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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 622 Bewertungen
Bewertung vom 13.01.2024
Rotkäppchen lügt
Haller, Elias

Rotkäppchen lügt


ausgezeichnet

(K)eine Märchenstunde für Zartbesaitete

„Sei ein liebes Rotkäppchen – sagte der Wolf…“

Wer kennt sie nicht, die Märchen der Gebrüder Grimm. Auch wenn sie heute vielfach als zu grausam abgetan werden, so kennen doch viele Grimms Märchen gut. So auch Elias Haller, der sich einige davon herausgepickt und sie als perfekte Grundlage für seine Thriller neu aufbereitet hat. Es ist eine Trilogie geworden. Das erste Buch, in dessen Schatten sich Rotkäppchen bewegt, habe ich gerade beendet und bin unheimlich neugierig auf die Fortsetzung, auf das Voegelchen.

Nun aber schließe ich zunächst – zumindest vorerst gedanklich - mit dem ersten Buch ab, denn man sollte es schon gelesen haben, um den Folgeband so richtig verfolgen und genießen zu können. Auch wenn in Anbetracht der Grausamkeiten, von denen ich gerade gelesen habe, dieses Genießen eher ein Schauder ob der Gräueltaten sein mag, so ist dieser Grimm-Thriller nicht nur unheimlich - und dieses Wort meine ich wirklich so – sondern auch spannend und nervenzerrend. Ja, die Handlung ist fast schon unerträglich, es ist ein knallharter Thriller und zeigt die Grenzen dessen auf, was hinlänglich als menschlich, als human, geschweige denn als gütig, verstanden wird.

Nora Rothmann ist Sonderermittlerin des LKA Berlin. Sie ist zuständig für Korruptionsfälle und gut in ihrem Job. Sie ist stets zielorientiert, sie ist geradlinig und lässt sich von nichts und niemandem aufhalten. Als der bereits pensionierte LKA-Präsident Tuchfeldt ins Visier ihrer Ermittlungen gerät, schreckt sie einen Killer auf, der eine blutrünstige Spur durch Berlin zieht.

Nora ist wie gesagt ein Charakter, der stets für das Gerechte einsteht. Dabei ist es unerheblich, wie schwerwiegend die Taten sein mögen, sie ist unerbittlich auf der Seite der Gerechtigkeit, Empathie scheint für sie ein Fremdwort zu sein. Manchmal hätte ich sie gerne an die Kandare genommen, um ihre gefährlichen Alleingänge einzubremsen. Aber was hilfts – sie lässt nicht locker, geht an ihre Grenzen und wie es mir scheint, auch darüber hinaus.

Konrad König und Manja Steinke sind es, die in all diesen Mord- und Vermisstenfällen ermitteln und in deren Arbeit Nora ihnen regelmäßig dazwischenfunkt. Auch diese Figuren sind gut gezeichnet, sie haben ihre Stärken und Schwächen. Die Handlungsstränge wechseln schnell – nüchtern betrachtet sind es zu viele Morde, die in ihrem Muster an einen Serientäter denken lassen. Ein Zusammenhang all diese Taten ist zwar lange nicht sichtbar und doch müssen sie auf welche Weise auch immer miteinander zu tun haben.

Der erste Band der Grimm-Thriller-Trilogie wartet zum Schluss mit einer Auflösung auf, die diese Mordserie für mich zu einem durchaus befriedigenden Abschluss bringt, wenngleich es weitergeht und ich äußerst gespannt dem schweigenden Vöglein entgegenblicke.

Bewertung vom 09.01.2024
Der Mädchenhenker (Thriller)
Schwarz, Gunnar

Der Mädchenhenker (Thriller)


ausgezeichnet

Spannend

Es gilt, einen Serienkiller zu stoppen. Auch wenn es zunächst nach einer Einzeltat aussieht, so wird spätestens in einem zweiten Video klar, dass hier einer seine Opfer langsam und äußerst qualvoll ermordet und diese seine Todesinszenierung der gierenden Öffentlichkeit via Internet präsentiert. Die Echtheit dieser kursierenden Videos ist nach eingehender Prüfung nicht anzuzweifeln, das Ermittlerduo Emma Bajetzky und Alex Kuper steht noch ganz am Anfang - es ist schier zum Verzweifeln, außer diesen Videos haben sie nichts. Keine Spur von Anna, dem ersten Opfer. Kein Motiv für diese Tat. Emma und Alex graben tief, ihre Ermittlungen führen sie in die Vergangenheit.

