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Benutzername: 
sabisteb
Wohnort: 
Freiburg

Bewertungen

Insgesamt 1375 Bewertungen
Bewertung vom 11.09.2012
Neverland - Reise in das Land der Abenteuer
Rhys Ifans/Anna Friel

Neverland - Reise in das Land der Abenteuer


gut

London 1906. Der Waisenjunge Peter ist (ähnlich wie David Copperfield) ein Taschendieb im Dienste des Hehlers James "Jimmy" Hook. Diesmal hat Jimmy einen richtig großen Auftrag an Land gezogen, er will einen kleinen Antiquitätenladen ausrauben. Peter, der zeigen möchte, was er und seinen Gang so drauf haben, überredet seine Freunde dieses Bruch vor Jimmy zu machen, um diesen zu beeindrucken. Jimmy erwischt die Jungen, aber gemeinsam stehlen eine seltsame leuchtende Kugel, die, als Jimmy die antippt, explodiert oder so scheint es Peter zumindest. Jimmy und seine Freunde sind jedenfalls verschwunden. Peter will Rache und konfrontiert den Mann, dem die Kugel gehört. Von diesem erfährt er, dass seine Freunde noch leben, und das diese Kugel sie nur an einen fernen Ort gebracht hat, an den Peter ihnen nun folgt: Neverland.

Wie kam Peter Pan nach Neverland? Wo liegt Neverland? Die versucht der Film zu erklären und irgendwie gefällt mir die Lösung nicht, es fehlt ihr an Charme. Sie ist zu pseudowissenschaftlich abgedreht. Neverland, ein fremder Planet (der zufällig aussieht wie die Erde) am Rande und gleichzeitig in der Mitte des Universums, wo für die Bewohner die Zeit still steht?! Hallo, wenn für die den Planeten bewohnenden Lebewesen die Zeit still steht, warum wachsen dann die Pflanzen? Wie konnte sich Leben entwickeln? Möglicherweise bezieht sich diese Zeitstillstand nur auf die fremden Wesen von der Erde, und für den Rest des Planeten läuft die Zeit normal ab.
Peter Pan, der ach so unschuldige Junge, lebte als Taschendieb und Waisenjunge in London? Hallo, wie lieb er da so süß und unschuldig und überlebte? Da hat jemand zu viel Oliver Twist gelesen und Faggins/Hook und Oliver/Peter schnell mal entliehen, dazu ein wenig Peter Pan gemischt mit Fluch der Karibik gewürzt, dazu noch eine Prise mystisch esoterisch astronomisches Geschwafel, schönes Kulissen und sehr gute Animationen und fertig ist das weihnachtliche Fantasyspektakel. Jedes Jahr auf’s Neue (ähnlich wie die Weihnachtsmehrteiler früher im ZDF). Man merkt stark, dass es sich um eine Fernsehproduktion handelt, das ist nicht schlecht, aber auch nicht überragend, was wohl der wirklich sehr guten Besetzung zu verdanken ist. Mittelmäßige Animationen und schlechte Schauspieler in dieser verworren kruden Geschichte voller Logiklöcher wäre eine echte Qual geworden, so war dieser Film zumindest unterhaltsam.
Die Geschichte ist leider sehr verworren, zieht sich, wogt hin und her, wird künstlich in die Länge gezogen und das Ende ist absehbar. Wenn die Kugel zerstört ist und Peter Neverland nicht mehr verlassen kann, wie kam er denn dann zu Wendy?

Bewertung vom 11.09.2012
Underworld: Evolution

Underworld: Evolution


sehr gut

Nach den Vorkommnissen in Budapest, bei denen Michael Corvin zu einem Werwolf-Vampir-Hybrid wurde, befinden sich Michael und seine geliebte Todeshändlerin Selene immer noch auf der Flucht vor Marcus, einem Vampirfürsten. Marcus wurde als Unfall vorzeitig geweckt als Blut in sein Grab tropfte. Nun müssten die frisch Verliebten nicht nur um ihr Leben kämpfen, Michael muss parallel auch noch lernen, was einen Vampir ausmacht.

