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chuckipop
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Bünde

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Insgesamt 305 Bewertungen
Bewertung vom 02.08.2021
Zum Sterben zu viel
Kinskofer, Lotte

Zum Sterben zu viel


ausgezeichnet

Historischer Krimi der besonderen Art - eindringlich und bewegend

„Zum Sterben zuviel“ von Lotte Kinskofer ist als Taschenbuch mit 286 Seiten im März 2021 beim ars vivendi Verlag erschienen.

Es handelt sich um einen historischen Krimi, der in München – Pasing 1922 spielt.

Zum Inhalt: Ein bekannter Heimatdichter, Carus von Waldfels, wird ermordet. Schnell wird ein Verdächtiger festgenommen, der Schreiner Benno Stöckl. Man vermutet, er könne aus Eifersucht gehandelt haben, dabei ist er unschuldig. Bennos Frau Agnes bleibt verzweifelt allein mit dem Schreinergesellen zurück und muss ums nackte Überleben kämpfen. Außerdem quält sie die Sorge um ihre Kinder, die sie erstmal bei den Schwiegereltern auf dem Land gelassen hatten, um in Pasing Fuß zu fassen. Was werden die Mädchen nun zu erleiden haben, wenn die Bevölkerung auf dem Dorf mitbekommt, dass der Stöckl des Mordes verdächtigt wird? Mit aller Kraft kämpft Agnes darum, eine Lösung zu finden.

Einzig Oberkommissär Benedikt Wurzer glaubt nicht so recht an die Schuld des Schreinermeisters, und der Nachbar des Opfers, der Anwalt Wolf Strate, nimmt sich Stöckls Verteidigung an.

Und dann passiert der zweite Mord, auf dieselbe Weise…

Meine Meinung: Der Autorin ist es gelungen, einen mitreißenden, atmosphärisch dichten Krimi zu schreiben, der sich nicht in erster Linie auf den Mord und die Tätersuche konzentriert, sondern durch die Betrachtung des Umfeldes und der damaligen Lebensumstände zu einem ganz besonderen Buch wird. Weiterhin zeichnet sich der Plot durch jede Menge Lokalkolorit sowie den bayerischen Dialekt aus, den Lotte Kinskofer je nach Bildung und Stand der jeweiligen Charaktere mal mehr, mal weniger ausgeprägt einsetzt.

Die schwierigen Zeiten der Weimarer Republik werden sehr anschaulich geschildert, die Menschen wandern vom Land ab in die Stadt bzw. Vorstadt, um der Armut zu entkommen. Jeden Tag ist das Geld weniger wert, und das, was die Menschen sich erarbeiten, wird am selben Tag noch ausgegeben, da niemand weiß, ob man am nächsten Tag noch etwas dafür bekommt.

Sowohl der klaffende Unterschied zwischen arm und reich sowie die Rolle der Frau werden in „Zum Sterben zuviel“ auf interessante Weise eingehend beleuchtet.

Die Charaktere sind lebensecht und facettenreich, menschliche Aspekte sind hier sehr wichtig und auch Charakterschwächen und moralische Betrachtungen spielen eine große Rolle.

Meine besondere Sympathie haben die Frauen in dieser Geschichte, allen voran Agnes Stöckl, die sich ihrem Schicksal stellt und darum kämpft, ihr Leben aus der Schieflage heraus zu bekommen.

Mein Fazit: Ein Krimi, der recht „leise“ daherkommt und die Brutalität der Morde sowie diverse Missstände eher zwischen den Zeilen durchblitzen lässt.

Gerade dadurch hat mich das Buch sehr berührt und begeistert. Absolut empfehlenswert.

Bewertung vom 27.07.2021
Nacht ohne Sterne (MP3-Download)
McLain, Paula

Nacht ohne Sterne (MP3-Download)


sehr gut

Ein spannender Roman um entführte Mädchen und ein sehr persönlicher Fall für Ermittlerin Anna Hart

"Nacht ohne Sterne" von Paula McLain ist als ungekürztes Hörbuch mit einer Laufzeit von 11 Stunden und 33 Minuten im Juni 2021 bei Aufbau Audio erschienen.
Gesprochen wird das Hörbuch von Ulrike Kapfer.

