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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1361 Bewertungen
Bewertung vom 19.06.2022
Virginia und die neue Zeit / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.1
Martin, Stefanie H.

Virginia und die neue Zeit / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.1


gut

Männer nehmen die Welt nicht wahr, weil sie selber glauben, sie seien die Welt. (Virginia Woolf)
1903 London. Während ihre Schwester Vanessa einem Kunststudium nachgeht, träumt Virginia Stephen von einem Leben als Schriftstellerin. Die beiden Schwestern stammen aus einem wohlhabenden Intellektuellen Elternhaus und nach dem Tod des Vaters gründen sie gemeinsam mit ihren Brüdern Thoby und Adrian im Stadtteil Bloomsbury eine Wohngemeinschaft, die sich die „Bloomsbury Group“ nennt und ausschließlich der Kunst und der freien Denkweise gewidmet. Künstlern, Literaten und Wissenschaftlern steht ihr Haus für einen Austausch immer offen, das Netzwerk vergrößert sich schnell. Doch die Wohngemeinschaft wird auch kritisch von der Gesellschaft betrachtet, die von Standesdünkel und der damaligen Etikette geprägt ist und vor allem unverheirateten Frauen das Leben schwer macht. Auch Virginia und Vanessa bleiben davon nicht verschont…
Stefanie H. Martin hat mit „Die Liebenden von Bloomsbury-Virginia und die neue Zeit“ den Auftaktband ihrer historisch-biografischen Trilogie um den von Virginia Stephen-Woolf mitgegründeten Bloomsbury-Zirkel vorgelegt, in dem sich Literaten, Kritiker sowie Wissenschaftler tummelten und einen regen Austausch über zeitgemäße Themen wie die Unterdrückung der Frau und der Wunsch nach einem freiheitlichen Geist pflegten. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser schnell in die Familie Stephen einziehen und die Ereignisse hautnah miterleben. Interessant stellt die Autorin die Familie Stephen in den Vordergrund, die schon im viktorianischen England recht fortschrittliche Ansichten vertrat und gerade deshalb von der Gesellschaft kritisch beäugt wurde. Was durch den Titel fälschlicherweise darauf hindeutet, dass es sich in der Handlung ausschließlich um die berühmte Schriftstellerin Virginia Woolf, geborene Stephen, handelt, entpuppt sich im Nachhinein als Gründungsgeschichte der Bloomsbury-Group, wobei nebenbei die Entwicklung der Schwestern Virginia und Vanessa abgehandelt wird. Während Vanessa sich der Kunst widmete und Eheprobleme mit ihrem Mann Clive hatte, ist vor allem Virginia diejenige, die gegen die allgegenwärtige Rolle der Frau kämpft und einen großen Freiheitsdrang hat, den ihr die moralisierende Gesellschaft nicht zugestehen will. Misshandlungen innerhalb der Familie haben Virginia zudem sehr geprägt, denn sie hatte zeitlebens bipolare Störungen und war psychisch sehr instabil.
Die Charaktere sind gut herausgestellt und mit realistischen Ecken und Kanten glaubwürdig in Szene gesetzt. Der Leser findet seinen Platz als Beobachter in der ersten Reihe, wo er den Geschwister Stephen bei ihren Unternehmungen folgt und auch einen tieferen Einblick in das Leben von Vanessa und Virginia erhält. Die beiden Schwestern pflegen ein inniges Verhältnis, obwohl sie auch miteinander in Konkurrenz stehen und der anderen den jeweiligen Erfolg neiden. Virginia ist eine rastlose und sprunghafte Frau, sehr intelligent und hochsensibel, doch auch sehr labil und depressiv in ihrer Persönlichkeit. Sie hat aufgrund des an ihr begangenen Missbrauchs eine Abneigung gegen Männer. Vanessa ist ebenfalls eine beeindruckende Frau, doch wird sie bei Weitem von Virginia überstrahlt. Auch Clive Bells und Lytton Strachey, Thoby und weitere Protagonisten sind gut ausgearbeitet und sorgen für einige Unterhaltung.
„Die Liebenden von Bloomsbury-Virginia und die neue Zeit“ ist ein historisch-biografischer Roman, der nicht nur gut die damalige Zeit nebst ihren Wertevorstellungen wiederspiegelt, sondern dem Leser auch einen guten Einblick in das Privatleben von Virginia Woolf und ihren Geschwistern bietet, wobei das Schaffen der außergewöhnlichen Frau leider außen vor bleibt. Deshalb gibt es hier auch nur eine eingeschränkte Leseempfehlung!

