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LEXI
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Österreich

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Insgesamt 380 Bewertungen
Bewertung vom 07.04.2019
Der Rosengarten am Meer
Jacobsen, Nele

Der Rosengarten am Meer


sehr gut

Der verschwundene Rosengarten

„Künstlerkommune in Gutshaus nahe der Ostsee sucht erfahrene/n Landschaftsarchitekten/in zur Rekonstruktion einer historischen Parkanlage nach Denkmalschutzvorgaben. Kost und Logis frei.“

Das Stellenangebot, in dem es konkret um die Rekonstruktion eines Rosengartens nach historischem Vorbild geht, kommt für die knapp vierzigjährige Isabel Huber exakt zum richtigen Zeitpunkt. Nach ihrer Scheidung musste sie aus dem eleganten Stadtpalais in Wien ausziehen und verlor zugleich auch ihren Job. Isabel liebt es, Gärten und Parks zu planen. Nach ihrem Studium arbeitete die engagierte Landschaftsarchitektin gemeinsam mit ihrem Mann Marco in dessen etabliertem Wiener Landschaftsarchitekturbüro. Das Inserat bietet Isabel in dieser schwierigen Situation nun eine neue Herausforderung und einen Neubeginn. Sie packt ihre Sachen und macht sich auf den Weg an die Ostsee. Bei ihrer Ankunft auf Gut Lundwitz in der Mecklenburgischen Schweiz trifft sie auf Alex, Sina und Enno, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Anwesen und den angrenzenden Park in voller Schönheit und originalgetreu wieder entstehen zu lassen. Isabels obliegt es, dem Geheimnis um den alten Rosengarten auf die Spur zu kommen und ihn exakt zu rekonstruieren. Eine Aufgabe, die nicht nur Energie und Kreativität, sondern auch umfassende Recherchen erfordert. Isabels Nachforschungen enthüllen die Geschichte der Rosengräfin Marie Henriette Chotek, die hinter ihrem Schloss einen einzigartigen Rosengarten anlegte, der als Vorbild für die ehemalige Anlage in Lundwitz diente.

Nele Jacobsen erzählt eine bittersüße Geschichte voller Ideale, verwirklichter, aber auch zerschlagener Träume, voller Hoffnung, Schmerz und Liebe. Sie schildert Isabels Arbeit in Lundwitz im Jahr 2017 sowie die Geschichte der Rosengräfin Marie Henriette, beginnend mit dem Jahr 1886. Diese beiden Erzählstränge werden dem Leser in abwechselnder Reihenfolge dargebracht, hierbei werden auch Leben und Wirken der Gräfin enthüllt. Die Leidenschaft für Rosen durchdringt das gesamte Buch. Als historischer Hintergrund wurden die Jahre kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges bis zum Jahr 1929 gewählt. Im Zentrum des Geschehens steht eine couragierte und willensstarke junge Frau, die sich nie um Konventionen kümmerte, sondern ihren Traum verwirklichte und ihren eigenen Weg ging. Historische Fakten sind dezent in die Handlung eingeflochten, zentrales Thema ist jedoch der Rosengarten und damit verbunden die Geschichte der Rosengräfin.

Dem flüssigen und einnehmenden Schreibstil der Autorin ist es geschuldet, dass man dieses Buch nur schwer aus der Hand legen kann. In eindrucksvollen Worten und bildhafter Sprache lässt Nele Jacobsen diesen berühmten Rosengarten vor Augen erscheinen. Auch den Schilderungen der anfangs chaotischen Zustände während der Umbauarbeiten auf Lundwitz und der verheerenden Zerstörung nach dem Krieg wurde große Authentizität verliehen. Ebenso überzeugend wie das Umfeld sind auch die handelnden Figuren dargestellt. Ich fand Isabels Geschichte interessant, wurde aber mehr und mehr in den Sog von Marie Henriettes Schicksal gezogen. Die Neugier auf deren Leben und die Entstehungsgeschichte dieses Rosengartens am Meer sorgten für einen gewissen Spannungsfaktor im Roman, der zuletzt mit einigen überraschenden Enthüllungen aufwartete. An der Seite der Protagonisten agieren zahlreiche Nebenfiguren, die die Handlung bereichern und teilweise tragende Rollen spielen.