Dieser Film ist die Fortsetzung zu Underworld und schließt an diesen nahtlos an. Es gibt zwar einen Vorspann, der erklärt aber Selenes Vergangenheit und hilft einem nicht in die Handlung dieses Filmes einzusteigen. Ich würde daher dringend davon abraten diesen Film zu schauen, wenn man den ersten Teil nicht kennt, denn die Mythologie dieser Fortsetzung ist für sich allein schon verwirrend genug ohne, dass einem noch die Informationen des ersten Teils fehlen.
Ein Vampir Actionfilm und ansprechende Mythologie, das findet man selten. Man gibt sich Mühe hier eine neue Welt zu schaffen, die jedoch so verwickelt und verstrickt ist, dass 90 Minuten definitiv zu wenig sind, um diese Beziehungsgeflechte wirklich zu durchschauen und zu verstehen und beim ersten Mal schauen wird man sich auch nicht verstehen. Das ist dann doch ein wenig zu viel des Guten. Chefvampir Markus hat nämlich einen Bruder, den Chefwerwolf William, der von Viktor (Selenes Ziehvater aus Teil 1, Vampirchef, wenn Markus schläft) gefangen gehalten wird. Klar will Marcus seinen Bruder befreien, dazu braucht er jedoch einen mechanischen (!) Schlüssel, von dem jeweils Selene und Alexander Corvinus (Marcus Pappa) einen Teil haben. Warum er nicht einen neuen Schlüssel machen lässt ist mir an dieser Stelle schleierhaft. Uralte Mechanik dürfte heutzutage doch einfach zu knacken sein. Naja, Corvinus, der Pappa von Marcus und Viktor ist von dem verhalten seiner Zöglinge nicht angetan. Sie erschufen eine Hybridrasse, verbreiteten Chaos und er durfte hinter ihnen aufräumen, daher hat er seinen Wolfsjungen weggesperrt. Soviel zur Mythologie. Verwirrend, selbst wenn man es mehrfach liest? Wie soll man das bei einem Mal schauen erfassen? Das hätte man besser strukturieren sollen, anders, besser, ausführlicher erklären sollen. Hier scheitert eine wirklich gute mythologische Idee, an handwerklich schlechter Erzählkunst, weil man sich nicht entscheiden konnte zwischen Actionfilm und wirklicher Handlung und so kommt beides zu kurz.

Bewertung vom 10.09.2012
Tess of The D'Urbervilles

Tess of The D'Urbervilles


sehr gut

1891 veröffentlichte der englische Schriftstellers Thomas Hardy diesen Roman, der unter seinen Zeitgenossen eher gemischt aufgenommen wurde, wohl weil es für damalige Verhältnisse eher freizügig zuging bzw. einfach realistisch beschrieben wurde, wie es eben in der Welt zugeht, damals und auch heute. Die sechzehnjährige Tess Durbeyfield kommt aus einer kinderreichen Familie. Um das Einkommens der Familie aufzubessern nimmt Tess eine Stellung im Hause D’Urberville an. Alec D’Urberville vergewaltigt Tess. Sie verlässt ihre Anstellung, aber es ist zu spät, sie ist bereits schwanger, eine große Schande, die ihr Leben von nun an überschatten wird. Der kleine Junge jedoch stirbt und weil Tess es daheim nicht aushält sucht sie sich einen neuen Job. Diesmal als Melkmagd. Auf dem Hof lernt der Pfarrerssohn Angel Clare was man braucht, um ein guter Gutsherr zu werden. Angel ist der Schwarm aller Mägde, aber er will nur eine: Tess. Kann er sie auch mit ihrer belasteten Vergangenheit lieben?