7 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2022
Was der Morgen verspricht
Herzog, Kristina

Was der Morgen verspricht


gut

Der Widerstand verschafft der Liebe immer kräftigere Waffen. (George Sand)
1904 Berlin. Die junge Jüdin Hannah Sternberg, Tochter aus gutem Hause, möchte unbedingt Medizin studieren, was ihren Eltern gar nicht gefällt. Ihnen strebt vielmehr eine standesgemäße Heirat vor und einen passenden Kandidaten haben sie auch schon in Daniel Friedländer gefunden. Doch sie haben die Rechnung ohne Hannah gemacht, die sich viel lieber in der Praxis ihres Großvaters aufhält und ihm bei den Behandlungen über die Schulter sieht. Hannahs Eltern sehen über die Wünsche ihrer Tochter hinweg und organisieren erst die Verlobung, dann die Hochzeit und Hannah muss Folge leisten. Aber von ihren Träumen hat sie sich deshalb noch lange nicht verabschiedet und kämpft weiter für ihr großes Ziel: das Medizinstudium…
Kristina Herzog hat mit „Was der Morgen verspricht“ einen unterhaltsamen, historischen Roman vorgelegt, der das Schicksal einer jungen Frau zur damaligen Zeit beschreibt und die sich gegen die damalige Erwartungshaltung der Gesellschaft auflehnt. Der flüssige und gefühlvolle Erzählstil fängt den Leser schnell ein und bringt ihn ins vergangene Jahrhundert zurück, um dort als Schatten von Hannah deren Schicksal für den Zeitraum von 1904 bis 1925 hautnah mitzuverfolgen. Hannahs Eltern vertreten die Ansicht, dass die Rolle ihrer Tochter die einer Ehefrau und Mutter zu sein hat und entscheiden über ihren Kopf hinweg über ihr Leben. Auch wenn sich der zukünftige Ehemann Daniel als ein angenehmer Zeitgenosse entpuppt, ist allein der Gedanke schrecklich, einen Mann heiraten zu müssen, den man kaum kennt und den man sich selbst nicht ausgesucht hat. So ergeht es auch Hannah, auch wenn sie sich schon bald von Daniels menschlichen Qualitäten überzeugen kann. Trotzdem ist sie mutig und widerspenstig genug, sich ihre Träume nicht aus dem Kopf schlagen zu lassen und erhält neben ihren Großeltern ausgerechnet von ihrem Ehemann die nötige Unterstützung. So beginnt sie schließlich ein Studium in Tübingen, da nur dort Frauen der Zugang dazu gewährt wurde. Kristina Herzog spult ihre Geschichte in einem gemächlichen Tempo ohne große Höhen und Tiefen ab, die Handlung besitzt kaum Spannungsmomente. Gleichzeitig ist alles sehr weichgespült, Probleme lösen sich praktisch in Luft auf und insgesamt ist alles eitel Sonnenschein. Die Schwierigkeiten der Frauen damals werden nicht wirklichkeitsgetreu dargestellt, was der Geschichte ihrer Glaubhaftigkeit beraubt. Auch die Zeitsprünge sowie viele Dinge, die sich einfach in Wohlgefallen auflösen, hinterlassen keinen positiven Eindruck.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten ausgestaltet, der Leser folgt ihnen auf Schritt und Tritt, um die Ereignisse zu verfolgen. Hannah ist schon als junge Frau nicht nur wissbegierig, sondern besitzt Entschlossenheit, Mut und eine gewisse Stärke. Sie hält an ihren Träumen fest und kämpft für die Realisierung. Daniel ist ein freundlicher und liebenswerter Mann, der seine Frau auf Hänfen trägt und ihre jeden Wunsch erfüllen will. Alma ist die gute Seele des Hauses. Sie ist zurückhaltend, steht Hannah aber immer zur Seite und ist vor allem sehr loyal. Hannahs Mutter ist eiskalt und weil sie selbst unglücklich ist, ist ihr das Schicksal ihrer Tochter wohl egal. Hannahs Bruder Jakob ist ein Widerling, der sich nimmt, was er will, ohne Rücksicht auf Verluste.
„Was der Morgen verspricht“ ist ein kurzweiliger historischer Roman, in dem eine Frau für ihre Rechte kämpft. Eine gemächliche Handlung mit zeitlichen Sprüngen, ohne Tiefgang und große Spannung sowie die sich gefällig auflösenden Probleme hinterlassen allerdings keinen bleibenden Eindruck beim Leser. Eingeschränkte Leseempfehlung!

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.06.2022
Das Geheimnis von Ardmore Castle
Wilken, Constanze

