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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 1008 Bewertungen
Bewertung vom 15.01.2023
Schwindelfrei ist nur der Tod / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.8
Maurer, Jörg

Schwindelfrei ist nur der Tod / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.8


sehr gut

»Marco senkte den Kopf. Durch den zersplitterten Boden sah er Wolkenfetzen, Bergspitzen und grüne Wiesen. Einen Fluss, der sich träge glitzernd durch die Wälder schob. Und eine Gestalt, die schreiend in die Tiefe stürzte.«

Für Marco und seine Mitreisenden wird die Fahrt in einem Heißluftballon zum Alptraum, nach einer Explosion stehen ihre Überlebenschancen äußerst schlecht. Unten am Boden sind die Retter aktiv aber ratlos. Wo ist der Ballon bzw. seine Reste geblieben? Gibt es noch Hoffnung, irgendjemanden lebend zu finden? Und wie konnte es überhaupt zu der Explosion kommen?

Im idyllisch gelegenen Kurort mit Bindestrich nahe der Zugspitze gibt es viel Arbeit für das Team von Hauptkommissar Hubertus Jennerwein. Er selbst ist allerdings nicht so ganz bei der Sache, eine Privatangelegenheit beschäftigt ihn bereits seit vielen Jahren und läuft aktuell auf eine besonders komplizierte Situation hinaus. Und dabei ahnt er noch nicht einmal, wie kompliziert es tatsächlich wird…

Ich brauchte mal wieder einen Krimi, bei dem ich so richtig lachen kann. Die Alpenkrimis von Jörg Maurer haben mich noch nie enttäuscht und auch dieser achte Band der Reihe stellt keine Ausnahme dar. Der Autor hat einen ganz eigenen Stil, wortgewandt, skurril, voller Witz und schrägen Einfällen. Allein die Ansammlung von bayerischen Schimpfworten ist ohne Vergleich.

Es gibt durchaus eine ordentliche Krimihandlung, Spannung zudem und an Todesopfern ist auch kein Mangel. Daneben verfolgt man aber weitere Handlungsstränge, die irgendwann zusammenfließen. Und als Intermezzi sachbuchartig aufgemachte Kurzabhandlungen zu Themen, die alle irgendetwas mit Diebstahl zu tun haben. Wer sich angewöhnt hat, auch alles im Anhang zu lesen, wird besonders belohnt – ich habe Tränen gelacht! Dazu die tollen Charaktere! Alle in Jennerweins Team sind Originale, sein besonderer Schützling, um den es im Privatumfeld geht, hat was Liebenswertes an sich und meine besonderen Favoriten, das Bestatterehepaar a.D. und der Problemlöser einer ehrenwerten italienischen Familie erfreuten mich auch diesmal.

Fazit: Immer wieder schön. Auch dieser Band der Reihe ist spannend und voller skurrilem Wortwitz zugleich. Gerne lese ich weiter.

Bewertung vom 12.01.2023
Beanstock - Mord auf Parsley Manor (1. Buch)
Benedict, A. W.

Beanstock - Mord auf Parsley Manor (1. Buch)


weniger gut

»Sir Percival, darf ich Sie darauf hinweisen, dass unter diesen Umständen Mr Van Horten noch bleiben sollte. Ich bin sicher, die Polizei will seine Aussage aufnehmen.«

1950, auf dem Stammsitz der Baronets von Parsley. Butler Beanstock übt gewissenhaft seine täglichen Pflichten aus und auch noch ein wenig mehr. Als nach einer Feier ein weiblicher Gast tot aufgefunden wird, offensichtlich ermordet, kümmert er sich sofort um die Ermittlungen. Schließlich ist die Polizei hoffnungslos überfordert…

Ich wollte dieses Buch mögen. Ich weiß, Cosy ist meist nicht meins, aber das Szenario hatte mich gelockt. Ein ermittelnder Butler, alles höchst britisch, das klang reizvoll. Und da ich auch Miss Marple mag, wagte ich einen Versuch.

Leider muss ich sagen, dass ich mich selten bei einem Krimi so gelangweilt habe. Erst nach knapp der Hälfte des Buchs passierte der Mord, davor erfuhr ich so ziemlich alles über das Aussehen der Örtlichkeiten, Blumen, Mahlzeiten, Personen, in welcher Reihenfolge die Post ausgetragen wurde und vieles mehr. Das war für mein Empfinden deutlich zu viel Szenario und Atmosphäre!

