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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 750 Bewertungen
Bewertung vom 01.02.2021
Zitate - Von Thomas von Aquin bis Oscar Wilde
Peter Konietschke

Zitate - Von Thomas von Aquin bis Oscar Wilde


weniger gut

Das Buch enthält eine Zusammenstellung von Weisheiten aus 55 Joker-Katalogen. Es handelt sich um eine Vielzahl von Autoren aus der Geschichte und aus der Neuzeit. Die meisten Sprüche können konkreten Personen zugeordnet werden.

Sind alle Sprüche authentisch? Zumindest bei Archimedes „Gib mir einen Punkt, wo ich hintreten kann, und ich bewege die Erde.“ kommen mir Zweifel, da dieser Spruch sinnentstellt wirkt und ich ihn in anderer Form kenne ("Gebt mir einen festen Punkt und ich werde die Erde aus den Angeln heben.").

Eine Überprüfung ist ohne Quellenangabe nicht möglich. Auch vermisse ich ein Autorenverzeichnis und zur gezielten Suche ein Stichwortverzeichnis.

Im Sinne des o.g. Zitats von Joubert müssen nicht alle Sprüche gefallen, aber manche sind es wert, in Erinnerung zu bleiben. Um welche es sich dabei handelt, dürfte individuell unterschiedlich gesehen werden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.02.2021
Gretchenfragen an Naturalisten
Vollmer, Gerhard

Gretchenfragen an Naturalisten


sehr gut

Geht es in in der Welt mit rechten Dingen zu? Der Naturalist vertritt die Auffassung, dass alles Existierende, egal ob materiell, geistig oder ethisch, aus der Natur heraus erklärbar ist. Damit lehnt er Supranaturalismus (Gott, Esoterik, Okkultismus etc.) ab.

Gerhard Vollmer, Physiker und Philosoph, behandelt in seinem Büchlein „Gretchenfragen an den Naturalisten“ die Position des Naturalismus im Hinblick auf existenzielle Fragen der Wissenschaft, Philosophie und Gesellschaft.

Vollmer gelingt es das Thema auf nur 90 Seiten prägnant zum Ausdruck zu bringen. Bücher mit einer solchen Informationsdichte, zudem ohne Wiederholungen und Ausschmückungen, sind selten auf dem Büchermarkt zu finden.

Die Bandbreite reicht von Mathematik, Realismus, Naturwissenschaft und Kosmologie über philosophische Fragen wie dem Leib-Seele-Problem, Willensfreiheit, Religion, Moral bis zu Para- und Pseudowissenschaften.

Die Ausführungen überzeugen weitgehend, dennoch ein paar Anmerkungen:

Zur Frage, warum die Mathematik so gut zur Beschreibung unserer Welt taugt, schreibt Vollmer, dass wir Glück gehabt haben, es hätte ja auch anders sein können. (20) Diese Antwort klingt recht platt. Geist und Materie haben eine gemeinsame Entwicklung (Evolution) hinter sich. Muss man sich da wundern, dass auch gleiche Strukturen zugrunde liegen? Davon abgesehen, wäre ein Überleben in einer Welt, die keinen Gesetzmäßigkeiten folgt, kaum möglich und Gesetzmäßigkeiten sind immer mathematisch beschreibbar.

Den Zufall (34) hat Vollmer gut erklärt. Wer sich für dieses Thema interessiert findet in „Alles Zufall“ von Stefan Klein eine umfassende Analyse, in der u.a. die Unterscheidung von Koinzidenz und Korrelation ausführlich behandelt wird.

Vollmer erläutert, dass unser Wissen vorläufig ist und warum es nicht sinnvoll ist, eine übernatürliche Instanz als Erklärung in Anspruch zu nehmen. (38/39) Das würde den wissenschaftlichen Fortschritt letztlich abwürgen.

Wie Leben entstanden ist, wissen wir nicht. Ist Leben außerhalb der Erde entstanden, wie John Gribbin in „Geschöpfe aus Sternenstaub“ thematisiert? Vollmer würgt diese Diskussion ab, weil eine Erklärung außerhalb der Erde noch viel schwieriger zu finden ist. (53) Dadurch, dass es schwieriger ist, wird es aber nicht unwahrscheinlicher.

Im Zusammenhang mit dem Leib-Seele-Problem erläutert Vollmer den Unterschied zwischen Gründen und Ursachen. (58) Die Erklärung ist auch für ein kompaktes Buch recht dünn. Eine anschauliche Gegenüberstellung finden Leser in „Was ist der Mensch?“ von Michael Pauen.

