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Benedikt Bögle

Bewertungen

Insgesamt 406 Bewertungen
Bewertung vom 29.11.2020
Juden und Christen - das eine Volk Gottes
Kasper, Walter

Juden und Christen - das eine Volk Gottes


sehr gut

Die Geschichte des Verhältnisses von Juden und Christen ist eine Geschichte der Ausgrenzung und der Verfolgung. Über Jahrhunderte hinweg wurden Juden von Christen diskriminiert - in der Theologe, im Alltag. Diese Diskriminierung forderte das Leben unzähliger Juden, über alle Jahrhunderte hinweg, gipfelnd in der schrecklichen Shoah. Seither bemüht sich die christliche Theologie um einen neuen Dialog mit dem Judentum, gedenkend der eigenen Schuld, den eigenen Versäumnissen. Dieser Dialog ist fruchtbar, an vielen Orten blüht jetzt jüdisch-christliches Gespräch, das den Blick auf das Gemeinsame richten will, ohne Unterschiede zu verwischen. Einen Beitrag zu diesem Dialog hat vielfach auch Walter Kardinal Kasper geleistet, von 2001 bis 2010 war er Präsident des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und der religiösen Beziehungen zum Judentum. Bei Herder ist von ihm nun erschienen: "Juden und Christen - das eine Volk Gottes".

Der Band enthält mehrere Aufsätze und Ansprachen. Schonungslos legt der Kardinal seine Finger in die Wunden der christlichen Theologie. Er zeigt, wie theologisch eine Ausgrenzung und Diskriminierung der Juden begründet wurde, die auch im Alltag nicht folgenlos blieb. Er zeigt die verheerenden Folgen der "Substitutionstheorie", die schlichtweg behauptete, die Kirche habe das Volk Israel ersetzt. Eine derartige Theologie musste natürlich eine ganze Vielzahl von Bibelstellen ignorieren, geflissentlich überlesen, selektiv vorgehen. Ein neuer Blick auf das Volks Israel – das von Gott auserwählte, berufene und geliebte Volk – war dann erst vor und auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil möglich. Gerade der Text "Nostra Aetate" kann wohl zurecht als Revolution im jüdisch-christlichen Dialog gelten. All das reflektier Walter Kardinal Kasper und zeigt zugleich die theologischen Probleme aus christlicher Sicht auf: Christen sind zur Mission gerufen. Gleichzeitig steht die Kirche zu ihrem Nein zur Judenmission. Wie kann man diese beiden Pole zusammendenken? Wie ist das vereinbar mit dem Axiom, außerhalb der Kirche gäbe es kein Heil?

Walter Kardinal Kasper bietet hier theologische Lösungsansätze. Diese hätten gerne vertieft werden können. Da es sich hier um einen Sammelband handelt, werden gewisse Themen mehrfach behandelt, andere zwar mehrfach angeschnitten, wenngleich man sich hier aber ein wenig mehr Tiefe gewünscht hätte. Und dennoch ist dieser Band ein schönes Zeugnis dafür, wie jüdisch-christlicher Dialog funktionieren kann. Er zeigt auch der Kirche auf, dass sie niemals vergessen darf, was in ihrem und ihrer Theologie Namen geschehen konnte - und dass sie in Zukunft immer mehr an der Beziehung zu unseren jüdischen Geschwistern zu arbeiten hat.