Nach dem Mord wurde es auch nicht besser. Keiner der Charaktere hatte irgendeine Tiefe, auch Beanstock blieb für mich ein höchst blasser Protagonist. Dass er sich aufgrund seiner Leidenschaft für Krimis auf den Fall stürzt, war nachvollziehbar. Aber seine Ermittlungsarbeit wirkte willkürlich, ich vermisste sowohl Logik als auch Spannung und den Versuch, irgendwelche Geheimdiensttätigkeiten mit einzubinden, konnte ich nur als bemüht empfinden. Eine ziemliche Anzahl von Schreibfehlern verbesserte das Lesevergnügen auch nicht gerade. Und im Jahre 1950 war es schlicht nicht möglich, dass jemand „wie Queen Elizabeth“ winken konnte.

Fazit: Was habe ich mich durch das Buch gequält! Vielleicht unternehme ich noch mal einen anderen Versuch mit einem Cosy Crime, aber ganz sicher nicht mit dieser Reihe.

Bewertung vom 10.01.2023
Prost, auf die Singles
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Singles


gut

»Schau, Resi, eben hast es live miterlebt, was dir blüht, wenn du dich mit einem Streuner einlässt. Am Anfang ist das alles aufregend. Und schwupp sitzt du mit deinen Dackeljungen allein daheim und schickst Briefe ins Tierheim, weil er dort einsitzt. Wie gesagt: Orientier dich lieber an einem Pudel.«

Den Partner fürs Leben zu finden ist oft ein schwieriges Unterfangen. Ein Speeddating im Brunngrieser Wirtshaus sollte den dort Alleinlebenden neue Möglichkeiten aufzeigen. Auch Felix Fink, der Kollege von Hauptkommissar Tischler, versuchte dort sein Glück. Am nächsten Morgen jedoch werden die Ermittler zu einem Tatort gerufen. Das Opfer: Eine junge Frau, die Felix und wohl auch den anderen Anwesenden am Vorabend ausgesprochen unsympathisch war. Schnell wird klar, dass die Anzahl der Personen mit einem Mordmotiv ziemlich lang ist…

Ich mag diese Reihe von Provinzkrimis sehr, weil sie normalerweise solide Krimikost auf unterhaltsame Weise präsentieren. Der Krimi konnte mich allerdings diesmal nicht vom Hocker reißen, wirkte sehr durchschnittlich und wenig spannend. Aber zum Glück gibt’s die Resi! Seit dem ersten Band freue ich mich auf jeden Auftritt der Dackeldame und in diesem Buch gab es davon besonders viele. Ich hoffe jetzt darauf, dass im kommenden Band erneut viel Resi und dazu auch wieder ein richtig spannender Krimi steckt.

Fazit: Der bislang schwächste Band der Reihe, aber Resi tröstet über alles hinweg.

Bewertung vom 09.01.2023
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


sehr gut

»Also, ich bin sicher, Sie haben unsere kurze Pause genutzt, um Ihre Möhren, den Sellerie und die Zwiebeln in kleine disparate Einheiten zu hacken, wodurch Sie die erforderlichen Oberflächen geschaffen haben, um die Aufnahme von Würzstoffen zu erleichtern und zugleich die Kochzeit zu verkürzen. Als Nächstes geben Sie eine großzügige Prise Natriumchlorid dazu…«

Südkalifornien, 1961. Elizabeth Zott ist Chemikerin, und zwar eine richtig gute. Hochmotiviert ist sie außerdem und voller Ideen, ein Gewinn für jedes Forschungsinstitut sollte man meinen. Doch in der Realität kämpft sie stetig darum, überhaupt vernünftig arbeiten zu dürfen. Statt wissenschaftlicher Anerkennung erfährt sie stetige Diskriminierung, allein aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau ist. Als sie auch noch unverheiratet schwanger wird, wird ihr sofort gekündigt. Doch Elizabeth gibt nicht auf, macht aus ihrer heimischen Küche kurzerhand ein Labor und versucht dort, trotz eines brüllenden Säuglings, ihre Forschung weiter zu betreiben.
Da man aber auch von irgendetwas leben muss, nimmt sie einen Job als Köchin in einer Fernsehshow an. Völlig abwegig? Nein, im Gegenteil. Für Elizabeth ist Kochen schlicht Chemie. Und so versucht sie, den zuschauenden (meist) Hausfrauen nicht nur Rezepte, sondern auch etwas Chemie und Selbstvertrauen zu vermitteln…