Das Geheimnis von Ardmore Castle


ausgezeichnet

Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. (Albert Einstein)
Versicherungsdetektivin Ivy Ferugson wird von ihrem Londoner Arbeitgeber ins Admore Castle auf die Isle of Skye entsandt, um dort die Echtheit eines alten Sekretärs zu prüfen. Ivy ist gar nicht begeistert, denn sie hat keine schönen Erinnerungen an die Insel, wo sie einst ihre Kindheit verlebt hat. Admore Castles Schlossherr Ross MacKenzie allerdings macht Ivy schon bei ihrer Ankunft das Leben schwer, denn ihren Fragen möchte er sich nicht stellen. Viel hilfreicher ist da sein Neffe Calum, der sich ebenfalls auf dem Schloss aufhält und sich um seinen schroffen, kauzigen Onkel kümmert. Ivy, die gleichzeitig mit den Erinnerungen an ihre Vergangenheit zu kämpfen hat, lässt sich nicht entmutigen und will ihren Auftrag schnellstmöglich abschließen. Schon bald stößt sie in dem alten Gemäuer auf ein geheimes Zimmer und bekommt bei ihren Nachforschungen nicht nur Unterstützung von Calum, sondern verliert dabei auch ihr Herz…
Constanze Wilken hat mit „Das Geheimnis von Admore Castle“ einen wunderschönen und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur in die raue Schönheit der schottischen Insel Isle of Skye entführt, sondern auch an der Seite von Ivy ein altes Geheimnis ans Tageslicht bringen lässt. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil weiß den Leser von der ersten Zeile an zu fesseln, der sich schnell als unsichtbarer Gefährte Ivys mit ihr gemeinsam in ein Abenteuer stürzt. Über wechselnde Zeitebenen lässt die Autorin den Lesern nicht nur die Gegenwart um Ivy und ihrem Besuch auf Skye miterleben, sondern lässt ihn über einen Sprung ins 19. Jahrhundert auch Henry Ferguson und Shona MacKenzie kennenlernen. Ivy selbst hat aufgrund der nicht gerade schönen Erinnerungen ihrer Kindheit auf der Isle of Skye gemischte Gefühle, was ihren dortigen beruflichen Einsatz angeht. Gekonnt verwebt die Autorin ihre beiden Handlungsstränge und lässt mit farbenfrohen, bildhaften Beschreibungen die zauberhafte schottische Insellandschaft vor dem inneren Auge des Lesers entstehen. Während der Leser gemeinsam mit Ivy und Calum nach und nach ein altes Geheimnis offenlegt, erfährt er auch viel über die schottische Geschichte und die Verflechtungen zwischen den MacKenzies und Fergusons, die Wilkens sehr spannend an den Leser zu bringen weiß. Überraschende Wendungen sowie der Wechsel der Zeiten lassen die Spannung stetig ansteigen und den Leer konstant an den Seiten kleben, bis das finale Ende erreicht und alles aufgedeckt ist.
Die Charaktere sind lebendig inszeniert und in Szene gesetzt, mit ihren glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten wachsen sie dem Leser schnell ans Herz, der sich nur zu gern unter sie mischt und mit ihnen fiebert. Ivy ist eine offene und feinsinnige Frau, die ihren Mitmenschen viel Einfühlungsvermögen entgegenbringt. Zudem hat sie ein Gefühl für Antiquitäten und ihre dahintersteckenden faszinierenden Geschichten. Calum ist ein freundlicher und tatkräftiger Mann, der zugleich fürsorglich und empathisch ist. Ross MacKenzie ist ein alter Knurrhahn, dessen Sturheit einiges an Geduld erfordert. Aber auch Angus, Alfred, Colin, Henry und Shona dürfen mit ihren gewichtigen Rollen nicht fehlen, denn sie machen die Geschichte rundum sehr unterhaltsam.
„Das Geheimnis von Admore Castle“ ist ein wunderbarer, packend erzählter Roman, dessen Handlung von gut recherchiertem historischem Hintergrund, liebevoll geschaffenen Charakteren, einer spannenden Handlung mit einem alten Familiengeheimnis sowie einer Liebesgeschichte durchweg aufs Beste unterhält. Besser geht es nicht – Chapeau! Absolute Leseempfehlung für ein Highlight dieses Jahres!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.06.2022
No-Knead-Brote
Schell, Valesa

