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Brombeere

Bewertungen

Insgesamt 170 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


ausgezeichnet

Gefährliche Schwester

Worum geht es?
Zwei Schwestern, Esther und Sue, treffen sich am Tag vor Heiligabend in einem großen einsamen Haus im Wald. Eigentlich soll das Treffen nur kurz dauern, aber dies wird nicht passieren. Denn Dinge werden offenbart, die beide versuchten geheim zu halten.

Worum geht es wirklich?
Macht, Unverständnis und Lügen.

Lesenswert?
Definitiv, ein tolles Buch! So fesselnd, dass man es in einem Rutsch lesen muss. Beängstigend, still und voller Boshaftigkeit. Man begleitet die beiden Schwestern Esther und Sue bei ihrem Treffen vor Heiligabend. Esther ist Mutter von zwei Kindern und verheiratet. Sue hingegen lebt getrennt in einem großen einsamen Haus im Wald, umgeben von Tannen, während der Schnee fällt und nahezu keine Möglichkeit besteht, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Dort treffen sie sich, nachdem das letzte Weihnachten schon sehr schwierig gewesen ist. Esther möchte ihrer labilen Schwester helfen, sie umsorgen. Sue kann ihre übergriffige Schwester nicht ausstehen und wünscht, dass die endlich geht.
Abwechselnd erfährt man aus der Sicht beider Frauen, wie sie das Miteinander empfinden, wie sie sich zur Wehr setzen. Dann spielt plötzlich ein großes Messer eine Rolle und der eigentliche Plan ist hinfällig.
Merchant erzeugt eine sehr dichte Spannung auf geballtem Raum, nur die beiden Schwestern. Die eine hat etwas zu verbergen. Was sind die Beweggründe der anderen? Oft weiß man nicht, woran man gerade ist. Was ist objektiv richtig? Wer lügt? Wer hat eine falsche Sicht auf die Dinge? Was ist letztes Weihnachten passiert?
Beide Protagonistinnen sind toll aufgebaut und irgendwann entscheidet man sich für eine Seite, der man Glauben schenken wird.
Die Stimmung und das Haus im Wald sind beklemmend, die beiden sind unter sich und ein einfaches Entkommen ist nicht möglich. Dennoch gibt es in all den Erzählungen auch einige schöne Situationen, die Merchant wunderbar lebendig beschreibt, sodass man die Feststimmung fühlen kann und den Duft von Weihnachten in der Nase hat.
Den Schreibstil habe ich als sehr angenehm empfunden, weil er nicht im Vordergrund steht, sondern Spannungsaufbau und zwischenmenschliche Beziehungen wichtiger sind.
Die Handlung als Ganzes betrachtet ist in sich stimmig und mit immer wieder neuen Wendungen und Erkenntnissen, die zum Weiterlesen locken. Andeutungen werden zu einem späteren Zeitpunkt aufgeklärt. Die Autorin versteht es sehr gut, den*die Leser*in auf eine äußerst spannende Lesereise mitzunehmen, bei dem selbst das Ende noch Überraschungen bereit hält!

Bewertung vom 19.09.2021
Die Rückkehr der Zwerge 1 / Die Zwerge Bd.6
Heitz, Markus

Die Rückkehr der Zwerge 1 / Die Zwerge Bd.6


gut

Suche nach einer alten Gemeinschaft

Worum geht es?
Während verschiedene Zwergenstämme mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben und auch die Menschen und Albae gefährliche Unternehmungen wagen, findet der Zwerg Goimron ein altes Tagebuch, das von keinem Geringeren als Tungdil Goldhand verfasst worden zu sein scheint. Der Inhalt lässt Goimron hellhörig werden.

Worum geht es wirklich?
Visionen, Macht und böse Absichten.

