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Bücherwurm

Bewertungen

Insgesamt 154 Bewertungen
Bewertung vom 11.10.2021
Du hast mir gerade noch gefehlt
McFarlane, Mhairi

Du hast mir gerade noch gefehlt


gut

Eve, Susie, Ed und Justin sind beste Freunde und seit der Schulzeit unzertrennlich. Was keiner weiß: Eve ist schon seit jeher unglücklich in Ed verliebt. Als Susie durch einen Unfall ums Leben kommt, sehen die verbliebenen Freunde ihre Gegenwart und Zukunft plötzlich aus ganz anderen Augen. Eve vermisst ihre beste Freundin schmerzlich und unterstützt Susies Familie nach Kräften, wenn sich dies auch
mit deren unverschämtem Bruder Finlay als wahres Katz-und Maus-Spiel entpuppt. Ganz unerwartet reagiert auch noch der frisch verlobte Ed extrem eifersüchtig auf Finlay und macht damit das Chaos perfekt…

„Du hast mir gerade noch gefehlt“ ist der neue Roman von Mhairi McFarlane. Ihre Bücher sind stets unterhaltsam, aber mit angenehmer Tiefe geschrieben und mit dem von der Autorin eigenem Humor geprägt. Überraschenderweise zeigt die Autorin in ihrem jüngsten Werk eine neue Facette von sich und hat einen melancholischen und zunächst eher traurigen Roman verfasst. Die Protagonistin Eve ist bis zur Hälfte des Buches sehr in ihrer Trauer und ihrer unglücklichen Liebe zu Ed gefangen. Die entsprechenden Verhältnisse werden von der Autorin tiefgründig und klar beschrieben, sodass ich rational nachvollziehen konnte, weshalb die Protagonistin sich in ihrer Trauer vergräbt. Nichtsdestotrotz hat mich dies emotional nicht berührt und ich konnte mich mit Eve leider nicht identifizieren. Ich habe nicht ergründen können, woran es lag, aber die Stimmung im 1. Teil empfand ich durchgehend sehr trist und schleppend. Vielleicht lag es an der rücksichtslosen, Ich-bezogenen Susie, die von Eve vergöttert und glorifiziert wurde, oder an der Dauer der sich hinziehenden Trauer. Die Emotionen sind bei mir zumindest nicht angekommen. Erst ab der Hälfte des Buches wurde die Geschichte zu dem typischen „Mhairi McFarlane“-Liebesroman, den ich erwartet und mir sehr erhofft hatte. Mit Humor, Situationskomik, einer Prise Drama und sympathischen Charakteren habe ich den zweiten Teil des Romans nur so verschlungen. Eve und Finlay sind sehr süße Charaktere und ich hätte mir noch mehr Situationen, insbesondere knisternde, mit den beiden gewünscht. Durch den gefühlt eher zähen ersten Teil kamen mir die beiden im Verhältnis zu kurz. Das Ende verblieb amüsant, hätte für mich jedoch noch detaillierter und entzerrter sein können.

Fazit: Insgesamt ein unterhaltsamer, süßer Liebesroman, der erst ab der Hälfte zum „typischen Mhairi McFarlane-Roman“ wird.

Bewertung vom 01.10.2021
Crave / Die Katmere Academy Chroniken Bd.1
Wolff, Tracy

Crave / Die Katmere Academy Chroniken Bd.1


gut

Nachdem ihre Eltern verstorben sind, zieht Grace nach Alaska und besucht dort das Internat, in dem ihr Onkel die Leitung innehat: Die Katmere Academy. Gemeinsam mit ihrer Cousine teilt sie sich fortan das Zimmer und stößt schon bald auf ungewöhnliche Ereignisse. Doch vor allem machen ihr die Internatsschüler zu schaffen, denn bis auf ihre Cousine verhalten sich alle sehr ablehnend und kühl. Das Fass droht überzulaufen, als ihr der mysteriöse und unfassbar anziehende Jaxon Vega den Rat gibt, so schnell wie möglich wieder zu verschwinden, weil ihr Leben im Internat bedroht sei – auch durch ihn selbst. Grace, die sich unglaublich zu ihm hingezogen fühlt, will aber so schnell nicht aufgeben und versucht, ihren Platz im Internat zu finden. Doch schon bald überschlagen sich die Ereignisse, denn offenbar scheint es jemand auf sie abgesehen zu haben…