No-Knead-Brote


ausgezeichnet

Glück ist der Duft von frisch gebackenem Brot
Als begeisterte Hobbybäcker stehen mein Mann und ich jeden Freitagnachmittag in der Küche und backen Brot, Brötchen und Muffins für das Wochenende. Obwohl wir auch eine Knetmaschine besitzen, machen wir das meiste per Hand, was meist eine mühselige Angelegenheit ist und neben viel Zeit zudem auch jede Menge Kraft benötigt. Das Buch „No Knead-Brote“ von Valesa Schell hat uns sehr neugierig gemacht, denn es verspricht, Teige für Brot, Brötchen und andere Leckereien ohne langes Kneten herstellen zu können, die dann auch noch sehr schmackhaft sind.
Schon die Aufteilung des Buches ist sehr übersichtlich, denn zuerst werden dem Leser die notwendigen Utensilien genannt, die er für die Herstellung seines Backwerkes benötigt. Die eine oder andere Anschaffung macht sich auf jeden Fall bezahlt, wenn man zukünftig seine Brote selber backen will. Nach Tipps für Geh-/Gärzeiten und Backen im Urlaub wird auf die Zutaten und Zubereitungsschritte eingegangen. Hat man diese genau studiert, stößt man dann auf die reichhaltige Rezeptauswahl, die für jeden Geschmack etwas enthält. Sehr gelungen ist die Aufstellung der einzelnen Rezepte, die nicht nur Stock- und Stückgare beinhalten, sondern neben der Backzeit auch die Stückzahl der Brote enthält, die man am Ende aus den aufgelisteten Zutaten bekommt.
Unter den Hefe-Rezepten finden sich u.a. Semola-Panini, Sonntagsbrötchen, Rotkorn-Kissen oder auch die Saaten-Box – alle Brote/Brötchen sind vom Geschmack her hervorragend und wurden von den Genießern schnell verkostet. Auch das Kapitel über Sauerteigrezepte, das auch das Ansetzen und Weiterführen von Sauerteig veranschaulicht, beinhaltet u.a. Bauern-Weißbrot, Goldkrüstchen sowie Dreikornkruste mit Joghurt, die allesamt geschmacklich zum Niederknien sind und auf Anhieb gelangen. Der Abschnitt über Brote/Brötchen mit Lievito Madre (ein fest geführter, milder Sauerteig) ist schon etwas anspruchsvoller, doch auch Anfänger finden hier bestimmt das ein oder andere Rezept, was ihnen auf Anhieb gelingen wird. Uns hat es vor allem das Rezeptkapitel mit Voll- und Urkorn angetan, da wir gern Körnerbrot essen. Unsere Favoriten sind die Rotkornkruste, das Urkorn-Zwirbel, das Vollkorn-Mischa und die Körner-Box, die sich zudem auch recht lange halten.
Die letzten Kapitel sind für alle Freunde von Pizza, Flammkuchen und süßem Gebäck, wobei wir hier vor allem das Bubble Bread, das Rosinenbrot und die Orangen-Brioche sehr empfehlen können.
„No-Knead-Brote“ von Valesa Schell ist für alle, die gern Brot und Brötchen backen, ein echter Geheimtipp. Unkomplizierter geht es kaum! Anfänger kommen hier schnell auf ihr Erfolgserlebnis und auch erfahrene BäckerInnen werden dieses Buch mit seiner Rezeptauswahl sehr zu schätzen lernen. Wir sind begeistert! Daumen hoch und absolute Empfehlung!

11 von 13 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.06.2022
Ein Leben für das Glück der Kinder / Die Hafenärztin Bd.2
Engel, Henrike

Ein Leben für das Glück der Kinder / Die Hafenärztin Bd.2


ausgezeichnet

Ein Kind ist eine sichtbar gewordene Liebe. (Novalis)
1911 Hamburg. Die Auswandererhallen des Hafens sind neben ihrer eigenen Praxis und dem Frauenhaus das Wirkungsviertel der Ärztin Anne Fitzpatrick, wo sie sich gemeinsam mit der angehenden Lehrerin Helene Curtis vor allem um die traumatisierten Flüchtlingskinder kümmert. Als es immer mehr Todesfälle unter den jüdischen Kindern gibt, will Anne der Ursache auf den Grund gehen. Als sie ihren Bekannten, den zuständigen Kommissar Berthold Rheydt, einschaltet, ist dieser sich ziemlich schnell sicher, dass es sich bei den Todesfällen um Giftmorde handelt. Aber wer sollte unschuldige Kinder auf so perfide Art töten und warum?
Henrike Engel hat mit „Ein Leben für das Glück der Kinder“ den zweiten Band ihrer Hafenärztin-Reihe vorgelegt, der dem Vorgängerband an Spannung und interessant eingewebter Historie in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser mit den ersten Zeilen eine Zeitreise ins Hamburg des vergangenen Jahrhunderts antreten, wo er Anne und Helene bei ihrer Arbeit über die Schulter sehen darf. Sowohl mit den beiden Frauen als auch mit Kommissar Rheydt darf der Leser anhand der bildgewaltigen Beschreibungen durchs alte Hamburg streifen, lernt die unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten kennen, besucht die Auswanderungshallen im Hamburger Hafen sowie ein Fußballmatch des alteingesessenen Vereins FC St. Pauli und die Demos am ersten Weltfrauentag. Wechselnde Perspektiven eröffnen dem Leser unterschiedliche Sichtweisen, Gedankenspiele und Einblicke ins Seelenleben der jeweiligen Protagonisten. Erschreckend sind die Schilderungen der Zustände in den Auswanderungshallen, wo die Menschen mehr oder weniger zusammengepfercht auf ihre Ausreise aus Deutschland waren. Auch zu jener Zeit handelte es sich ausschließlich um jüdische Familien, die sich zu diesem Schritt gezwungen sahen, was einmal mehr deutlich macht, dass der Antisemitismus schon vor dem Zweiten Weltkrieg Alltag war. Ärztin Anne stößt mit ihrer Neugier wieder einmal in ein Wespennest und erhält bei der Aufklärung der Todesfälle nicht nur Unterstützung durch Lehrerin Helene sondern auch durch Kommissar Rheydt, der nebenbei einen weiteren brisanten Fall zu bearbeiten hat. Mit unvorhergesehenen Wendungen weiß die Autorin die Spannung ihrer Handlung immer weiter zu steigern und den Leser regelrecht an die Seiten zu fesseln, während er ein tolles Kopfkino erlebt.
Die Charaktere sind facettenreich ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Sie lassen den Leser mit authentischen menschlichen Eigenschaften sehr nahe an sich heran, der ihnen nur zu gern auf den Fersen folgt, um mit ihnen ein Abenteuer zu erleben. Anne ist eine starke, emanzipierte und mutige Frau, die sich vor allem für die Ärmsten der Armen engagiert und dabei immer empathisch bleibt. Dabei hat sie ihre eigenen Geheimnisse, die sie mit sich herumträgt. Helene ist selbstbewusst, fleißig, wissbegierig und hilfsbereit. Sie stammt aus gutbürgerlichem Hause, was sie nicht davon abhält, gemeinsam mit Anne für Freiheit und Frauenrechte zu kämpfen. Berthold Rheydt hat immer noch mit Geistern aus der Vergangenheit zu kämpfen. Bei den Ermittlungen geht er analytisch und bedacht vor, um nicht nur die Fälle zu lösen, sondern auch seine Position zu festigen.
„Ein Leben für das Glück der Kinder“ ist eine sehr gelungene und spannende Mischung aus gut recherchierter Historie, Gesellschaftsroman und Krimi, der nicht nur zwei starke Frauen präsentiert, sondern die Entwicklung in punkto Ermittlungsmethoden und weitere interessante Themen in den Fokus rückt. Fesselnd erzählt, ist hier eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient!