Lesenswert?
Prinzipiell ja, auch wenn mir persönlich manches nicht so gefallen hat. Zuerst einmal positives: Es gibt eine Karte und eine Liste der Figuren und Orte und wichtigen Begriffe, sodass man ohne die Zwergen-Reihe zu kennen, hier gut einsteigen kann. Ich kenne bisher von den Zwergen- und Albae-Büchern nur Albae 1. Daher sind mir zumindest ein paar Informationen aus dieser fantastischen Welt geläufig.
Heitz schreibt ganz hervorragend und hat wundervolle Ideen, die so reichlich in diesem Werk vertreten sind. Nicht nur die Albae tauchen auf, sondern auch Drachen, Wasserwesen und Orks. Die Städte und die ganze Welt mit ihren Abläufen ist wunderbar durchdacht, einfach Highfantasy vom Feinsten. Das gefällt mir generell bei seinen Büchern immer sehr, auch wenn es manchmal ein kleiner fantasievoller Overload für mein Hirn ist. Leser*innen, die noch gar keinen Kontakt mit Highfantasy hatten, könnten eventuell von dieser Welt erschlagen werden, weil sie einfach so reichhaltig an Informationen, Handlungsorten, Streitigkeiten und Machtansprüchen ist.
Für Leser*innen, die die ursprüngliche Reihe kennen, ist vermutlich die Lektüre auf Grund von nostalgischen Gefühlen noch einmal eine ganz andere.
Ich habe kaum Zugang zur eigentlichen Handlung rund um Goimron gefunden, stattdessen haben mich fast alle Nebenhandlungen und -figuren total fasziniert und ich hätte gerne mehr über diese Personen erfahren oder über ihre Herkunft, ihr Leben.
Die vermutlich eigentliche Hauptstory, wie Goimron dem Tagebuch und seiner Herkunft auf den Grund geht, fand ich recht langweilig und unnötig und auch der Sicht auf Goldhand konnte ich wenig abgewinnen. Da aber in jedem Kapitel die Handlung an mehreren Orten spielt, haben die Nebenhandlungen das ganze sehr fein aufgelockert, auch wenn es schwierig war, sie alle geistig zu verknüpfen und im Hinterkopf zu halten. Zudem gibt es zwar die erwähnte Karte, aber viele wichtige Orte sind gerade NICHT eingezeichnet, sodass ich mir einiges zusammen reimen musste und zu Beginn sehr verwirrt war.
Das Buch endet mit einem richtigen Cliffhanger, Teil 2 erscheint allerdings ebenfalls schon im Herbst 2021, sodass man nicht allzu lange warten muss.
Fazit: Tolle Nebenhandlungen und fantastische Welt, leider hat mich die eigentlichen Handlung und ihre Held*innen, also die Zwerg*innen, nicht gepackt.

Bewertung vom 19.09.2021
Das Glashotel
Mandel, Emily St. John

Das Glashotel


gut

Überschrift: Schicksalhafte Ereignisse

Worum geht es?
Um eine junge Frau, Vincent, die schon früh mit Verlust umgehen muss und bei ihrer Arbeit als Barkeeperin im Glashotel auf eine sehr einflussreiche Persönlichkeit trifft.

Worum geht es wirklich?
Betrug, Verlust und Heimatlosigkeit

Lesenswert?
Prinzipiell ja, mir hat es aber nicht so zugesagt. Ich habe mit einer ganz anderen Handlung gerechnet bzw. bin mit Erwartungen an dieses Buch heran gegangen, die nicht erfüllt werden konnten. Dennoch glaube ich, dass dieses Buch vielen Leser*innen gefallen kann. Das Glashotel, der Ausgangsort dieser Geschichte, ist ein Luxushotel im Nirgendwo, in dem Menschen im Luxus lebend die Natur außerhalb des Hotels genießen und beobachten können. Diese ganze Stimmung ist wunderbar eingefangen und von der Autorin konstruiert worden. Hier arbeitet unter anderem Vincent, die bereits keine leichte Kindheit hatte. Als dann ein Schriftzug an das Hotel geschmiert wird und für Aufregung sorgt, ergreift sie die Gelegenheit fortzugehen. Sie begleitet den reichen Jonathan Alkaitis ohne etwas von seinem Geheimnis zu ahnen. Sein gesamtes Geschäft beruht auf Betrug und einem gefährlichen Schneeballsystem, welches nicht lange gut gehen wird. Der überwiegende Teil der Handlung beschäftigt sich mit diesem Thema und den Folgen und den Einzelschicksalen von betroffenen Menschen - damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Ich hatte angenommen, dieses Glashotel würde viel mehr im Mittelpunkt stehen.
Generell tauchen sehr viele Figuren auf, die auch grob miteinander vernetzt sind und man erlebt Handlungen in ganz unterschiedlichen Zeitspannen, begleitet einige Personen durch mehrere Jahrzehnte. Beides sorgt dafür, dass es für mich eher schwierig war, der eigentlichen Handlung oder einer bestimmten Person zu folgen, weil sich immer nur kurze Eindrücke aus Situationen ergaben und das große Ganze selbst zusammen gesetzt werden muss. Aus diesem Grund war für mich zu wenig Spannung oder Interesse an der Handlung vorhanden und die ganze Geschichte wurde eher zäh und ziellos.
Die Autorin kann definitiv toll schreiben, kleine Momente ganz authentisch einfangen und eine Hoffnungslosigkeit, eine Einsamkeit beim Lesen erzeugen.
Ich hoffe sehr, dass anderen Leser*innen das Buch besser gefällt!

