leiche Rosies gefunden wird, kommt noch der Konflikt mit dem dörflichen, in Franks Augen armseligen Leben, dem Leben seiner Familie, der Alkoholproblematik, den Vermutungen, dass jemand Rosie etwas angetan hat, damit sie bleibt, dass dieser Jemand aus seiner eigenen Familie stammt. Grausam, als Leser mitzuerleben, wie Frank darunter leidet. Erst recht, als auch sein jüngerer Bruder, der von der örtlichen Polizei –und somit einem Weggefährten und Konkurrenten Franks- als Hauptverdächtiger gehandelt wurde, unter fragwürdigen Umständen stirbt, kann Frank nicht anders, als die Aufklärung in seine Hände zu nehmen.
Nebenher erfährt man auch von Franks Exfrau und seiner Tochter und den Schwierigkeiten, die sich für ihn und sie aus seinem Job als Undercoverermittler ergeben. Und aufgrund der Tatsache, dass Frank vor seiner Herkunftsfamilie seine Frau und Tochter verschwiegen hat. Nichts ahnend, dass seine Schwester den Kontakt schon lange hergestellt hat….
Neben der ganzen Tragik, die für mich den Thrill dieses Buches ausmacht, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass der Sarkasmus Frank Mackeys mir ausgesprochen gut gefallen hat, seine ganze Figur! Vielleicht wird ja hieraus ein Serienermittler, mich würde nämlich schon interessieren, wie sein Lebensweg weiter aussieht, wie er sich entwickelt, bzw. das Verhältnis zu seiner Familie.
Ich will nicht behaupten, dass es sich bei „Sterbenskalt“ um einen reißerischen Krimi handelt. Eher bietet es neben leisen kriminalistischen Elementen –die aber nichtsdestotrotz auf ihre Weise sehr wohl ihr Ziel finden!- auch eine sehr scharfe Kritik an den Zuständen in der Gesellschaft Irlands. Die Arbeitslosigkeit, Trostlosigkeit, sich daraus ergebende Straffälligkeit, häusliche Gewalt, alles das prangert meiner Meinung nach Tana French eindrucksvoll an. Viele Elemente des Buches sind garantiert nicht einfach ihrer Fantasie entsprungen, sondern finden sich in vielen Familiengeschichten Irlands wieder. Allein unter dem Gesichtspunkt ist es ein wahrhaft guter Krimi, der unter die Haut geht.

11 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.01.2011
So unselig schön / Kommissar Dühnfort Bd.3
Löhnig, Inge

So unselig schön / Kommissar Dühnfort Bd.3


ausgezeichnet

Tödliche Schönheit
„So unselig schön“ ist der dritte Roman mit Kommissar Dühnfort und seinem Team. Ich habe erst jetzt mit ihnen Bekanntschaft geschlossen und musste doch nicht erst in den beiden Vorgängerbüchern wühlen, um zu verstehen.
Vicky, eine junge ehemalige Obdachlose, die ihr Leben nach Schicksalsschlägen wieder in den Griff bekommen will, geht einem besonderen Hobby nach. Sie hat sich im Internet einer Gemeinde von „Urban Explorern“ angeschlossen, die Industrieruinen und deren Schönheit fotografieren und ins Netz stellen.
Bei einem ihrer Streifzüge findet sie in einer alten Brauerei in München eine Frauenleiche. Damit beginnt für das Team um Dühnfort eine fieberhafte Suche nach dem Täter und seinen Motiven, bevor noch mehr Opfer gefunden werden oder gar Vicky in seine Fänge gerät.
Soweit keine großen Neuigkeiten im Krimibereich. Aber die Umsetzung ist fantastisch. Ich persönlich habe Inge Löhnigs Werk als sehr weiblich empfunden. Sie hat viel Gefühl in die Person von Vicky gelegt und man merkt, dass ihr wichtig ist, dass man die junge Frau versteht und ins Herz schließt. Nebenher hat sie eine spannende Geschichte um einen Mörder gesponnen, wie er kranker nicht sein kann. Damit ist für mich die Grenze zum Thriller doch sehr schwimmend. Aber das ist kein Nachteil.
Ich würde das Buch als lesenswert empfehlen, auch wenn man bisher nichts von Inge Löhnig gelesen hat. Ihr wirklich sehr eingängiger Stil, die sehr menschlich gestalteten Figuren und das Gefühl machen es dem Leser leicht, in die Story einzutauchen.