FAZIT: „Der Rosengarten am Meer“ hat mir sehr gut gefallen und unterhaltsame Lesestunden bereitet. Obgleich ich nicht behaupten kann, einen grünen Daumen zu besitzen, schaffte Nele Jacobsen es mit Leichtigkeit, mir die Blütenpracht und den betörenden Duft der Rosen nahezubringen und mir auf diese Weise ein sehr schönes Leseerlebnis zu bereiten. Ich kann dieses Buch sowohl Fans historischer Romane sowie romantischer Geschichten rund um die „Königin der Blumen“ nur ans Herz legen.

Bewertung vom 07.04.2019
Strandkörbchen und Wellenfunkeln / Lichterhaven Bd.3
Schier, Petra

Strandkörbchen und Wellenfunkeln / Lichterhaven Bd.3


weniger gut

Eine schicksalhafte Begegnung

Lars Verhoigen ist Inhaber einer Werft und geschäftlich unterwegs. Als er auf einer Autobahnraststätte Halt macht, beobachtet er einen bärtigen Mann, der einen Jutesack gegen einen Baum schlägt, ihn mit den Füßen tritt und dann verschwindet. Lars‘ schlimmste Befürchtungen bewahrheiten sich, als er ein leises Wimmern aus dem Sack vernimmt. Er entdeckt die geschundene Leiche eines kleinen Golden Retriever Welpen und ein zweites, verletztes, aber noch lebendes Hundebaby. Lars bringt den überlebenden Welpen sofort zu Tierärztin Luisa Messner, die eine medizinische Versorgung vornimmt und den Hund zur Beobachtung bei sich behält. Lars hat sich bereits in die süße kleine Fellnase verliebt, die er „Jolie“ nennt, und nimmt dankbar Ratschläge zur richtigen Ernährung des Hundes und für den Kauf einer Erstausstattung an. Doch Luisa Messner kann ihr professionelles Verhalten und die nötige Distanz nur schwer aufrechterhalten. Bei Lars Verhoigen handelt es sich nämlich um jenen Mann, der ihr vor Jahren das Herz gebrochen hat, und den sie bis zum heutigen Tag nicht vergessen konnte. Wird sie ihre Lehren aus den damaligen Ereignissen gezogen haben und seinem Charme diesmal widerstehen?

Petra Schier erzählt in diesem Roman die Geschichte zweier Menschen, die eine sehr enge, beinahe schon geschwisterliche Beziehung zueinander hatten. Doch mit den Jahren wurde aus dieser tiefen Freundschaft Liebe – eine Liebe, die schließlich zerbrach. Die Autorin thematisiert die Versuche der beiden Protagonisten, wieder an diese Freundschaft anzuknüpfen und zu prüfen, ob sich daraus etwas entwickeln könnte. Der süße Welpe auf dem Coverfoto ist Anlass für das erneute Aufeinandertreffen zwischen Lars und Luisa. Die kleine Jolie ist auf die ärztliche Versorgung der jungen Tierärztin, und auf die liebevolle Zuwendung ihres neuen Herrchens angewiesen. Den Gedanken des Hundes wird durch eine sehr kindliche Ausdrucksweise, in kursiver Schrift dargestellt, Ausdruck verliehen.

Petra Schier erzählt in locker-leichter Sprache von der Vergangenheit ihrer Hauptfiguren und beleuchtet dabei auch das familiäre Umfeld sowie den Freundeskreis von Lars und Luisa. In kleinen Rückblenden erfährt man von den damaligen Ereignissen, die mittlerweile acht Jahre zurückliegen. Empfindlich gestört haben mich hierbei jedoch die Einbindung einer sehr schlichten Umgangssprache („er ist angefressen“, „dann wird sie mich hauen“) sowie der großzügige Einsatz der Gossensprache. Ich empfand das Cover sowie die Kurzbeschreibung zudem als irreführend, da sie den Eindruck eines amüsanten und humorvollen Romans mit einem tierischen Protagonisten vermitteln. Das Buch stellte sich jedoch als erotischer Liebesroman mit seitenlangen detaillierten Beschreibungen sexueller Handlungen heraus. Ich hatte mir definitiv etwas anderes erwartet. Schade.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2019
Eine Oma zum Fest
Richter, Mia

Eine Oma zum Fest


ausgezeichnet

Was du liebst, lass los. Wenn es dich liebt, kommt es zu dir zurück – und dann für immer.

