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Benutzername: 
Barbara
Wohnort: 
Remscheid

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 16.05.2021
Nachrichten von Männern
Decker, Anika;Berlin, Katja

Nachrichten von Männern


gut

Schon die Widmung in diesem Buch ( "Für uns" ) macht dem Leser klar, hier geht es um Witz und gute Unterhaltung. Deshalb darf man auch nicht alles so ernst nehmen was Katja Berlin und Anika Decker hier über Männertypen und die Rätsel der modernen Kommunikation zusammen tragen. Ihre Analyse der Männertypen ist kurzweilig, lustig und herrlich überspitzt. Ob man das alles interessant findet und vieles davon nachvollziehen kann hängt sicher hauptsächlich davon ab, wie intensiv man Kontakt mit Männern über WhatsApp, SMS, Tinder und E-Mails pflegt.
Der Schreibstil ist herrlich flapsig und frech, damit passt er wunderbar zum Thema. Die kurzen Kapitel machen es leicht, das Buch zwischendurch in kleinen Häppchen zu lesen. Trotzdem wird es mir im letzten Drittel dann doch ein bisschen zu langweilig, der Reiz des Themas ist ausgeschöpft.
Eine Leseempfehlung nur für Viel-Nutzer jeglicher modernen Kommunikationsmittel.

Bewertung vom 15.05.2021
Berlin Heat
Groschupf, Johannes

Berlin Heat


gut

Tom Lohhof ist spielsüchtig und lebt davon,Touristen Wohnungen zu vermieten und alles zu besorgen, was man für eine anständige Party im Herzen von Berlin so braucht. Durch Zufall gerät er mitten hinein in einen politisch motivierten Entführungsfall, dabei versucht er doch eigentlich nur seine Haut vor einem Kredithai zu retten, bei dem er Spielschulden hat.
Johannes Groschupf führt seine Leser mitten hinein in das Leben in Berlin im Jahr nach Corona, er spart nicht an Straßennamen und reellen Schauplätzen. Er bedient sich einer markigen Sprache, manchmal witzig und oft sehr derb, aber passend zu dem Milieu das er beschreibt. Sein Hauptakteur Tom bleibt mir während der ganzen Geschichte unsympathisch, ich finde auch keinen rechten Zugang zu den anderen Charakteren.
Aus der Entführungsgeschichte und dem politischen Ansatz hätte man für meinen Geschmack mehr machen können.
Ein rasanter Roman für Berlin-Liebhaber und Fans von ungewöhnlichen Charakteren in der

Bewertung vom 09.05.2021
Dein ist das Reich
Döbler, Katharina

Dein ist das Reich


ausgezeichnet

Katharina Döbler beschreibt am Beispiel von zwei deutschen Familien anschaulich die Zeit der Kolonialisierung in Neuguinea.
Johann Hensolt arbeitet als Südsee-Missionar als er in New York seine durch den 1. Weltkrieg traumatisierte Frau Linette kennen lernt und sie gemeinsam das Leben in Neuguinea der Umerziehung der Papua widmen. Heiner Mohr verwaltet dort eine Plantage für die Mission, er muss lange auf den Nachzug seiner Frau Marie warten, die mit ihrem Schicksal hadert und mit ihrem Mann nicht wirklich glücklich wird. Beide Familien versuchen, mit harter Hand den Vorschriften der Mission gerecht zu werden, Chancen auf eine kritische Reflexion oder eine Abweichung von den vorgegebenen Richtlinien werden mit Argwohn betrachtet und letztendlich bestraft. Als in Deutschland der Nationalsozialismus an Macht gewinnt entzweien sich die Ansichten der beiden Familien: Marie und Johann stehen auf Hitlers Seite.
Die Autorin arbeitet in diesem Roman ihre eigene Vergangenheit auf, die gerne totgeschwiegen und unter den Teppich gekehrt wurde. Verständlich in sofern, als es auch ein trauriges und unrühmliches Kapitel deutscher Geschichte ist, das sie dem Leser nahe bringt. Sie beschreibt anschaulich das Wirken der weißen deutschen Missionare, die im Namen des Herren die wilden Papua zivilisieren wollen, sie unterdrücken, ausnutzen, misshandeln und ihnen ihren Willen und ihre Religion aufzwingen. Doch es ist zugleich auch der Roman einer Familienchronik in bewegten Zeiten und es hat mich sehr berührt zu lesen, wie die nächsten beiden Generationen mit den Folgen der Missionarszeit auf Neuguinea fertig werden müssen.
In einem ungewöhnlichen und anspruchsvollen Schreibstil gelingt es der Autorin, eine fesselnde Familiengeschichte und das Thema Kolonialisierung dem Leser nahe zu bringen. Der Wechsel sowohl zwischen den Familien Mohr und Hensolt als auch zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit verlangt etwas Konzentration, macht den Verlauf der Geschichte aber höchst interessant und immer wieder spannend. Die detaillierte Beschreibung von Fotos aus dem Familienalbum regt zusätzlich die Vorstellungskraft an und macht die Geschichte authentisch.
Ein Roman, der viele Facetten in sich vereinigt: er ist interessant, lehrreich und bietet gute Unterhaltung bei einem anspruchsvollen Schreibstil, deshalb von mir eine unbedingte Leseempfehlung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.05.2021
Die Beichte einer Nacht
Philips, Marianne