Bewertung vom 29.11.2020
Glaube und Heil
Schulze, Markus

Glaube und Heil


ausgezeichnet

Thomas von Aquin gilt als einer der größten Theologen des Mittelalters wie überhaupt der Christentumsgeschichte. Sein Werk umfasst besonders die "Summe der Theologie", in der Thomas den christlichen Glauben darlegt. Aber: Kann uns diese Theologie noch nach Jahrhunderten etwas sagen? Ist das alles noch aktuell? Ja. Das zeigt ein bei Herder erschienener Sammelband von Markus Schulze: "Glaube und Heil. Thomas von Aquin für heute." Der Untertitel gibt die Richtung des Werkes vor: Gesammelt sind hier Aufsätze von Markus Schulze, die das Denken des großen Theologen für heute erschließen wollen. Zusammengestellt wurden die Texte von George Augustin und Ingo Proft, die den Band ihrem Kollegen Schulze zum 60. Geburtstag widmen. Die Beiträge befassen sich mit dem Thema der Gotteslehre, mit Christus und den Sakramenten, am Ende schließlich mit dem ewigen Leben. Entstanden ist so ein Lesebuch, das gewiss nur einzelne Schlaglichter auf das große Denken des Aquanauten wirft. Dabei zeigt Schulze aber, wie man gewinnbringend Theologie betreiben kann: Eben nicht nur als Zusammenfassung dessen, was Thomas von Aquin gesagt oder gedacht hat - sondern als lebendigen Diskurs mit dem mittelalterlichen Denken, auf der Suche nach dem, was auch heute noch gilt. Ein sehr gelungener Sammelband!

Bewertung vom 26.11.2020
Münsters Weihnachtsküche
Wentrup, Lars;Nieschlag, Lisa

Münsters Weihnachtsküche


ausgezeichnet

Gutes Essen gehört einfach zur Advents- und Weihnachtszeit: Egal, ob Plätzchen, Lebkuchen oder ein festlicher Braten zum Fest der Geburt Jesu - die Advents- und Weihnachtsküche ist besonders vielfältig. Einen Beitrag dazu aus Münster liefert ein im Hölker-Verlag erschienener Band: "Münsters Weihanchtsküche. Mit Genuss durch die schönste Zeit" von Lisa Nieschlag und Lars Wentrup. Die beiden Autoren bieten vielfältige Rezepte, die Appetit machen. "Alle Jahre wieder verwandelt sich Münster in eine festlich dekorierte Weihnachtsstadt: Zum Advent werden die Bäume entlang der Promenade mit Lichterketten geschmückt, die ersten Weihnachtsmarkthäuschen werden angeliefert und Tannenbäume aufgestellt", schreiben die beiden. Nun: In diesem Jahr wird Weihnachten auch in Münster etwas anders sein als sonst - umso besser, dass man sich auch an Bücher wie dieses halten kann.

Nieschlag und Wentrup bieten zunächst süße Rezepte: Apfeltaschen und Spekulatius, Stutenkerle oder einen Schokoladenkuchen. Im zweiten Teil des Buches folgen dann die herzhaften Rezepte: Brot und Eintopf, Kartoffelsuppe oder Schinken im Brotteig. Die Rezepte sind durchweg einfach und verständlich. Dem Nachkochen steht so nichts im Wege. Begleitet werden die Rezepte von geradezu grandiosen Bildern aus dem verschneiten Münster. Ein tolles Kochbuch.

Bewertung vom 26.11.2020
Covid-19: Was in der Krise zählt. Über Philosophie in Echtzeit
Mukerji, Nikil;Mannino, Adriano

Covid-19: Was in der Krise zählt. Über Philosophie in Echtzeit


ausgezeichnet

Die Corona-Pandemie fordert nicht nur Virologie und Medizin: Das breite Bündel an Maßnahmen fordert auch die Wirtschaftswissenschaften, ethische Disziplinen, Pädagogik und viele weitere wissenschaftliche Forschungszweige. So auch die Philosophie: "In der gegenwärtigen Krise hat sich schnell gezeigt, dass der angemessene Umgang mit der pandemischen Katastrophe nicht allein den Virologen und Epidemiologen überlassen werden kann", schreiben die beiden Philosophen Nikil Mukerji und Adriano Mannino. Von ihnen ist bei Reclam in der Reihe "Was bedeutet das alles?" erschienen: "Covid-19: Was in der Krise zählt. Über Philosophie in Echtzeit". Besonders spannend ist die Frage nach einer Philosophie in Echtzeit.

