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Benutzername: 
Nina
Wohnort: 
Sankt Augustin
Über mich: 
www.eseloehrchen.de

Bewertungen

Insgesamt 185 Bewertungen
Bewertung vom 21.08.2014
Der Circle
Eggers, Dave

Der Circle


ausgezeichnet

Es ist nicht alles gut, was glänzt!

Mit „Der Circle“ habe ich eins der beeindruckendsten Bücher in diesem Jahr gelesen. Die Idee einer einzigen Internetidentität hat mir gefallen. Mich nervt oft die Anonymität im Internet. Jeder kann sich hinter Pseudonymen verstecken und „so richtig die Sau raus lassen“. Erst kürzlich haben mich Kommentare zum Tod eines Schauspielers so erschreckt und auch traurig gemacht. So vieles wäre nicht mehr möglich, wenn alle mit ihrer wahren Identität im Netz unterwegs wären. Und so konnte ich diese Idee einfach nur gut finden. Dazu kommt, dass mir die Art, wie Dave Eggers die Dinge beschreibt, sehr gut gefällt. Nicht zu enthusiastisch, aber so subtil, dass ich mir alles so gut vorstellen konnte und mir insgeheim auch so einen Arbeitsplatz gewünscht habe. Ich finde, dieser Schreibstil passt perfekt zu der Geschichte von Mae, die sich von der biederen grauen Maus zum Aushängeschild vom Circle entwickelt. Gerade an ihrem Beispiel wird deutlich, wie schnell man manipuliert werden kann ohne es bewusst zu merken. Es ist faszinierend und erschreckend zugleich, wie Mae durch ihren Traumjob in einen Strudel gerät, dem sie sich nicht mehr entziehen kann und auch nicht will.

Mir wurde es im Laufe der Geschichte immer mulmiger. Dave Eggers hat es in kürzester Zeit geschafft, mich komplett in die Geschichte hineinzuziehen. Ich habe nicht einfach nur gelesen, nein, ich musste ständig über das Gelesene nachdenken und mich austauschen. Und über mein eigenes Verhalten nachdenken. Die Geschichte ist zwar dystopisch, aber nicht wirklich weit weg von der Gegenwart. Wer noch nie in einem sozialen Netzwerk angemeldet war, wird vieles vielleicht gar nicht so nachvollziehen können. Aber ich nutze Facebook und einige Foren recht aktiv und es macht schon Spaß, etwas zu posten und viele Likes zu bekommen. Gefährlich wird es, wenn man sein reales Leben darüber vergisst. Hier lauert eine unheimliche Gefahr, die Dave Eggers perfekt dargestellt und ausgearbeitet hat. Ich konnte die Veränderung von Mae hautnah miterleben. Manchmal dachte ich, so naiv kann man doch gar nicht sein. Und dennoch konnte ich sie verstehen. Verstehen, was mir ihr passierte. Verstehen, warum sie sich so beeinflussen ließ.

Und so hat mich diese grandios konstruierte und geschriebene Geschichte sehr bewegt und beschäftigt. Und sie beschäftigt mich immer noch, obwohl ich das Buch schon vor einigen Tagen beendet habe. Regelrecht schockiert hat mich das Ende. Ich hatte etwas völlig anderes erwartet. Und bin froh, dass Dave Eggers sich genau für dieses Ende entschieden hat. Denn sein Ende ging mir wirklich heftig unter die Haut und macht dieses Buch so perfekt und rund!! Ich stelle bewusst keine Vergleiche zu anderen Büchern dieser Art an, denn ich finde, jedes Buch sollte für sich stehen.

Fazit: Ein spannendes und bewegendes Zukunftsszenario, das gar nicht so weit weg ist und mich noch lange beschäftigen wird.