Bewertung vom 31.08.2021
Der Mauersegler
Schreiber, Jasmin

Der Mauersegler


ausgezeichnet

Ein wunderbares und emotionales Buch.

Worum geht es?
Prometheus fährt ziellos umher, landet irgendwann an der Küste Dänemarks. Ohne Gepäck, ohne Plan, aber mit Wut und Trauer und Schuld beladen. Er findet Unterschlupf bei zwei Frauen, die ihm einfach seine Zeit geben, alles zu verarbeiten.

Worum geht es wirklich?
Schuld, Verlust und Vergebung.

Lesenswert?
Ja! Absolut! Oh, dieses Buch. Lange nicht mehr so ein emotionales Leseerlebnis gehabt. Prometheus strandet in Dänemark und wird von zwei Frauen mit zu ihrem Pferdehof genommen. Immer wieder denkt er an die Vergangenheit, an das was war. An seinen Freund. An das, was zerstört wurde. Er kämpft mit Schuld und Trauer und erst nach und nach erfährt man, was vorgefallen ist.
Und während diese Vergangenheit sehr emotional und voller Sorge hinter ihm liegt, ist das Leben auf dem Hof eine Momentaufnahme. Die Natur, die Tiere, die beiden Frauen. Die Zeit scheint still zu stehen und Prometheus’ Gedanken nähern sich von der weit entfernten Vergangenheit immer mehr an den Punkt an, an dem er sich schuldig gemacht hat.
Diese beiden unterschiedlichen Erzählgeschwindigkeiten sind so gegensätzlich und ziehen den*die Leser*in in die Geschichte. Die Zeit auf dem Hof ist alltäglich, voller Eindrücke des Lebens und voller Ruhe.
Die Personen, die in Schreibers Geschichte im Mittelpunkt stehen, sind so real, so authentisch und so herzzerreißend. Trotz all der Traurigkeit, die in diesem Buch mitschwingt, all der Schwere, all den Tränen, die man möglicherweise beim Lesen vergießen wird, schafft sie es, auch Leichtigkeit und Humor in die Geschichte einzubringen. Es gab Szenen, bei denen ich gelacht und zugleich geweint habe. Wirklich berührend.
Schreibers Umgang mit Trauer und deren Beschreibung sind packend und tiefgründig, so menschlich und echt. Ihre Darstellung davon fasziniert mich sehr - ging mir bei ihren anderen Büchern ähnlich.
Ihre Sprache steht nicht so sehr im Mittelpunkt, eher wie sie Situationen und Gefühle in Worte fassen und hervorrufen kann. Ich liebe die kurzen melancholischen und poetischen Ausschweifungen zur Natur, die biologischen Erklärungen und wie sie ganz nebenbei Wissenschaft und Ethik in diese Geschichte einbaut.
Dieser Roman ist keine leichte Lektüre, nicht leicht zu verarbeiten. Ich glaube, er hallt etwas nach. Wer aber etwas mit Tiefgang und Trauer als Thema sucht oder „erträgt“, für den ist dieses Buch genau richtig.
Ich möchte bitte mehr von Jasmin Schreiber lesen!