Es ist nicht mein erster Thriller aus der Feder von Gunnar Schwarz und wird bestimmt nicht mein letzter sein. Er hat auch hier wieder alle Register gezogen.

Emma und Alex sind ein starkes Team. Sie kennen sich gut, unterstützen sich gegenseitig, wissen um ihre Stärken und Schwächen. Auch holt Emma ihr letzter Fall, in den sie persönlich viel zu sehr verstrickt war, immer wieder ein und doch ist sie Profi genug, um sich dadurch nicht ausbremsen zu lassen. Heute geht darum, diese grausamen Morde zu stoppen, denn es ist zu befürchten, dass weitere Videos auftauchen, dass weitere junge Frauen dasselbe Schicksal erleiden müssen. Das Ermittlerduo gräbt tief. Wie es den Anschein hat, geht es um Mobbing, auch könnte ein zehn Jahre zurückliegender Suizid eine Rolle spielen.

Verdächtige gibt es so einige, allesamt werden sie mir zunehmend suspekt und unsympathisch. Die nervenaufreibende Jagd nach der Täterfigur nimmt Fahrt auf, die akribische Ermittlungsarbeit führt letztendlich ans Ziel. Die beiden Ermittler sind gut charakterisiert, das Private ist sichtbar und fein dosiert, hält sich aber in Grenzen. Der Fokus liegt auf der Mordermittlung und genau das finde ich gut.

„Der Mädchenhenker“ ist spannend von Anfang an, das letzte Drittel jedoch peitscht einen dann nochmal so richtig vorwärts. Ein Thriller à la Gunnar Schwarz – mitreißend, dramatisch und äußerst fesselnd.

Bewertung vom 07.01.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


sehr gut

Über die Freundschaft und mehr…

Er ist angekommen, um was? Sie zu besuchen? Um zu bleiben? Eintausendfünfhundert Kilometer weiter östlich war er aufgebrochen. Vor vier Wochen kam von ihr eine Karte. „Wann kommst du?“ Nur diese drei Worte. Und nun ist er hier, in der noch ungenannten Stadt, in dem nicht genannten Land. Mit Franken zahlen sie hier anstatt mit der ihm bekannten Währung.

Iris Wolff erzählt von Lev und Kato, beginnt mit dem Ende, erzählt rückwärts. In einer sehr poetischen Sprache nimmt sie ihre Leser mit, lässt sie ein Stück weit teilhaben am Leben ihrer beiden Protagonisten. Berichtet etwa davon, wie Kato mit Tom weggeht. Sehr viel später dann reist Lev zu ihr nach Zürich. Macht in Wien Zwischenstation, besucht Ferry, seinen Großvater, der sich hier geborgen fühlt und trotzdem in einem gefühlten Dazwischen lebt: „Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender.“

In neun Kapiteln erfahren wir mehr. Straßenkunst – damit verdient sie ihr Geld, damit reist sie durch Europa, damit hat sie ihr Auskommen, ist frei, lässt sich treiben, ihren Land Rover nennt sie ihr Zuhause. Auch Levs Geschichte von seiner Kindheit bis hin zum Erwachsensein wird sichtbarer. Der Unfall, der ihn ans Bett fesselt, bringt Kato in sein Leben.

Von Heimatverbundenheit, vom Gehen und Ankommen erzählt Iris Wolff. Und vor allem erzählt sie von einer Freundschaft, die seit Kindertagen anhält. Lev bleibt seiner Heimat treu, ihm ist Rumänien genug. Kato jedoch zieht es in den Westen, ihre Postkarten sind ihrer beiden Verbindung, die nie abreißt.

Vom Heute bis hin zu den Erinnerungen aus Kindertagen im Kommunismus, vor dem Hintergrund der Ceaușescu-Ära hin zur Grenzöffnung ist es eine Geschichte über eine Freundschaft, die alles überdauert, die sich auch ohne Worte versteht. Es ist eine Geschichte über das Loslassen und sich immer wieder annähern, sich nie aus den Augen verlieren. Dies alles und noch viel mehr steckt in „Lichtungen“ - einem Roman, in den ich mich erst einfühlen musste, dann aber angetan war von der präzisen Sprache und der poetischen Erzählweise.