Gisela Herzog ist verwitwet und vermisst ihren Ehemann Albert immer noch schmerzlich. Ihre Tochter Sabine befindet sich im Zuge eines Auslandseinsatzes in Afrika, ihr Sohn Thomas hat in Kanada seine große Liebe gefunden. Trotz ihrer aufgeschlossenen und liebevollen Art und der regelmäßigen Skype-Gespräche mit ihren erwachsenen Kindern ist Gisela einsam. Als sie eines Abends eigenartige Geräusche im Garten bemerkt, entdeckt sie ein verletztes kleines Kätzchen. Jegliche Bedenken der pedantischen und äußerst ordnungsliebenden alten Dame angesichts dieses schmutzigen und nassen Fellbündels verschwinden augenblicklich, als dieses ihr anschmiegsames und vertrauensvolles Verhalten offenbart. Die kleine „Franzi“, wie Gisela das süße kleine Wesen nennt, bahnt sich pfeilgerade und in Sekundenschnelle den Weg in ihr Herz. Giselas Einsamkeit scheint endlich der Vergangenheit anzugehören, die aufgeweckte kleine Franzi wirbelt ihren Alltag zwar gehörig durcheinander, bringt zugleich aber auch viel Freude und Licht in ihr Leben. Doch eines Tages entdeckt Gisela eine Suchanzeige, den Aufruf einer gewissen Familie Bergmann, die ihr Katzenbaby „Bella“ verzweifelt sucht. Gisela befindet sich in einer Zwickmühle, denn sie möchte sich unter keinen Umständen mehr von ihrer kleinen Franzi trennen. Doch auf der anderen Seite gibt es eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die um diese Katze trauert und die Suche nach ihr einfach nicht aufgeben möchte. Wird Gisela letztendlich die richtige Entscheidung treffen?

Im vorliegenden Roman erzählt Mia Richter die Geschichte einer einsamen alten Frau, die unverhofft zu einem quirligen Familienzuwachs kommt. Katzenliebhaber werden amüsiert über die Schilderungen der Aktivitäten einer neugierigen kleinen Katze schmunzeln, die nicht nur das Haus, sondern vielmehr das gesamte Leben eines Menschen innerhalb kürzester Zeit auf den Kopf stellt. In wundervollem Schreibstil und in einfühlsamen Worten beschreibt die Autorin die Situation der alten Dame, aber auch jene der ersten Familie der kleinen Franzi, wobei auch der Humor an mancher Stelle nicht zu kurz kommt. Zahlreiche kleine Zeichnungen dokumentieren prägnante Szenen und sorgen für eine gefällige Auflockerung im Buch. Gisela Herzog wird als herzliche und liebenswürdige Frau dargestellt, auch die Nebenfiguren wurden liebevoll charakterisiert. Die kleine tierische Protagonistin Franzi eroberte vom ersten Augenblick an mein Herz – ihr Auffinden, die tierärztliche Erstversorgung, die ersten Tage im neuen Zuhause sowie ihr gesamtes Verhalten erinnerten mich unglaublich stark an mein eigenes kleines Fundkätzchen.

Fazit: „Eine Oma zum Fest“ war eine wunderschöne und berührende Geschichte, die mir ausgezeichnet gefallen und allergrößtes Lesevergnügen bereitet hat. Dieser Roman vermag es nicht nur zu Weihnachten, auf den hohen Stellenwert zwischenmenschlicher Beziehungen und sozialer Kontakte hinzuweisen und animiert dazu, sein näheres Umfeld und seine Mitmenschen vielleicht ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen und mit anderen Augen zu betrachten.

Bewertung vom 29.03.2019
Das Elixier der teuflischen Wünsche
Llewellyn, Tom

Das Elixier der teuflischen Wünsche


ausgezeichnet

Pass auf, dass du deine Seele nicht verlierst!

"Ich gebe dir einen guten Rat: Warte nicht zu lange damit, die Flasche zu verkaufen. Riskier nicht zu sterben, solange sie in deinem Besitz ist. Sonst nimmt dich der Teufel mit."