Die Beichte einer Nacht


ausgezeichnet

Heleen erzählt in einer Nervenklinik der Nachtschwester ihre Lebensgeschichte, angefangen vom Aufwachsen als Älteste in einer kinderreichen Familie. In ärmlichen Verhältnissen lebend liegt ihr Schwerpunkt notgedrungen auf der Erziehung ihrer zahlreichen jüngeren Geschwister und der Entlastung der Mutter. Doch sie kämpft sich nach oben, erarbeitet sich eine gute Anstellung und erweitert ihre Bildung, durchlebt eine schwierige Ehe und trifft ihre große Liebe Hannes. Außerdem kümmert sie sich um ihre jüngste Schwester Leentje, zu der sie ein sehr gespaltenes Verhältnis hat. Geplagt von Selbstzweifeln und Eifersucht kommt es schließlich zu einer furchtbaren Tragödie.
Marianne Philips ist es gelungen, eine interessante Lebensgeschichte auf sehr ungewöhnliche Weise zu erzählen. Das ganze Buch ist als Monolog geschrieben, dabei bleibt die Nachtschwester, der die Beichte erzählt wird, völlig im Hintergrund, körper- und namenlos. Hat man sich in diesen Schreibstil eingelesen fesselt einen die Geschichte von Heleen, die zugleich auch biografische Züge aus dem Leben der Autorin trägt. Das Wissen darum und die Zeit der Erstveröffentlichung 1930 macht dieses Buch noch faszinierender. Marianne Philips war eindeutig ihrer Zeit voraus, hat mutig und offen von den Problemen als Frau geschrieben bis hin zu schrecklichen Fantasien und psychischen Qualen. Sehr interessant auch das Nachwort von Judith Belinfante, der Enkelin der Autorin.
Ein ungewöhnliches Buch, ausgefallen geschrieben und hoch interessant - unbedingt zu empfehlen.

Bewertung vom 19.04.2021
Drei Kameradinnen
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


ausgezeichnet

Drei Kameradinnen gehen gemeinsam durch dick und dünn: Kasih, Saya und Hani verbindet eine tiefe Freundschaft, die vor allem auf ihre gemeinsamen Erlebnisse als Menschen mit Migrationshintergrund beruhen. Sie haben keine deutschen Namen, keine blonden Haare, sie wachsen mit ihren Familien in einer Siedlung auf, in der alle die gleichen Probleme haben wie sie. Trotz guter schulischer Leistungen, Abitur, Studium, bekommen sie keine guten Jobs, trotz intensiver Bemühungen um Anpassung werden sie immer wieder als "anders" angesehen und gehören nicht wirklich dazu. Als die drei Freundinnen sich zur Hochzeit einer Schulfreundin wieder treffen kommt es zeitgleich zu einem dramatischen Ereignis.
In einer wunderbaren Sprache geschrieben spricht die Ich-Erzählerin die Leser*in immer wieder direkt an, erzählt die ganze Geschichte vermeintlich in einer Nacht und springt dabei immer wieder in der Zeit hin und her. Dabei bezichtigt sie sich selber manchmal der Lüge und sät Zweifel, ob sich eine Episode wirklich so zugetragen hat. Die drei jungen Frauen sind sehr unterschiedlich in ihrem Temperament und jede von ihnen geht anders mit dem Versuch um, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Shida Bazyar ist mit ihrem Roman " Drei Kameradinnen" ein sehr intensives Buch gelungen, das Menschen wie mir - weiß, deutsch, Mittelschicht - eindrucksvoll und intensiv klar macht, dass es nicht einfach nur reicht, wenn man nicht ausländerfeindlich oder nur gleichgültig ist. Dass ich keine Ahnung habe von den täglichen Anfeindungen und Vorurteilen, von Blicken und Kommentaren, von der - oft vergeblichen - Mühe um Anpassung und fehlendem Respekt auf Grund des Aussehens.
Ein kompromissloser und berührender Roman, außergewöhnlich geschrieben und aufrüttelnd, dieses