30 von 35 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2014
Yoyogi Park
Neuenkirchen, Andreas

Yoyogi Park


sehr gut

Eine spannende Reise nach Japan

Ich mag Bücher, die mich in fremde Länder und Kulturen entführen. Und wenn diese Bücher auch noch spannend sind, um so besser. Die Kombination aus kulturellem Einblick in ein mir fremdes Land und moderner Krimiunterhaltung ist Andreas Neuenkirchen sehr gut gelungen. Sein Schreibstil ist modern und lebendig, seine Figuren interessant und vielschichtig. Das Ermittlerduo Yuka Sato und Shun Nakashima hat mir von Anfang an gefallen. Sie haben eine coole Art, miteinander umzugehen. Sie kabbeln sich andauernd und das Geplänkel zwischen den Beiden lockert die Atmosphäre ein bisschen auf und ist sehr amüsant. Denn der Fall, den die Beiden zu lösen haben, ist alles andere als amüsant.

Andreas Neuenkirchen hat sein Buch in fünf Akte und sieben Tage unterteilt. Und in viele kurze und sehr kurze Kapitel, von denen einige mit latent humorvollen Überschriften versehen sind. Und er konfrontiert mich sofort mit einer Leiche. Aber sehr dezent und fast schon ästhetisch beschreibt er den Fundort. Das hat mir sehr gefallen, denn es muss nicht immer blutig und brutal und detailliert erzählt werden. Das passt sehr schön zu der japanischen Kultur, die von sehr vielen Gegensätzen geprägt ist. Auf der einen Seite die alten Traditionen. Yuka Sato putzt sich z.B. in der Öffentlichkeit nicht die Nase, weil das unschicklich ist. Sie verbeugt sich vor den Toten, egal ob sie im Park unter einem Baum liegen oder auf dem kalten Tisch in der Rechtsmedizin, um ihnen Respekt zu erweisen. Und auf der anderen Seite das bizarre, das schräge Tokio, das Andreas Neuenkirchen sehr detailliert beschreibt. Ich habe sehr deutlich gespürt, dass er sich sehr gut auskennt. Schließlich hat er einige Zeit in Japan gelebt.

So wundert es nicht, dass ich sehr viel über die japanische Lebensart erfahre. Und diese vielen Informationen hat er sehr gut mit dem Kriminalfall kombiniert. Die Beschreibungen sind durchweg sehr interessant, manchmal allerdings etwas nüchtern und leider geht das ein bisschen auf Kosten der Spannung. Aber nur manchmal und nicht dauerhaft. Andreas Neuenkirchen legt einige falsche Fährten und lässt mich ein bisschen zappeln. Und zwischendurch blitzt immer wieder sein feiner und tiefgründiger Humor auf.

Die japanischen Namen sind schon etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich konnte immer wieder in das Personenregister ganz vorne schauen, was ich sehr hilfreich fand. Und die japanischen Besonderheiten sind ganz am Ende im Glossar aufgelistet. Solch einen Service weiß ich immer sehr zu schätzen.

Fazit: Ein spannender Ausflug in die Besonderheiten der japanischen Kultur!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2014
Das Lied des Wasserfalls
Caspari, Sofia

Das Lied des Wasserfalls


gut

Ende gut, alles gut!

Ich habe im letzten Jahr den 2. Teil der Trilogie (Die Lagune der Flamingos) mit Begeisterung gelesen und war sehr gespannt auf die Fortsetzung. In der Zwischenzeit sind acht Jahre vergangen und der ganz vorne abgedruckte Stammbaum half mir anfangs, die zahlreichen Personen auseinander zu halten. Der Einstieg war sehr spannend und geheimnisvoll und ich habe die wunderbaren Landschaftsbeschreibungen genossen. Das ist eine große Stärke von Sofia Caspari in diesem Buch. Sie beschreibt so detailliert und atmosphärisch, dass mein Kopfkino pausenlos arbeitete. Nach und nach führte sie ihre Figuren in die Geschichte ein und ich habe mich gefreut, alte Bekannte wieder zu sehen und neue Gesichter kennen zu lernen. Aber es ist auch hier nicht erforderlich, die Vorgeschichte zu kennen. Alle wichtigen Details aus der Vergangenheit lässt Sofia Caspari in die Geschichte einfließen.

