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Forti

Bewertungen

Insgesamt 204 Bewertungen
Bewertung vom 11.09.2017
Die Geschichte der getrennten Wege / Neapolitanische Saga Bd.3
Ferrante, Elena

Die Geschichte der getrennten Wege / Neapolitanische Saga Bd.3


ausgezeichnet

Weiter geht es mit der Neapolitanischen Saga! Endlich liegt der dritte von vier Bänden in deutscher Übersetzung vor. Ich empfehle dringend, die Reihe von Anfang an zu lesen und mit 'Meine geniale Freundin' zu beginnen! 'Die Geschichte der getrennten Wege' ist allerdings wohl auch ohne Vorkenntnisse zu verstehen.
Auf den ersten Seiten gibt es wieder eine Zusammenfassung der wichtigsten bisherigen Ereignisse und der handelnden Personen. Das reichhaltigen Personal mit (sich manchmal ähnelnden) Namen und Spitznamen erfordert eine gewisse Konzentration des Lesers, macht für mich aber auch mit den Reiz der Reihe aus.

Italien, Ende der 1960'er Jahre. Die Ich-Erzählerin Elena und ihre Freundin Lila sind Mitte zwanzig, Elena hat ihr Studium beendet und Lila ist Mutter und Arbeiterin in einer Wurstfabrik. So unterschiedlich beider Leben bisher verlaufen sind, so zeigen sich doch auch immer wieder Gemeinsamkeiten. Beide engagieren sich politisch links und für die Gewerkschaft, obwohl sie beide eher zufällig in diese Strömung hineingerutscht zu sein scheinen.
Wie schon im vorangegangenen Band fragt man sich, warum beide an der Freundschaft festhalten, wo doch die Konflikte, Neid und Missgunst die innigen, freundschaftlichen Momente oftmals überdecken. Aber das macht wohl eine Freundschaft fürs Leben aus.

Die Neapolitanische Saga ist nicht nur die Geschichte einer Freundschaft, sondern auch italienische Geschichte. Anhand der Leben von Elena, Lila und der anderen Bewohner des Rione in Neapel wird das Leben im Italien der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit vielen Facetten beschrieben. Im vorliegenden Band sind das die 1960'er und 1970'er Jahre, geprägt von politischen Kämpfen zwischen links und rechts.

Die Geschichte wird von Elena Ferrante im gewohnt ruhigen Ton erzählt, der sehr angenehm zu lesen ist.

Bewertung vom 31.08.2017
Underground Railroad
Whitehead, Colson

Underground Railroad


ausgezeichnet

Zusammen mit der jungen Sklavin Cora begibt sich der Leser auf die Flucht durch die Südstaaten der USA. Die Handlung spielt (vermutlich) Mitte des 19. Jahrhunderts.

Die titelgebende Underground Railroad, das illegale Netzwerk, das wirklich Sklaven auf der Flucht geholfen hat, wird hier sehr fiktiv und auch nur als Nebenschauplatz dargestellt. Im Buch handelt es sich um eine Eisenbahn, die unter der Erde fährt, was so natürlich nicht geschehen ist. Diese Darstellung ist einerseits etwas schade, da ich gerne mehr über das Netzwerk erfahren hätte, andererseits rücken durch diese fiktive, unaufgeregte Umsetzung die Menschen und die Lebensumstände der Schwarzen in den USA in den Fokus. Das Amerika - vor allem die Südstaaten - vor dem Bürgerkrieg wird hier verdichtet in vielen Facetten dargestellt.

Da die Darstellung der Underground Railroad fiktiv ist, habe ich mich gefragt, wie nah an der Realität die restlichen Schilderungen im Roman sind. Die Sklaverei wird brutaler dargestellt, als ich es je zuvor gelesenen habe - in der Annahme, dass es wirklich verbreitet solche Vorkommnisse gab, wie sie hier beschrieben sind, ist die Darstellung manchmal an der Grenze des Erträglichen. Hier wird nichts geschönt oder ausgelassen. Auch der Alltag der (vermeintlich) freien Schwarzen wird meiner Einschätzung nach mit Alltagsrassismus und Diskriminierungen sehr treffend dargestellt.