Johann und Kathleen Silver müssen sich aufgrund ihrer prekären finanziellen Situation einschränken und ziehen mit ihren Kindern Gabriel, Meg und Georgina in eine preisgünstige Wohnung der „Bright House Apartments“, die sich als regelrechte Bruchbude herausstellt. Als der dreizehnjährige Gabriel in einem Käseladen einem alten Mann begegnet, verrät ihm dieser ein unglaubliches Geheimnis. Die beiden schließen einen Handel ab, und Gabriel ist daraufhin stolzer Besitzer eines „Flaschengeistes“, der ihm jeden geäußerten Wunsch erfüllt. Doch der Besitz der Flasche lastet schwer auf der Seele seiner jeweiligen Eigentümer, denn das Ganze hat einen Haken: Wünsche werden nicht umsonst erfüllt. Für jeden Vorteil, den jemand lukriert, wird einem anderen Menschen Schaden zugefügt. Und schon bald hegt jeder Besitzer nur noch einen einzigen Wunsch: diese teuflische Flasche möglichst rasch wieder loszuwerden. Doch das ist gar nicht so einfach.

Tom Llewellyn erzählt eine moderne Version der allseits bekannten und fantastischen Geschichte aus Tausendundeiner Nacht, in der ein Flaschengeist seinem Besitzer zum Dienst verpflichtet ist. An der Seite des jugendlichen Protagonisten Gabriel taucht man in dieses Abenteuer ein, erlebt die Sehnsucht nach scheinbar unerreichbaren Dingen und die plötzliche Realisierung sämtlicher Wünsche. Der Autor verstand es geschickt, die Träume und Wünsche eines Jungen im Teenageralter darzustellen, und durch Dialoge auch jene der erwachsenen Vorbesitzer dieser magischen Flasche. In sehr einnehmendem und locker-leichtem Schreibstil beschreibt Tom Llewellyn den Weg der Flasche und deren Auswirkungen auf die Menschen, die damit in Kontakt kamen. Im Verlauf der Handlung wird klar, dass die Erfüllung materieller Wünsche nicht glücklich macht, sondern im Gegenteil sogar eine große Belastung darstellen kann. Gewissenskonflikte wurden hervorragend ausgearbeitet, die Charakterzeichnung der handelnden Figuren ist trefflich gelungen. Allen Bewohnern der Anlage „Bright House Apartments“ wurde in gleichem Maße Aufmerksamkeit zuteil. Gabriel stellt dem Leser sämtliche für die Handlung relevanten Personen bereits zu Beginn vor, man lernt sie und ihre Geheimnisse im Verlauf der Seiten schließlich immer besser kennen. Als böse Antagonistin in diesem Buch fungiert die hinterhältige und geizige Besitzerin der Wohnanlage namens Mrs. Appleyard, die ihre Mieter betrügt und abzockt. Einen besonderen Stellenwert nimmt Gabriels bester Freund Henry ein, und auch dem mürrischen Gothic-Girl Joanne Sedley wird eine tragende Rolle in diesem Roman zuteil.

Durch die zerstörerische Macht der Flasche wird ein gewisser Spannungsbogen ins Buch gebracht, der am Ende der Geschichte in einem aufregenden Finale seinen Höhepunkt findet. Gabriel Silver darf Abenteuer erleben, er erkennt, wie nahe Aufstieg und Fall beieinanderliegen, und was letztendlich im Leben wirklich wichtig ist.

Fazit: „Das Elixier der teuflischen Wünsche“ ist eine märchenhafte, jedoch auch sehr lehrreiche Geschichte, ein Garant für ausgezeichnete Unterhaltung mit originellen handelnden Figuren und einer wirklich gelungenen optischen Aufmachung.

Bewertung vom 24.03.2019
Running Girl / Garvie Smith Bd.1
Mason, Simon

Running Girl / Garvie Smith Bd.1


sehr gut

Ein übler Ort zum Sterben

„Das Leben geht weiter, für einige jedenfalls. Nicht für Chloe. Manche Dinge können nicht repariert werden.“ (Garvie Smith)