Bei aller Kritik an Religiosität. (68) Aus dem Blickwinkel der Evolution müssen damit Überlebensvorteile verknüpft gewesen sein, sonst wäre sie nicht so verbreitet. Allerdings hat Zweckmäßigkeit nichts mit Wahrheit zu tun.

Gegen die Parawissenschaften führt Vollmer einen Rundumschlag. (77) Es gibt manchmal Wirkungen für die die Ursache noch nebulös ist. Auch wenn vieles Humbug ist, können die Parawissenschaften auf Phänomene aufmerksam machen, die (noch) kein Gegenstand der Naturwissenschaften sind.

Wer wissen will, wie Naturalismus abgegrenzt wird, sollte das Buch lesen. Die Darstellung ist kompakt und schnörkellos. Der Naturalist geht von der Fehlbarkeit und Vorläufigkeit des Wissens aus und das ist auch gut so. Das Gegenteil wäre Dogmatismus.

Bewertung vom 01.02.2021
Wirtschaftsinformatik für Dummies
Thesmann, Stephan;Burkard, Werner

Wirtschaftsinformatik für Dummies


ausgezeichnet

Die Informatik befasst sich mit der systematischen Verarbeitung von Informationen. Damit stellt sich bereits die erste Frage, was Informationen sind. Die Antwort erhalten die Leser auf Seite 240, wo die Begriffe "Daten", "Informationen" und "Wissen" erläutert und voneinander abgegrenzt werden. Der Zusatz "Wirtschaft" impliziert, dass es sich um angewandte Informatik für Wirtschaftsunternehmen handelt.

Das Buch gliedert sich in 28 übersichtlich strukturierte Kapitel. Die Grundlagen und Aufgaben der Wirtschaftsinformatik werden verständlich vorgestellt. Die für Bücher aus der Reihe Dummies typischen Konventionen werden auch im vorliegenden Buch beachtet. Dazu gehören u.a. der Lehrbuchcharakter, die Abgeschlossenheit der Kapitel, die spezielle Symbolik und der Top-Ten-Teil am Schluss.

Die einzelnen Kapitel sind fünf Hauptteilen zugeordnet, in denen es um die Grundlagen der Informatik, um betriebliche Informationssysteme (Übersicht) und den Betrieb von Informationssystemen (Schwerpunkt Sicherheit) sowie um die Entwicklung von Informationssystemen geht. Der Top-Ten-Teil enthält in humorvoller Aufbereitung Tipps, Denkfehler und Gebote zur Wirtschaftsinformatik und deren Protagonisten.

Die Aufgaben und Probleme der Wirtschaftsinformatik werden anhand eines durchgängigen Beispiels erläutert. Im Fokus steht die Meblo-AG, ein Einrichtungshaus, welches Möbel importiert, anfertigt und veräußert. Deutlich wird, dass das Rad nicht ständig neu erfunden werden muss, sondern dass Ähnlichkeiten in Aufbau und Struktur von Firmen auch zu Ähnlichkeiten in Aufbau und Struktur von IT-Systemen führen.

Die Autoren erläutern keine Programmiersprachen, sondern die Architektur von IT-Systemen für Unternehmen und in groben Zügen, wie diese entwickelt werden. Es geht um betriebliche Abhängigkeiten, Abläufe und Zusammenhänge und die Methoden, wie diese in der Informatik abgebildet werden können. Die Leser werden keine Experten für DV-Konzepte und Datenbanken, aber sie erhalten einen Einblick in die Methoden.

Ausgehend vom Architekturkonzept integrierter Informationssysteme (ARIS) wird die Konzeption verschiedener Sichten und Ebenen erläutert. Die Leser werden mit Produktbäumen, Organigrammen, ERD/ERM und Funktionsbäumen konfrontiert. An manchen Stellen ist der Leser direkt gefordert, wenn es darum geht, Aufgaben zu lösen. Am Ende vieler Kapitel folgen Hinweise auf weitergehende Literatur.

Aber auch die Erläuterungen zu komplexen Systemen wie ERP sind hilfreich. Es geht darum, Aufbau und Funktionen solcher Systeme zu verstehen und nicht darum, solche Systeme zu bedienen oder gar zu administrieren. Die Leser erhalten einen Überblick über die Aufgaben und Anwendungsgebiete der Wirtschaftsinformatik. Das ist schon sehr viel und mehr ist in einem einzelnen Buch auch nicht möglich.