Die Wurzeln des Rassismus in den heutigen USA und der dort teilweise immer noch herrschende Rassentrennung wurden für mich durch diesen Roman erklärbar (was beides aber natürlich nicht rechtfertigt).

Definitiv ein lesenswertes Buch! Colson Whitehead hat eine einfühlsame, aber auch spannende Geschichte geschrieben. Für Laien in amerikanischer Geschichte hätte ich mir allerdings noch eine historische Einordnung der wahren Geschehnisse als Nachwort gewünscht.

***

Ein Vergleich zum anderen großen aktuellen Roman über Sklaverei bietet sich hier natürlich an. Yaa Gyasis "Heimkehren" ist in meinen Augen ebenfalls ein grandioses Buch zum Thema, geht dieses aber völlig anders an. Sie setzt in ihrem Roman einen Fokus auf Afrika und die Entwicklung einer Familie über mehr als 200 Jahre, während bei Colson Whitehead sich die Handlung auf die USA und eine einzelne Person bezieht. Der weiße Blickwinkel spielt bei Yaa Gyasi keine Rolle, während Colson Whitehead auch diesen beleuchtet. Ich lege dem interessierten Leser beide Bücher ans Herz.

Bewertung vom 17.08.2017
Heimkehren
Gyasi, Yaa

Heimkehren


ausgezeichnet

Yaa Gyasi hat eine ungewöhnliche Familiensaga geschrieben. Gleich zu Anfang, Ende des 18. Jahrhunderts - bei den Halbschwestern Effia und Esi, die sich nie kennenlernen, - gabelt sich die Geschichte in zwei Familienzweige. Die zwei Familien entwickeln sich sehr verschieden: Effias Familie bleibt in Ghana und profitiert vom Sklavenhandel, während Esi in die USA versklavt wird. Kapitelweise wird in jeder Generation ein Mitglied (m/w) pro Familienzweig in den Focus gesetzt. Der Leser begleitet dieses Familienmitglied eine bestimmte Zeitspanne - meist im jungen Erwachsenenalter. Die Familienmitglieder agieren somit selten miteinander, sondern eher nacheinander oder auch ganz unabhängig voneinander. Durch die gleichzeitig intensive wie auch verhältnismäßig kurze Beschäftigung mit den einzelnen Personen, ist es möglich, die über 200-jährige Familiengeschichte auf verhältnismäßig kompakten 416 Seiten zu erzählen.
Obwohl jedem Familienmitglied nur verhältnismäßig wenig Seiten zukommen, sind die Charaktere unglaublich gut gezeichnet. Ich hatte das Gefühl, alle der zwölf sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten wirklich kennengelernt zu haben.
Ein Blick in den Stammbaum, der ganz am Ende des Buches abgedruckt ist, hilft, wenn man zwischendurch den Überblick verloren hat.

Ein wirklich glückliches Leben führt keins der vorgestellten Familienmitglieder. Trotzdem geht es immer weiter - meistens ist auch ein Streben nach einem besseren, glücklicheren Leben zu erkennen.
Das ist alles oft eigentlich recht traurig, aber wirkliches Mitleid kommt nicht auf, da der Text keinen Vorwurf erhebt, gleichzeitig aber auch nicht verharmlost. Der schmale Grad zwischen diesen beiden Sichtweisen ist von der Autorin grandios getroffen.

Eine tolle Geschichte mit unzähligen Aspekten und Facetten: Sklaverei, Ghana, afroamerikanische Geschichte, Familienähnlichkeiten, Identitätssuche und einiges mehr.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.08.2017
Swing Time (eBook, ePUB)
Smith, Zadie

Swing Time (eBook, ePUB)


sehr gut

Die namenlos bleibende Ich-Erzählerin berichtet in "Swing Time" aus ihrer Kindheit, Jugend und der Zeit als junge Erwachsene. Dabei scheint sie immer im Schatten starker, dominanter Frauen zu stehen - ihrer Mutter, der Jugendfreundin Tracey und der Pop-Sängerin Aimee, bei der sie arbeitet. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen in London, jettet sie als junge Erwachsene mit Aimee um die ganze Welt, was schließlich in längeren Aufenthalten in Westafrika gipfelt.
Die Geschichte wird mit vielen Zeitsprüngen zwischen Kindheit/Jugend und Erwachsenenalter erzählt.