Bewertung vom 31.08.2021
Waldeskälte
Krüger, Martin

Waldeskälte


gut

Geheimnisvolle Alpenwelt.

Worum geht es?
In den Schweizer Alpen im Eigerstal verschwindet ein junges Mädchen. Schon wieder. Damals verschwanden drei und nur eine überlebte. Sie kehrt nun für die Ermittlungen zurück an den Ort des Grauens.

Worum geht es wirklich?
Gier, Unheil und Vergangenheit.

Lesenswert?
Ja, ein durchaus spannendes Buch mit Schwächen. Zuerst einmal zu zwei Dingen, die mir positiv aufgefallen sind: Die Stimmung und das Cover. Denn genau wie dies wirkt (düster, geheimnisvoll, nebelig) so ist auch ein großer Teil der Ermittlungen in dem kleinen Bergdorf. Oft spielt Wald, Dunkelheit und der Geruch von Regen und der Natur eine Rolle. Das wird hier zum einen super optisch umgesetzt und zum anderen so real und greifbar vom Autor geschildert, dass man Geruch und Gefühl richtig vor Augen hat. Das hat mir sehr gefallen, ich mochte diese Stimmung und auch das Unheimliche, das in diesem Tal zu lauern scheint, die geheimnisvolle Bedrohung, von der man nicht wirklich viel weiß. Einfach ein Gefühl, eine Stimmung, die da vermittelt werden. Großartig.
Hingegen nicht so gut gefallen haben mir folgende Aspekte: Die Protagonist*innen sind mir irgendwie zu flach geblieben. Valeria ist zwar nicht unsympathisch, aber sehr unnahbar, kühl, eher rational und handelt dann doch manchmal leichtsinnig. Dies war wie gesagt nicht unsympathisch, aber auch nicht so, dass ich mitgefiebert habe oder Sorgen um sie hatte. Ihr Umgang mit ihren Mitmenschen ist auch eher kühl und voller leerer Versprechen. Die anderen Figuren waren noch weniger greifbar, weil Valeria im Mittelpunkt steht.
Während mir die düstere geheimnisvolle Stimmung und die unheimlichen Beobachtungen ja positiv aufgefallen sind, so fand ich die Auflösung und den letzten Teil der Handlung eher mau. Auflösung konnte man irgendwann ahnen und war dann seltsam unbefriedigend. Die letzten paar Kapitel voller Action, großer Showdown in beeindruckender Kulisse. Das war mir dann ein zu großer Gegensatz zu der bisher erzeugten Stimmung. Wobei das ja definitiv ein subjektives Empfinden ist.
Des weiteren waren ein paar Aussagen, die ich einfach fragwürdig fand und unnötig. Einmal zu den Haaren eines Jungen, die wohl eher zu feminin seien. Ebenfalls fand ich den ganzen Umgang mit dem damaligen Tatverdächtigen eher verstörend und nicht in Ordnung.
Alles in allem ein spannendes Buch, wem es zuerst zu mystisch und sagenumwoben zugeht, der wird vielleicht mehr Freunde zu einem späteren Zeitpunkt haben. Ein guter Reihenauftakt um eine Ermittlerin mit schwerer Vergangenheit, da ist noch einiges in den Folgebänden zu erwarten. Der Fall an sich aber wird abgeschlossen in diesem Buch.

Bewertung vom 31.08.2021
Die Überlebenden
Schulman, Alex

Die Überlebenden


sehr gut

Eine bewegende Geschichte.
Worum geht es?
Eine Familie mit drei Söhnen macht Sommerurlaub in ihrem Ferienhaus, mit vielen Erlebnissen und Abenteuern. Jahre später treffen sich die nun erwachsenen Männer an dem Haus wieder, die Asche ihrer verstorbenen Mutter dabei und viele Ereignisse werden dadurch wieder präsent, die sie länger verdrängt hatten.

Worum geht es wirklich?
Vergessen, Gespräche und Erwachsenwerden.