Normalerweise fangen Kurzserien eher stark an und lassen dann gegen Schluss nach. Hier ist es gerade anders herum. Der Anfang ist eher schwach wird besser, lässt wieder nach und nimmt geegn Schluss noch mal Fahrt auf. David Blair hetzt durch die Jugendepisode daheim und lässt so die Motivation aus, warum Tess diese Stellung überhaupt annimmt, nämlich, weil das Familienpferd durch ihre Schuld zu Tode kam und die Familie nun kein Einkommen mehr hat. Sie will genug Geld verdienen, um ein neues Pferd zu kaufen. Es wird zwar am Rande erwähnt, dass ihr Vater nun ein neues Pferd hat, aber damit hat es sich auch schon.
Auch später immer wieder ganze Zeitabschnitte in Tess Leben so episodenhaft erzählt, dass diesen teils der logische Zusammenhang fehlt und man sie kaum versteht, wenn man das Buch nicht gelesen hat, so z. Bsp. was es mit den versteckten Schuhen auf sich hat, die Angels Brüder finden. Was machte Tess mit dem Geld das Angel ihr gab? Im Buch geht es zum Großteil für die Reparatur des Daches des Familienheims drauf, hier fragt man sich, warum sie arbeitet, wenn Angel ihr doch Geld gab. Natürlich muss noch ein wenig mit Bettszenen gewürzt werden, die im Buch nur angedeutet werden, das nicht im Mindesten so frivol ist, wie die Zeitgenossen es empfanden. Dafür fehlen einige wirklich starke Stellen, wie die sterbenden Fasane im Gebüsch fehlen, dafür hat man die Jäger erfunden.
Die Besetzung ist sehr gut getroffen, obwohl ich Alec deutlich attraktiver als Angel finde und nicht verstehen kann, was Tess an diesem Milchgesicht findet. Tess quietschige Synchronstimme nervte mich streckenweise deutlich, aber man gewöhnt sich daran.

Fazit: Prinzipiell sehr nahe am Buch, man hätte aber lieber noch eine Episode mehr investieren sollen, um die durch die Kürzungen entstehenden logischen Lücken zu füllen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.09.2012
Jane Eyre - 2 Disc DVD

Jane Eyre - 2 Disc DVD


sehr gut

Jane Eyre wächst als Waisenkind bei reichen Verwandten auf. Es ist eine freudlose Kindheit, denn Jane ist altklug und damit kann ihre Tante, nicht viel anfangen. Sie verachtet und hasst Jane, was auf Gegenseitigkeit beruht. So sind beide Seiten froh, als Jane nach einer größeren Eskalation Gateshead verlässt und nach Lowood ins Internat kommt und nach acht Jahren Schulzeit selber Lehrerin wird. Aber schon bald wird ihr dieses einseitige Leben öde, sie will mehr, sie braucht einen Tapetenwechsel und annonciert, dass sie eine Stellung als Gouvernante sucht. Sie tritt eine Stellung als Gouvernante bei einem unehelichen französisches Mädchen auf Thornfield Hall an, was ihr jedoch auch bald sehr eintönig wird, bis sie Mr. Rochester, den Herren des Hauses kennenlernt, der ein düsteres Geheimnis hütet.