Bewertung vom 06.01.2024
Die geheime Gesellschaft (eBook, ePUB)
Penner, Sarah

Die geheime Gesellschaft (eBook, ePUB)


sehr gut

Mystisch, dunkel, geheimnisvoll

Die sieben Phasen einer Séance werden dem Roman vorangestellt. Ich betrete Neuland und bin gespannt, ob ich dieser „geheimen Gesellschaft“ und ihrem Tun etwas abgewinnen kann. Zugegeben, es waren teilweise zähe Lesestunden, ich hab das Buch nicht nur einmal zur Seite gelegt und mir gesagt, dass auch ein Buch, eine – diese - ganz besondere Geschichte, Zeit und Mußestunden braucht. Und so habe ich nicht einfach drauflos gelesen, sondern mich ganz und gar darauf eingelassen. Die Autorin kenne und schätze ich, seit ich mit Begeisterung „Die versteckte Apotheke“ nicht nur gelesen, eher schon inhaliert habe. So bin ich voller Vorfreude an „Die geheime Gesellschaft“ geraten, auch das Cover lädt ein, sich das Buch näher zu betrachten.

Die Story rankt sich um zwei Frauen - Vaudeline D’Allaire und Lenna Wickes. Erstere ist eine bekannte Spiritualistin und Wahrsagerin, die dann aufgesucht wird, wenn die Hinterbliebenen von Mordopfern deren Mörder finden wollen. Und hier kommt die junge Lenna dazu, deren Schwester Evie ermordet wurde. Nachdem sie ihre Skepsis überwunden hat, findet sie durchaus Gefallen rund um Vaudelines Séancen. Lenna taucht ein in diese Materie, sie wird Vaudelines Gehilfin. Zusammen dringen sie in die in London agierende, ausschließlich Männern vorbehaltene Geheimgesellschaft der Séance Society ein, ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen. Wir schreiben das Jahr 1873, als Vaudeline von Paris nach London gerufen wird. Lenna reist mit. Nicht zuletzt auch deswegen, um hier den Mörder ihrer Schwester zu finden.

Die beiden Frauen sind so wagemutig wie unkonventionell, sie sind ihrer Zeit weit voraus. Viel Mystisches, viel Unerklärliches steht im Raum. Erzählt wird aus Lennas Perspektive, des Weiteren kommt Mr. Morley, seines Zeichens stellvertretender Vorsitzender der Séance Society, zu Wort. Nicht nur Evies Mörder soll gefunden werden, auch die Todesumstände des Gründers der Séance Society, Mr. Volckman, sollen ans Tageslicht. Ist es Zufall, dass beide Opfer in derselben Nacht ermordet wurden?

Es herrscht durchweg eine düstere Atmosphäre, durchaus passend in einer Welt des Okkulten. Immer ein wenig geheimnisumwittert, nicht ganz greifbar. Die beiden Erzählperspektiven wechseln schnell - von Lenna zu Mr. Morley, der im Gegensatz zu ihr in der Ich-Perspektive bleibt.

Die Aufklärung um die Morde schreitet voran, wenngleich ich mir so manches komprimierter gewünscht hätte. Die Story fordert die ganze Aufmerksamkeit. Gut, anfangs fand ich sie zu ausschweifend, später dann gewinnt sie mehr an Tempo. Vaudeline und Lenna, die beiden Hauptfiguren, haben mir gut gefallen. Zwei außergewöhnliche Charaktere – klug und durchaus gewitzt, wagemutig und unerschrocken, schreiten sie voran. Die beiden so unterschiedlichen Frauen sind gut gezeichnet, auch Mr. Morley konnte ich seinen Wesenszügen entsprechend gut zuordnen.

Mein Ausflug in das Übersinnliche, dazu die Mördersuche und zwei Frauen, die sich in eine von Männern dominierten Welt vorwagen, waren eine neue Erfahrung. Der zähe Einstieg ins Buch ist schon herausfordernd, das Dranbleiben hat sich letztendlich dann doch gelohnt, wenngleich sich „Die geheime Gesellschaft“ nicht mit dem Vorgängerbuch der Autorin messen kann.