Lesenswert?
Ja. Ein sehr berührendes und auch spannendes Buch. Man lernt die drei Brüder in zwei Zeitebenen kennen: Damals als Kinder in den Sommerferien im Haus am See und nun als erwachsene Männer, die die Asche der Mutter an eben diesem Ort verstreuen wollen. Über viele Dinge, die damals passiert sind, haben die drei nie gesprochen, nie verarbeitet, nie gemeinsam eingeordnet und so brechen nun Gedanken und Gefühle aus ihnen hervor, die sie längst weggesperrt und verdrängt hatten.
Gerade bei dem Erzählstrang in der Vergangenheit lernt man die drei Jungen und auch die Eltern immer besser kennen, bekommt dadurch immer mehr ein Gefühl für die Charaktereigenschaften der Protagonist*innen und glaubt sie immer besser zu verstehen. Trotzdem schwelt die ganze Zeit eine leise Spannung, etwas Ungutes liegt in der Luft und alles scheint sich um eine unaussprechliche Situation zu drehen, die man aber als Leser*in gar nicht fassen kann.
Die drei Brüder werden sehr lebendig und real dargestellt, das hat der Autor super gut hinbekommen. Sie sind nicht durchgängig sympathisch, gerade im Umgang miteinander nicht, aber irgendwie sind sie dennoch toll.
Die Eltern hingegen wirken eher unsympathisch, aber auch hier werden sie sehr vielschichtig und eben nicht nur schlecht dargestellt. Mir gefällt diese Tiefe bei den Figuren unglaublich gut.
Sprachlich sehr gut lesbar, man fliegt nur so durch die Seiten und inhaliert sie um endlich diesen Spannungsmoment fassen zu können, man giert geradezu nach Auflösung, nach Erkenntnis. Und zeitgleich träumt man zwischendurch von diesen langen Sommertagen am See, mit Boot und Steg und einem Wald in der Nähe.
Das Buch bietet neben diesem Spannungsmoment auch sehr feine zwischenmenschliche Beziehungen und Sorgen und Nöte des Erwachsenwerdens, der Selbsterkenntnis und auch den Umgang Trauer und den Gefühlen als erwachsene Menschen.
Dieses Buch ist geeignet, wenn man einen tollen Charakteraufbau und eine feine angreifbare Spannung liebt!

Bewertung vom 31.08.2021
Tiefer Fjord
Lillegraven, Ruth

Tiefer Fjord


weniger gut

Titel: Hat mich enttäuscht.

Worum geht es?
Clara und Haavard kämpfen auf unterschiedlichen Ebenen für den Schutz von misshandelten Kindern. Sie in der Politik und er als Arzt. Doch trotz dieser gemeinsamen Ziele steht ihre Ehe vor Schwierigkeiten, mit denen beide ganz unterschiedlich umgehen.

Worum geht es wirklich?
Rache, Beziehungen und Vergangenheit.