Der Roman erschien 1847 unter dem Pseudonym Currer Bell und hieß auf Deutsch zunächst „Die Waise von Lowood“. Erzählt wird die klischeehafte, vorhersehbare Geschichte der Gouvernante Jane Eyre und die Autorin bemüht alle damals gängigen Klischees aufs Beste.
Zunächst ist da das arme Waisenkind, das von seinen reichen Verwandten schlecht behandelt wird und auf ein düsteres Internat geschickt wird. Diese Kindheit wird in dieser Serie mit gerade mal 15 Minuten abgehandelt. Kennt man das Buch nicht, wird kaum klar, warum Jane von ihrer Tante so gehasst wird, auch, was im Internat passiert und warum ihre beste Freundin stirbt, all das kann man ohne Kenntnis des Buches nicht erfassen. Nicht nur das, die Jugendepisoden wirken unmotiviert, unzusammenhängend aneinandergereiht und Schwupps ist sie Lehrerin. Bessies Rolle, ihre Beziehung zu Jane wird komplett gestrichen.
Für Thornfield Hall, den Traum der Gouvernante mal ihren Herren zu heiraten, nimmt man sich dann ausführlich Zeit. Janes Flucht jedoch (jede Liebe muss durch ein Jammertal, wenn sie die wahre Liebe ist) wird wieder nur in zusammenhanglosen Episoden, teils in Rückblenden, die man ohne Kenntnis des Buches nur schwer verstehen kann, erzählt und verfälscht, denn sie hat sich von Edward (im Buch) definitiv nicht verabschiedet. Janes (erotische) Träume, Erinnerungen an Edward im vierten Teil sind ein Zugeständnis an den modernen Zuschauer und komplett deplatziert, die hätte man streichen sollen und durch fehlende Handlungsstränge ersetzen sollen. Auch das Auffinden ihrer Cousinen, das Leben mit diesen, wird so dermaßen im Schnelldurchlauf durchgehechelt, dass man die Zusammenhänge nur schwer erfassen kann (die hier teils ohnehin verfälscht sind), falls man das Buch nicht kennen sollte.
Was sollte das Familienfoto/Portrait am Schluss denn? Soll der Maler all diese Figuren schnell mal in 5 Minuten malen? Da werden einige Schicksale und was aus den unterschiedlichen Protagonisten wurde in einem Bild zusammengefasst, hätte man sich sparen sollen und lieber nur Janes und Edwards Zukunft in einem schönen Familienbild zeigen sollen.
Die Besetzung ist soweit gut und passend, die deutsche Synchronisation in den Hautrollen ebenfalls sehr gut, nur einige Nebenrollen sind so grauenvoll synchronisiert, so steif, leblos und abgelesen, dass sie regelrecht unangenehm auffallen.

Fazit: Soweit nahe am Buch, aber teilweise derartig episodenhaft angedeutete Handlungen, dass man diese ohne Kenntnis des Buches weder zuordnen noch wirklich erfassen kann.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2012
Lost City Raiders

Lost City Raiders


weniger gut

Mit Mythologie gegen die Klimaerwärmung

2048 hat die Klimaerwärmung zum Abschmelzen der Polkappen geführt und 70% der Landmasse geflutet, im Ozean herrschen mutierte Killerwesen. John Kubiak und seine beiden Adoptivsöhne Jack und Thomas verdienen ihre Geld mit der Bergung in den Fluten versunkener Wertgegenstände, teils im Auftrag der Besitzer, teils als Raubtaucher. Da bekommen sie einen brisanten Auftrag vom Vatikan. Sie sollen ein ominöses Zepter des Sobek suchen, dass die Meeresfluten kontrollieren kann. Dabei haben sie Konkurrenz von einem fiesem Immobilienhai, der die Flut noch weiter steigen lassen will, um den Profit mit seinen schwimmenden Wohnungen in die Höhe zu treiben und die überfluteten Landmassen billig zu kaufen, bevor der das Wasser wieder sinken lässt.

Zum einen ist die Idee nun wahrlich nicht neu. Ich kenne diese Bergungstauchergeschichte aus irgendeinen Anime aus den 90er Jahren dessen Name mir nicht mehr einfällt. Die Story ist so unlogisch, dass es schon weh tut. Natürlich glauben die Amis nicht an die Klimaerwärmung, das verbieten schon die Ölmultis, und so verwundert es nicht, dass hier eine magisch mythologische Lösung propagiert wird, die wohl ein Teil der Amerikaner sogar glauben wird. Was jedoch unlogisch ist, ist, dass die katholische Kirche daran glaubt, dass ein heidnischer Gegenstand, der einem anderen Gott diente, funktionieren könnte. Damit geben sie doch zu, dass es Sobek gibt, ihren eigenen Gott aber nicht, denn der hat die Flut nicht in den Griff bekommen. Überhaupt, welches Land hat mal eben dem Vatikan Land abgetreten, damit er sich auf dem immer enger werdenden Landmassen gemütlich ausbreiten kann? Wer würde freiwillig in so einer Situation auch nur einen Quadratmeter hergeben?