Die beiden Autoren zeigen, dass philosophische Fragen - üblicherweise eher auf einen langen Diskurs angelegt - in der Krise zu tagesaktuellen Problemen werden. Wer beatmet werden soll und wer nicht, kann nicht erst in einigen Jahren diskutiert oder geklärt werden; die Antwort muss heute gegeben werden: "In bestimmten Bereichen sind also wohl oder übel philosophische Fragen zu beantworten, weil Handlungsentscheidungen vor einem bestimmten Zeitpunkt getroffen werden müssen. Das gilt auch für den Fall von Covid-19." Die beiden Philosophen stellen nun zwei wesentliche Fragen: "War die Katastrophe vorhersehbar? Die Katastrophe ist da - was nun?" In einem letzten Kapitel versuchen sie sodann, Ausblicke zu geben. Dieser Band zeigt, wie wichtig philosophische Reflexion ist - in dieser Krise, aber auch darüber hinaus. Er darf sicherlich auch als Beitrag zu einer Reflexion über die Verbindung wissenschaftlicher Disziplinen verstanden werden. Sehr lesenswert!

Bewertung vom 25.11.2020
40 Probleme aus dem Strafrecht
Hillenkamp, Thomas;Cornelius, Kai

40 Probleme aus dem Strafrecht


ausgezeichnet

Gerade das Strafrecht lebt von Meinungsstreitigkeiten: Kaum ein Tatbestand, zu dem es nicht eine Vielzahl von Streitigkeiten und wissenschaftliche Auseinandersetzungen gibt. Da ist es manchmal etwas schwierig, den Überblick zu behalten: Worüber wird eigentlich genau gestritten? Und welche Argumente werden dabei vorgebracht? Eine hervorragende Übersicht zu den wichtigsten Problemen bietet ein Band aus dem Verlag Franz Vahlen: "40 Probleme aus dem Strafrecht Besonderer Teil" wurde von Thomas Hillenkamp begründet und nun seit der 13. Auflage von Kai Cornelius weitergeführt. Der Aufbau des Bandes ist übersichtlich und gut: Jedes Problem wird zunächst benannt und einer Norm zugeordnet. Als Beispiel: "1. Problem (§§ 211, 212 StGB). In welchem Verhältnis stehen § 211 StGB und § 212 StGB zueinander?" Sodann wird ein Beispielsfall aufgeworfen, in dem sich der Meinungsstreit ausüben würde. In Ausführungen zum "Ausgangspunkt" wird kurz dargestellt, worum es bei dem Problem geht und wie es sich auswirkt. Schließlich werden die differierenden Meinungen dargestellt. Jede Meinung wird in einem knappen Satz benannt, worauf mehrere Argumente folgen, die für diese Ansicht vorgebracht werden können. Zudem ist angegeben, wer wo diese Meinung vertreten hat. Diese Liste ist teilweise sehr ausführlich, bis zu einer ganzen Seite. Am Ende werden der Ausgangsfall und weitere Beispiele nach den verschiedenen Meinungen gelöst.

Dieser Band ist hervorragend. Er eignet sich zunächst einmal nicht für Einsteiger. 40 Probleme sind eben 40 Probleme und keine systematische Darstellung des Stoffes mit allen nötigen Definitionen und Aufbauschemata. Allerdings ist dieses Buch perfekt für eine Hausarbeit in der ersten Studienphase: Muss man in einer Hausarbeit ein Problem behandeln, das sich in diesem Band findet, dient "40 Probleme aus dem Strafrecht" als wahre Fundgrube von Literaturstellen. Ein Blick genügt, um Literatur aus Rechtsprechung, Zeitschriften, Lehrbüchern zu finden. Schneller und einfacher kann man es sich wohl nicht mehr machen. Für Examenskandidaten ist der Band zudem hervorragend, weil er die wichtigsten Probleme nochmals sehr komprimiert darstellt, ohne allzu lange Ausführungen und Einleitungen. Hier findet sich das wichtigste - zum Lesen, Wiederholen, Nachschlagen. Dieser Band kann jedem Studierenden nur empfohlen werden.