Anna Hart ist in San Francisco als Ermittlerin tätig und ihr Spezialgebiet ist das Suchen unjd Auffinden verschwundener Kinder.
Als ihre Ehe scheitert, zieht Anna sich zurück, um sich selbst wiederzufinden - sie geht nach Mendocino, dem Ort, in dem sie ihre Kindheit und Jugend verbracht hat.
Doch schnell wird sie dort mit dem Fall eines vermissten Mädchens konfrontiert und erklärt sich bereit, dem Sheriff, der ein alter Jugendfreund von ihr ist, zu helfen - wo ist Cameron? Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, um das Mädchen noch lebend zu finden...

Paula McLain schildert den Plot aus Annas Sicht und es finden stetige Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit statt, da Anna selbst eine bewegte persönliche Geschichte hat und bei ihrer Arbeit forwährend auch an eigene Erlebnisse erinnert wird. Das war gut und sehr spannend gemacht, allerdings fand ich es anfangs etwas verwirrend und brauchte eine Weile, um mich ganz in die Story hineinzufinden!

Der ganze Plot ist clever aufgebaut und gibt dem Leser durch die unterschiedlichen Handlungsstränge Gelegenheit, in mehreren Situationen mitzufiebern. Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, es wird auf keinen Fall langweilig.
Allerdings ist der Spannungssbogen nicht ganz so hoch und ich war zwischendurch leicht ablenkbar, da die persönliche Geschichte von Anna über weite Strecken ziemlich im Vordergrund steht und das Buch auf alle Fälle eher der Roman ist, wie es auf dem Cover steht, als der Thriller, als der es bei netgalley gelistet ist.

Anna Hart selbst ist eine Protagonistin, die bereits sehr viel durchmachen musste und mit der man als Leser mitfühlt und sich wünscht, dass ihr Leben nun in durchweg positiven Bahnen verlaufen möge.

Die Sprecherin Ulrike Kapfer hat mir sehr gut gefallen, sie liest ausdrucksstark und man kann die einzelnen Charaktere gut unterscheiden.

Insgesamt ein absolut lohnenswertes Hörbuch, wer allerdings einen Thriller erwartet, bei dem man vor Spannung permanent an den Nägeln kaut, ist hier nicht an der richtigen Adresse.

Bewertung vom 22.07.2021
Die Stadt der Seher
Hardebusch, Christoph

Die Stadt der Seher


sehr gut

Marco im Orden der Seher – ein schönes, spannendes Fantasy-Abenteuer

„Die Stadt der Seher“ von Christoph Hardebusch ist im Mai 2021 beim Verlag Hobbit-Presse / Klett-Cotta als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag mit 448Seiten erschienen.
Das Cover ist wunderschön und geheimnisvoll zugleich, so erzeugt es beim Leser Neugier und dann, gepaart mit dem vielversprechenden Klappentext, eine prickelnde Vorfreude auf den Inhalt.

Der Klappentext offenbart bereits eine ganze Menge, also sollte man sich überlegen, ob man ihn überhaupt liest oder sich lieber komplett von der Handlung überraschen lässt.

Zum Inhalt:
Marco, ein Waisenjunge, der sich auf den Strassen der Stadtrepublik Vastona irgendwie versucht durchzuschlagen, hat eines Tages das Glück, beim Orden der Seher unterzukommen. In der Gilde lernt Marco ein ganz neues Leben mit einem geregelten Tagesablauf kennen, fernab von Hunger und Not. Bei einem der Botengänge, die er zu erledigen hat, lernt er Elena kennen. Mit ihr wird Marco viel erleben….
Im Orden findet immer wieder ein geheimnisvolles Ritual statt, das die Jungen, die dafür auserwählt werden, unheimlich viel Kraft kostet – aber hinterher kann sich niemand von ihnen an irgendetwas erinnern, auch Marco nicht. Was hat es hiermit auf sich?
Vor den Toren Vastonas rückt die gewaltige Armee des schwarzen Herzogs an, ein Krieg steht bevor.
Auch für Marco und Elena bedeutet das einschneidende Veränderungen und sie werden bald unmittelbar in das Geschehen verwickelt sein…

Meine Meinung:
Christoph Hardebusch hat einen ansprechenden, bildhaften und detaillierten Schreibstil, der mich direkt in das schöne, italienisch anmutende Vastona hineinversetzt hat. Das Waffengeklirre der Soldaten vor den Toren, das Scharren der Hufe ihrer Pferde, die heiseren Rufe, Vorboten des Unheils, konnte ich förmlich hören.
Die mittelalterliche Sprache tut ihr Übriges, um dem Plot eine tolle und authentische Atmosphäre zu verleihen.
Gleich zu Beginn, als Marco vor seinen Häschern flüchten musste und es um Leben und Tod ging, habe ich mitgefiebert und atemlos um ihm gebangt.