Zusätzlich kann auch die Umsetzung dieses vor Klischees strotzenden, dünnen Geschichtchens nichts reißen. Die Kulissen sind billig, die Schauspieler OK, nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Die Kulissen wirken teils wie Pappmaschee, teils wie Kulissen aus Disneyland. Die Popliedchen des Soundtracks sind grauenvoll. Die Spezialeffekte wirken wie in einer RTL oder Sat 1 Eigenproduktion. Keine Ahnung, warum Disney so einen Schrott produziert und damit seinen Namen riskiert, aber mit denen geht es ja schon länger abwärts.

Fazit: Zeitverschwendung.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2012
Der Mann ohne Gesicht, 1 Audio-CD
Sayers, Dorothy L.

Der Mann ohne Gesicht, 1 Audio-CD


gut

Auf einer Zugfahrt erzählen die Mitreisenden Lord Peter Wimsey von einem ungewöhlichen Mord in East Felpham. Am Strand wurde die Leiche eines Mannes gefunden. Er trug Badekleidung, wurde erwürgt und sein Gesicht mit Schnitten unkenntlich gemacht. Ein Auto oder die Kleidung des Ermordeten wurde nicht gefunden. Der Mörder hat keine Spuren hinterlassen bzw. wurden diese von der Flut zerstört. Lord Peter entwickelt eine ganz andere Theorie als Inspektor Parker von Scotland Yard. Verschmähten Liebhaber oder Rache nach jahrelange Demütigung?

Auch diese 49 minütige Koproduktion des MDR/SWR/SFB-ORB aus dem Jahr 2002 ist sehr minimalistisch. Ein Hörspiel ohne Geräuschkulisse, also eher eine Vertonte Lesung mit verschiedenen Sprechern, wobei sich erneut der Fall, ähnlich wie beim Gisbert Haefs Triumvirat, in einem Gespräch entwickelt und auch fast nur in Gesprächen gelöst wird. Einige der Sprecher in kleinen Nebenrollen sind schlecht, anders kann man es nicht sagen. Steif, abgelesen, unecht. Die Hauptrollen hingegen sind sehr gut besetzt.
Minimalistisch ist das Hörspiel nicht nur in Hinsicht auf die Umsetzung, sondern auch, was die Handlung angeht. Der Fall ist jedoch so gut konstruiert, und so ... abstrus ist nicht ganz das richtige Wort, menschliche Leidenschaften können schon seltsame Formen und Ausbrüche annehmen - dass das Anhören doch Spaß macht und es nicht langweilig wird. Man kann miträtseln, alle Hinweise sind da, der Täter ist schnell klar, nur das Motiv, das muss Lord Peter entschlüsseln.

Fazit: Einerseits guter, unterhaltsamer Fall, andererseits teils schlechte Sprecher und keinerlei Geräuschkulisse. Kein Hörspiel, keine Lesung, irgendwas dazwischen.

Bewertung vom 02.09.2012
Fontane Effi Briest

Fontane Effi Briest


gut

Die Siebzehnjährige Effie Briest heiratet den Ex ihrer Mutter, den 38-jährige Baron von Innstetten. Der versteht das junge Mädchen nicht, sie ist für ihn ein Spielzeug, ein Schmuckstück an seiner Seite, um seine Karriere zu befördern. Aus Langeweile und Vernachlässigung freundet sie sich mit Crampas an, eine Freundschaft, die beiden erst Jahre später zum Verhängnis wird.