Leider flacht der Spannungsbogen nach der Hälfte etwas ab, viele Konflikte werden sehr undramatisch gelöst und einiges ist leider sehr vorhersehbar. Ich hatte beim Lesen immer mehr das Gefühl, dass Sofia Caspari all ihren Hauptpersonen noch etwas Gutes tun wollte. Das war mir persönlich etwas zu seicht und zu kitschig. Zu viel Happy End gefällt mir einfach nicht so gut.

Im Vorgängerbuch habe ich sehr viel ganz allgemein über Land und Leute und das damalige Leben erfahren. Das fehlte mir hier ein bisschen. Es ging hauptsächlich darum, für alles ein gutes Ende zu finden. Es war mir „zu wenig Argentinien“ und zu viel Familiengeschichte.

Sofia Caspari führt auch dieses Mal alle Stränge zusammen, es bleibt nichts offen und ich habe das Buch mit dem Gefühl beendet, dass nun wirklich alles erzählt ist. Das passt sehr gut zum Ende einer Trilogie.

Wer ein Fan von einfühlsam erzählten Familiengeschichten ist und auf Dramatik gut verzichten kann, für den ist dieses Buch sehr gut geeignet. Mir hat es teilweise gefallen und als Ende der Trilogie ist es schon ok.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.07.2014
Die finanziellen Abenteuer des talentierten Poeten
Walter, Jess

Die finanziellen Abenteuer des talentierten Poeten


gut

Der untalentierte Poet

Ich bin ein großer Fan der Serie Breaking Bad und das war der Grund für mich, dieses Buch lesen zu wollen. Das geniale Cover, ein vielversprechender Klappentext und eine Leseprobe, die mich mit schwarzem Humor überzeugt hat, all das versprach mir ein Buch ganz nach meinem Geschmack.

Anfangs war ich auch ziemlich begeistert von der skurrilen Geschichte. Matt Prior wirkte auf mich sympathisch verpeilt und so schön schräg. Und trotzdem kümmert er sich geduldig um seinen dementen Vater und seine beiden Kinder. Aber schon nach wenigen Kapiteln kam die Ernüchterung. Mein Bild von Matt veränderte sich. Ich finde ihn immer noch ziemlich verpeilt, aber nachdem ich ein paar Hintergründe erfahren habe, die er sehr ausführlich erzählt, sehe ich ihn eher als eine ziemlich verkrachte Existenz, leichtgläubig und zu allem Überfluss ist er auch noch ein ziemlicher Feigling. Er zerfließt in Selbstmitleid, bespitzelt seine Ehefrau und trifft Entscheidungen, die ich einfach nicht nachvollziehen kann. Da blieb leider nicht mehr viel Sympathie übrig und es fiel mir immer schwerer, ihn und seine Geschichte zu mögen.

Jess Walter lässt Matt selbst erzählen. Die Ich-Form in Verbindung mit dem Präsens kann einem schon mal zu nah kommen. Obwohl Matt nicht ständig kifft, jagt ein „Laberflash“ das andere und er philosophiert über alles mögliche. Manches kann ich nachvollziehen, manches ist einfach nur abgedreht und manches … hat mich so sehr genervt und gelangweilt. Matt hält sich für einen Poeten, seine Gedichte, die er jedem Kapitel voranstellt, fand ich persönlich so schlecht, dass ich sie nur noch überflogen habe. Die eigentliche Geschichte rückt immer wieder in den Hintergrund und irgendwann rutscht auch das, was ich anfangs spannend und interessant fand, ins Absurde ab. Ich weiß gar nicht, wie oft ich beim Lesen den Kopf geschüttelt oder mit den Augen gerollt habe.

Nick Hornby lobt auf der Rückseite: „Der witzigste Roman des Jahres“. Dem kann ich leider nicht zustimmen. Natürlich gibt es sehr witzige Momente, aber so oft blieb mir das Grinsen im Hals stecken und richtig lachen musste ich gar nicht. Aber Humor ist ja so eine Sache, die jeder anders sieht. Trotz aller Kritikpunkte hat das Buch auch seine Highlights und einiges regt zum Nachdenken an. Aber über solche Ausdrücke wie „Die Arroganz der Erwerbstätigen“ und diese ständigen Rechtfertigungen, warum gerade er keinen Job hat, habe ich mich einfach nur geärgert. Und trotz einiger guter Passagen war ich dann froh, als ich das Buch endlich zuklappen konnte.