Lesenswert?
Kommt drauf an was man erwartet. Alleine zu benennen, worum es in diesem Buch geht, fällt mir eher schwer. Das Cover und auch der Klappentext lassen auf einen skandinavischen Thriller schließen, wobei hier schon das Wort „Roman“ ins Auge springt, welches ebenfalls auf dem Cover steht. Spannungsroman trifft es im Grunde auch besser. Daher hat mich das Buch enttäuscht, weil ich eine andere Erwartungshaltung hatte. Wer eher einen spannenden Roman mit interessanten zwischenmenschlichen Beziehungen sucht, der könnte hier jedoch richtig sein. Die Optik, die etwas anderes verspricht, ist also der Hauptgrund für meine Enttäuschung. Dennoch gibt es noch ein paar andere Punkte, die mir auch unabhängig davon missfallen haben.
Tatsächlich beginnt das Buch mit dem im Klappentext erwähnten Mord. Bald stellt sich jedoch heraus, dass es sehr viel um die Beziehung zwischen Clara und Haavard geht, die alles andere als gut läuft. Je nach Kapitel begleitet man als Leser*in mal Clara, die versucht ein Gesetz gegen Kindesmisshandlungen durchzusetzen und mal Haavard, der als Arzt die misshandelten Kinder versucht zu retten und dem ganzen dennoch hilflos gegenüber steht. Auch die Kolleg*innen von Haavard spielen eine Rolle und fungieren teilweise als Erzähler*innen. Generell entsteht hierbei ein interessanter Konflikt zwischen den beiden Eheleuten und ihrem unterschiedlichen Umgang mit der Situation. Obwohl beide nicht schlecht dargestellt werden, habe ich dennoch kein Interesse für sie entwickelt und dadurch fehlte auch das Bedürfnis rasch weiterzulesen.
Man erfährt bei etwa der Hälfte des Buches, wer vermutlich die Taten begangen hat und aus welchen Beweggründen. Ab dann steht gar nicht mehr so der eigentliche „Fall“ im Mittelpunkt.
Schwierig finde ich den Umgang mit Rassismus, der als mögliches Tatmotiv genannt wird und obwohl irgendwie klar wird, dass dies zu verurteilen ist, so sind fast alle Figuren geprägt von rassistischen Gedanken und teilweise fällt es dann doch schwer zu unterscheiden, was die Gedanken der Figuren sind und wo die Autorin die stereotypen Bilder ebenfalls aufrecht erhält.
Hier beispielsweise direkt das erste Opfer: Er wird als laut und fremd und mit ungewöhnlichen Wünschen dargestellt. Ein Mann, der die Ärzte nicht ihre Arbeit machen lässt, der unangenehm in der Klinik auffällt. Ich kann das nicht gut in Worte fassen, finde das aber ebenso fragwürdig wie die Tatsache, dass Figuren denken, dass Homosexuelle nur von „diesen Einwanderern“ wegen ihrer Sexualität angegangen werden. Als wäre die Welt eine grundsätzlich furchtbar tolerante und nur durch „diese Fremden mit ihrer fremden Kultur“ würde Intoleranz entstehen.
Irgendwie wird dann nämlich doch das Bild vermittelt, dass diese Menschen gewalttätiger, wenig integrierbar und alle fernab der landestypischer Werte stehen. Möglicherweise war das nicht die Intention der Autorin, ganz sicher sogar, aber mir hat die Handlung das ein wenig vermittelt. Finde ich schade.
Kurzfassung: Keinen Thriller erwarten, dann hat man mit diesem Buch vielleicht Freude.

Bewertung vom 31.08.2021
Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1
Beckett, Simon

Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1


weniger gut

Worum geht es?
Jonah Colley wird von einem alten Freund in eine verlassene Halle am Hafen bestellt. Doch dort trifft Colley nicht nur auf dessen Leiche, sondern auch auf eine fast tote Frau. Als er versucht ihr zu helfen wird er niedergeschlagen.

Worum geht es wirklich?
Suche, Vergangenheit und Schuld.