1974 nahm sich Rainer Werner Fassbinder diesen Stoff vor. Schon damals war dieser Film bereits die vierte Verfilmung des Stoffes.
Ich bin sehr zwiespältig, was diese Umsetzung angeht, sie hat gute Seiten und auch ihre schlechten Seiten
==Schlecht finde ich==
- Zum einen hetzt die Verfilmung, besonders am Anfang der Geschichte dermaßen durch die Handlung, dass es so scheint, als wenn Effie Innstetten freiwillig und begeistert heiraten würde. Dem ist nicht so. Sie steht auf einen jungen Offizier und ihre Mutter bearbeitet sie im Buch regelrecht, damit Effie den alternden Ex ihrer Mutter doch nimmt.
- Die Erzählweise ist extrem episodenhaft und sprunghaft. Ohne Kenntnis des Buches dürfte es streckenweise schwer sein, der Handlung richtig folgen zu können, da es einfach zu viele Lücken gibt, die entweder nicht ausgespielt werden oder nur am Rande mal erwähnt werden.
- Fassbinders Frauendarstellung: Wieder einmal starren sie stoned in die Weite. Emotionslose Schaufensterpuppen, die so die besten Szenen des Buches so ruinieren, weil diese Szenen voller Emotionen sein sollten, voller Leidenschaft und nicht so stoisch und lethargisch. Nur einmal tickt Effie aus, und selbst das wirkt unecht.
- Hanna Schygulla ist als Effie viel zu alt. Warum müssen immer wieder Dreißigjährige die Rolle einer Siebzehnjährigen bekommen? Gab es damals keinen Schauspielnachwuchs?
- Fassbinders Besessenheit von Spiegeln. Einmal oder zweimal, meinetwegen auch dreimal ist es durchaus nett anzusehen, wenn die Protagonisten in einen Spiegel schauen oder man sie im Spiegel sprechen sieht. Der Regisseur übertreibt es mit diesem Stilmittel aber maßlos, das wirkt gewollt.
- Die Verwendung zu vieler Stilmittel des Erzählens in chaotischem Wechsel wirkt inkonsistent und unentschlossen: Mal ein Erzähler aus dem Off (den finde ich ganz gut, auch wenn er sehr leblos und abgelesen klingt), dazu aber noch Krasse Schnitte mit Weißblenden, Einblendungen von Textstellen wie in Stummfilmen, Einblendungen von Telegrammen in Sütterlin, die heute kaum einer mehr lesen kann, ganze große Textabschnitte aus dem Buch, die man in er Zeit kaum durchlesen kann, das ist zu viel des Guten.

==gut oder zumindest insteressant finde ich==
+ Dass es einen Erzähler gibt, der einige Zusatzinformationen vermittelt, die sonst verlorengehen würden, auch wenn dieser Erzähler einfach nur leblos und abgelesen klingt. Sichelich hätte man einige dieser Informationen ausspielen können, dafür hätten die Frauen aber die Miene verziehen müssen und diese Emotionen ausspielen müssen. So ergänzt der Erzähler die fehlende Mimik, mit teilweise jedoch zu plakativ, zu direkt, zu entmündigend.
+ Man bleibt mein Originaltext und den Dialogen in Fontanes Sprache, alles steht so irgendwie im Buch. Das wirkt zwar gekünstelt, da es sich um Schriftsprache handelt, wirkt aber irgendwie authentisch.

Durch diese Umsetzung wirkt der Film als ein Zwischending zwischen vertonter Lesung und Verfilmung. Er ist mehr als eine vertonte Lesung (kein Hörspiel, da bräuchte man mehr Emotionen und die Schauspieler klingen, als würden sie vom Blatt lesen), aber eben keine richtige Verfilmung, denn dazu gehören mehr als schöne, wenig bewegte Stillleben in schwarz weiß.

Immerhin ist dieser Verfilmung deutlich besser als die mit Julia Jentsch aus dem Jahr 2009.

Bewertung vom 02.09.2012
Fontane Effi Briest

Fontane Effi Briest


gut

Die Siebzehnjährige Effie Briest heiratet den Ex ihrer Mutter, den 38-jährige Baron von Innstetten. Der versteht das junge Mädchen nicht, sie ist für ihn ein Spielzeug, ein Schmuckstück an seiner Seite, um seine Karriere zu befördern. Aus Langeweile und Vernachlässigung freundet sie sich mit Crampas an, eine Freundschaft, die beiden erst Jahre später zum Verhängnis wird.