Fazit: Eine skurrile Geschichte über den sozialen Abstieg im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2014
Celeste bedeutet Himmelblau / Frank Liebknecht ermittelt Bd.1
Pons, Brigitte

Celeste bedeutet Himmelblau / Frank Liebknecht ermittelt Bd.1


gut

Das Mädchen ohne Namen

Frank Liebknecht ist so ganz anders als die meisten Polizisten, denen ich in spannenden Romanen begegne. Recht unscheinbar, sich selbst als „langweilig und bestenfalls eigenartig“ beschreibend. Trotzdem fängt er an, auf eigene Faust zu ermitteln. Denn er entdeckt am Tatort Hinweise auf eine Frau, von der keiner etwas wissen will. Lediglich Karl Hofmeister, ein alternder Künstler, gibt ihm bereitwillig Antworten auf seine Fragen und die Beiden freunden sich sehr schnell an ... und versuchen das Rätsel gemeinsam zu lösen.

Die eigentliche Polizeiarbeit bleibt weitestgehend außen vor, ich begleite Frank die meiste Zeit bei seinen Alleingängen. Als zum ersten Mal seine wilden Locken ins Spiel kamen, hatte ich beschlossen, ihn zu mögen. Aber es fiel mir doch ganz schön schwer, dieses Gefühl aufrecht zu erhalten. Ich mag Einzelgänger, aber Frank wirkte auf mich so farblos und uninteressant. Und das zog sich für mich durch das ganze Buch. Es gab zwar immer wieder sehr interessante und spannende Passagen, aber leider nicht durchgängig. Der Spannungsbogen flaute immer wieder ab und ich habe nur weiter gelesen, weil ich wissen wollte, wie es ausgeht. Frank brauchte sehr lange, bis er Zusammenhänge erkannte und seine Schlüsse daraus zog. Das mag zwar authentisch sein, aber für den Spannungsbogen war es wenig förderlich. Ich hätte ihn am liebsten zwischendurch mal an geschubst. Er deckt dann tatsächlich einiges auf, mit dem ich absolut nicht gerechnet habe, aber es dauerte eben seine Zeit.

Der Prolog, der mich mehr irritierte statt auf die Geschichte einzustimmen, bekommt erst am Ende einen Sinn und da hatte ich ihn schon fast wieder vergessen. Der Schreibstil ist recht einfach mit blumigen Akzenten, was für einen Kriminalroman eher ungewöhnlich ist und für mich persönlich nicht stimmig war. Aber das ist natürlich Geschmackssache. Die meiste Zeit wird aus der Sicht von Frank erzählt und wenige Male wechselt die Perspektive zu anderen Personen. Die mitunter sehr kurzen einzelnen Kapitel sind mit genauen Datums- und Zeitangaben versehen und weisen mich in der Überschrift darauf hin, wem ich über die Schulter schauen darf.

Über Frank erfahre ich dann so nach und nach einige Details, die ihn mir aber auch nicht näher bringen. Erst ganz am Ende bin ich dann doch versöhnt. Da verhält er sich wirklich vorbildlich und mutig und ich denke, er hat schon Potential, in den Folgebänden an sich zu wachsen. Ich bin nicht sicher, ob ich ihn noch einmal begleiten möchte, zumal es mir abgesehen von der Spannung auch an Lokalkolorit fehlte.

Fazit: Ein interessanter Plot, der für mich leider nicht spannend genug war.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.06.2014
Als wir unsterblich waren
Roth, Charlotte

Als wir unsterblich waren


ausgezeichnet

Diese seltsame, wilde, überbordende Zeit!

Als wir unsterblich waren … das klingt nach Jugend, nach Träumen, nach Veränderung und nach Liebe. All das habe ich bekommen und noch so viel mehr. Es ist die Geschichte von Paula und Clemens, von der Arbeiterbewegung und dem Aufstieg der Sozialdemokraten, von der Frauenbewegung und von starken Frauen, die so viel aushalten mussten und vom Krieg, der so viel verändert hat.