„Crave“ ist Teil eins einer neuen Vampir-Trilogie von Tracy Wolff. Aus der Perspektive von Grace erlebt der Leser ihren steinigen Weg an der Katmere-Academy und schon schnell wird klar, dass etwas nicht mit rechten Dingen zu tun hat. Die Protagonistin tappt jedoch sehr lange im Dunkeln und scheint sehr naiv, was mich zunehmend störte. Schon längst ist dem Leser klar, welche verschiedenen Fantasiewesen sich hinter den einzelnen Personen verbergen müssen, Grace jedoch ist noch nicht mal aufgefallen, dass etwas nicht stimmt. Als auch Grace endlich aufgeklärt wird, dass es sich um Vampire&Co handelt, befinde ich mich bereits in der 2. Hälfte des Buches. Leider folgen keine Informationen, die den Fantasy-Teil anfüttern, sondern weiterhin nur spärliche Dialoge. Die beginnende Liebesgeschichte zwischen Grace und Jaxon ist hingegen sehr gelungen. Die Situationen sind sehr schön beschrieben worden und machen süchtig. Ebenfalls gut gefallen hat mir, dass es mehrere Fantasiewesen jenseits der Vampire gibt. Das sorgt für Vielfalt, da jeder andere magische Kräfte innehat. Die Figuren selbst sind jedoch nicht in ihrer Tiefe ausgearbeitet und hätten für mich vielschichtiger sein können. Insbesondere auch Grace‘ Cousine bleibt sehr blass, obwohl sie Hauptansprechpartnerin für diese ist. Der Sprachstil ist sehr angenehm und flüssig und auch für Erwachsene geeignet. Der Humor ist eher jugendlich und „amerikanisch“.

Da dieser Roman vorab mit den „Biss“-Büchern verglichen wurde, die ich nur so verschlungen habe, war ich voller Vorfreude auf eine neue Fantasy-Geschichte mit Vampiren. Die Grundidee des Romans ist wirklich gelungen. Ich finde aber, dass das Potential nicht ausgeschöpft wurde und die Geschichte zu oft an der Oberfläche kratzt. Zum Ende hin wechselt die Perspektive und wird aus der Sicht von Jaxon geschildert, was ein interessanter Kniff war und endlich einige Fragen, die ich schon lange hegte, beantwortete. Nichtsdestotrotz kommt „Crave“ für mich nicht an den „Epos“ der „Biss-Bücher heran. Den Vergleich finde ich sehr gewagt, denn diese sind für mich bisher leider unerreichbar, und er tut „Crave“ keinen Gefallen. Schade!

Insgesamt ein interessanter Young Adult Roman, der bei mir keinen Suchtfaktor auslöste, aber für unterhaltsame Stunden sorgte. Da ich wissen möchte, wie es weiter geht, werde ich sicherlich auch die Folgebände lesen.

Bewertung vom 29.09.2021
Wildtriebe
Mank, Ute

Wildtriebe


gut

Großbäuerin Lisbeths ganzer Stolz ist ihr Hof, welcher nicht nur der größte im gesamten Dorf ist, sondern auch seit Generationen innerhalb der Familie weitergereicht wird. Seine Erhaltung, Ausbau und Bewirtschaftung stellen ihren Lebensinhalt dar. Als ihr Sohn Konrad sich allerdings mit der modernen Marlies verlobt, entsteht ein Generationenkonflikt. Denn Marlies möchte auch weiterhin im Kaufhaus arbeiten gehen, das Kinderkriegen auf unbestimmte Zeit verschieben und erst recht keine Bäuerin sein. Der Konflikt gärt jahrelang unterschwellig vor sich hin, denn klärende Gespräche und Konfrontationen gibt es nicht. Erst mit Enkelin Joanna entsteht eine – zerbrechliche – Familienkonstruktion. Als diese jedoch nach dem Abitur für 1 Jahr nach Afrika reist, sind Lisbeth und Marlies schwer enttäuscht und beginnen, die vergangenen Jahrzehnte zu reflektieren.

„Wildtriebe“ ist ein Generationenroman, der darstellt, wie Frauen vor 50 Jahren bis heute unter dem Dach eines großen Bauernhofs gelebt haben. Die Geschichte wird wechselnd aus der Perspektive von Lisbeth und Schwiegertochter Marlies erzählt. Beide Protagonistinnen sind sehr gut ausgearbeitet und starke Frauen, die es im Leben nicht leicht haben und sich gegenseitig zusätzlich noch Steine in den Weg legen. Sehr realistisch und lebensnah wird das Leben und vor allem die Rolle der Frauen auf einem Bauernhof dargestellt. Insbesondere wie zäh das Ausbrechen aus traditionellen Strukturen für moderne Frauen wie Marlies gewesen sein muss. Wo für die meisten Frauen im heutigen Deutschland selbstverständlich ist, dass sie sich frei entscheiden können, wie sie ihre Zukunft angehen, muss Marlies sich jeden kleinen Schritt der Eigenbestimmung erkämpfen. Und sich nicht zuletzt auch vor allem gegen ihre Schwiegermutter behaupten. Die Thematik des Romans hat mir sehr gut gefallen, schnell kam ich als Leserin in der Geschichte an. Ich fand es sehr interessant, die verschiedenen Vorstellungen der einzelnen Generationen zu erfahren. Leider empfand ich den Erzählstil des Romans als eher langatmig und streckenweise zäh. Interessante Begebenheiten wurden über viele Seiten hinweg beschrieben, sodass ich oft das Gefühl hatte, ich käme kaum voran. Zudem bleiben viele Sätze unvollendet, was zwar zur Generation von Lisbeth passt, meinen Lesefluss aber sehr störte. Die Figuren handeln eher sehr egoistisch und versetzen sich nahezu kaum in die Lage der anderen Familienangehörigen. Auch klärende Gespräche finden überwiegend nicht statt, sodass ich mir oft gewünscht hätte, alle an einen Tisch zu bringen und offen miteinander zu reden. Als Leserin blieb ich insgesamt stille Beobachterin, die hin und wieder nur den Kopf schütteln konnte und keine Figur so richtig sympathisch fand. Das offene Ende und die bevorstehende Aussprache (zumindest von Lisbeth und Joanna) hingegen hat mir sehr gut gefallen und mich mit einem zuletzt doch positiven Ausblick aus dem Roman entlassen.