Bewertung vom 04.01.2024
Waiseninsel / Jessica Niemi Bd.4
Seeck, Max

Waiseninsel / Jessica Niemi Bd.4


ausgezeichnet

Spannend, fesselnd, undurchsichtig

„Waiseninsel“ ist der nunmehr vierte Band der Jessica-Niemi-Reihe. Er steht seinen Vorgängern in nichts nach, auch wenn ich das Täterprofil ein wenig bekritteln möchte.

Jessica Niemi nimmt gezwungenermaßen eine Auszeit, die sie in gewisser Weise selbst verschuldet hat. Sie ist unschön ausgerastet, auch leidet sie an immer wiederkehrenden Halluzinationen, ein ererbtes Leiden, das im Polizeidienst nichts zu suchen haben sollte. Sie landet auf der zwischen Finnland und Schweden gelegenen Åland-Insel Smörregard und auch dort kann sie, die Kommissarin, nicht anders, als sich einzumischen. Eine Gruppe älterer Menschen, die sich die Zugvögel nennen, wohnt in dem Gasthaus, in dem auch Jessie ihren „Urlaub“ verbringt. Als eines Tages eine Frau dieser Zugvögel tot aufgefunden wird, gräbt sie tiefer. Sie lässt sich die Geschichte von dem Mädchen im blauen Mantel erzählen, entdeckt das mittlerweile halb verfallene Waisenhaus, erfährt von weiteren Toten, deren Geschichte der jetzigen ähnelt. Und auch wenn diese Todesfälle schon lange zurückliegen, so scheint doch alles irgendwie zusammenzuhängen.

Schon der Prolog ist so spannend wie undurchsichtig und das ganze Buch über frage ich mich, wie ich dies alles deuten soll. „Der Saum des blauen Mantels flattert im Wind…“ Schon hier begegne ich diesem mysteriösen Wesen und ich werde ihm noch öfter begegnen.

Max Seeck wechselt vom Heute ins Gestern, in das Kinderheim ins Jahr 1946. Und natürlich frage ich mich, was diese Vorkommnisse von damals mit den heutigen, durchaus seltsamen Begebenheiten zu tun haben. Als Åke, der Juniorchef des Gasthauses, Jessica mehr vom Waisenhaus, von der kleinen Maija und den anderen Kindern, erzählt, habe ich zwar mehr an Infos, bin aber trotzdem verwirrter denn je. Auch ermittelt ein Kommissar in der Sache der jetzigen Toten – auch er ein durchaus irritierender Charakter. Überhaupt kommt mir jede einzelne Person suspekt vor. Ein selbstredend gelungener Schachzug des Autors. Er versteht es bestens, die Orientierungslosigkeit hoch zu halten. Während des Lesens hatte ich so einige verdächtige Gestalten ausgemacht, jeder hatte genug mörderisches Potenzial. Meinte ich zumindest, denn bei jedem gab es ein oder mehrere Details, die dann doch nicht gepasst haben. Nicht passen konnten.

Im Endeffekt war ich ob der Täterperson überrascht, auch weil ich das zeitliche Prozedere nicht so ganz zuordnen kann und mag. Zudem ist eine halluzinierende Kommissarin eher irreal denn Wirklichkeit und doch möchte ich von Niemi noch mehr lesen, sie ist eine interessante, vielschichtige Persönlichkeit. Abgesehen davon hat mich der Thriller auf ganzer Linie gefesselt hat – von der ersten bis zur letzten Seite. Max Seeck weiß seine Leser zu fesseln und in die Irre zu führen, er garantiert für beste Unterhaltung.

Bewertung vom 04.01.2024
Das späte Leben (MP3-Download)
Schlink, Bernhard

Das späte Leben (MP3-Download)


ausgezeichnet

Vom Lebensende – traurig und doch wunderschön erzählt

Bernhard Schlink hat mich wiederum voll überzeugt. Seine Texte, seine Bücher sind allesamt lesens- (bzw. wie hier in meinem Fall) hörenswert. „Das späte Leben“ erzählt von Martin, von seiner sehr viel jüngeren Ehefrau Ulla und von seinem sechsjährigen Sohn David. Und von der Krebs-Diagnose, die den nunmehr 76jährigen Martin an das Lebensende nicht nur erinnert, die ihn auch zwingt, sich seinem bevorstehenden Tod zu stellen. Wie damit umgehen?