Chloe Dow ist eine talentierte Sportlerin und die attraktivste Schülerin an der Marsh Academy. Das bildschöne fünfzehnjährige Mädchen mit dem langen blonden Haar, den blauen Augen und den Modelmaßen ist ein echtes Glamourgirl, eine Draufgängerin, die stets aufs Ganze ging. Doch ihre hochtrabenden Zukunftspläne werden sich niemals verwirklichen, denn Chloe wird in einem kleinen Tümpel im Pike Pond in der Nähe von Froggett Woods tot aufgefunden. Chloes Eltern, die Schulbehörden und ihre Mitschüler sind entsetzt, die Polizei steht vor einem Rätsel. Inspektor Raminder Singh wird zum Leiter der Ermittlungen ernannt, er steht unter großem Druck. Sowohl der Polizeichef, als auch die Öffentlichkeit, möchten schnelle Ergebnisse sehen. Die fieberhafte Suche nach dem Mörder bringt den ehrgeizigen und disziplinierten Singh bis an die Grenze seiner Belastbarkeit, seine Karriere steht durch seine augenscheinliche Inkompetenz bereits kurz vor dem Ende. Doch die unerwünschten Einmischungen von Garvie Smith, einem Mitschüler und ehemaligen Freund des Mordopfers, lassen auch den verkrampften und stoischen Ermittler Singh zu Höchstleistungen auflaufen. Im Endeffekt ist es der legendäre Nichtstuer mit dem Intelligenzquotienten eines Genies namens Garvie, der die entscheidenden Ansatzpunkte findet und Singh jedes Mal in die richtige Richtung lenkt.

Simon Masons Kriminalroman „Running Girl“ wartet mit zwei markanten Protagonisten auf, die ebenso wie auch die anderen handelnden Figuren dieses Buches hervorragend ausgearbeitet wurden. Der hoch intelligente, aber unglaublich faule und vom Leben gelangweilte Sechzehnjährige ist sich seiner intellektuellen Überlegenheit bewusst, seine Faulheit und seine permanente Abwesenheit vom Unterricht schlagen sich jedoch in seinen Noten nieder. Als chaotischer, mit photographischem Gedächtnis ausgestatteter, und durchaus auch schalkhafter Charakter legt Garvie eine entspannte Beharrlichkeit an den Tag, mit der es ihm dank seiner akribischen Beobachtungsgabe, infolge mathematischer Berechnungen und durch exzellente Schlussfolgerungen immer wieder gelingt, die Aufmerksamkeit der Polizei auf die richtigen Fährten zu lenken. Inspektor Raminder Singh hingegen wird als verkrampfter, zurückhaltend auftretender und bei seinen Kollegen zwar respektierter, aber unbeliebter Polizist dargestellt. Doch im Verlauf der Handlung muss Singh unumwunden Garvies Talent bewundern, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Simon Mason lässt in diesem Krimi zahlreiche Nebenfiguren agieren, die einerseits das Umfeld von Garvie Smith und Chloe Dow darstellen, andererseits in diesen Fall involviert scheinen und als potenzielle Täter in Frage kommen. Der Autor versteht es, die Spuren abwechselnd auf verschiedene Personen zu lenken und den Leser bei der Stange zu halten. Der Spannungsbogen ist sehr gut ausgearbeitet, sorgfältig recherchierte Untersuchungsergebnisse und Indizien, die zum Täter führen, werden durch neue Erkenntnisse immer wieder verworfen. Doch auch der herrlich-trockene Humor des gelangweilten und über den Dingen stehenden Garvie, der Inspektor Singh mit seinen Aussagen schier in den Wahnsinn treibt, hat mir großes Lesevergnügen bereitet.

„Running Girl“ war eine Lektüre, die meinem Lesegeschmack exakt entsprochen und mir ausgezeichnet gefallen hat. Ich verfolgte gespannt die ungewöhnlichen, aber höchst effizienten Ermittlungsansätze des Garvie Smith und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Einziger Kritikpunkt meinerseits war der Einsatz der Gossensprache, den ich als unnötig empfand und der mein Lesevergnügen ein klein wenig trübte. Schade.

Abgesehen davon kann ich für dieses grandiose Buch eine uneingeschränkte Leseempfehlung vergeben und werde mir auf jeden Fall auch den Nachfolgeband zu Gemüte führen.

(gekürzte Fassung)

Bewertung vom 17.03.2019
Nur wer die Hölle kennt / Nola van Heerden & Renke Nordmann Bd.4
Wendelken, Barbara

Nur wer die Hölle kennt / Nola van Heerden & Renke Nordmann Bd.4


ausgezeichnet

Das Grauen kommt zurück nach Martinsfehn.