Ich habe mich schon auf den ersten Seiten verliebt in die Geschichte von Paula, die Charlotte Roth auf ihre ganz eigene Art erzählt. Und diese Art zu erzählen ist es auch, die dieses Buch so besonders macht. Es gibt kaum jemanden, der so viel Atmosphäre schafft, der so schöne Sätze schreibt, die ich mir alle bewahren möchte. Charlotte Roth schreibt die Geschichte von Paula nicht einfach auf. Nein, sie lebt diese Geschichte mit Worten, so lebendig, so nah und macht mich zu einem Teil davon. Sie hat mich abgeholt und mit genommen auf die Reise in eine Zeit, die ich nur aus Erzählungen kenne und die so wichtig ist. Sie hat mich berührt, mich zum Lächeln und und zum Weinen gebracht und mich immer wieder aufgefangen. Ich habe mich so wohl gefühlt mit diesem Buch, selbst wenn ich traurige oder schreckliche Dinge gelesen habe.

Der Schreibstil von Charlotte Roth ist so besonders. Sie hat die Atmosphäre im damaligen Berlin genau so gut eingefangen wie zum Zeitpunkt des Mauerfalls. Sie hat Figuren mit Ecken und Kanten geschaffen. Nichts ist rosarot, nichts ist tiefschwarz. Ihre Figuren sind genau so facettenreich wie das, was damals und 1989 passiert ist.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt und diese beiden Ebenen werden auf wunderbare Weise verbunden. Der letzte Satz wird bei jedem Zeitenwechsel zum ersten Satz. Das hat mich jedes mal aufs Neue begeistert und Charlotte Roth festigt damit immer wieder die Verbundenheit zwischen Paula und ihrer Enkelin Alexandra. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Vergangenheit, die Erlebnisse von Alexandra bieten dabei die perfekte Rahmenhandlung. Und am Ende, da läuft dann alles zusammen, was mir eine weitere heftige Gänsehaut beschert hat.

So emotional und so atmosphärisch geschrieben, ich habe mich direkt auf den ersten Seiten in dieses Buch verliebt!

10 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.06.2014
Augenschmaus
Shelly, Katie

Augenschmaus


ausgezeichnet

Es muss nicht immer Hochglanz sein!

Dieses Kochbuch kommt tatsächlich völlig ohne Hochglanzbilder von perfekt arrangierten Kochorgien aus. Und genau das macht den Charme dieses ungewöhnlichen Kochbuchs aus. Statt ellenlanger Beschreibungen erwarten mich liebevolle Illustrationen, die ich garantiert nicht missverstehen kann.

Die Rezepte sind einfach und gleichzeitig raffiniert. Katie Shelley präsentiert mir so viele Ideen, die auch noch ausbaufähig sind. So wird meine Kreativität in der Küche angeregt. Vom leckeren Frühstück über leichte Snacks bis hin zu deftigen Gerichten deckt dieses Kochbuch ein breites Spektrum ab und für jeden Geschmack ist etwas dabei. Manche Gerichte sind leicht exotisch angehaucht, aber auch an bodenständige Klassiker wurde gedacht. Die herrlich bunte Mischung bringt frischen Wind in meine Küche.

Alle Gerichte sind sehr leicht zuzubereiten und so fühlen sich auch Kochanfänger nicht überfordert. Gourmetköche werden sich vielleicht hoffnungslos unterfordert fühlen, aber vielleicht mögen sie genau wie ich dieses „Back to the Roots“. Besonders angetan haben es mir die vielfältigen Ideen für Omeletts, indische Joghurtsauce und Pizza. Viele Gerichte sind wirklich extrem einfach und extrem köstlich.

Auch an die „speziellen“ Esser wurde gedacht: Am Ende befindet sich eine Übersicht über alle Gerichte und die vegetarischen, veganen, gluten-, lactose- und zuckerfreien Speisen sind durch verschieden farbige Punkte gekennzeichnet. Ein toller Service!