Ich habe das Buch lange Zeit sehr gerne gelesen. Auch wenn mir ein erkennbarer roter Faden fehlte und die Handlung eher anekdotenhaft erzählt wird, fand ich das Buch interessant und gut zu lesen. Der Schreibstil von Zadie Smith ist angenehm ruhig und flüssig und wurde von der Übersetzerin Tanja Handels gut ins Deutsche übertragen.
Irgendwann in der Mitte des Buches stieß mir aber der mangelnde erkennbare Fortschritt der Handlung und die Passivität der Ich-Erzählerin immer mehr auf. Ich hatte außerdem immer stärker das Gefühl, dass die Autorin in diesem Buch zu viele einzelne Themen abhandeln will - und das auf eine Art und Weise, dass ich manchmal das Gefühl hatte, sie möchte mit bestimmten Personengruppen abrechnen. Zugute halten möchte ich, dass es hier nie richtig klischeehaft wird. Obwohl man fast alle behandelten Themen in Zusammenhang mit der 'braunen Haut' der Ich-Erzählerin (ihre jamaikanische Mutter stammt von afrikanischen Sklaven ab, ihr Vater ist Weißer) setzen kann, spielt z.B. offener Rassismus quasi keine Rolle.
Im letzten Drittel wurde es dann wieder besser, die Handlung läuft auf ein logisches Ende hinaus, das aber auch vieles offen lässt.

Ein Buch über eine junge Frau, die auf der Suche nach der eigenen Identität ist - mit Schwächen, aber für Leser, die sich für das Thema Rassismus und Identitätssuche von people of color interessieren, dennoch zu empfehlen.

Bewertung vom 07.08.2017
Und Marx stand still in Darwins Garten (eBook, ePUB)
Jerger, Ilona

Und Marx stand still in Darwins Garten (eBook, ePUB)


gut

Ilona Jerger hat sich in ihrem Roman viel vorgenommen: wissenschaftliche und historische Fakten in einen unterhaltsamen Roman zu verpacken, ist keine einfache Aufgabe - in meinen Augen ist ihr der Spagat zwischen Unterhaltung und Fakten bedingt gelungen.

London, Ende des 19. Jahrhunderts. Zwei prägende Männer der Zeit - Charles Darwin und sein Vornamensvetter Karl Marx - verbindet einiges: beides wissenschaftliche Vordenker, die sowohl von diversen Wehwehchen als auch von einer Schreibblockade geplagt sind. Erstaunlicherweise haben sie sich in der Realität nie persönlich kennengelernt.
Die hier thematisierte fiktive Begegnung der beiden, die dem Buch seinen Titel gibt und auf die die Geschichte hin arbeitet, verläuft in meinen Augen dann eher unspektakulär. Es bleibt bei einem einmaligen Abendessen der beiden - den Eklat sehe ich hier nicht.

Die Autorin verliert sich manchmal in Details. Das mag manchen​ Lesern gefallen, ich fand es eher ermüdend. Ilona Jerger umkreist hierbei vorallem zwei Themen, die die beiden gealterten Wissenschaftler umtreiben: das Verhältnis zur Kirche und die eigenen körperlichen Leiden - für mich ehrlich gesagt nicht die Themen, über die ich bevorzugt lese. Ich glaube der Autorin, dass der Stoff gut recherchiert ist, aber mir sagt die Mischung von Realität und Fiktion nicht wirklich zu und außerdem ist es mir dann oft zu theoretisch bzw philosophisch für einen unterhaltenden Roman.

Wer sich für die gesellschaftlichen Umbrüche des ausgehenden 19. Jahrhundert interessiert und gerne halbfiktive historische Romane liest, fühlt sich hier vielleicht besser unterhalten als ich.