Die mitwirkenden Charaktere sind facettenreich und sehr unterschiedlich, dadurch abwechslungsreich.
Marco und Elena sind ohnehin total sympathische Protagonisten, wenngleich sie etwas klischeehaft gezeichnet sind und ihre Liebelei durchaus vorhersehbar war – aber das stört überhaupt nicht, finde ich.
Aber den leicht durchgeknallten Zalvado mit seinen schrägen und mutigen Ideen mochte ich insgesamt am liebsten. Einige der später auftretenden Figuren fand ich hingegen etwas blass, die hätten ein wenig mehr Tiefe sehr gut vertragen können.

Der zu Anfang aufgebaute Spannungsbogen flachte zwischendurch ein wenig ab, nahm zum Ende hin aber wieder ordentlich Fahrt auf und gipfelte in einem rasanten Finale. Dieses wiederum hätte ruhig noch ausgefeilter und umfangreicher gestaltet werden können, es kam etwas abrupt.

Mein Fazit:
Insgesamt ein richtig schöner Plot, abwechslungsreich und äußerst unterhaltsam, der den Leser in eine mittelalterliche Fantasy-Welt entführt. 4 von 5 Sternen, solide und absolut lesenswert :)

Bewertung vom 15.07.2021
Ins Dunkel geboren
Diefenthaler, Brigitte

Ins Dunkel geboren


ausgezeichnet

Die Geschichte eines Jungen zur Nazizeit - erschütternd, beeindruckend und bewegend!

"Ins Dunkel geboren" von Brigitte Diefenthaler ist als Taschenbuch mit 400 Seiten beim Wißner Verlag erschienen.

Bereits Titel und Cover deuten stark an, was da kommen wird (Zeitraum der Handlung: 1936 - 1945) - aber durch das rote Fahrrad wird klar: es gibt auch Hoffnung!

Zum Inhalt: Josef Hintermayr, ein Bauernjunge aus Schwaben, wächst mit einem alkoholkranken, gewalttätigen Vater sowie zwei älteren Brüdern und einer Schwester auf. Die Mutter und drei weitere Geschwister sind verstorben.

Josef, genannt Josi, ist der Kleine und wird nicht nur von seinem Vater, sondern auch von seinen Brüdern körperlich und emotional misshandelt. Er ist der ständige Fußabtreter, der immerwährende Stein des Anstoßes - und unsichtbar machen klappt leider nicht immer...

Mit 9 Jahren, als die Lage besonders ausweglos scheint und die Familie an einem Tiefpunkt angekommen ist, hat Josi das Glück, der Situation entfliehen zu können und kommt zu liebevollen, fürsorglichen Pflegeeeltern, Hanna und Mateo. Doch Mateo stammt vom Volk der Roma ab, und die Nazs sind auf dem Vormarsch, so wird es auch hier brenzlig...

Meine Meinung: Brigitte Diefenthaler hat mich mit ihrem einzigartigen Schreibstil sofort in die Geschichte mitgenommen und ganz tief berührt. Das Schicksal von Josi, sowohl in seinen Kindheitstagen als auch später in Jugend- und Kriegszeiten, ist wirklich erschütternd, ich habe permanent um ihn und mit ihm gebangt und das Lesen hat mich teilweise exrem aufgewühlt.

Die Charaktere sind sehr detailliert gezeichnet und absolut bildhaft dargestellt, der mal mehr, mal weniger deutlich ausgeprägte Dialekt macht sie noch realer. Josi, der im Laufe der Geschichte eine gewaltige Entwicklung durchmacht, ist trotz aller Schwierigkeiten ein aufgeweckter, cleverer und vor allem empathischer Junge, den man einfach mögen muß! Auch Hanna und Mateo, seine Pflegeeltern sind ganz tolle Menschen, und auch Josis Tante Marie und sein Freund Wilhelm sind loyale und gute Menschen, die ich sehr mochte.

Man merkt ganz deutlich, dass die Autorin intensiv den historischen Hintergrund recherchiert hat und dass hier ganz viele reale Elemente durch Zeitzeugenberichte mit eingeflossen sind, obgleich der Roman als solcher fiktiv ist.