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.06.2022
Das Geheimnis von Hope Island
Turk, Marilyn

Das Geheimnis von Hope Island


gut

Herr, Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege. (Psalm 119,105)
Nach dem Tod ihres Mannes will Abby Baker mit ihrer Tochter Emma neu anfangen und zieht in ihren Heimatort Hope Harbor zurück. Dort nimmt sie in Vertretung ihrer kranken Mutter Grace an einer Ehrenbezeugungsveranstaltung der ehemaligen Leuchtturmwärter teil, wo sie Carson Stevens begegnet, der aus dem alten Leuchtturm ein Bed & Breakfast machen möchte. Abbys Angebot, ihm bei der Innenausstattung zu helfen, nimmt er gerne an. Als sie in dem alten Leuchtturm ausmisten, stößt Abby in einem Versteck auf alte Tagebücher ihrer Großmutter. Die Lektüre über die Vergangenheit ihrer Großmutter fasziniert Abby und offenbart ihr schon bald ein Geheimnis, dass ihr eigenes Leben für immer verändert…
Marilyn Turk hat mit „Das Geheimnis von Hope Island“ einen kurzweiligen und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser eine angenehme Auszeit beschert. Der flüssig-leichte und gefühlvolle Erzählstil zieht den Autor schnell in die Handlung hinein, wo er sich durch bildhafte Landschaftsbeschreibungen sogleich an den malerischen Ort Hope Harbour mit seinem alten Leuchtturm versetzt fühlt. An der Seite von Abby und Carson macht sich der Leser daran, das alte Gemäuer zu erkunden und darf über Abbys Schulter von der Vergangenheit ihrer Großmutter erfahren, die ihre Erlebnisse in alten Tagebüchern festgehalten hat. Das alte Familiengeheimnis, das bisher zwischen den Tagebuchseiten gut verborgen war, wird durch die Autorin leider viel zu schnell gelüftet. Auch die Sabotageakte auf der Baustelle rund um den Leuchtturm, die Carson Kopfschmerzen bereiten, deuten schon bald auf den Übeltäter hin und rauben der Geschichte damit jedes Maß an Spannung. Danach plätschert die Handlung eigentlich nur noch vor sich hin und lässt den Leser ohne größere Höhen durch die Story jagen bis zum Ende des Romans. Während die Aufzeichnungen von Großmutter Grace den Leser zurück in die Zeit des Zweiten Weltkrieges versetzten und zu fesseln vermögen, kann es die Gegenwartsgeschichte nur bedingt. Die Beziehung zwischen Abby und Carson ist zwar einigermaßen romantisch angelegt, doch wirkt sie irgendwie nicht realistisch, vor allem in Bezug auf Abbys gerade erst erlebten Schicksalsschlag. Ebenso ist der Autorin nicht gelungen, den christlichen Aspekt in ihrer Geschichte überzeugend und tiefgründig darzustellen.
Die Charaktere sind recht oberflächlich und blass gestaltet, ihnen fehlt es neben glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten vor allem an Tiefgründigkeit. Der Leser findet sich deshalb nur als Statist in dieser Geschichte wieder und beobachtet die Protagonisten auf Distanz. Abby wurde vom Schicksal hart gebeutelt, sie ist zurückhaltend freundlich, doch lässt sie egoistische Züge durchblitzen, die sie nicht gerade sympathisch machen. Tochter Emma dagegen begegnet der Welt mit offenem Wesen und wickelt alle um den Finger. Oma Grace war eine Frau mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Carson ist ein Mann, der nicht nur zupacken kann, sondern sich auch noch Träume bewahrt hat. Zudem ist er hilfsbereit, freundlich, aber auch vorsichtig.
„Das Geheimnis von Hope Island“ ist unterhaltsame Sommerlektüre, dessen Geheimnis allerdings schon früh aufgedeckt wird und dabei ohne große Spannung auskommt. Kurzweilig zu lesen, aber ohne jeglichen Tiefgang. Eingeschränkte Leseempfehlung!