Martin lässt sein Leben Revue passieren, er redet mit Ulla und auch wenn David noch zu jung ist, um die ganze Tragweite des bevorstehenden Todes seines Vaters zu verstehen, so findet Martin doch einen sensiblen Umgang mit dieser Thematik. Er will alles richtig machen, auch will er, dass sich David an ihn erinnert, vielleicht eines Tages den Brief findet, der im Schreibtisch auf ihn wartet. Und auch, wenn Ulla ihm den Rat gibt, ein Video zu drehen, so fühlt sich dieser Weg für Martin nicht richtig an. Aber nicht alles, was er meint, seinem Sohn zu hinterlassen, findet Ullas Zustimmung. Und Ulla – sie wird weiterleben, sie ist eine junge Frau…

Jedes Leben endet mit dem Tod – wir wissen es alle und doch verdrängen wir es. Es ist zu schwer, zu endgültig, als dass es zu viel Raum einnehmen sollte. Irgendwann jedoch kann man dem Thema nicht mehr ausweichen und es ist gut, wenn man sich dem stellen kann, wenn noch Zeit bleibt, Dinge, die einem wichtig sind, zu regeln.

Bernhard Schlink geht in seinem neuesten Werk „Das späte Leben“ mit dem bevorstehenden Tod seines Protagonisten sehr sensibel um. Trotz der Schwere rund um das Lebensende ist es ein tröstliches Buch, einfühlsam und sehr intensiv erzählt. Und hier kommt Ulrich Noethen, der perfekte Vorleser, ins Spiel. Für das Hörbuch hätte man keinen besseren Interpreten finden können. Er hat den genau richtigen Ton getroffen, fein nuanciert gibt er Martins Gedanken wieder. Der würdevolle Abschied von seinen Lieben scheint ihm zu gelingen. Ein großartiges (Hör)Buch, das traurig stimmt und doch so voller Leben ist.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2024
Agonie / Milosevic und Frey ermitteln Bd. 2
Adam, Lea

Agonie / Milosevic und Frey ermitteln Bd. 2


gut

Brutale Morde, zu viel Privates

Ihr eigener Kanal „Miras Mission“ ist so erfolgreich, dass sie die Festanstellung in einer Marketing-Agentur mit grünem Background vor nunmehr drei Jahren gekündigt hat. Mira Mönchshagen hat sich als Influencerin selbständig gemacht und wie es den Anschein hat, ist diese Quelle äußerst lukrativ, lebt sie doch in einem Loft in der Hafencity. Besser gesagt: Sie lebte dort, denn ihre engste Mitarbeiterin findet sie. Grausam zugerichtet. Abgeschlachtet wie Vieh.

Die Mordermittler Jagoda Milosevic und Vincent Frey – Milo und Vince - werden an den Tatort gerufen und selbst für sie, die brutal zugerichtete Opfer gewohnt sind, ist dieser Anblick nur schwer auszuhalten.

Nach „Stigma“ ist „Agonie“ das zweite Buch der beiden Autorinnen, die sich Lea Adam nennen. Wer „Stigma“ gelesen hat, wird sich noch erinnern, dass Vince schwer angeschlagen war und nun bis zu seiner vollständigen Genesung im Rollstuhl sitzt. Was ihn aber nicht daran hindert, seiner Arbeit nachzugehen. Er geht bis an seine Belastungsgrenze und darüber hinweg, er lässt sich auch gefühlsmäßig immer tiefer hier hineinziehen.

Der Thriller ist ein Konglomerat aus der Ermittlungsarbeit und dem Privaten. Wobei letzeres ziemlich viel Platz einnimmt, es für meinen Geschmack zu breitgetreten wird, zu seitenfüllend ausfällt. Es ist durchaus okay, dass auch der familiäre Hintergrund und das Außerdienstliche überhaupt in die Story mit hineinfließen. Zumal sich Vince und Milo nicht nur beruflich ergänzen, sie haben einen ähnlichen Humor und verstehen sich auch ohne Worte. Kurz gesagt: Sie sind das perfekte Ermittlerduo. Die zu privaten Momente haben die Täterfindung zuweilen langatmig und zäh werden lassen, sie drängen die Thriller-Elemente arg in den Hintergrund.

Nichtsdestotrotz ist der Fingerzeig auf die Massentierhaltung mit der damit einhergehenden Tierquälerei angekommen. Der Verbraucher will billig, will viel Fleisch, ein (irreführendes) Label für den schonenden Umgang mit den Tieren reicht meist aus, um das Gewissen zu beruhigen. Dabei dürfte schon klar sein, dass eine nachhaltige, artgerechte Tierhaltung und auch die Schlachtung einen Mehraufwand in jeglicher Hinsicht bedeuten. Der Einblick in die Schlachthöfe zeigt nur zu deutlich, wie es hinter den Kulissen aussieht.