Bewertung vom 31.07.2017
Eine von uns
Cummings, Harriet

Eine von uns


gut

"Eine von uns" erzählt von einem englischen Dorf auf der Suche nach einem ungewöhnlichen Einbrecher - statt seine Opfer zu berauben, scheint er sie eher beobachten zu wollen. Hierbei werden nacheinander vier Dorfbewohner in dem Focus genommen: eine junge Hausfrau, der Aushilfspriester, der Dorfpolizist und der Leiter des örtlichen Supermarktes. Die momentane Situation und die jeweilige persönliche Vorgeschichte werden aus ihrem Blickwinkel berichtet.
Das Buch ist inspiriert von wahren Geschehnissen. Die Autorin Harriet Cummings ist in dem englischen Dorf aufgewachsen, in dem 1984 der sogenannte Fox in Häuser eingebrochen ist - von den wahren Ereignissen, von denen sie im Nachwort erzählt, weicht die hier aufgeschriebene Geschichte allerdings deutlich ab.

Obwohl sich das Buch größtenteils flüssig liest, ist es manchmal sprachlich speziell - im Einzelfall vielleicht auch etwas sperrig. Das ergibt sich einerseits durch die Erzählung im Präsens, vor allem (meiner Einschätzung nach) aber durch die Übersetzung des Österreichers Walter Goidinger. Durch den österreichischen Einschlag wirkt die Sprache, die das Buch jetzt hat, für deutsche Leser vielleicht manchmal etwas ungewohnt bis altbacken.
Das war ein Grund, warum ich an manchen Stellen ins Stocken kam. Ein anderer Grund abseits der Sprache sind kleine Details, die mir unklar blieben und bei denen ich mir im Nachhinein nicht sicher bin, ob sie Absicht sind: habe ich etwas nicht richtig verstanden? Soll der Leser in die Irre geführt werden? Oder sind es Fehler? (Wenn mir jemand die erste Jahreszahl auf Ruth' Grabstein erklären kann, würde ich mich sehr über einen Kommentar freuen)

Die Autorin versteht es, eine unheimliche Stimmung aufzubauen, aber richtig spannend fand ich das Buch nicht und würde es auch keinesfalls als Krimi einordnen.
Lange Zeit kommt die Suche nach dem Fox nicht voran - die gegenseitigen Verdächtigungen der Dorfbewohner sind nicht so allgegenwärtig und nervenaufreibend, wie ich angenommen habe. Stattdessen stehen die vier vorgestellten Einzelpersonen und ihre persönlichen Probleme im Vordergrund. Das war ganz interessant und die vier Personen sind mir auch ein Stück ans Herz gewachsen, aber ich hatte vom Buch etwas anderes erwartet und bin deshalb etwas enttäuscht.

Bewertung vom 24.07.2017
Sommerkind
Held, Monika

Sommerkind


sehr gut

"Sommermädchen" ist ein einfühlsam erzählter Roman. Erzählt wird die Geschichte von Kolja, dessen Schwester Malu nach einem Schwimmunfall im Wachkoma liegt, und von Ragna, die diese Schwester vor 30 Jahren gerettet hat.
Anhand des Schwimmunfalls der jungen Malu wird deutlich, wie sehr ein einzelnes Unglück einer Person die Menschen im Umfeld intensiv und lange beeinflussen kann.

Das Ende löst nicht alles auf und vermag deshalb manche Leser enttäuschen. Auch ich hatte das Gefühl, dass die Geschichte noch etwas weiter hätte erzählt werden sollen. In "Sommermädchen" stehen einzelne Themen, Szenen und Zwischentöne vor der Gesamthandlung. Deshalb ist es insgesamt doch ein schönes Buch, das zum Nachdenken anregt. Die Charaktere und ihre Beziehung zueinander werden intensiv und gut beschrieben.
Mir haben auch die Beschreibungen der Nordsee, insbesondere der Hallig, sehr gefallen.