Mein Fazit: Ein ganz großartiger Roman, der an den Nerven zerrt und den Leser ganz gefangen nimmt. Unbedingt empfehlenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.07.2021
Mikroabenteuer - Das Praxisbuch / Raus und machen! Bd.1 (MP3-Download)
Foerster, Christo

Mikroabenteuer - Das Praxisbuch / Raus und machen! Bd.1 (MP3-Download)


sehr gut

"Mikroabenteuer - Das Praxisbuch" von Christo Foerster ist im Juli 2020 bei HarperAudio als ungekürztes Hörbuch erschienen und wird gelesen vom Autor selbst.

Christo Foerster hat mit seiner Reihe "Raus und machen - Mikroabenteuer" (Das Praxisbuch ist Teil 1 der Serie) eine Inspiration für Leute geschaffen, die nichts mit sich anzufangen wissen bzw. mehr raus in die Natur wollen, aber nicht genau wissen, wie und evtl. auch nur ein schmales Budget zur Verfügung haben.

Ich fand das Hörbuch sehr informativ und eine gute Motivationsquelle.

Es sind zahlreiche Tips für Ausflüge - hier heißen sie natürlich Mikroabenteuer - in einige Regionen Deutschlands sowie einige allgemein gehaltene Ideen enthalten.
Die Regeln zur Durchführung kann jeder für sich selbst erstellen, Spaß und Abenteuerfakktor stehen hier an allererster Stelle. Das Einzige: es darf kein Auto benutzt werden.

Der Autor nennt zahlreiche Quellen, wo man Informationen, Ausrüstung u. dgl. bekommt. Das ist zwar super, im Hörbuch allerdings etwas schwierig, weil man sich das Ganze so ein bißchen schlecht merken kann - da wäre es vermutlich besser, das Buch zu lesen.

Wer locker und leicht mal etwas Schwung in seinen Alltag bringen möchte, sich mehr sportlich betätigen mag und diese Abwechslung in der Natur sucht und nicht auf Partys oder ähnlichen Events, dem kann ich das Hörbuch oder auch Buch empfehlen! Ich persönlich hatte kurzweilige Unterhaltung, glaube aber nicht, dass ich demnächst vom Büro aus losziehe, bei fremden Menschen um einen Refill meiner Trinkflasche bitte und mit dem Fahrrad 200 km an einem Tag fahre...

#MikroabenteuerDasPraxisbuch #NetGalleyDE

Bewertung vom 24.06.2021
Schwedensommer
Lund, Jesper

Schwedensommer


ausgezeichnet

Ein Racheplan deLuxe - ausgeklügelte Spannung

"Schwedensommer" von Jesper Lund ist im Mai 2021 als Taschenbuch mit 256 Seiten bei emons erschienen.

Jesper Lund ist das Pseudonym eines bekannten Krimiautors, aber ich will hier nicht zuviel verraten...!

Das Cover des Buches deutet auf einen beschaulichen Krimi in einer einsamen Umgebung Schwedens hin - aber weit gefehlt! Die Idylle ist nur der trügerische Schein...

Zum Inhalt: Nahe der Öresundbrücke wird an der Küste Malmös eine männliche Leiche aufgefunden. Alles deutet darauf hin, dass es sich bei dem Toten um den schwerreichen, bekannten Reeder Lennart Fogelklou handelt - allerdings stellt sich bald heraus, dass der entführt wurde, und sich -noch- lebendig in der Gewalt der Entführer befindet...

Somit bekommen die Kriminalkommissare Niklas Zetterberg und Emma Steen eine Menge zu tun und geraten mächtig unter Druck, denn die Familie Fogelklou hält sich bedeckt und Lennart wurde offensichtlich von der gruppe89 bedroht, einer weitgehend unbekannten Gruppierung. Die Zeit arbeitet also gegen die Polizei, die alles daran setzt, den Reeder lebend zu befreien !

Meine Meinung: Jesper Lund hat einen sehr fesselnden Schreibstil und der Spannungsbogen wird von Beginn an stetig gesteigert. Der Leser erfährt im Laufe der Lektüre einige unerwartete Wendungen und insgesamt einen cleveren Plot, der schließlich in einer wirklich raffinierten und verblüffenden Auflösung gipfelt.

Der Autor schreibt kompetent und informativ über die Welt des Reedereiwesens, die Spannungen zwischen Schweden und Dänemark werden im Verlauf der Ermittlungen deutlich und zusätzlich zu dem spannenden Fall, in dem jemand ganz böse auf Rache aus ist, kommt auch das Privatleben der Protagonisten nicht zu kurz.