Bewertung vom 25.11.2020
Pest und Corona
Fangerau, Heiner;Labisch, Alfons

Pest und Corona


ausgezeichnet

Corona dominiert die öffentliche Wahrnehmung seit dem Frühjahr diesen Jahres. Immer wieder prallen verschiedene Ansichten aufeinander: Werden Krankheit und Sterblichkeit nur aufgebauscht? Oder würde eine ungebremste Verbreitung des Corona-Virus tatsächlich zu unzähligen Toten führen und das Gesundheitssystem überlasten? Die Debatte reißt nicht ab. Gefragt sind dabei immer mehr Fakten, rationelle Argumente. Die kann man sich aus einem bei Herder erschienenen Band holen: "Pest und Corona. Pandemien in Geschichte, Gegenwart und Zukunft" von Heiner Fangerau und Alfons Labisch. Der Band der beiden Medizinhistoriker ist bereits im Juni erschienen; die Ausführungen sind aber auch nach Monaten voller neuer Erkenntnisse noch aktuell. Die Autoren stellen verschiedene Pandemien der Weltgeschichte dar - von der attischen Pest im fünften Jahrhundert vor Christus über Pest und Spanische Grippe bis hin zu Corona. Zugleich zeigen sie, wie in der Geschichte auf diese Krankheitswellen reagiert wurde: Teilweise mit strengen Quarantänen, teilweise durch schlichtes Ignorieren.

Das führt zur Frage: Sind alle uns bekannten Pandemien wirklich derart schlimm oder werden sie nicht bisweilen auch aufgebauscht, sind nur "skandalisierte Krankheiten"? Skandalisierte Krankheiten sind Krankheiten, die im Blick auf die Gesamtsterblichkeit nicht sonderlich dramatisch sind, vielmehr den Blick von den Krankheiten wegdenken, an denen die Menschen wirklich sterben. Ist also Corona eine "skandalisierte Krankheit"? Ja und nein, meinen die Autoren. Im Vergleich zu anderen "echten Killern" wie den Influenza-Pandemien von 1959 und 1969, bleiben die Todeszahlen eher gering. Andererseits: Gerade die Berichte aus Krankenhäusern in Zentren der Pandemie zeigten eine echte Ausnahmesituation, meinen die Autoren: "Also nein, keine "skandalisierte Krankheit", sondern ein potenziell "echter Killer."

Die Autoren stellen nun verschiedene Epidemien der Geschichte dar und schildern, wie auf die Krankheit reagiert wurde. Sie zeigen, wie im 19. und 20 Jahrhundert die Suche nach der Ursache derartiger Krankheiten aufgenommen wurde. Sind Bakterien schuld an den Krankheiten oder eher unhygienische Umstände - oder vielleicht beides zusammen? Und was bedeutet das alles für die Corona-Pandemie? Um eine Herdenimmunität zu erreichen, hätte schon in den ersten Wochen der Pandemie den Tod von bis zu 1,5 Millionen Menschen bedeuten können. Das also war keine Alternative. Gefragt ist nun ein Bündel an Maßnahmen. Die Autoren meinen dazu: "Entscheidend sind unsere Werte: Wir haben uns entschieden, jeden Einzelnen zu retten. Handeln wir danach."

Bewertung vom 24.11.2020
Gefallene Ritter
Magnis, Constantin

Gefallene Ritter


ausgezeichnet

2016 und 2017 weckte ein Skandal im Malteserorden weltweit die öffentliche Aufmerksamkeit: Der Großkanzler von Boeselager war zunächst abgesetzt worden, schließlich allerdings musste der Großmeister Matthew Festing selbst seinen Posten räumen, von Boeselager wurde rehabilitiert. Die Krise war undurchsichtig; Finanzen sollen eine Rolle gespielt haben, aber auch Grabenkämpfe zwischen eher konservativen und liberalen Kräften. Diese Krise im Malteserorden wird nun durch ein Buch des ehemaligen Cicero-Chefredakteurs Constantin Magnis aufgearbeitet und dargestellt: "Gefallene Ritter. Malteserorden und Vatikan - Der Machtkampf zwischen zwei der ältesten Institutionen der Welt" ist bei HarperCollins erschienen. Der Band ist hervorragend geschrieben und könnte gar als Lehrbuch dafür dienen, wie Sachbücher geschrieben werden können.

