Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Island
Wohnort: 
Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 548 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


ausgezeichnet

In ihrem neuen Buch schreibt Nele Pollatschek, selbst Mitte 30, aus der Sicht von Lars, 49, der seine Stelle als Redakteur beim Fernsehen aufgegeben hat, um sein eigenes Buch zu schreiben. Er schiebt das aber schon sehr lange vor sich her, wie so vieles andere. Und nun steht zum Jahresende die Rückkehr seiner Frau, die sich eine Auszeit im Ausland genommen hat, und seiner Kinder (vom Auslandsschuljahr) an und er möchte noch alles Mögliche auf die Schnelle schaffen, um einen guten Eindruck auf sie zu machen. Natürlich schweift er trotzdem immer schnell wieder ab und dann kommt auch immer wieder Unglück dazwischen.

Nele Pollatschek ist es sehr gut gelungen, diese Stimmung einzufangen und ein sehr genaues Bild von ihrem Protagonisten zu zeichnen, sodass man sich, auch als weibliche Leserin, in ihn und seine Lage hineinversetzen kann. Immer wieder gibt es dabei Momente des Wiedererkennens und des Schmunzelns, aber auch eine Portion Tragik fehlt nicht. Dabei schreibt die Autorin in einem sehr sprachgewaltigen Stil voller sprachlicher Bilder und Aufzählungen, was mich teils auch an Poetry Slam erinnert hat. Zwischendurch gibt es zudem auch philosophische Anklänge, die zum Nachdenken anregen. Auf jeden Fall ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 24.09.2023
Unsafe / Seaside Hideaway Bd.1
Lastella, Leonie

Unsafe / Seaside Hideaway Bd.1


sehr gut

Nevah muss mit ihrer Familie in einen anderen Bundesstaat der USA ziehen und wirklich alle Kontakte aus ihrem bisherigen Leben abbrechen, weil alle gemeinsam wegen ihres älteren Bruders Miller im Zeugenschutzprogramm landen. Miller freundet sich am neuen Wohnort mit dem feierwütigen Nachbarn Jackson an, während Nevah zunächst versucht, ihn auf Distanz zu halten, was ihr aber spätestens dann nicht mehr so recht gelingt, als er ihr bei ihren Panikattacken beisteht. Allerdings darf sie ihm nicht verraten, wer sie wirklich ist und warum sie so große Angst hat, da sie sich und ihre Familie so gefährden könnte. Da ist es ungut, dass Jackson nichts mehr hasst, als Unehrlichkeit.

Das Buch bot mir eine kurzweilige Unterhaltung und der Schreibstil ließ sich sehr gut und flüssig lesen, sodass die Seiten nur so dahin flogen. Auch der Schauplatz der Handlung war sehr reizvoll, ich könnte mir sehr gut vorstellen, dort zu leben, wo es Nevah und ihre Familie unfreiwillig hin verschlagen hat. Die beiden Hauptpersonen, Nevah und Jackson waren mir beide sympathisch und ihre Handlungen erschienen mir auch meist nachvollziehbar. Weniger warm wurde ich mit Nevahs Bruder, aber das ist wahrscheinlich auch beabsichtigt. Etwas gestört hat mich die explizite Beschreibung von Sex-Szenen, wie es für dieses Genre aber (leider) mittlerweile typisch ist. Hier wäre es mir lieber gewesen, wenn mehr Platz für Phantasie bliebe. Das Cover des Buches passt von der Farbgestaltung her gut zur Geschichte, ich finde aber weniger abstrakte Gestaltungen meist besser.

Bewertung vom 21.09.2023
Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung
Stehn, Malin

Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung


ausgezeichnet

Die schwedischen Familien Brandt und Nihlzén kennen sich schon sehr lange, weil die etwa gleichaltrigen Söhne Erik und William miteinander aufgewachsen sind, die gleiche Schule besuchten und im selben Fußballteam spielten, was auch die Eltern miteinander verbunden hat. Vor acht Jahren, kurz nach dem Schulabschluss der beiden Jungs ändert ein einschneidendes Ereignis aber alles. Dennoch verlieben Eriks Schwester Emily und William sich ein paar Jahre später ineinander und nun brechen bei der schicken Traumhochzeit acht in einem Schloss alte Wunden auf, als die Familien und die damaligen Freunde alle wieder aufeinandertreffen und es kommt sogar jemand ums Leben.