Bewertung vom 12.07.2017
Was man von hier aus sehen kann
Leky, Mariana

Was man von hier aus sehen kann


ausgezeichnet

Cover und Klappentext lassen nicht vermuten, dass es sich bei "Was man von hier aus sehen kann" tatsächlich um eine echte literarische Perle handelt. Die eigentliche Handlung ist hierbei recht übersichtlich - im Mittelpunkt stehen meiner Meinung nach die beteiligten Personen, die Stimmung und die Sprache, in der der Roman abgefasst ist.

Der Leser begleitet die Ich-Erzählerin Luise von ihrer Kindheit bis in ihre 30'er. Handlungsort ist ein kleines Dorf im Westerwald. Hier finden sich neben Luise und ihrer Oma Selma noch einige andere mehr oder weniger schrullige Bewohner, die sehr liebevoll beschrieben werden.
Buddhismus, Christentum und Aberglaube - all dies findet sich in Luises Umfeld. Es wird allerdings nie wirklich spirituell - in kleine Häppchen verpackt, niemals belehrend oder gar missionierend lesen sich auch diese Themenaspekte ziemlich unterhaltsam.

Die Sprache, in der das Buch verfasst ist, hat ihren eigenen Klang, ihr eigenes Tempo. Mir hat das sehr gut gefallen.

Ein überaus lesenswerter Roman über das Leben, den Tod, die Liebe.

Bewertung vom 08.06.2017
Meine 80er Jahre
Chuang, Sean

Meine 80er Jahre


sehr gut

Sean Chuang beschreibt in Comicform seine Kindheit und Jugend in den 1980'er Jahren in Taiwan. Der Chinabooks-Verlag hat den ersten Band dieser Comic-Reihe zweisprachig veröffentlicht: die erste Hälfte besteht aus der deutschen Übersetzung von Marc Hermann, die zweite (von mir mangels Sprachkenntnisse hier nicht bewertete) bildet die chinesische (in Kurzzeichen) Ausgabe ab. Somit ergibt sich ein recht dickes Buch, das nicht ganz leicht in der Hand liegt.
Es gibt in beiden Sprachen ein Vorwort und einen Zeitstrahl der - für den Autor erwähnenswerten - Ereignisse in den 1980'er Jahren. Die deutsche Ausgabe verfügt außerdem über Fußnoten, die manchmal interessante Infos bieten, manchmal aber auch sehr special interest sind - z.B. Alternativtitel zu Kinofilmen.

Episodenhaft und nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge beschreibt Sean Chuang seine Erlebnisse zu bestimmten Themen. Schule ist hier natürlich ein großes Thema, aber auch z.B. Baseball oder Dating werden behandelt.
Diese Erlebnisse werden wertungsfrei von Chuang erzählt. Er beschreibt zwar, wie er als Kind und Jugendlicher erlebt und gefühlt hat, bewertet sein Handeln und das anderer - mit einer Ausnahme - nicht rückblickend. Einerseits ist das eine interessante Erzählweise, die die Bewertung dem Leser überlässt, andererseits ist diese Bewertung und Einordnung bei einer fremden Kultur natürlich manchmal schwieriger als es bei einem mitteleuropäischen Text wäre.
Zusätzlich erschwerend ist, dass oftmals nicht zu erkennen ist, wie alt Sean in den einzelnen Episoden gerade ist. Diese Information wäre aber hilfreich, um das Beschriebene in Relation zum Alter des Protagonisten zu setzen und somit besser einordnen zu können.

Die Zeichnungen sind schwarz-weiß, teils sehr realistisch, teils stark überzeichnet. Ich fand sie eingänglich und aussagekräftig.

Auch für jemanden, der sich bisher so gut wie garnicht mit Taiwan beschäftigt hat, ist es insgesamt ein interessantes Comic, dem ich gut folgen konnte. Manchmal hätte ich mir allerdings doch ein paar (Hintergrund)-Informationen gewünscht. Manchmal blieb die Geschichte (auch deswegen) dann doch auf einem etwas oberflächlichen Niveau.
Die Zielgruppe, die durch die zweisprachige Ausgabe vorwiegend angesprochen wird, ist aber vermutlich recht gut über Taiwan informiert und wird diese von mir vermissten Informationen wahrscheinlich nicht benötigen.