Fazit: Trotz sehr interessanter Thematik und spannendem Geschichtsverlauf empfand ich das Lesen leider als eher zäh. Eine Identifikation mit einzelnen Figuren fand bei mir nicht statt. Das offene Ende und der authentisch wirkende Generationenkonflikt haben mir jedoch sehr gut gefallen.

Bewertung vom 29.09.2021
Heimatsterben
Höflich, Sarah

Heimatsterben


sehr gut

Nachdem Tilde Ahrens schwer stürzt, liegt sie im Sterben auf Intensivstation. Kurz vor ihrem Tod bittet sie ihre Enkeltochter Hanna, die Familie auch nach ihrem Ableben zusammenzuhalten und vor allem auf Hannas jüngere Schwester Trixie Acht zu geben. Gar nicht so einfach, denn diese ist mit dem Kanzlerkandidaten der „Bürgerpartei“ verheiratet. Und Felix von Altdorffs politische Sichtweisen kann Hanna so überhaupt nicht teilen. Als dieser zum neuen Bundeskanzler gewählt wird, steht Hanna in der Pflicht und übernimmt entgegen ihrer eigenen Werte und Überzeugungen Parteiarbeit. Eine explosive Mischung, zumal die faschistische Strömung in der „Bürgerpartei“ immer weiter Oberhand gewinnt…

„Heimatsterben“ ist das Romandebüt von Sarah Höflich. Es handelt sich um einen Familienroman, der gleichzeitig eine durchaus denkbare politische Dystopie in Deutschland erzählt.

Die Geschichte wird sehr lebensnah dargestellt, was sie umso realistischer und damit erschreckender wirken lässt. Sie beginnt im Jahr 2023 kurz vor der Wahl des Bundeskanzlers, nachdem die Corona-Pandemie zur Wirtschaftskrise geführt und fortsetzende Flüchtlingsströmungen das Land entzweit haben. Als Haupthandlungsstrang begleitet der Leser vorwiegend Hanna Ahrens, die versucht, nicht nur in ihrer zerrütteten Familie, sondern auch in der Welt eine Heimat zu finden. Nach der Wahl von Felix von Altdorff zum Bundeskanzler nehmen die Regularien und Gesetze in Deutschland zunehmend konservative, nationalistische und durch den Einfluss der hinter ihm stehenden Strippenzieher auch faschistische Formen an. Die verschiedenen Charaktere sind dabei in „Graustufen“ so gut ausgearbeitet, dass man die jeweiligen Handlungen und Motive nahezu „nachvollziehen“ kann. Sehr hilfreich habe ich den im Einband aufgeführten Stammbaum der Großfamilie empfunden – so hatte man bei den vielen Figuren schnell einen Überblick.

Der Roman ist in 3 Abschnitte unterteilt, die jeweils in kurze Kapitel untergliedert sind. Die Geschichte wird aus wechselnder Perspektive der Romanfiguren geschildert und bleibt hierdurch stets abwechslungsreich und spannend. Durch geschickte Cliffhanger innerhalb der Kapitel und interessante Nebengeschichten, die zur Haupthandlung zusammenfließen, wird schnell eine fesselnde Spannung generiert. Allerdings liegt der Fokus überwiegend bei der persönlichen, familiären Geschichte von Hanna Ahrens. Hierdurch hatte ich mehrfach das Gefühl, eher einen Frauenroman und weniger einen zeitgenössischen, politischen Roman zu lesen. Der politische Anteil hätte für meinen Geschmack gerne noch deutlich ausgeweitet werden können. Die Grundidee des Romans hat mich jedoch sehr überzeugt und in Atem gehalten. Der Sprachstil ist flüssig, bildreich und eloquent.

Auch wenn der Fokus für mich noch weniger auf dem Anteil des Familienromans hätte liegen und der Anteil des Politthrillers noch rasanter hätte sein können, zeigt die Autorin Schritt für Schritt wie zerbrechlich unsere Demokratie ist. Eine Demokratie, die für uns so selbstverständlich ist, dass wir vergessen könnten, auf sie Acht zu geben. Der Roman ist damit nicht nur hochaktueller Politthriller, sondern vor allem auch eines: Denkanstoß und Mahnmal, damit sich die düstere Vergangenheit vom Deutschland des 20. Jahrhunderts nicht noch einmal wiederholt.