Bewertung vom 28.03.2021
Teufelsberg / Kommissar Wolf Heller Bd.2
Kellerhoff, Lutz W.;Kellerhoff, Lutz Wilhelm

Teufelsberg / Kommissar Wolf Heller Bd.2


gut

1969 in West-Berlin wird die Frau eines Richters brutal ermordet, da sie Jüdin war stellt sich schnell auch die Frage nach einem politischen Hintergrund. Kommissar Heller ermittelt, doch er trägt eine gewisse Mitschuld an dem Verbrechen da er bei der Observierung seinen Posten verlassen hat. Viele Theorien werden verfolgt: war es die Tat eines Serienmörders? Oder steckt das KGB dahinter? Heller gerät an seine Grenzen und muss zudem auch privat Einiges einstecken.
In dem 2. Buch des Autoren-Trios Lutz, Wilhelm und Kellerhoff um Kommissar Heller geht es um viel mehr als die Ermittlungen in einem Todesfall. Es ist zum einen eine intensive Beschreibung von West-Berlin, seinen touristischen Sehenswürdigkeiten, Bars und Kneipen, dem U-Bahn-Netz und vielen Straßennamen, die im Laufe des Buches für einen Nicht-Berliner etwas ermüdend werden. Zum anderen geht es um die politische Szene in Berlin des Jahres 1969: die radikale linke Szene, um Studentenrevolution, den Kalten Krieg, um die Auseinandersetzung mit der Nazi-Vergangenheit und Antisemitismus. Das ist sehr interessant zu lesen und zeichnet ein detailliertes Bild der jüngeren deutschen Geschichte, lässt aber den eigentlichen Kriminalfall immer wieder stark in den Hintergrund treten. Hier fehlt mir deshalb auch die Spannung, außerdem sind mir die Hauptcharaktere zu stark mit Persönlichem überfrachtet - allen voran Kommissar Heller.
Ein Krimi, der vor allem Fans der jüngeren deutschen Geschichte gefallen wird.

Bewertung vom 22.03.2021
Der gekaufte Tod
Mack Jones, Stephen

Der gekaufte Tod


ausgezeichnet

August Snow, ehemaliger Detektive der Detroit Polizei, kehrt als reicher Mann in sein Elternhaus in Detroit zurück. Doch das viele Geld stammt aus einem Prozess gegen Korruption in seiner ehemaligen Dienststelle und seine Rückkehr macht nicht alle Menschen aus seinem Umfeld glücklich. Als die Großindustrielle Eleanor Paget ihn bittet, in ihrer Bank verdächtige Vorkommnisse zu untersuchen, lehnt er ab. Doch als Paget kurz darauf ermordet wird stellt Snow Nachforschungen an und gerät in einen Strudel aus Hass und Gewalt.

Interessant ist die Hauptfigur August Snow, Sohn eines afroamerikanischen Polizisten und einer mexikanischen Malerin. Sein Anliegen, den heruntergekommenen Stadtteil Mexicantown in Detroit wieder zu einem sicheren und schönen Vorort zu machen, lässt ihn auf oft unkonventionelle Weise mit zwielichten Gestalten umgehen. Er ist ein harter Typ mit einem weichen Herzen, ein durchaus sympathischer Held der nicht immer ganz legal agiert.

Manchmal zynisch, manchmal mit schwarzem Humor beschreibt Stephan Mack Jones diese Geschichte von August Snow, die gleichzeitig auch nicht an Brutalität und Gewalt spart. Erst nach und nach erfährt der Leser in Rückblicken mehrere Details aus dem vergangenen Leben von Snow, so dass sich erst im Laufe des Buches ein vollständiges Bild zusammen setzt. Dabei werden nicht wenige Klischees bedient, aber insgesamt ist dieser Krimi ausgesprochen unterhaltsam und sehr spannend.