7 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.06.2022
Tanz bis ans Ende der Welt
Vanek, Tereza

Tanz bis ans Ende der Welt


ausgezeichnet

Tanz ist die verborgene Sprache der Seele. (Martha Graham)
20er Jahre Berlin. Die junge Zhang Penjun, genannt Susan, verlässt ihr wohlhabendes Zuhause in Shanghai, um gegen den Willen ihrer Eltern zu ihrem Verlobten nach Berlin zu reisen. Doch dort erwartet sie eine bittere Enttäuschung, denn der hat sich inzwischen bereits für eine andere Frau entschieden. Die Zufallsbekanntschaft mit Anna verhilft Susan nicht nur zu einer Unterkunft, sondern es entsteht eine enge Freundschaft zwischen den beiden Frauen, und schon bald haben beide auch als Duo mit ihrem Sangestalent Erfolg auf der Bühne. Doch die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr an Einfluss, was zusehends das Leben von Susan und Anna beeinträchtigt, sogar unmöglich macht, denn während Susan durch ihre chinesische Abstammung Ablehnung erfährt, bangt Anna um ihre große Liebe, denn er ist Jude…
Tereza Vanek hat mit „Tanz bis ans Ende der Welt“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser zu einer Zeitreise ins vergangene Jahrhundert einlädt, um dort zwei außergewöhnliche Frauen und ihr Schicksal kennenzulernen. Der flüssige, farbenfrohe und fesselnde Erzählstil lässt den Leser schnell in die Geschichte eintauchen. Eingebettet in eine Rahmenhandlung, die in den 60er Jahren von Annas Nichte Klarissa bestritten wird, eröffnet sich dem Leser eine völlig neue Welt des damaligen Berlins. Die Autorin hat gut recherchiert und lässt nicht nur die Weimarer Republik und später die Naziherrschaft lebendig werden, sondern erzählt auch von einer chinesischen Gemeinschaft, die es damals in Berlin gegeben hat. Während Klarissa aufgrund eines alten chinesischen Tagebuchs und eines Fotos von Anna und Susan deren Vergangenheit nach und nach auf die Spur kommt, bekommt der Leser gleichzeitig durch die wechselnden Zeitebenen und Perspektiven einen Einblick in Welt der beiden doch so unterschiedlichen Frauen. Jede von ihnen hat mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen. Die Chinesin Susan hat völlig falsche Vorstellungen vom Leben in Deutschland und muss schnell lernen, sich ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, wenn sie nicht in der Gosse landen will. Das immer stärker werdende Naziregime macht ihr dann das Leben als fremdländisch aussehende Frau das Leben beinahe unerträglich. Vanek webt ein buntes und doch auch sehr reales Bild der 20er und 60er Jahre, die beide Parallelen aufweisen und die Handlung deshalb auch so spannend gestalten.
Die Charaktere sind facettenreich und lebensnah ausgestaltet und in Szene gesetzt. Ihre glaubwürdigen Ecken und Kanten lassen sie den Leser sehr nahe an sich herankommen und geben ihm so die Möglichkeit mit ihnen zu hoffen, zu bangen und zu fiebern. Wirkt die Chinesin Susan zu Beginn noch sehr naiv, lernt sie schnell die Realität kennen. Aus einem strengen, aber wohlbehütetem Elternhaus stammend, steht sie in Berlin praktisch vor dem Nichts und muss sich alles selbst erarbeiten. Sie ist freundlich und intelligent. Anna ist eine offene und hilfsbereite Frau, die keinerlei Standesdünkel hegt. Klarissa hat ihre eigenen Träume und will diese unbedingt in die Tat umsetzen. Während die weiblichen Protagonisten sich durch Stärke auszeichnen, sind es vor allem die männlichen Charaktere, die das alte Rollenbild wiederspiegeln und die Frauen unter ihrer Knute wissen wollen.
„Tanz bis ans Ende der Welt“ ist eine spannende Geschichte über drei Frauen, die sich auf ihre Weise ihren Platz in der Welt suchen müssen. Eingebettet in den sehr gut recherchierten historischen Kontext der 20er bis 40er und 60er Jahre erlebt der Leser nicht nur eine wunderbar erzählte Handlung, sondern erfährt auch viel Neues der damaligen Zeit. Absolute Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.06.2022
Die Stunde der Nebelkinder (eBook, ePUB)
Gregg, Stefanie