Die Geschichte wird einerseits auf verschiedenen Zeitebenen, also vor etwa acht Jahren, wenige Monate vor der Hochzeit und am Hochzeitstag selbst, erzählt. Andererseits auch aus verschiedenen Perspektiven, der der Brautmutter, der des Brautvaters, der des Bruders der Braut, der des Vaters des Bräutigams und der von Emily und William selbst. Dadurch erfährt man bruchstückhaft immer mehr kleine Details, die zur Auflösung beitragen, es bleibt aber bis fast zum Schluss spannend und gibt immer wieder neue Wendungen. Diese Art des Aufbaus trägt zudem dazu bei, dass man die einzelnen Charaktere sehr gut kennenlernt und sich in sie hineinversetzen kann. Der Schreibstil der Autorin ließ sich gut und flüssig lesen und auch die Covergestaltung hat mich angesprochen.

Bewertung vom 18.09.2023
Wellenkinder
Bahrow, Liv Marie

Wellenkinder


sehr gut

Bei Liv Marie Bahrows Roman "Wellenkinder" haben mich der Titel und das Cover direkt neugierig gemacht, weil sie mich einen Schauplatz an der Ostsee vermuten lassen haben.

Der historische Roman spielt auf drei Zeitebenen, der Gegenwart, in der DDR um das Jahr 1970 herum und 1945 zum Kriegsende, als viele Frauen und Kinder über die Ostsee aus Ostpreußen flohen.

Jan lebt 2022 frisch getrennt von der Mutter seines Kindes in Berlin, stammt aber aus Rügen. Seit seine Mutter vor gut 30 Jahren, kurz nach der Wiedervereinigung verschwand, hält er sich von dort fern und pflegt ein sehr distanziertes Verhältnis zu seinem Vater, bis ein Vorfall dafür sorgt, dass er zurück in seine Heimat muss. Oda versuchte 1970 von Boltenhagen über die Ostsee fliehen und landet dann aber schwanger in einem DDR-Gefängnis und Margit, selbst noch ein Kind, rettete 1945 auf einem Flüchtlingsschiff einen kleinen Jungen vor dem Ertrinken. Inwiefern alle miteinander in Zusammenhang stehen, klärt sich erst im weiteren Verlauf der Handlung.

Grundsätzlich fand ich die verschiedenen Handlungsstränge und ihren jeweiligen historischen Hintergrund sehr spannend und die Autorin schildert die Bedingungen in Deutschland um das Kriegsende herum und im DDR-Gefängnis auch sehr authentisch und ungeschönt, sodass man eine Vorstellung von den Grausamkeiten bekommt, die den Menschen widerfahren sind. Allerdings blieb mein Verhältnis zu den Protagonist:innen eher distanziert und ich konnte mich so nicht so richtig in sie hineinversetzen, wodurch mich die Handlung nicht so sehr gefesselt hat, wie die anderer historischer Romane, die sich mit der DDR und/oder der Nachkriegszeit beschäftigen. Nichtsdestotrotz ist dies ein wichtiger Roman, der an interessanten Schauplätzen spielt und dazu beiträgt, dass dies alles nicht so schnell in Vergessenheit gerät.

Bewertung vom 15.09.2023
Wie ein Stern in mondloser Nacht
Sand, Marie

Wie ein Stern in mondloser Nacht


ausgezeichnet

Im Mittelpunkt dieses Romans steht Henni Bartholdy, die zunächst in ärmlichen Verhältnissen im Nachkriegs-Berlin mit ihrer verwitweten Mutter und ihrem kränklichen Bruder ums nackte Überleben kämpft und nach einem traumatischen Erlebnis Hebamme wird und im Laufe ihres Berufslebens die Notwendigkeit einer Babyklappe erkennt und auch direkt aktiv wird. Auf einer zweiten Zeitebene begibt sich die Journalistin Liv in der heutigen Zeit auf die Spurensuche nach ihren echten Eltern, da sie als Baby in einer Babyklappe abgelegt wurde.

Das Cover des Buches passt sehr gut zur Thematik und dazu, dass die Handlung zu einem recht großen Teil in der Nachkriegszeit und den 50er Jahren spielt. Henni als Protagonistin war mir mit ihrer zupackenden und empathischen Art und der Leidenschaft, mit der sie ihren Beruf ausübte, auf jeden Fall sehr sympathisch und ich fand es zudem sehr interessant, mehr über die Arbeitsbedingungen einer Hebamme damals, die Lebensumstände vieler Frauen und die rechtlichen Aspekte rund um die Babyklappe zu erfahren. Zudem war der Schreibstil der Autorin einerseits gut verständlich und andererseits auch sehr anschaulich, sodass man sich gut in alles hineinversetzen konnte. Durch die zweite Zeitebene mit Livs Suche nach ihren leiblichen Eltern wurde zusätzlich Spannung aufgebaut und zudem wurde der Roman dadurch vielschichtiger, weil so auch ein negativer Aspekt der anonymen Geburten und der Babyklappen thematisiert wurde, nämlich, dass die Kinder so kaum in der Lage sind, mehr über ihre Herkunft herauszufinden. Für alle, die gerne historische Romane lesen, die in der jüngeren deutschen Vergangenheit spielen, ist das Buch sicher lesenswert!