Ein schönes und mit viel Liebe zum Detail gestaltetes Kochbuch, das in keiner „jungen“ Küche fehlen sollte!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.06.2014
ZERO - Sie wissen, was du tust
Elsberg, Marc

ZERO - Sie wissen, was du tust


ausgezeichnet

Schöne neue Welt?

Neue Technologien erleichtern das Leben und ich nutze sie selbst sehr gerne. Ein Besuch bei Facebook gehört zum Tagesablauf und ein Tag ohne Smartphone ist fast unvorstellbar. Und deshalb war ich so gespannt auf dieses Buch. Marc Elsberg hat ein brandaktuelles und hochbrisantes Thema in einen spannenden Thriller gepackt. Ich habe sehr viele interessante Infos bekommen und teilweise standen mir die Haare zu Berge. Ich wusste gar nicht, was alles möglich ist. Die totale Überwachung und die totale Manipulation.

Schon nach ein paar Sätzen packte mich das Grausen. Marc Elsberg hat eine besondere Art gefunden, mich zu fesseln. Er erzählt sehr temporeich, sehr dicht und im Präsens. Es geht Schlag auf Schlag. Er wechselt immer wieder die Perspektive. Ich beobachte Cynthia, mit der ich mich nicht nur altersmäßig identifizieren konnte. Ich erhalte Einblick in die oberste Etage von Freemee und werde Zeuge von sehr üblen Machenschaften. Und ich schaue dem Stabschef im Weißen Haus über die Schulter und das bereitet mir mehr als einmal Bauchschmerzen. Sehr gelungen fand ich die Chats der Zero-Mitglieder, die die einzelnen Kapitel miteinander verbinden.

Die Story ist so komplex, ich komme kaum zum Luft holen. Und obwohl ich mich mit technischen Dingen nicht besonders gut auskenne, blieb bei mir kaum eine Frage offen. Marc Elsberg hat mir alles so gut erklärt, dass ich gleichzeitig fasziniert und abgestoßen war von dem, was er mir in seinem Roman präsentiert hat. Was ich auf den ersten Blick sehr positiv empfunden habe und vielleicht auch nutzen würde, wenn es möglich wäre, war bei genauerem Hinsehen der absolute Datenmissbrauch-Horror. Wie so oft, liegen auch hier bei einigen Dingen Gut und Böse so nah beieinander.

„Die Menschen lebten ganz gut ohne Privatsphäre, bis sie ein raffinierter Anwalt vor hundert Jahren erfand“ „Er erfand sie nicht, sie wurde bloß damals in die Gesetze aufgenommen“ „Gesetze kommen und gehen. Die Privatsphäre wohl auch“ (S. 239/240)

Die Aussage machte mir die totale Gänsehaut und fast Albträume. Ich habe nach der Lektüre viel mehr Verständnis für Datenschützer und sehe nun einiges anders. Ich bin immer noch fasziniert von technischen Neuerungen, aber das Buch hat mich etwas skeptischer gemacht. Es hat mir die Augen geöffnet und mich sensibilisiert. Ich hoffe einfach, dass diese Fiktion nie Wirklichkeit wird!

Brandaktuell und hochbrisant und es lässt mich nicht mehr los!

41 von 42 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2014
28 Tage lang
Safier, David