Mit der geschiedenen alleinerziehenden Melody Bella Labohm kehrt auch das Grauen in das beschauliche Martinsfehn zurück. Als vor zwanzig Jahren Melodys Mutter Verena Matzke, ihr kleiner Halbbruder Michel Matzke sowie die junge Auszubildende Daniela Finke bei einem schrecklichen Brand ums Leben kamen, wurde die fünfzehnjährige Melody trotz fehlender Beweise von der Dorfgemeinschaft als Brandstifterin verurteilt. Melodys Stiefvater Wulf Leutnant war am Boden zerstört, angesichts des Todes seiner Lebensgefährtin und des gemeinsamen dreijährigen Sohnes Michel richtete sich sein ganzer Hass gegen die unliebsame Stieftochter. Melody wird in eine Wohngruppe nach Lübeck gebracht, es blieben nicht nur äußerliche, sondern auch innerliche Narben zurück. Ihr weiteres Leben gerät immer mehr außer Kontrolle, bis sie endlich beschließt, sich von ihrem gewalttätigen Lebensgefährten zu trennen. Sie kehrt mit ihrem kleinen Sohn Linus zurück in ihr Heimatdorf. Ihr Auftauchen verursacht einen kleinen Aufruhr im Ort, einige Menschen reagieren besonders heftig auf ihre Rückkehr. Melodys ehemalige Freundin Simone Jakobi kündigt an, relevante Informationen zu den damaligen Ereignissen und zur Identität des wahren Täters in Form eines Buches zu veröffentlichen. Kurz darauf wird sie tot aufgefunden. Die Kommissare des Polizeireviers in Martinsfehn sind gefordert, und es scheint unumgänglich, neben den aktuellen Ermittlungen auch den alten Fall neu aufzurollen. Nola van Heerden und Renke Nordmann befassen sich mit den Fakten, führen Zeugenbefragungen durch und hoffen, dabei auf den Täter zu stoßen, der mit großer Brutalität und Skrupellosigkeit vorgeht, um nicht entlarvt zu werden.

Barbara Wendelken hat mit dem vorliegenden Roman einen hoch interessanten Kriminalfall ersonnen, der sich als komplexer erweist, als es zunächst den Anschein hat. Die Handlung wird in zwei Zeitebenen erzählt. Während Nola und Renke in der Gegenwart ermitteln, rollt die Autorin in einem zweiten Handlungsstrang die Ereignisse im Jahre 1997 um den schrecklichen Brand auf Verena Matzkes Hof auf. Das verheerende Feuer vor zwanzig Jahren steht im Zentrum dieses Kriminalromans. Der Autorin ist es gelungen, mich mehrfach durch falsche Fährten und unerwartete Wendungen aufs Glatteis zu führen. Kaum war ich davon überzeugt, die Identität des Täters herausgefunden zu haben, wurde ich durch aktuellere Erkenntnisse erneut verunsichert. Auf diese Weise wurde der Spannungsfaktor bis zu den letzten Seiten des Buches konstant hochgehalten.

Die handelnden Personen sind sorgfältig ausgearbeitet und punkten durch Authentizität. Das größte Augenmerk wurde auf die Protagonisten Melody Labohm, Thore Bremer, Nola van Heerden und Renke Nordmann gelegt. Einige Anmerkungen im Buch weisen darauf hin, dass Nola und Renke bereits eine gemeinsame Geschichte in einem der Vorgängerbücher haben. Dennoch fand ich mich auch ohne Vorkenntnisse dieser Bände sehr gut in der Handlung zurecht. Barbara Wendelken besitzt einen flüssigen und einnehmenden Schreibstil und brachte darüber hinaus ein paar starke Nebenfiguren in die Handlung ein. Der winzige Cliffhanger am Ende des Buches erweckte in mir die Vorfreude auf den nächsten Band um das Ermittlerduo Nola und Renke.

„Nur wer die Hölle kennt“ war mein erstes Buch von Barbara Wendelken, und ich werde mir vermutlich nicht nur ihre zukünftigen Neuerscheinungen zum Gemüte führen, sondern auch sämtliche bisherigen Werke. Dieser Kriminalroman bescherte mir ein spannendes Leseerlebnis und hat mir ausgezeichnet gefallen!

Bewertung vom 10.03.2019
Die hellblauen Schuhe
Haaften, Noor van

Die hellblauen Schuhe


ausgezeichnet

Man soll nie unterschätzen, welch große Bedeutung kleine Zeichen der Wertschätzung im Alltag haben können.