Die Stunde der Nebelkinder (eBook, ePUB)


weniger gut

Wird den Erwartungen nicht gerecht
1947 München. Inmitten der städtischen Trümmerlandschaft lebt Helene gemeinsam mit ihrer 6 Jahre älteren Schwester Ana und ihrer depressiven Mutter, als der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt und für alle ein Fremder geworden ist. Helene kann sich mit ihm nicht anfreunden und beschließt, sich von ihrem Vater nicht bevormunden zu lassen. Vor allem möchte sie nicht so werden wie ihre Schwester Ana, die keine Risiken eingehen und es allen recht machen will. Doch Helene hat mit ihren eigenen Lebensvorstellungen nicht viel Glück. Als ihre Mutter Jahrzehnte später schwer krank wird, brechen ihre Erlebnisse aus der Vergangenheit aus ihr heraus, und Helene muss feststellen, wie sehr das Schicksal ihrer Mutter ihr eigenes Leben geprägt hat…
Stefanie Gregg hat mit „Die Stunde der Nebelkinder“ den Nachfolgeband ihrer Nebelkinder-Reihe vorgelegt, der nicht nur eine tragische Familiengeschichte in sich vereint, sondern den Leser auch mit schwierigen Themen wie Rassenhass und Missbrauch konfrontiert. Der flüssige und gefühlvolle Erzählstil macht den Einstieg in die Geschichte zwar leicht, jedoch kann die Handlung an den Vorgängerroman leider nicht heranreichen, weil die Protagonistinnen dem Leser diesmal sehr fremd bleiben. Über wechselnde Perspektiven erhält der Leser Einblick in Helenes und Käthes Gedanken- und Gefühlswelt, die oftmals Parallelen aufweisen, obwohl beide vom Charakter her völlig unterschiedlich sind. Die depressive Käthe, deren erste Ehe nicht nur arrangiert und gescheitert ist, auch der zweiten war kein Glück beschert, dazu die Flucht während des Krieges und weitere Schicksalsschläge, die sie sich letztendlich vom Leben zurückziehen lassen. Helene dagegen ist aufmüpfig, rebellisch und will von allem immer zu viel, bis auch sie das Schicksal überrollt und beschädigt wieder ausspuckt. Die Autorin beschreibt die Geschichte von Mutter und Tochter schonungslos offen, was leider oft zu viel des Guten ist und den Leser so immer mehr abschreckt. Auch das von Unterkühlung geprägte Verhältnis zwischen Mutter und Tochter schafft eine Atmosphäre der Kälte und verhindert, dass der Leser mehr Zugang zu beiden Frauen herstellen kann und so eher unbeteiligt die Geschichte folgt, der es zudem an Spannung fehlt.
Die Charaktere sind individuell ausgestaltet, jedoch fällt es dem Leser schwer, mit ihnen warm zu werden. So muss er sich mit dem Beobachtungsposten begnügen und die Handlung aus der Distanz verfolgen, was ein Mitfühlen nicht möglich macht. Käthe ist eine gebrochene Frau, die ihre Kriegserlebnisse sowie weitere Schicksalsschläge bis heute nicht verarbeitet hat. Sie hat sich in sich zurückgezogen und leidet für sich, wobei sie alle Verantwortung auf ihre älteste Tochter abwälzt und sich auch nicht um die Jüngste kümmert. Helene ist aufmüpfig, hat ihre eigenen Vorstellungen vom Leben. Sie will sich keine Ketten anlegen lassen und aus dem Vollen schöpfen, was ihr am Ende leider die Flügel stutzt. Helenes Schwester Ana muss früh Verantwortung übernehmen, ist der Ruhepol der Familie und setzt lieber auf Sicherheit und Beständigkeit.
„Die Stunde der Nebelkinder“ ist leider keine gelungene Fortsetzung der „Nebelkinder“, denn hier gibt es von allem zu viel. Neben fehlender Spannung und Protagonistinnen, die durchweg fremd bleiben, wirken viele Dinge überzeichnet, wobei die Ausführlichkeit der Ausarbeitung noch beiträgt. Schade, es wäre besser beim wirklich guten ersten Band geblieben. Keine Empfehlung!

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.06.2022
Das Geheimnis des Wintergartens
Kelly, Julia