Bewertung vom 14.03.2021
Genug
Dalsgaard, Louise Juhl

Genug


ausgezeichnet

Eine junge Frau fasst mit 19 Jahren nach dem Abitur den Vorsatz, erst mal etwas abzunehmen und schlittert dabei in eine lebensbedrohliche Magersucht. Diese beherrscht ihr Leben in den nächsten Jahren neben ihrem Studium und zieht sie immer wieder an den Rand des Abgrundes.
Wenn ich das richtig verstanden habe beschreibt Louise Juhl Dalsgaard in dem Roman "Genug" ihre eigene Geschichte. Tatsächlich kann ich es mir nur schwer vorstellen, diese intensive Beschreibung so hinzubekommen, wenn man nicht selber Erfahrung mit dem Thema Anorexie hat. In einem tollen Schreibstil vermittelt sie das Dilemma und die Zerrissenheit ihrer Ich-Erzählerin sehr gefühlvoll, die Erinnerungssequenzen sind trotz ihrer Kürze so ausdrucksstark formuliert, dass der Leser stark berührt wird. Im Gegensatz dazu stehen die Auszüge aus der Krankenakte, nüchtern und emotionslos in der Beschreibung des immer weiter sinkenden Gewichtes und der zunehmend suizidalen Gedanken. Am Schreibstil merkt man, dass die Autorin auch Lyrik und Kurzprosa schreibt.
Außerdem gefallen mir sowohl das Cover als auch der Titel sehr, sie passen hervorragend zum Inhalt des Buches.
Ein Buch, das man nach der ersten Seite nicht mehr aus der Hand legen kann. Es zieht den Leser mit seiner herausragenden Sprache und der Herangehensweise an dieses ernste Thema voll in seinen Bann und ist trotz der traurigen Geschichte ein absolutes Vergnügen zu lesen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.03.2021
Was wir scheinen
Keller, Hildegard E.

Was wir scheinen


sehr gut

Kurz vor ihrem Tod reist Hannah Arendt von New York ins Tessin nach Tegna, wo sie noch einmal Urlaub machen möchte. Dort schweifen ihre Gedanken zurück zu wichtigen Stationen in ihrem Leben, ihrer Flucht aus Deutschland, ihrem neuen Leben in den USA, ihrem zweiten Ehemann Heinrich und ihrer Berichterstattung zum Eichmann-Prozess in Jerusalem. Dabei haben sich ihre Wege mit vielen Schriftstellern, Philosophen und Intellektuellen gekreuzt, doch nicht immer ist sie mit allen in Freundschaft auseinander gegangen.

Hildegard Keller schafft es in ihrem Buch "Was wir scheinen" ein Bild von Hannah Arendt zu zeichnen, das über blosse Fakten hinaus geht. Beginnend im Tessin springen Hannah Arendts Gedanken immer wieder zurück zu Begegnungen und Erlebnissen, eine Vielzahl von Episoden unterschiedlicher Art werden dem Leser so aus ihrer Sicht vermittelt. Hier nimmt ihre Teilnahme als Journalistin für den New Yorker am Eichmann-Prozess in Jerusalem eine wichtige Rolle ein. Aber auch ihr Aufenthalt in Tegna und die Begegnungen mit dem Hotelpersonal, Kellnern und Wirten zeigt eine zutiefst menschliche Seite der faszinierenden Persönlichkeit.

Ein Buch, das zugleich ein bisschen Biografie, Geschichtsbuch und Gedichtband darstellt, anspruchsvoll geschrieben und dabei trotzdem gut unterhaltend. Es ist allerdings durchaus von Vorteil, wenn man sich mit der Figur von Hannah Arendt schon ein bisschen auseinander gesetzt hat.

Bewertung vom 25.02.2021
Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1
Hancock, Anne Mette

Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1


ausgezeichnet

Ein spannender Thriller mit einem tollen Ermittler-Team, bestehend aus der Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und dem Kommissar Erik Schäfer.

Die Journalistin Heloise Kaldan erhält Briefe von einer untergetauchten Mörderin. Sie ermittelt auf eigene Faust, stößt jedoch auf Kommissar Erik Schäfer, der Hinweise auf die gesuchte Frau erhalten hat. Zunächst versucht jeder für sich, die merkwürdigen Hinweise der Mörderin zu verstehen. Langsam kommt Heloise der Wahrheit näher, muss sich dabei jedoch mit einem unschönen Kapitel aus ihrer eigenen Vergangenheit auseinander setzen.

Ein spannend geschriebener Thriller, der langsam beginnt und dann immer mehr Fahrt aufnimmt. Dabei kommt ein schreckliches Thema zur Sprache, das hier schockierend authentisch beschrieben wird. Ein Buch, das man immer schlechter aus der Hand legen kann, wozu auch die häufigen Cliffhanger am Ende der Kapitel beitragen.
Beide Hauptcharaktere sind interessant und sympathisch, dabei aber nicht übertrieben verkorkst. Ich kann mir sehr gut eine Serie mit diesem unterhaltsamen Ermittler-Team vorstellen.