Emma und Niklas, beides sehr sympathische und engagierte Kriminalisten, sind auch privat Partner, und das ist nicht immer leicht - denn Niklas wird massiv von Pernille, seiner Exfreundin gestalkt, die ganz offensichtlich schwere psychische Probleme hat. So kommt das Paar auch in seiner Freizeit kaum zur Ruhe.

Die Familie Fogelklou ist ziemlich speziell, niemand von ihnen ist mir beim Lesen wirklich ans Herz gewachsen, aber dennoch habe ich natürlich die ganze Zeit mitgefiebert, ob Lennart rechtzeitig gefunden werden kann.


Mein Fazit: Ein ausgeklügelter, äußerst spannender Krimi, den ich wärmstens empfehlen kann. Ich freue mich schon sehr auf den nächsten packenden Fall für Emma und Niklas!

Bewertung vom 21.06.2021
Tradition Mord
Kessler, Sarah

Tradition Mord


ausgezeichnet

Ein wichtiges und erschütterndes Buch zum Thema Femizide und Ehrenmord in Deutschland

"Tradition Mord" von Sarah Kessler ist als Taschenbuch mit 320 Seiten im April 2021 beim Hansanord Verlag erschienen.

Die Autorin Sarah Kessler behandelt hier die wichtiggen Themen Femizid und Ehrenmord, und dem Leser wird auf erschütternde Wiese dargebracht, was in den Medien oft untergeht: jeden dritten Tag ermordet in Deutschland ein Mann seine Partnerin. Das passiert aus Motiven wie Eifersucht, Besitzdenken, verletzter Eitelkeit und zeigen deutlich, wie sehr das Patriarchat noch verbreitet ist.

Staatsanwältin Frida, eine ehrgeizige Staatsanwältin aus Berlin Moabit, ermittelt nach einem Messerangriff auf die junge Aliye, die nach einem Messerangriff im Koma liegt. Dabei dringt sie tief in die Familiengeschichte der türkischen Familie ein und stößt auch privat an die Grenzen ihrer Vorurteile.

Das Buch ist flüssig und sehr interessant geschrieben, behandelt ein wichtiges Thema und das Gelesene hat mich beschäftigt und hallt nach.

"Tradition Mord" ist kein typischer Krimi, die Ermittlungen nach der Messerattacke sind zwar der Aufhänger des Plots, werden aber durch das Hauptthema Femizide eher in den Hintergrund gerückt.

Protagonistin Frida ist ehrgeizig und etwas spröde - nicht unbedingt die sympathischste Ermittlerin, aber sie verbeisst sich sehr intensiv in die Ermittlungen, und nur so, vollkommen engagiert, kann etwas bewirkt werden...

Warum werden solche Taten meist nur in einem kurzen Satz in den Nachrichten und Zeitungsartikeln erwähnt? Könnte man mit mehr Aufklärung und medialer Aufmerksamkeit nicht erreichen, dass solche Vorfälle verhindert werden?

Ein sehr wichtiges und lesenswertes Buch, das mit dem blutroten Cover auf ein Thema aufmerksam macht, mit dem man sich unbedingt einmal beschäftigen sollte!

Bewertung vom 17.06.2021
Der Nachlass
Winner, Jonas

Der Nachlass


ausgezeichnet

Heddas Rache - spannender Thriller um ein Erbe, einen ausgeklügelten Plan und alte Fehden

"Der Nachlass" von Jonas Winner ist als Taschenbuch mit 352 Seiten im Juni 2021 bei Heyne erschienen.

Das Cover und der Untertitel "Für Rache ist es nie zu spät" sprechen bereits für sich, und spätestens der Klappentext hat mich überzeugt, diesen Thriller unbedingt lesen zu müssen.

Zum Inhalt: Die verstorbene Hedda Laurent hat ein außergewöhnliches Testament gemacht - nur einer ihrer Angehörigen bekommt ihr Erbe, und zwar derjenige, der es schafft, als Erster die 27 gestellten Aufgaben erfolgreich zu lösen. Ein ausgeklügelter Plan, denn so beginnt ein spannender Wettkampf, der die Familie an ihre Grenzen bringt...