Lesenswert?
Oh, eine schwere Frage. Ich denke ja, wenn man Becketts Bücher mag. Für mich persönlich: nein. Bin eher enttäuscht von diesem Reihenauftakt. Daher ist das hier auch nur meine ganz subjektive Meinung, die vermutlich alles andere als durchschnittlich sein wird.
Zuerst die positiven Dinge: Der Schreibstil ist gewohnt angenehm, regt super zum Weiterlesen an und erzeugt Spannung. Vermutlich der Hauptgrund, warum ich immer wieder zu Becketts Büchern greife, auch wenn sie mich dann nicht selten enttäuschen. Cover finde ich ebenfalls gut gewählt, es passt zu Becketts anderen Werken ohne der Hunter-Reihe zu ähnlich zu sehen. Generell sehr schön, dass hier eine neue Reihe gestartet wird. In Bezug auf Details zu Leichen und Verletzungen ist Beckett in dieser Reihe definitiv zurückhaltender als bei Hunter.
Eher neutral war für mich der Plot. Der war okay, zwischendrin auch etwas langatmig und ohne richtiges Vorankommen, dann kam aber wieder Schwung und Spannung in die Handlung. Immer wieder habe ich mich jedoch gefragt, ob ich wirklich interessiert genug am Weiterlesen bin oder ob ich es einfach abbreche. Durchgezogen habe ich es final dann doch noch.
Nun die Kritikpunkte: Zum einen - und ich finde das geht gar nicht - ist der Klappentext des Hörbuchs (Stand 07/2021) völlig irreführend und verrät meiner Meinung nach auch schon viel zu viel Handlung. Der greift so unglaublich vorweg! Da ist der Klappentext für das Buch/E-Book viel treffender und sinnvoller formuliert.
Dann zu dem Protagonisten: Jonah war mir nicht sympathisch. Ja, er hat einen persönlichen Verlust erlebt und ist daher sicher bei einigen Dingen nicht objektiv. Aber immer wieder bringt er sich in gefährliche Situationen, die er auch als solche einschätzt und lernt dennoch nicht daraus. Immer wieder nachts alleine in verlassenen Gegenden. Zu Beginn des Buches wird er verletzt, sodass er die restlichen Ermittlungen, die er auf eigene Faust anstellt, mit Krücken absolviert. Was einfach völlig überzogen und übermenschlich wirkt. Er kämpft mit den Krücken gegen andere Menschen, er stürzt mehrmals, er verletzt sich die verletzte Stelle erneut und kann trotzdem noch weiter agieren. Fand ich einfach sehr unglaubwürdig und die nicht vorhandene Lernfähigkeit höchst nervig. Zeitgleich hat er dann noch Gedanken, eine Jugendgang „aufzumischen, sich an ihnen abzureagieren“ - was für ein unsympathischer Mensch?! Generell werden eher stereotype Figuren verwendet und diese oft auf ihre Äußerlichkeit begrenzt: Da gibt es einen mehrgewichtigen Mann, dessen Gewicht eigentlich kaum eine Rolle spielt, der aber in der ersten Szene immer nur als „der Dicke“ auftritt. „Der Dicke sagte, der Dicke machte, der Dicke lachte.“ Finde ich unnötig. Genauso wirken viele der weiblichen Figuren nur als Sidekicks, die entweder hysterisch dargestellt sind oder deren „Fickbarkeit“ bewertet werden muss. Zuletzt ein weiterer Charakter, dessen Beschreibung ich fragwürdig fand: Da gibt es den ermittelnden Polizisten, der Brandnarben hat, der zudem sehr unsympathisch dargestellt wird und dessen Äußeres immer wieder als erschreckend beschrieben wird. Muss das wirklich sein? Muss man solch gängigen Stereotype noch aufrecht erhalten?
Alles in allem für mich dann eher ein schwaches Buch.

Bewertung vom 31.08.2021
Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben
Richter, Noah

Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben


weniger gut

Worum geht es?
Georg Herzfeld, ein erfolgreicher Youtuber, gerät in Schwierigkeiten und erfährt unerwartet Hilfe von dem Star Götz Wolf, der nicht nur Entertainer ist, sondern auch eine neue gefährliche Bewegung gründet.