Zunächst zeigt Magnis sich als objektiver Beobachter. Er versucht an jeder Stelle neutral zu zeigen, welche Hintergründe seine Protagonisten zu welchen Haltungen, Einstellungen und Handlungen bewogen haben mögen. Keine der für die Krise relevanten Figuren wird so schwarz oder weiß gezeichnet, sondern durchgängig menschlich. Das beginnt schon mit Magnis' Darstellung des Malteserordens selbst. Dem Autor gelingt es in hervorragender Weise, die durchaus komplizierte Struktur des Orden so zu erklären, dass es der Leser versteht, ohne seitenlang mit komplizierten Hierarchieübersichten gelangweilt zu werden. Die Geschichte der Krise selbst rollt Magnis langsam auf, bis es immer schneller und immer spannender um die Ordenszentrale in Rom wird.

Dieses Sachbuch ist genial: Es bliebt neutral, unterhält auf jeder Seite und bringt den Leser bald dazu, sich zu fragen, ob man hier eigentlich noch ein Sachbuch liest oder schon einen Kriminalroman. "Gefallene Ritter" ist Unterhaltung und Information in einem. Dabei besticht der Autor auch damit, sehr gut über die Katholische Kirche informiert zu sein. Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren stimmt hier eben jeder Terminus, jeder Fachbegriff und jede historische Anmerkung.

Am Ende des Bandes, in dem Magnis nicht nur positives über den Malteserorden zu sagen wusste, stellt er aber auch das Glanzvolle dieses Ordens dar: Die bedingungslose Hingabe an Kranke und Bedürftige, die den Orden seit seiner Gründung stet begleitet. Der Autor berichtet von der Wallfahrt des Ordens nach Lourdes. Er schreibt: "Es scheint aber für die Malteser ein geradezu liturgischer Sinn im persönlichen Vollzug der Drecksarbeit zu liegen. Als hätte man nie aufgehört, die Hausregeln des ersten Ordenshospitals in Jerusalem zu befolgen, in denen die Brüder aufgefordert wurden, die schmutzigen Betttücher der Kranken persönlich und "gerne" zu waschen." Über eine eucharistische Prozession in Lourdes schließlich weiß Magnis zu berichten: "Diese Malteserritter, die sich mal nicht dem Papst und mal nicht dem Großmeister beugen wollten, mal nicht den Deutschen und mal nicht den Italienern, mal nicht dem Ordensrecht und mal nicht dem Kirchenrecht, all diese Ritter unterwerfen sich nun in einem einzigen, bedingungslosen Glaubensakt mit Körper und Seele einem Gott, der nackt in die Welt gekommen und nackt am Kreuz gestorben ist." Dieses Buch kann wirklich nur empfohlen werden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.11.2020
Der Zivilprozessrechtsfall
Baumgärtel, Gottfried;Laumen, Hans-Willi;Prütting, Hanns

Der Zivilprozessrechtsfall


ausgezeichnet

Ein spannendes Klausurentraining zur ZPO ist beim Verlag Franz Vahlen erschienen: "Der Zivilprozessrechtsfall" von Hans-Willi Laumen und Hanns Prütting. Der Band dient als Examensvorbereitung im Zivilprozessrecht und geht dabei einen etwas ungewöhnlichen Weg. Üblicherweise steht am Beginn eines Fallbuches immer eine kurze Einführung in die Methodik der Fallbearbeitung. Nicht selten werden dort Allgemeinplätze verbreitet - etwa, man solle den Sachverhalt aufmerksam lesen oder eine Gliederung erstellen. Das sind so grundlegende Aussagen, dass sie bisweilen in einer Fallsammlung für Examenskandidaten seltsam erscheinen. Anders gehen Laumen und Prütting vor: Sie bieten tatsächlich eine fundierte und ausführliche Methodik, die direkt auf Fälle zur ZPO zugeschnitten und wirklich lesenswert ist. Die dort entwickelten Methoden werden sodann im zweiten Teil des Bandes anschaulich erklärt: Dort wird die genannte Methode an sieben Beispielsfällen entwickelt, die verschiedene Themenfelder der ZPO anschneiden.