Bewertung vom 14.09.2023
Verlogen / Mörderisches Island Bd.2
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlogen / Mörderisches Island Bd.2


ausgezeichnet

Bei diesem Buch handelt es sich um den zweiten Teil einer Serie von Island-Krimis, der aber auch unabhängig vom Vorgänger gelesen werden kann, da einem ohne Kenntnis des ersten Teils lediglich etwas Vorwissen bezüglich des Ermittlerteams, bestehend aus Elma und Sævar und einigen Nebenpersonen fehlt.

Diesmal geht es um den Fall einer verschwundenen alleinerziehenden Mutter, deren Leiche nach Monaten in einem Lavafeld gefunden wird. Zunächst war man bei ihrem Verschwinden von einem Selbstmord ausgegangen, aber nun deutet alles auf einen Mord hin.

Mich hat dieser Krimi sehr gefesselt. Die Handlung fand auf verschiedenen Zeitebenen der Gegenwart und der Vergangenheit statt und lange blieb unklar, wer die Frau umgebracht haben könnte, bevor es zu einer überraschenden Wendung kam. Auch isländischer Lokalkolorit war immer wieder vorhanden, und man konnte sich gut auf diese recht dünn besiedelte Insel versetzen, in der die Orte sehr klein sind und alle Menschen sich duzen. Auch die beiden Ermittler:innen sind mir sympathisch und ich würde sehr gerne noch mehr von ihnen lesen.

Bewertung vom 14.09.2023
Nachts erzähle ich dir alles
Landsteiner, Anika

Nachts erzähle ich dir alles


sehr gut

Léa, die in München ein kleines Café mit französischer Patisserie betreibt, flieht im Sommer mehr oder weniger nach Frankreich in das Ferienhaus ihrer verstorbenen Großeltern an der Côte d'Azur, um sich über einige Dinge klar zu werden. Direkt am ersten Abend lernt sie ein Teenager-Mädchen kennen, das am nächsten Morgen plötzlich tot ist und beginnt gemeinsam mit deren älterem Bruder Émilie nachzuforschen, was genau passiert ist. Außerdem erfährt sie von einer alten Freundin ihrer Mutter auch viel über ihre eigene Vergangenheit und die ihrer Mutter.

Durch den Klappentext hatte ich teilweise etwas andere Erwartungen an das Buch, fand aber vieles, was darin angesprochen wurde, sehr interessant und auch teilweise zum Nachdenken anregend. Es ist definitiv kein seichter Sommer- oder Liebesroman vor der Kulisse der Cote d'Azur. Manchmal ging es mir aber etwas zu sehr um das Selbstfindungsthema, insbesondere auch in sexueller Hinsicht. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, wenn der Focus auf komplett auf Léa, Émilie und den Gründen für den Tod seiner Schwester gelegen hätte, ohne Léas Familiengeschichte zu genau zu durchleuchten.

Bewertung vom 14.09.2023
Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
Scherzant, Sina

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne


ausgezeichnet

Protagonistin Katha sehnt sich von frühester Kindheit an nach Harmonie. Sie will, dass ihre Eltern glücklich (miteinander) sind und versucht (zunächst mit kindlichen Methoden) dazu beizutragen und auch in der Schule will sie keinen Ärger haben, aber zugleich dazu gehören. Als die Eltern sich doch irgendwann trennen und sie mit ihrer nun alleinerziehenden Mutter und ihrer kleinen Schwester nach Dortmund zieht, lernt sie dort Angelica kennen, die Mutter einer Klassenkameradin, die viel zugewandter und offener ist als ihre Mutter und Katha in ihrer Selbstfindung entscheidend prägt und zum Nachdenken darüber anregt, ob es wirklich gut ist, anderen immer gefallen und ihnen Schlechtes ersparen zu wollen.