1974 nahm sich Rainer Werner Fassbinder diesen Stoff vor. Schon damals war dieser Film bereits die vierte Verfilmung des Stoffes.
Ich bin sehr zwiespältig, was diese Umsetzung angeht, sie hat gute Seiten und auch ihre schlechten Seiten
==Schlecht finde ich==
- Zum einen hetzt die Verfilmung, besonders am Anfang der Geschichte dermaßen durch die Handlung, dass es so scheint, als wenn Effie Innstetten freiwillig und begeistert heiraten würde. Dem ist nicht so. Sie steht auf einen jungen Offizier und ihre Mutter bearbeitet sie im Buch regelrecht, damit Effie den alternden Ex ihrer Mutter doch nimmt.
- Die Erzählweise ist extrem episodenhaft und sprunghaft. Ohne Kenntnis des Buches dürfte es streckenweise schwer sein, der Handlung richtig folgen zu können, da es einfach zu viele Lücken gibt, die entweder nicht ausgespielt werden oder nur am Rande mal erwähnt werden.
- Fassbinders Frauendarstellung: Wieder einmal starren sie stoned in die Weite. Emotionslose Schaufensterpuppen, die so die besten Szenen des Buches so ruinieren, weil diese Szenen voller Emotionen sein sollten, voller Leidenschaft und nicht so stoisch und lethargisch. Nur einmal tickt Effie aus, und selbst das wirkt unecht.
- Hanna Schygulla ist als Effie viel zu alt. Warum müssen immer wieder Dreißigjährige die Rolle einer Siebzehnjährigen bekommen? Gab es damals keinen Schauspielnachwuchs?
- Fassbinders Besessenheit von Spiegeln. Einmal oder zweimal, meinetwegen auch dreimal ist es durchaus nett anzusehen, wenn die Protagonisten in einen Spiegel schauen oder man sie im Spiegel sprechen sieht. Der Regisseur übertreibt es mit diesem Stilmittel aber maßlos, das wirkt gewollt.
- Die Verwendung zu vieler Stilmittel des Erzählens in chaotischem Wechsel wirkt inkonsistent und unentschlossen: Mal ein Erzähler aus dem Off (den finde ich ganz gut, auch wenn er sehr leblos und abgelesen klingt), dazu aber noch Krasse Schnitte mit Weißblenden, Einblendungen von Textstellen wie in Stummfilmen, Einblendungen von Telegrammen in Sütterlin, die heute kaum einer mehr lesen kann, ganze große Textabschnitte aus dem Buch, die man in er Zeit kaum durchlesen kann, das ist zu viel des Guten.

==gut oder zumindest insteressant finde ich==
+ Dass es einen Erzähler gibt, der einige Zusatzinformationen vermittelt, die sonst verlorengehen würden, auch wenn dieser Erzähler einfach nur leblos und abgelesen klingt. Sichelich hätte man einige dieser Informationen ausspielen können, dafür hätten die Frauen aber die Miene verziehen müssen und diese Emotionen ausspielen müssen. So ergänzt der Erzähler die fehlende Mimik, mit teilweise jedoch zu plakativ, zu direkt, zu entmündigend.
+ Man bleibt mein Originaltext und den Dialogen in Fontanes Sprache, alles steht so irgendwie im Buch. Das wirkt zwar gekünstelt, da es sich um Schriftsprache handelt, wirkt aber irgendwie authentisch.

Durch diese Umsetzung wirkt der Film als ein Zwischending zwischen vertonter Lesung und Verfilmung. Er ist mehr als eine vertonte Lesung (kein Hörspiel, da bräuchte man mehr Emotionen und die Schauspieler klingen, als würden sie vom Blatt lesen), aber eben keine richtige Verfilmung, denn dazu gehören mehr als schöne, wenig bewegte Stillleben in schwarz weiß.

Immerhin ist dieser Verfilmung deutlich besser als die mit Julia Jentsch aus dem Jahr 2009.