Neben der Ermittlungsarbeit und dem Privatleben der beiden Protagonisten schleichen sich die Gedanken einer zunächst unbekannten Person - gut abgegrenzt, in kursivem Schriftbild - dazwischen. Bald wird klar, wer hier seine Geschichte und seine Unzufriedenheit vorbringt und wie sich diese Nebenstory alsbald mit allem verbinden wird.

Der Showdown hat es dann nochmal in sich. Auch wenn so einiges bekannt ist, so bleibt die Spannung und die Hoffnung, dass es für so manchen doch noch einigermaßen glimpflich enden wird, bis zuletzt erhalten. Dieses Ende hat mich dann nochmal gepushed, ich konnte gar nicht schnell genug lesen, um zu wissen, ob bzw. wer diese „Agnonie“ überleben wird.

Bewertung vom 31.12.2023
Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4 (2 MP3-CDs)
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Der Donnerstagsmordclub und ihr viertes Mal

Es ist wieder ganz schön was los, der Donnerstagsmordclub geht in seine vierte Runde und ich mit ihm, obwohl es für mich erst das zweite Mal ist, dass ich den Hobbyermittlern behilflich bin. Es gilt, den Mord an dem Antiquitätenhändler Kuldesh Shamar aufzuklären. Nicht nur mit Antiquitäten, auch mit Drogen scheint er gehandelt zu haben, zudem ist ein Paket verschwunden, das so einige in seinem Besitz vermuten. Die Jagd beginnt nicht nur für die Ganoven, auch die vier Senioren aus Coopers Chase - Elizabeth, Joyce, Ibrahim und Ron – müssen wieder ran. Der Tote war ein guter Freund von Elisabeths Ehemann Steven, seine zunehmende Demenz macht ihm zu schaffen.

Es geht eher gemächlich zu, dem Alter unserer Ermittler angepasst. Auch wenn ich die beiden Vorgängerbände versäumt habe, war ich schnell drin, ich hab mich bestens dank der beiden Sprecher Johannes Steck und Beate Himmelstoß eingehört. So konnte ich mich entspannt zurücklehnen und über so manche Szene schmunzeln.

Diese Reihe lebt von den vier speziellen Charakteren und bietet neben ihren Ermittlungen auch altersbedingte Themen wie etwa Sterbehilfe und die schon angesprochene Demenz. Als Thriller-Fan war mir die Handlung aber dann doch zu gemächlich, zu langatmig. Trotzdem waren es nicht zuletzt dank der beiden Sprecher vergnügliche Hörstunden - den beiden sind meine 4 Bewertungssterne geschuldet.

Bewertung vom 30.12.2023
Weil du meine Tochter bist (eBook, ePUB)
Kelly, Julia

Weil du meine Tochter bist (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Bewegend

Beginnend im Jahre 1939 - vor dem Hintergrund des zweiten Weltkrieges - erzählt Julia Kelly stellvertretend für die vielen evakuierten Kinder die Geschichte von Mutter und Tochter, die alles füreinander sind und sich doch trennen müssen. Wie sie in den Nachbemerkungen verrät, ist ihr Roman ansatzweise der Geschichte eines Mitglieds ihrer Familie nachempfunden.

Viv und Joshua sind nun verheiratet, das Kind wird ehelich geboren werden. Alles andere ist nicht von Belang, zumindest der äußere Schein bleibt gewahrt. Den werdenden Vater zieht es nach New York, dort sieht er seine Chance, als Musiker ganz groß rauszukommen. Derweilen bleibt Viv mit ihrer Maggie, ihrem Bärchen, zurück in Liverpool. Infolge der Luftangriffe ist die Kinderverschickung aufs Land geboten und auch wenn Viv sich nicht von ihrer Tochter trennen mag, so gibt sie sie schweren Herzens in die Obhut einer Familie. Das Band zwischen Mutter und Tochter bleibt dank Vivs gelegentlicher Besuche trotz allem eng. Bis es zur Katastrophe kommt – das Haus der Thompsons, Maggies Gastfamilie, wird bombardiert, von Maggie und ihren Gasteltern fehlt jede Spur.