Während ich ein Buch lese, mache ich mir ständig Notizen. Oft schreibe ich ganze Sätze auf, die mir durch den Kopf gehen. Auch bei diesem Buch hatte ich das getan und was ich da bis fast zur Hälfte stehen hatte, war nicht so begeistert. Elizabeth Zott war mir einfach nicht sympathisch und ich hatte mir ausführlich notiert, was mich alles an ihr störte und weshalb ich dachte, dass dieses Buch einfach nur eine von vielen unglaubwürdigen und konstruierten Frauengeschichten sein müsste.

Ich habe alles wieder gelöscht. Denn dann ganz plötzlich hatte das Buch mich gepackt, meine Meinung geradezu umgedreht und die Protagonistin schlich sich mehr und mehr in mein Herz. Ich denke, auch ihre kleine Tochter war daran beteiligt, dieses tolle und liebenswürdige Kind! Und die wunderbare Nachbarin, ohne die Elizabeth zweifelsfrei aufgeschmissen gewesen wäre.
Denn es ist doch ganz klar, bei allem persönlichen Einsatz, Mut und Kampf – ohne eine Portion Glück und vor allem die Unterstützung anderer geht es nicht. Elizabeth wäre ohne die zuverlässige, ständige und kostenfreie Unterstützung ihrer Nachbarin gescheitert und so würde es auch der Mutter von fünf Kindern ergehen, die durch Elizabeth motiviert mit einem Medizinstudium starten will. Ich war sehr froh, dass diese Punkte im Buch letztlich doch deutlich herauskamen.

Der Stil der Autorin ist locker leicht zu lesen, die Handlung packend. Emotional war es eine kleine Achterbahnfahrt, denn ich regte mich diverse Male fürchterlich auf, war einfach nur wütend auf diverse bornierte männliche Charaktere und die dummen gesellschaftlichen Ansichten, die dieses Verhalten überhaupt nur möglich machen. An anderen Stellen konnte ich herzhaft lachen oder schmolz ein wenig dahin. Wie alles ausgehen würde, zeichnete sich früh ab, aber letztlich soll dieses Buch ja auch unterhalten und Mut machen.

Fazit: Nach ein paar Anlaufschwierigkeiten wurde es ein wunderbares Buch, berührend, unterhaltsam und mit Botschaft.

»Ich spreche von Atomen und Molekülen, … den wahren Regeln, die die physikalische Welt bestimmen. Wenn Frauen diese grundlegenden Konzepte verstehen, können sie allmählich die falschen Grenzen erkennen, die ihnen auferlegt worden sind.«

Bewertung vom 06.01.2023
Der Tod der dreckigen Anna
Seel, Tina

Der Tod der dreckigen Anna


ausgezeichnet

»Es musste ein Monster gewesen sein, da war man sich einig. Nicht von dieser Welt. Nicht aus diesem Dorf und schon gar nicht aus der Krittergasse.«

Heiligabend 1974. Friede auf Erden ist für die Bewohner des kleinen Dorfes Gödelsheim in der Südpfalz an diesem Abend kein naheliegender Gedanke. Zu sehr beschäftigt jeden die grausame Tat, die praktisch mitten unter ihnen geschah. Die zweiundsiebzigjährige Anna Hager, von Geburt an geistig verwirrt, wurde in ihrem Haus ermordet. Die Tat war ein einziges Massaker.
»In Kontakt gestanden? Die hat doch mit niemandem in Kontakt gestanden, die Arme. Das war ein verwirrter, armseliger Geist. Die hat doch niemandem was gemacht.«

Die Polizei schließt schnell aus, dass ein Fremder den Mord verübt hat. Aber jemand aus ihrem kleinen Dorf? Einer von ihnen? Wo jeder jeden kennt? Undenkbar! Und beängstigend zugleich, denn welches Opfer wird sich das Monster als nächstes suchen?

Das erste, was mich an diesem Buch reizte, war die Tatsache, dass die Handlung auf einem wahren Fall beruht. Die Autorin hat zwar alle Namen (auch den des Ortes) verändert und in eine Romanhandlung eingebettet, aber Zeitpunkt, Opfer, Täter und Aufklärung sind „true crime“. In einem sehr interessanten Nachwort führt Tina Seel präzise aus, was alles wirklich geschah und auch, wie sie selbst in die Handlung passt, denn die Tat geschah in ihrer direkten Nachbarschaft, sie war damals neun Jahre alt.