28 Tage lang


sehr gut

Spannung und Tränen

Bücher über den Holocaust sind wichtig und ebenso wichtig ist es, dieses Thema auch der jungen Generation nahe zu bringen. Dies ist David Safier mit „28 Tage lang“ gelungen. Die Tage im Warschauer Ghetto lässt er die 16-jährige Mira aus ihrer Sicht erzählen. Ihre Konflikte, ihre Ängste, ihre Gefühle, ihr Hass, all das erlebe ich hautnah. David Safier hat eine einfache und leicht verständliche Sprache gewählt, die sich in auch den Dialogen widerspiegelt. Mir war das etwas zu „modern“, aber junge Leser werden es mögen, dass Mira so denkt und redet wie sie
.
Mira und ihre Gefährten sind fiktive Personen, zu denen sich einige historische Persönlichkeiten in Nebenrollen gesellen wie z. B. Janusz Korczak. Eindrucksvoll schildert David Safier historisch belegte Ereignisse und einige Male konnte ich nicht weiterlesen, weil mir dir Tränen in die Augen schossen. Dann wiederum hatte ich das Gefühl einen Thriller zu lesen, atemberaubende Spannung lässt mich durch die Seiten fliegen. Allerdings bleibt dabei auch ein etwas befremdliches Gefühl zurück, obwohl David Safier mich ganz am Anfang darauf vorbereitet hat. Während des Lesens stellte sich mir die Frage, ob das wirklich notwendig war. Eine andere Frage begleitete mich die ganze Zeit während des Lesens: „Was für ein Mensch willst du sein“. David Safier stellt die Frage mehrmals, ich konnte es gar nicht vergessen und … ich habe keine Antwort gefunden. Aber ich habe viel nachgedacht und das wird nicht nur mir so ergehen.

Dieses Buch liest man nicht einfach so, es bleibt sehr viel im Kopf zurück und damit hat David Safier sein Ziel erreicht. Bei Lesern aller Altersklassen. Und deshalb verzeihe ich auch ein paar sprachliche Einfachheiten, die mich zwar beim Lesen gestört haben, aber im Nachhinein unbedeutend sind.

Fazit: Schwere Kost – spannend und jugendtauglich erzählt.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.05.2014
Heimkehr
Morrison, Toni

Heimkehr


ausgezeichnet

„Sie standen da wie Männer“

Nach Hause kommen war für mich bisher immer ein schönes und positives Gefühl und hatte etwas Tröstliches. Für Frank Money ist es ganz anders. Er zog von Hause weg in den Krieg und kommt als gebrochener Mensch zurück. Mit seinen 24 Jahren wirkt er so viel älter. Er findet sich in seinem Leben nicht mehr zu recht. Gelegenheitsjobs halten ihn über Wasser, seine Beziehung ist am Ende. Die Sorge um seine jüngere Schwester Cee rüttelt ihn auf, gibt ihm die Kraft, sich auf den Weg nach Hause in das verhasste Lotus zu machen, um seine geliebte Schwester zu retten. Auch sie ist geflohen … vor der Gleichgültigkeit der Eltern, vor dem Hass der Großeltern … in eine Ehe, die von Anfang zum Scheitern verurteilt war. So lerne ich die Vergangenheit der Money-Geschwister aus verschiedenen Perspektiven kennen. Das Schicksal bringt die beiden Geschwister wieder zusammen, doch der Weg dahin ist steinig.

Toni Morrison hat eine wunderschöne Sprache gefunden für diese traurige und ergreifende Geschichte und macht die schwere Kost damit etwas erträglicher. Trotzdem musste ich meinen Ohren immer wieder Hörpausen gönnen um dann erneut einzutauchen in eine Geschichte voller Elend, Misshandlung, Wut und Verzweiflung.

Ein großer Teil ist in der Erzählerperspektive verfasst und wird von Doris Wolters vorgelesen. Sie hat sich hier wieder einmal selbst übertroffen. Sie liest so nuanciert, so gefühlvoll. Dieser Stimme muss man einfach zuhören und sie macht auch dieses Hörbuch zu etwas Besonderem. Einige Passagen werden von Frank in der Ich-Form erzählt und diese Passagen liest André Benndorff. Auch er hat mich überzeugt. Seine Stimme ist etwas härter als die seiner Mitstreiterin und wirkt auf mich noch eindringlicher. Er gibt der Seelenqual von Frank eine Stimme und auch das hat mich sehr beeindruckt.

Toni Morrison erzählt sehr dicht und packt so viel in 160 Seiten bzw. drei CDs. Und dann … im letzten Drittel ... siegt die Zuversicht, Frank und Cee sind endlich angekommen … bei sich und auch in Lotus, der verhassten Heimatstadt. Und so ist das Nachhausekommen letztendlich auch hier schön … nach einem langen Umweg.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.