Hier lösen die Autoren den Fall zunächst mit Erläuterungen. Dabei geben sie allerdings auch Fehler an, die Kandidaten bei dieser Klausur tatsächlich gemacht haben. Das ist ein wirklich sinnvoller Ansatz. Nicht selten mag man sich in den gegebenen Antworten selbst wiedererkennen - sei es einfach wegen einer etwas ungenauen Formulierung, sei es, weil man tatsächlich den Sachverhalt nicht richtig verstanden hat. Diese Gedankenschritte sind sehr sinnvoll und zeigen, wo man in einer Klausur warum falsch abbiegen kann - und vor allem welche Folgen das haben kann. Am Ende des Bandes bieten die beiden Autoren sodann noch acht weitere Klausuren, die auf zwei oder fünf Stunden angelegt sind und im Anschluss sehr knapp gelöst werden. Insgesamt legen Laumen und Prütting so ein sehr gelungenes Fallbuch vor, das sich vor allem an Examenskandidaten wendet.

Bewertung vom 23.11.2020
Handels- und Gesellschaftsrecht
Prütting, Jens;Weller, Marc-Philippe;Roth, Günter H.

Handels- und Gesellschaftsrecht


gut

Das Lehrbuch von Jens Prütting und Marc-Philippe Weller zum "Handels- und Gesellschaftsrecht" ist in zehnter Auflage im Verlag Vahlen erschienen. Der Band behandelt den ganzen relevanten Examensstoff zum Handels- und Gesellschaftsrecht. Er folgt dabei einer interessanten Gliederung: Der erste Teil behandelt auf knapp 50 Seiten die Grundlagen und bildet eine Art Einführung in die Materie. Der zweite Teil widmet sich dann dem kaufmännischen Unternehmen. An dieser Stelle jetzt werden die entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Themen geboten, sofern zumindest OHG, KG und GmbH als kaufmännische Unternehmen auftreten. Der dritte Teil widmet sich dem "Unternehmen im Rechtsverkehr" und behandelt hier die Fragen zum Firmenrecht, zu Veräußerung und Vererbung, zu den Tatbeständen der §§ 25, 27, 28 HGB oder auch die einzelnen Formen der Vertretung wie etwa Prokura, Handlungsvollmacht oder Ladenvollmacht. Der vierte Teil schließlich behandelt die Handelsgeschäfte - also das "Sonderrecht" der Kaufleute, das gewisse Abweichungen vom BGB darstellt. Diese Gliederung hat den Vorteil, dass Handelsrecht und Gesellschaftsrecht nicht als zwei streng voneinander getrennte Materien behandelt werden, sondern eine Einheit bilden.

Grundsätzlich orientiert sich das Lehrbuch stark an den Bedürfnissen der Studierenden. Das wird schon auf den ersten Seiten deutlich, wo "Examensklassiker" aufgelistet werden. Das ist ideal für eine letzte Wiederholung vor dem schriftlichen oder mündlichen Examen. Man findet schnell die ganz wichtigen Probleme, ohne nochmals das ganze Buch durcharbeiten zu müssen. Dieser Studierendenfreundlichkeit kommt der Stil des Lehrbuchs dann im Folgenden aber nicht ganz entgegen. Der Stil ist stellenweise sehr schwierig. Probleme werden teilweise sehr kompliziert geschildert, die Lösungen sind auch nicht unbedingt besser verständlich. Das liegt vielleicht auch daran, dass die beiden Autoren sehr wenig mit Fällen arbeiten. Zwar werden immer wieder zu Beginn eines Abschnitts kleine Fälle geboten, die später auch sehr schematisch gelöst werden. Allerdings würde man sich auch einfach zwischendurch immer mal wieder ein Beispiel wünschen, das überhaupt erst einmal zeigt, wo das Problem eigentlich liegt.

Dieser etwas schwerfällige und fallferne Stil macht das Lehrbuch nicht ganz einfach. Einsteigern in einem eher niedrigen Semester ist es keinesfalls zu empfehlen. Auch für Fortgeschrittene mag es deutlich bessere Ausbildungsliteratur geben. Der große Vorteil dieses Bandes indes ist sein perfekter Zuschnitt auf den Stoff des Ersten Staatsexamens - zur AG etwa oder anderen gesellschaftsrechtlichen Formen auf europäischer Ebene wird konsequenterweise kaum ein Wort verloren.