Vermutlich, weil sie selbst in einem kleinen Dorf aufgewachsen ist, kann sie so authentisch wiedergeben, wie sich die Menschen dort benommen und gefühlt haben. Die Atmosphäre ist immens dicht, man steht beim Lesen gefühlt mitten in der Handlung. Ich war schwer fasziniert und mochte das Buch nicht aus der Hand legen.
In verschiedenen Zeitlinien erlebt man sowohl die Tat mit als auch die Vergangenheit und Entwicklung einiger wichtiger Charaktere. Dadurch weiß man als Leser zwar recht früh, wer hinter der Tat steckt, die Spannung leidet darunter aber nicht, denn man spürt deutlich, welches Gefahrenpotential weiter in dem Täter liegt.

Interessant ist zudem, die Dynamik einer solchen Dorfgemeinschaft zu beobachten. Da gibt es viel Gutes, Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung, aber auch reichlich Schlechtes, wie beispielsweise Heimlichtuerei, Verlogenheit und hemmungsloses Lästern. Und wenn man erkennt, wie das Monster erstand, wird wieder einmal deutlich, dass es meist mehr als ein Opfer gibt.

Fazit: Nichts ist grausiger als die Realität. Auch dieser wahre Kriminalfall hat es in sich und wird auf packende Art in eine Romanhandlung eingearbeitet.

Bewertung vom 03.01.2023
Gott schütze dieses Haus / Inspector Lynley Bd.2
George, Elizabeth

Gott schütze dieses Haus / Inspector Lynley Bd.2


sehr gut

»Immer noch machten die grauenhaften Fotografien die Runde. Pater Hart brauchte sie nicht anzusehen. Er wusste nur zu gut, was sie zeigten. Er war als Erster am Ort gewesen. Das Bild war unauslöschlich in sein Gedächtnis eingegraben. William Teys – in seiner ganzen Größe von einem Meter neunzig – in fötaler Stellung auf der Seite liegend, den rechten Arm ausgestreckt, als wolle er noch etwas greifen, den linken Arm in den Magen gedrückt, die Knie fast bis zur Brust hochgezogen, und dort, wo der Kopf hätte sein müssen – nichts. Neben ihm Roberta. Und die schrecklichen Worte: Ich war’s. Es tut mir nicht leid.«

Ein zutiefst erschütternder, aber auf den ersten Blick klarer Fall beschäftigt Inspector Thomas Lynley und Sergeant Barbara Havers von Scotland Yard. In einem kleinen Dorf in Yorkshire entdeckte der Pfarrer die enthauptete Leiche eines angesehenen Gemeindemitglieds. Neben ihm die geständige Tochter, die jedoch von diesem Zeitpunkt an kein Wort mehr spricht.

Weder der Pfarrer noch sonst jemand im Dorf kann sich vorstellen, dass Roberta wirklich ihren Vater ermordet hat. Bei der Suche nach möglichen Erklärungen für das blutige Szenario stoßen die Ermittler tatsächlich auf diverse Widersprüche und Auffälligkeiten. Die Wahrheit wird letztlich auch sie an ihre Grenzen bringen.

Mit dieser Reihe wollte ich ewig schon mal beginnen und der erste Versuch erwies sich gleich als Volltreffer. Der Stil sagte mir sehr zu, die Autorin erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven und ist dabei immer sehr nah an den Empfindungen der einzelnen Charaktere, die sich in ihrer Art sehr unterscheiden.
Das beginnt bei den Ermittlern. Thomas Lynley ist ein Mann von Welt, wohlhabend und gutaussehend. Barbara Havers jedoch könnte man glatt als das genaue Gegenteil bezeichnen. Spannungen im Team sind da vorprogrammiert. Zudem scheint jeder von ihnen einen dunklen Schatten auf der Seele mit sich rumzuschleppen. Ähnliches findet man auch bei den Dorfbewohnern und Angehörigen des Opfers und merkt schnell, dass hinter der biederen, hochanständigen Fassade mehr als ein Abgrund lauert.
Gut, die Auflösung drängte sich schon recht früh auf. Ich denke, dass das jedem erfahrenen Krimileser so gehen wird. Trotzdem berührte mich die intensive Schilderung sehr. Diese Reihe verfolge ich sicher weiter.