In diesem dünnen, kleinformatigen Buch präsentiert Noor van Haaften insgesamt siebenundzwanzig kurze Geschichten, die abwechselnd zum Nachdenken, aber auch zum Schmunzeln anregen. Passend zum jeweiligen Inhalt zieht die Autorin Parallelen zu entsprechenden Passagen aus der Bibel, den Abschluss eines jeden Kapitels bilden kursiv gedruckte Zitate. In den verschiedenen Geschichten ist immer wieder davon die Rede, wie nach einem Unglücksfall Menschen geholfen wurde, wie man trotz negativer Erlebnisse auch etwas Positives in einer Situation entdecken kann und Betroffenheit oder Trauer auch von Dankbarkeit begleitet sein kann.

Besonders bewegt hat mich die Geschichte des kleinen Kanarienvogels Willem, der sein Dasein mit gestutzten Flügeln in einem kleinen Käfig fristet. Ein Vogel, dem die Freiheit genommen wurde, der sein Leben in Gefangenschaft verbringen muss, dem sogar die artgerechte Fortbewegung des Fliegens versagt wird. Die Autorin vergleicht diese Gefangenschaft mit jener von Menschen, die hinter unsichtbaren Gitterstäben eingesperrt sind, gebremst durch ihre Lebensumstände, verletzt und gebrochen durch schmerzliche Erfahrungen, voller Kummer, Scham und Schuld, unfähig, sich selber zu befreien. Sie haben sich an dieses beschränkte Leben gewöhnt, sind abgestumpft, genauso wie der kleine Kanarienvogel. Hier verweist die Autorin auf ein Leben in der Fülle, das Jesus uns versprochen hat, einen Weg zu unserer Bestimmung, die Flügel ausbreitend und in die Freiheit fliegend.

Es gibt noch viele weitere Geschichten wie diese. Noor van Haaften schreibt beispielsweise über Schneeglöckchen, die auch unter schwierigsten Umständen ihrer Berufung treu bleiben und sich aufrechtstehend dem Licht zuwenden. Sie vergleicht einen berühmten Pianisten, der sich über einen klavierspielenden Jungen beugt und mit ihm gemeinsam spielt, mit einer göttlichen Umarmung, die uns mit der Liebe und dem Segen Gottes umfängt. Eine Prise Humor kommt zu Vorschein, als die Autorin von ihren Gesprächen mit dem Navigationsgerät „Eva“ berichtet, deren Anleitungen zur sicheren Ankunft am gewünschten Ort sie letztendlich mit den Anweisungen Gottes vergleicht, der uns ebenfalls nicht dazu zwingt, in eine bestimmte Richtung zu gehen, dem aber trotzdem daran gelegen ist, dass er mit uns ans Ziel kommt.

Die Geschichte, die mich am meisten berührte, war für mich jene, in der es darum geht, Gott zu dienen. So schreibt die Autorin: „Jesus dienen kann ein jeder mit den Gaben und Möglichkeiten, die er oder sie hat: ein Anruf, um nachzufragen, wie es dem anderen geht. Ein Besuch beim Nachbarn, der alleine ist. Ein Kuchen zum Geburtstag einer Freundin, die es nicht mehr schafft, selbst zu backen. Schneeglöckchen oder Gänseblümchen aus dem Garten, Zwetschken oder Erdbeeren aus eigenem Anbau. Eine Karte mit einem lieben Gruß. Eine Einladung zu einer Tasse Kaffee, einem Essen, einem Spaziergang. Ein freundliches Wort. Eine Stimme, die nachfragt und tröstet oder ermutigt. Ohren, die zuhören. Ein wenig (oder etwas mehr) Zeit. Geduld. Man könnte das alles in einem Wort zusammenfassen: Liebe. Das Wunder ist, dass Gott gerade das in uns entwickeln will.

Diese gesammelten Geschichten wurden sorgfältig ausgewählt und in einem locker-leichten Schreibstil mit starkem Bibelbezug dargebracht. „Die hellblauen Schuhe“ von Noor van Haaften haben mir ausgezeichnet gefallen und ich empfehle dieses Buch gerne weiter.