Meine Meinung: Jonas Winner hat sich einen spannenden Plot ausgedacht, der sich spannend lesen lässt und durch die kurzen Kapitel und häufigen Perspektivwechsel recht rasant ist. Auch die Zeitsprünge bringen Fahrt in die Geschichte, allerdings musste ich an einigen Stellen erstmal checken, wie die Zusammenhänge sind.

Vorab gibt es einen übersichtlichen Stammbaum der Familie, der sehr hilfreich ist, wenn man die Mitwirkenden noch nicht so überblickt.

Leider ist die Umsetzung der Story aber nicht so grandios gelungen, wie es sich zuerst anhörte, denn die Charaktere bleiben leider etwas schwammig und ich konnte keine Beziehung zu ihnen aufbauen. Außerdem konzentriert sich der Autor teilweise weniger auf die zu lösenden Aufgaben, sondern auf die Beziehungen der Personen untereinander, ihre Probleme und Zwistigkeiten.

Die Aufgaben, die Hedda an ihre Verwandten stellt, sind teilweise abstrus und sind für die Mitwirkenden eine große Herausforderung.

Ich habe mich gefragt, wie es nach einem solchen "Hauen und Stechen" innerhalb der Familie wohl weitergehen kann, und auch hier sieht man, wie so oft im Leben: Jeder ist sich selbst der Nächste...

Mein Fazit: Insgesamt ein spannender Thriller, der etwas anders als erwartet umgesetzt wurde und teilweise für Verwirrung sorgt - nichtsdestotrotz absolut lesenswert.

Bewertung vom 15.06.2021
Teufelstaler
Sommerfeldt, Albrecht

Teufelstaler


ausgezeichnet

Fesselnde Zeitreise nach Hamburg 1618 - Hexen, Aberglaube, Teufelstaler

"Teufelstaler" von Albrecht Sommerfeldt ist im März 2021 als Taschenbuch mit 322 Seiten erschienen.

Es handelt sich um einen sehr spannenden, äußerst authentischen historischen Thriller, der mich von Beginn an fesseln konnte.

1618: Rasmus Steinschneider studiert Medizin in Prag. Dann aber wird er zurückgerufen in die Heimat, nach Hamburg, denn sein Vater soll Selbstmord begangen haben. Das kann Rasmus nicht glauben, und er setzt alles daran, die Umstände des Todes aufzuklären und das Ansehen der Familie wieder reinzuwaschen.

Sein Freund Casper und der Scharfrichter Max Grave stehen Rasmus bei seinen Nachforschungen zur Seite und begleiten ihn durch das historische Hamburg , in dem der Glaube an Hexe, Teufel und Widergänger und die Angst vor allem Unbekannten und scheinbar Unerklärlichem herrscht.

Der Autor versteht es vortrefflich, die Atmosphäre der damaligen Zeit einzufangen und dem Leser zu vermitteln. Man merkt ganz deutlich, dass Albrecht Sommerfeldt gründlich recherchiert hat und sich in der Thematik bestens auskennt, denn die Grundlagen des Buches basieren auf historischen Fakten und z.B. Grave, der Henker, übte seine Tätigkeit wirklich damals in Hamburg aus.

Unvermittelt fand ich mich schon nach den ersten Seiten in den alten, verwinkelten Gassen der Hansestadt wieder, konnte das Gewimmel der Menschen spüren, hatte förmlich die Gerüche (überwiegend die eher üblen) in der Nase und ergötzte mich an der authentischen Sprache.

Der Aberglaube der Menschen und die Angst vor Hexen, Teufeln und sonstigen widernatürlichen Kreaturen finde ich immer wieder faszinierend, und vor dem Hintergrund der Suche nach dem Ursprung der Teufelstaler konnte mich das Geschehen besonders in seinen Bann ziehen.

Die Charaktere hat Sommerfeldt liebevoll und detailliert erschaffen, Rasmus gefällt mir wirklich sehr gut und es hat mir viel Freude bereitet, mit ihm auf die Spurensuche zu gehen, aber auch Max Grave konnte mich ganz für sich einnehmen, was nicht zuletzt seiner faszinierenden, facettenreichen, aber auch abstoßenden Tätigkeit geschuldet ist.

Danke, dass ich Hamburg hier so kennenlernen durfte, wie es vor ca 500 Jahren gewesen ist, dank der Kombination von Fakten, einem spannenden Fall sowie dem anschaulichen, spannenden und ausdrucksstarken Schreibstil, der nichts beschönigt, ist das großartig gelungen!