Das Cover des Romans und der Titel erschienen mir zunächst zu abstrakt, um mir mehr darunter vorstellen zu können. Der Schreibstil gefiel mir aber von Beginn an. Die Autorin schreibt sehr reflektiert über die Zeit des Heranwachsens und Ausprobierens, es ist nicht nur eine Aneinanderreihung von Erlebnissen. Die Personen wirken authentisch und ich konnte mich gut in sie hineinversetzen und mich teilweise auch in ihnen und ihrem Verhalten und den gemeinsamen Erlebnissen wiederfinden, obwohl meine eigene Teenager-Zeit etwa zehn Jahre länger zurückliegt, als die hier Beschriebene. Aber, vieles verläuft doch immer wieder ähnlich. Etwas weniger konnte ich aber mit dem, etwa 50 Seiten umfassenden, zweiten Teil anfangen, diese kürzeren Elemente waren mir zu abstrakt, auch wenn sie wohl den Zustand von Katha spiegeln sollten. Der dritte Teil rundete dann wieder alles sehr stimmig ab. Auch sprachlich fand ich den Roman sehr gelungen, modern und schnörkellos einerseits, aber mit den passenden sprachlichen Bildern an den entscheidenden Stellen. Somit empfehle ich dieses Debüt gerne weiter, es ist auf jeden Fall sehr lesenswert.

Bewertung vom 03.09.2023
Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3
Blum, Charlotte

Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3


sehr gut

Der neue Fall der historischen Krimireihe um das "Fräulein vom Amt" Alma Täuber spielt im Jahr 1925, als viel Prominenz nach Baden Baden reist, weil dort ein internationaler Schachturnier stattfindet und Schach gerade stark in Mode kommt. Auch Almas (heimlicher) Partner, der Kriminalkommissar Ludwig Schiller ist fasziniert von dem Spiel. Alma beschäftigt aber vor allem der der Tod der Cousine einer Kollegin, die tot in einer großen Wäschetrommel in einer Dampfwaschanstalt gefunden wurde, was zunächst als Unfall oder Selbstmord abgetan wird. Bei den Nachforschungen zum Umfeld der Toten stößt Alma schnell auf ein verruchtes Tanzlokal.

Es war wieder sehr interessant und spannend, mit der mutigen Alma auf Zeitreise ins Baden Baden der 20er Jahre zu gehen, wo es um Gleichberechtigung noch schlecht bestellt war, Alma und ihre beste Freundin aber das Beste aus den Umständen machen. Da die Krimireihe aber ja "Das Fräulein vom Amt" heißt, sollte meiner Meinung nach Almas Beruf noch eine etwas größere Rolle bei den Mordfällen spielen, wie es im ersten Teil auch der Fall war. Mittlerweile beeinflusst er hauptsächlich ihr Privatleben, da sie für den Beruf ledig bleiben muss und sich so nicht zu Ludwig bekennen kann. Als Ermittlerin gibt Alma sich manchmal auch etwas zu leichtfertig in Gefahr, auch wenn sie mir ansonsten in ihrer Art sehr sympathisch ist. Der Schreibstil des Autorinnen-Duos war auch diesmal wieder gut lesbar.

Bewertung vom 03.09.2023
Heartbreak
Bagci, Tarkan

Heartbreak


ausgezeichnet

Marie hat schon länger mit Depressionen zu kämpfen, ist aber in Therapie und nimmt Medikamente, dass ihr Freund sie nach einem Jahr plötzlich von einem Tag auf den anderen ghostet, wirft sie aber ganz schön aus der Bahn. Tom ist ein vielversprechender Musiker, der nach dem Wunsch seines Managers und zugleich Vaters seine Karriere antreiben soll, indem er in einem kitschigen Film mitspielt, was aber schon zu Beginn der Dreharbeiten gewaltig schief geht. Irgendwann landen beide mehr oder weniger zufällig im gleichen Hotel in der Toskana.

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen. Die Geschichte war fernab von jeglichem Kitsch und Marie und Tom wirkten als Protagonist:innen authentisch. Der Schreibstil des Autors ist sehr anschaulich und zugleich wortgewandt und mit der richtigen Dosis Humor an passenden Stellen. Auch Gesellschaftskritik, bzw. Kritik am Zeitgeist kommt nicht zu kurz, wenn Tom seinen ursprünglich afghanischen Namen ablegt, weil er damit, nach Meinung seines afghanischen Vaters, nicht erfolgreich werden kann, die Vermarktung auf Instagram und TikTok viel wichtiger ist als die Musik selbst und erschreckend viele Menschen in Deutschland mehr Mitgefühl für Hunde zeigen als für ertrunkene Flüchtlinge.