„Das Leben ist ein Geschenk Gottes. Wer das Genießen und Lachen verlernt, verpasst es.“ (Noor van Haaften)

Bewertung vom 03.03.2019
Die Sünden aus der Vergangenheit / Baltimore-Team Bd.1
Pettrey, Dani

Die Sünden aus der Vergangenheit / Baltimore-Team Bd.1


ausgezeichnet

Einmal Scharfschütze, immer Scharfschütze.

„Wie lange wirst du zulassen, dass die Ungerechtigkeit siegt?“

Griffin McCray arbeitet als Ranger im Gettysburg National Military Park. Nach dem Fund einer Leiche ermittelt er gemeinsam mit der forensischen Anthropologin Dr. Finley Scott, dem FBI-Agenten Declan Gray und dem CSI-Beamten und Spurensicherer Parker Mitchell in einem Fall, der weit komplexer ist, als es zunächst den Anschein hatte. Darüber hinaus versucht ein Unbekannter, mit völliger Rücksichtslosigkeit und ohne jeglichen Skrupel die Identifizierung der sterblichen Überreste zu verhindern.

Dani Pettreys neuer Serienauftakt startet an einem geschichtsträchtigen Schauplatz. Die Autorin verstand es geschickt, gleich zu Beginn Spannung aufzubauen, die bis zum aufregenden Finale kontinuierlich ansteigt. Das Buch basiert auf zwei Handlungssträngen, wobei die Ermittlungen im Mordfall den Hauptanteil haben. In einem zweiten kleinen Handlungsstrang werden dem Leser immer wieder kleine Einblicke in die Überlegungen und Aktivitäten des unbekannten Täters gewährt. Die handelnden Figuren wurden hervorragend charakterisiert, ihre Eigenschaften, Gedanken und Gefühle überzeugend vermittelt. Die starke Gewichtung auf den Glauben wird besonders in kursiv gedruckten Gebeten zum Ausdruck gebracht. Vage Andeutungen auf eine gemeinsame Vergangenheit von Griffin, Declan und Parker weckten sehr rasch meine Neugier, ein schwelender Konflikt zwischen den ehemals besten Freunden wird nach und nach aufgerollt und beleuchtet.

Im vorliegenden ersten Band stehen Griffin und Finley als Protagonisten im Zentrum des Geschehens. Als ehemaliger Scharfschütze eines Sondereinsatzkommandos ist Griffin bestens für die Mitarbeit bei den Ermittlungen geeignet, er spricht jedoch ungern über seine berufliche und private Vergangenheit. Griffin verhält sich Finley gegenüber introvertiert und mürrisch, kann sich jedoch ihrer Anziehungskraft nicht entziehen. Seine mühsam aufgebauten Schutzmauern drohen einzustürzen. Die attraktive und zierliche Finley nennt Griffin zwar insgeheim „Ranger Miesepeter“, fühlt sich aber zu dem gutaussehenden Park Ranger ebenfalls hingezogen. Der Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse und der behutsamen Annäherung zwischen den beiden wird in diesem Buch großzügig Raum gegeben.

Mit Declan Gray und Parker Mitchell bringt die Autorin zwei wichtige Nebenfiguren in die Handlung ein. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die beiden wohl ihrerseits in einem der Nachfolgebände eine Hauptrolle einnehmen werden. Während Declan mit seinem geschniegelten Äußeren und seinen beruflichen Fähigkeiten die perfekte Verkörperung eines FBI-Agenten darstellt, scheint der gutaussehende Charmeur Parker mit seinem irischen Akzent und dem Ruf als Frauenheld ein eher unkonventioneller Ermittler zu sein. Doch hinter Parkers Fassade verbergen sich starke Schuldgefühle, und das Verhältnis zwischen ihm und Griffin ist angespannt. Die Darstellung der Verarbeitung dieser Schuldgefühle und die persönliche Entwicklung der betroffenen Personen haben mir sehr gut gefallen.

Fazit: „Die Sünden aus der Vergangenheit“ punktet durch einen einnehmenden Schreibstil, einen spannenden und gut konstruierten Kriminalfall, authentischen Figuren und einer starken Gewichtung auf den Glauben. Dani Pettrey zählt zu meinen favorisierten christlichen Krimiautorinnen und hat mir auch diesmal ein grandioses Leseerlebnis beschert. Meine Vorfreude und Erwartungshaltung auf die nächsten Bände dieser Reihe sind dementsprechend groß. Nur zu gerne vergebe ich für dieses Buch fünf Bewertungssterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.