Das Geheimnis des Wintergartens


sehr gut

Einer der schönsten Wege zu uns selbst führt durch einen Garten. (Sprichwort)
1907 legt die Landschaftsgärtnerin Venetia Smith im herrschaftlichen Gut Highbury House einen Garten an, um danach nach Amerika auszuwandern. Das Gut wird während des Krieges als Lazarett zweckentfremdet, doch wenigstens den Garten kann mit großen Anstrengungen gerettet werden, hat er doch für die damalige Hausherrin Lady Diana eine ganz besondere persönliche Bedeutung. 2020 ist es Emma, die auf den ersten Blick von dem alten Garten fasziniert ist und ihn wieder auf Vordermann bringen möchte. Während sie sich durch alte Aufzeichnungen und Skizzen arbeitet, erfährt sie auch immer mehr über das Geheimnis des Gutes nebst Garten…
Julia Kelly hat mit „Das Geheimnis des Wintergartens“ einen unterhaltsamen Roman über mehrere Zeitebenen vorgelegt, wobei der Garten von Highbury House die heimliche Hauptrolle spielt, um den sich so manche Geschichte rankt und manches Schicksal dort seinen Lauf nahm. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer spannenden Reise durch die Jahrzehnte ein, um sich nicht nur von einem alten Garten verzaubern zu lassen, sondern auch fünf außergewöhnliche Frauen kennenzulernen, die durch diese Anlage eng miteinander verbunden sind. Über unterschiedliche Zeitebenen und Perspektiven trifft der Leser in der Gegenwart auf die Gärtnerin Emma und in der Vergangenheit 1907 auf Venetia, die den Garten erschaffen hat sowie 1944 während des Zweiten Weltkrieges auf Lady Diana, Beth und Stella. Emmas Faszination für die Anlage von Highbury House drängt sie dazu, den Garten wiederzubeleben und zu neuem Glanz zu verhelfen. Gemeinsam mit ihr erfährt der Leser über alte Aufzeichnungen immer mehr über die vorherigen Bewohner von Highbury House sowie über die Entstehung und Geschichte des Gartens. Die Autorin verwebt die Schicksale ihrer fünf Protagonistinnen bildgewaltig mit der Gartenanlage, so dass der Leser während der Lektüre nicht nur mit den Frauen und ihrem Schicksal mitfiebern, sondern auch selbst durch ein schönes Kopfkino in dem geheimnisvollen Garten mit seiner wunderschönen Blütenvielfalt wandeln kann. Geschickt werden die Fäden der einzelnen Lebenswege mit dem Garten verknüpft, wobei nicht nur so einige Geheimnisse der einzelnen Protagonistinnen aufgedeckt werden, sondern am Ende auch der Garten selbst in neuem Glanz erstrahlt.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, ihre glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten machen sie dem Leser nahbar, der sich nur zu gern an ihre Fersen heftet und erwartungsvoll ihre Erlebnisse verfolgt. Emma ist an einem Scheideweg angekommen und muss ihrem Leben eine neue Richtung geben. Sie ist freundlich, behutsam, aber auch zupackend und einfallsreich. Venetia ist eine Frau mit großer Vorstellungskraft, die ihre Ideen in die Tat umsetzt. Lady Diana hat einen harten Schicksalsschlag zu verkraften, doch gerade der Garten, der ihr so viel Schmerz bereitet hat, ist gleichzeitig auch ihr größter Trost. Aber auch Stella und Beth verbindet viel mit der Anlage.
„Das Geheimnis des Wintergartens“ ist ein unterhaltsamer Roman über mehrere Zeitebenen und über fünf starke Frauen, deren Schicksal allesamt mit einer alten Gartenanlage verbunden ist. Ein gelungener Mix aus Historie, Liebe und Geheimnissen, der kurzweilig zu lesen ist. Verdiente Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.06.2022
Der schönste Traum
Steinborn, Margit

Der schönste Traum


weniger gut

Hier sind Träume Schäume!
1914 Unterfranken. Dienstmädchen Klara weiß sich nicht anders zu helfen und legt ihren 3 Tage alten Sohn Tobias auf der Schwelle des Guthofes von Baron Rainer Benheim ab. Klara hofft, dass ihr Baby in der Familie Benheim mehr als willkommen ist, denn die Frau Baronin Isabell hat bisher 3 Fehlgeburten gehabt und wünscht sich nichts mehr als ein eigenes Kind. Das Ehepaar nimmt sich des Kindes sofort an, doch es lässt dem Baron keine Ruhe, wie eine Mutter ihr Kind aussetzen kann. So stellt er Nachforschungen an in der Hoffnung, die vermeintlichen Eltern des Säuglings zu finden. Seine Suche wird von Erfolg gekrönt, doch was er herausfindet, stellt nicht nur das Leben des Barons auf den Kopf…
Margit Steinborn hat mit „Der schönste Traum“ den Auftaktband für ihre neue historische Familiensaga vorgelegt, der leider mehr verspricht als zu halten vermag. Der flüssige Erzählstil lässt den Leser ins vergangene Jahrhundert zurückreisen, um dort als unsichtbarer Beobachter am Schicksal von Klara, ihrem Neugeborenen sowie den Benheims teilzuhaben und gleichzeitig den Beginn des Ersten Weltkrieges mitzuerleben. Die Autorin ergeht sich übertrieben gefühlig und detailverliebt in Einzelheiten, die schon bald an den Nerven des Lesers zerren. Auch lässt die Handlung an Spannung und Tiefgang vermissen, ist vorhersehbar und seicht konzipiert. Die Geschichte kann überhaupt nicht fesseln, vielmehr hat man als Leser den Eindruck, sich mit einem Groschenroman zu beschäftigen, der den Kopf so gar nicht fordert.
Auch die Charaktere sind oberflächlich und nicht gerade glaubwürdig in Szene gesetzt. Sie nehmen den Leser nicht mit ins Boot, sondern überlassen ihm eine Statistenrolle, die auf Dauer mehr als unbefriedigend ist. Ein Mitfühlen und –fiebern war einfach nicht möglich, da sämtliche Protagonisten bis zum Schluss Fremde blieben.
„Der schönste Traum“ ist leider nur ein Groschenroman, der auch als kleiner Snack gegen Langeweile nur bedingt zu gebrauchen ist. Hier stimmt einfach gar nichts, schade um die Zeit! Keine Empfehlung!

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.