Fazit: Ein erschütternder Ausflug in menschliche Abgründe, sehr intensiv geschildert.

Bewertung vom 29.12.2022
Ausgelöscht / Hauptkommissar Claudius Zorn Bd.12
Ludwig, Stephan

Ausgelöscht / Hauptkommissar Claudius Zorn Bd.12


ausgezeichnet

Ich frage, was mit mir passiert ist. »Das wissen wir nicht.« Sie beginnt, den Verband zu erneuern. »Die Polizei kann Ihnen bestimmt mehr sagen.«
»Die … Polizei?«
»Sie sind fast zu Tode geprügelt worden. Hätte man Sie eine halbe Stunde später in die Notaufnahme gebracht, wären Sie nicht mehr am Leben.«

Jakob Fender ist klar, dass er sich glücklich schätzen sollte, überlebt zu haben. Tatsächlich jedoch ist er davon weit entfernt, denn die schweren Verletzungen haben eine Amnesie zur Folge. Jakob weiß weder, wer er selbst ist, noch erkennt er seine Angehörigen. Und erst recht hat er keine Erinnerung an den Vorgang, der ihn fast das Leben gekostet hat. Für die Kommissare Zorn und Schröder wird so die Ermittlungsarbeit schwierig, zumal es kaum Spuren und keine Zeugen gibt. Während alle Beteiligten noch hoffen, dass bei ihm die Erinnerung zurückkehrt, geschieht ein Mord, der einen Zusammenhang mit dem Mordversuch an Jakob erkennen lässt.
Und dann wird es richtig kompliziert…

Der mittlerweile zwölfte Band für die beiden Kult-Ermittler war das und auch er konnte mich wieder begeistern. Der Stil des Autors liest sich so locker weg, da bleibt man einfach gern dran. Die spannende Handlung tut dann noch ihr Übriges dazu. Gedächtnisverlust stelle ich mir extrem belastend vor, wie soll man damit bloß umgehen und leben? Zumal noch der Gedanke dazukommt, dass der verantwortliche Täter vermutlich versuchen wird, den missglückten Mordanschlag doch noch zum Abschluss zu bringen. Und damit ist die Krimihandlung nicht am Ende, im Gegenteil kann man sagen, damit fängt alles erst an. Es wird spannend!

Und unterhaltsam! Denn die beiden Kommissare, die sich im Grunde heiß und innig lieben (das aber nie zugeben würden), zanken sich mit schöner Regelmäßigkeit und lassen keine Gelegenheit aus, sich gegenseitig aufzuziehen. Das ergibt herrliche Wortgeplänkel, die ich immer mit großem Vergnügen lese. Und auch Zorns kleiner Sohn Edgar schafft es bereits, seinen Vater mächtig ins Schwitzen zu bringen. Häufig mag ich es nicht so, wenn dem Privatleben der Ermittler zu viel Raum gegeben wird, aber hier mache ich gerne eine Ausnahme.

Fazit: Ein toller Mix aus Spannung und Unterhaltung! Das hat wieder viel Spaß gemacht und ich hoffe, der Autor lässt noch weitere Fälle folgen.

Bewertung vom 24.12.2022
Ein sturer Hund / Cheng Bd.2
Steinfest, Heinrich

Ein sturer Hund / Cheng Bd.2


weniger gut

»Das war nun eine ziemlich gewagte Interpretation, wenn man bedenkt, wie wenig Mortensen von dieser Frau wusste. Aber er blieb dabei, war überzeugt, dass die Malvenfarbene sich aus dieser ganzen Angelegenheit heraushalten würde, entsprechend der Einstellung, dass ein Mord eine Privatangelegenheit darstellte, die niemanden außer den Täter und das Opfer etwas angehe.«

Ein Krimi soll das sein? Für mich ist es einfach ein Roman, aber kein Krimi. Es gibt zwar Morde und nach immerhin einem Drittel des Buchs taucht auch die Hauptperson, der Detektiv Cheng auf, aber für mein Empfinden fehlt es völlig an Spannung. Es wird erzählt, erzählt und erzählt. Sprachlich ist das durchaus interessant, aber für einen Krimi unpassend, da es jeden Versuch, Spannung aufzubauen, im Keim erstickt.
Ähnlich ging es mir mit Cheng. Die Figur ist eigentlich reizvoll angelegt, aber auch hier verlor sich für mich jeder Auftritt in Nebensächlichkeiten. Ich konnte mich nicht einmal für Chengs Hund Lauscher erwärmen – und so etwas passiert mir wirklich selten.