Die Liebe einer Mutter ist unendlich, sie stellt das Leben und das Glück ihres Kindes vor ihr eigenes, Julia Kelly hat den Schmerz der Trennung und die nie endende Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen gut eingefangen. Auch spielen die religiöse Herkunft und das Zusammenleben jüdischer und katholischer Familien und die nicht überall tolerierten Mischehen mit hinein. Sie beschreibt eindrucksvoll ein trauriges Stück Geschichte, die ein Krieg mit all seinen Schrecken mit sich bringt. Ihre Figuren sind fein ausgearbeitet, jede einzelne ist individuell gezeichnet - voller Herzensgüte und Mitgefühl, aber auch Verrat, Hinterhältigkeit und Intoleranz ohne jegliches Feingefühl für die anderen kennzeichnen ihre Charaktere.

Der Autorin ist es gelungen, all die Hoffnung, die Ängste und Zweifel einer Mutter, die das Beste für ihr Kind will, hautnah zu vermitteln. Das Buch ist wie ein Sog, es zieht einen förmlich mit. „Weil du meine Tochter bist“ hat mich aufgewühlt und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Ein Buch, das bewegt und lange nachwirkt.

Bewertung vom 28.12.2023
Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1 (eBook, ePUB)
Pierre, Marie

Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Gelungener Reihenauftakt

Im beschaulichen Moselstädtchen Diedenhofen führt Pauline Martin mit viel Engagement und Herzblut ein Mädchenpensionat, das sie einst von ihrer Patentante Adèle übernommen hat, sehr zum Leidwesen ihrer Eltern. Denn im Jahre 1910 war es einer Lehrerin nicht gestattet, sich zu verehelichen. Pauline jedoch steht zu ihrer Entscheidung und geht in ihrer Aufgabe, die Mädchen zu selbstbestimmten und selbstbewussten Frauen zu erziehen, voll und ganz auf. Ihre Unterrichtsmethoden sind zuweilen unkonventionell, das Institut für höhere Töchter wird von außen her eher kritisch beäugt. Sie aber hält nichts von bloßer Wissensvermittlung, sie will, dass die Mädchen auch verstehen, was sie zu lernen haben und worauf es im Leben ankommt. Und so wie es aussieht, hat sie damit Erfolg, auch wenn Fräulein Hildebrandt, die sie von Adèle übernommen hat, ganz aufgebracht ihre Stellung kündigt. Den letzten Anstoß dazu hat Suzette, eine Schülerin, mit ihrem Verhalten gegeben. Oberflächlich, eitel und sittenlos nennt das Fräulein sie, das unseriöse Haus will sie gleich morgen verlassen. Dies ist eine Anekdote, über die wir heute schmunzeln, sie zeigt aber deutlich, in welch engem Korsett sich die fortschrittliche Pauline bewegt.

Wir sind im Reichsland Elsass-Lothringen, das in jenen Jahren zum von Preußen geführten deutschen Kaiserreich gehört. Diese Region hat eine bewegte Geschichte, sie ist geprägt von den wechselnden deutschen und französischen Zugehörigkeiten.

Marie Pierre lässt die politischen und gesellschaftlichen Einflüsse dieser Zeit gekonnt in ihre Geschichte mit einfließen. Hier hat sie ihre Wurzeln, hier lebt und arbeitet sie und kennt die historischen Hintergründe bestens. Ihre detaillierten Recherchen und die fein ausgearbeiteten Charaktere harmonieren hervorragend, sie vermittelt viel geschichtlich Interessantes und das auf eine sehr spannende Weise. Ihre Figuren sind authentisch und liebenswürdig, sie sind zuweilen auch ganz schön fies, gar hinterhältig und verlogen. So manch einer schweigt lieber und macht sich so angreifbar. Paulines Gärtner Vincent ist einer jener Persönlichkeiten, die man eher geheimnisumwittert wahrnimmt. Auch spielt der preußische Hauptmann Erich von Pliesnitz eine nicht unwesentliche Rolle. Es sind noch so einige interessante Gestalten, die ich hier kennen- und auch schätzengelernt habe und deren zukünftigen Weg ich gerne weiterverfolgen würde. Auch wenn es noch ein Weilchen dauern mag, so reise ich gerne wieder ins „Pensionat an der Mosel“.