Worum geht es wirklich?
Macht, Vereinnahmung und Gewissen

Lesenswert?
Leider nein, mir hat dieses Buch gar nicht gefallen. Es gibt zwei Aspekte, die ich positiv empfinde: Das Cover ist sehr schön gestaltet, ein richtiger Hingucker und die Idee für die Story finde ich spannend und auch beängstigend, denn sie ist wie eine sehr sehr zeitnahe Dystopie. Dieses Wissen, diese Nähe zu unserer Realität, macht die Handlung nur noch erschreckender. Nun aber zu den Dingen, die mir nicht gefallen: Auch wenn das Cover ansprechend ist, ist die Qualität des physischen Buches in meinen Augen unterdurchschnittlich und ähnelt eher einem englischsprachigen Taschenbuch. Ist nicht von großer Bedeutung, aber ist mir zumindest negativ aufgefallen.
Dann zu den Protagonist*innen: Ich fand sie allesamt unsympathisch, was vermutlich bei vielen auch so gedacht ist, aber wenn es keine einzige Person gibt, mit der man irgendwie mitfiebert oder die einem auch nur ein bisschen am Herzen liegt, dann wird auch die Handlung unwichtiger, denn sie ist weniger interessant und weniger fesselnd. Generell hat man es hier mit mehreren machtgierigen Männern zu tun, mit sexistischen Männern, mit skrupellosen Männern und daher mit vielen stereotypen Aussagen zu tun. Die Frauen bleiben dabei eher nur Beiwerk, auch wenn es Protagonistinnen gibt. An einigen Stellen gibt frauenfeindliche Sprüche oder Beschreibungen, die nicht immer nur den Charakteren zuzuordnen sind. Möglicherweise nicht absichtlich und nicht bewusst, aber irgendwie war das kein schönes Leseerlebnis.
Der Autor schreibt an sich nicht schlecht, aber es war für mich auch nichts besonderes, nichts positives, nichts was mich packen konnte, auch wenn objektiv durchaus ein Storybogen da war.
Ich gehe davon aus, dass meine Meinung nicht die durchschnittliche Leser*innenmeinung wiedergibt, sondern das Buch durchaus als fesselnde Lektüre für einen Tag im Freibad o.ä. geeignet ist.
Für mich war es leider einfach nichts.

Bewertung vom 31.08.2021
Eskalation
Benrath, Nora

Eskalation


weniger gut

Worum geht es?
Eine Frau wird während der Autofahrt von einem unbekannten Mann angerufen. Sie muss seinen Anweisungen folgen und darf nicht bremsen oder schneller werden.

Worum geht es wirklich?
Folter, Rache und Tod

Lesenswert?
Für mich leider nicht. Zuerst einmal zur Grundidee, dass jemand auf der Autofahrt per Telefon dazu gezwungen wird, dem Anrufer Folge zu leisten: Finde ich spannend, wenn ja auch keine neue Idee. Aber diese Idee finde ich reizvoll und als Ausgangspunkt ganz cool gewählt. Somit hat mir der Anfang des Buches gut gefallen und ich habe eine interessante Handlung erwartet.
Diese Situation wird jedoch schon nach wenigen Kapiteln aufgelöst und spielt keine so große Rolle mehr. Später zeigt sich die eigentliche Grundidee hinter dieser Situation und auch diese ist interessant. Die Autorin berichtet am Ende des Buches kurz in wenigen Sätzen, was die ausschlaggebende Inspiration gewesen ist. Grundidee also spannend, im Lauf der Handlung aber immer gewöhnlicher und langweiliger. Der Schreibstil und auch die kurz gewählten Kapitel lassen den*die Leser*in jedoch rasch vorwärts kommen.
Allerdings wirken die Figuren alle uninteressant und platt. Es wird zwar versucht, Charaktertiefer aufzubauen, aber das ist bei mir nicht wirklich angekommen. Daher kein Mitfiebern, kein Hoffen, keine Schockmomente. War relativ unbeeindruckend, auch wenn die Handlung zunehmend weniger mit Situationen wie eben der Ausgangssituation spielt, sondern immer brutaler wird und auch Richtung Folter abdriftet. Achtung, wenn man hier „nur“ einen Spannungsroman erwartet.
Viele Charaktere sind so unaussagekräftig, so langweilig und so stereotyp aufgebaut, dass mich das gelangweilt bis geärgert hat. Einfach keine neuen Eindrücke gewinnen können.
Des weiteren entwickelt sich die Handlung zunehmend in eine völlig andere Richtung um dann in einer absurden und völlig unsinnigen Auflösung zu enden, die absolut nicht mit dem Rest der Handlung zusammen zu passen scheint. Als hätte man zwei völlig unterschiedliche Fälle genommen und sie durch eine Kleinigkeit verbunden, damit das Ende nochmal schockierender, überraschender und unerwarteter wirkt. Unerwartet war es tatsächlich, weil nichts auf diese Richtung hingewiesen hat, aber das habe ich als negativ und willkürlich empfunden.
Wie gesagt, Schreibstil ist nicht schlecht, lässt sich schnell weglesen und wird bestimmt auch Leser*innen gefallen.
Aber das, was ich von einem guten Krimi oder Thriller erwarte, hat absolut gefehlt!