Fazit: Zu diesem Buch fand ich leider keinen Zugang. Ich habe mich richtig durchgequält und bin zwar auf eine interessante und ausgefeilte Sprache getroffen, die Spannung, die ich von einem Krimi erwarte, fehlte aber völlig.

Bewertung vom 21.12.2022
Nebelfront
Nygaard, Hannes

Nebelfront


sehr gut

»Ich bin immer nur dann Allergiker, wenn ich zu euch an die Westküste kommen muss. Ich bete seit Jahren, dass endlich eine große Sturmflut kommt und euch wegspült.«

Der Spurensicherer aus Flensburg hat bereits die Erfahrung gemacht, dass ihn an der Küste besonders üble Tatorte erwarten. Auch der aktuelle Fall stellt da keine Ausnahme dar. Seine Auftritte und die dabei stattfindenden amüsanten Wortgefechte bilden für Kenner der Reihe einen liebgewonnenen Running Gag. Davon abgesehen gibt es in diesem Buch allerdings nicht viel zu lachen, dafür ist die Thematik zu heftig.

Es beginnt mit einer besonders üblen Grabschändung, später folgen mehrere Todesfälle. Zunächst erkennen die Kommissare Christoph Johannes und Wilderich Große Jäger keine Gemeinsamkeiten zwischen den sehr unterschiedlichen Fällen, doch nach und nach fügen sich Puzzleteile zu einer schockierenden Auflösung zusammen. Da hat man Opfer mit blütenweißer Weste, beliebt und gutem Ruf – und trotzdem muss es jemand gegeben haben, der sie hasste. Die Suche nach dem Täter wird die Ermittler weit in die Vergangenheit führen.

Ich mag diese Reihe sehr, vor allem Große Jäger ist ein besonderes Einzelstück von Charakter. Auch diesen Band empfand ich als sehr spannend und mochte ihn nicht mehr aus der Hand legen. Dazu kam noch die dichte Atmosphäre, was mich als Fan von Küstenkrimis zusätzlich erfreute.

Fazit: Wieder einmal ein spannender Fall für die Husumer Kripo. Ich lese gerne weiter.

Bewertung vom 18.12.2022
Finsterau
Schenkel, Andrea Maria

Finsterau


sehr gut

»Vielleicht hatten sie recht, und er war es gewesen, aber er war doch nicht verrückt. Er stand auf und lief wieder in der Zelle umher.«

Für alle, die am Tatort waren und natürlich auch für jedes Mitglied der kleinen Dorfgemeinschaft mitten im Bayerischen Wald ist der Fall klar: Johann Zauner, ehemaliger Streckenarbeiter, hat an einem schwülen Julitag des Jahres 1947 seine Tochter und den kleinen Enkel erschlagen. Auch das Motiv liegt auf der Hand, der strenggläubige Johann konnte es einfach nicht ertragen, dass seine Tochter mit einem unehelichen Kind Sünde auf sich und Schande über die Familie gebracht hatte.

Aber ist der Fall wirklich so einfach? Rückblicke der Beteiligten formen nach und nach für den Leser ein Bild der Ereignisse, dabei werden auch die Einzelschicksale deutlich. Der Autorin gelingt es dabei, eine sehr dichte, beängstigende Atmosphäre aufzubauen. Ich mochte das Buch nicht aus der Hand legen, fühlte, wie alles unweigerlich in die Katastrophe steuerte und erkannte, wie viele Opfer es in dieser Geschichte tatsächlich gibt.

Als Vorlage diente ein historischer Kriminalfall aus der Nachkriegszeit, der allerdings nicht in Finsterau stattfand. Das war vermutlich der Grund, weshalb das Buch in meinem Regal landete, obwohl es so kurz ist. Historische und reale Fälle reizen mich einfach sehr! Meist stelle ich fest, dass eine gute Geschichte Zeit braucht, sich zu entwickeln, aber manchmal beherrscht ein Autor bzw. eine Autorin die Kunst, eine fesselnde Story auf wenigen Seiten unterzubringen. Hier ist das gelungen.

Fazit: Intensives, bedrückendes Zeitzeugnis. Manchmal reicht tatsächlich ein kurzer Text!