Bewertung vom 01.02.2021
Braintertainment
Spitzer, Manfred;Bertram, Wulf

Braintertainment


sehr gut

Wie der Titel bereits andeutet, steht die Unterhaltung im Fokus. Es ist das Anliegen der Autoren, Erkenntnisse der modernen Hirnforschung einem breiten Publikum humorvoll zu vermitteln. Darüber hinaus sind die Leser Testkandidaten für die Verifizierung der zentralen Hypothese des Buches: „Ein vergnügtes Gehirn lernt besser als ein angestrengtes.“ Aber die Leser brauchen sich nicht zu sorgen, es erfolgt am Schluss keine Prüfung.

Das Vorwort kündigt an, was der Epilog in vorzüglicher Form dann auch leistet. Die Ausführungen von Eckart von Hirschhausen im Epilog eignen sich für das Kabarett. Dazwischen befinden sich Beiträge, die mehr oder weniger unterhaltsam aufklären über das Gehirn und seine Eigenarten. Das „weniger“ kann dazu führen, dass Leser nach kurzer Zeit zur Seite 196 wechseln und dort süffisant von Eckart von Hirschhausen gefragt werden, ob sie wirklich das Buch bis hierhin gelesen haben.

Aber auch zwischen Vorwort und Epilog befinden sich lesenswerte Passagen, die Orientierung bieten. Valentin Braitenberg bringt den Sinn des Gehirns auf den Punkt: „Wichtigste Aufgabe des Gehirns ist es, Halluzinationen zu erzeugen, aber nur solche, die dem wirklichen Zustand der Welt möglichst ähnlich sind.“ (20) Denn „die Welt ist viel größer als jedes Gehirn und voll von unberechenbaren Überraschungen.“ (19)

Während sich Barbara Wild damit beschäftigt, welche Hirngebiete bei der Verarbeitung von Witzen bzw. beim Lächeln aktiv sind, sind es Robert Gernhardt und F.-K. Waechter, die dafür die Voraussetzungen schaffen. Sie parodieren bekannte optische Täuschungen und thematisieren, wie weit wir uns auf den Augenschein verlassen können. Zu den Darstellungen gehören auch Paradoxa (158), die interessierte Leser u.a. in „Die Scheinwelt des Paradoxons“ von Patrick Hughes und George Brecht vertiefen können.

Gerhard Roth legt, in Anlehnung an Sigmund Freud, gar das Gehirn auf die Couch. Er analysiert das angespannte Verhältnis zwischen Psychoanalyse und Hirnforschung und macht deutlich, dass Freud sich sehr wohl für die neurobiologischen Grundlagen der Psychoanalyse interessiert hat, aber zu seiner Zeit die Wissensdefizite zu groß waren. Roth untersucht Kernaussagen von Freud und erläutert, inwieweit sie von der Neurobiologie gestützt werden.

Kann man Glück wissenschaftlich untersuchen? Manfred Spitzer zeigt auf, dass es sehr lehrreich sein kann, Glück wissenschaftlich zu analysieren. Er beschreibt Simulationsexperimente und betrachtet die Ergebnisse aus dem Blickwinkel der Evolution. Glück ist relativ und abhängig von der Ausgangslage. In diesem Sinne hatte die Nachkriegsgeneration in späteren Jahren viele Glücksmomente zu verzeichnen. Der Mensch strebt nach Glück, ist aber nicht für das dauernde Erleben von Glück geeignet.

In dem Buch kommen hochkarätige Experten zu Wort, die wissen, wovon sie sprechen. Auch wenn einige Beiträge humoristisch untermalt sind, ändert das nichts an der Qualität des Inhalts. Was ein wenig stört, ist der fehlende Zusammenhang zwischen den Beiträgen und die unterschiedliche Umsetzung der Intention, einen humorvollen Beitrag zur Hirnforschung zu liefern. Dennoch handelt es sich um ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 01.02.2021
Um Kopf und Kragen (eBook, ePUB)
Kotte, Henner

Um Kopf und Kragen (eBook, ePUB)


gut

Auffallend ist das Fehlen von Prolog und Epilog. Zwischen den Buchdeckeln befinden sich nur das Inhaltsverzeichnis und acht aufbereitete authentische Kriminalfälle aus der deutschen Geschichte. Eine Einführung über die Motivation des Autors, sich mit derartigen Fällen zu beschäftigen, hätte ich hilfreich gefunden.

Es handelt sich überwiegend um Fälle aus den letzten 100 Jahren, meist geht es um Mord. Der Autor hat offensichtlich für seine Studien alte Polizeiakten und Zeitungsberichte ausgewertet. Der Stil ist eher nüchtern sachlich und weniger romanhaft. Lehrreich sind aus historischer Sicht die Hintergrundinformationen. Hier erhalten die Leser Einblick in das jeweilige gesellschaftliche Umfeld.

Die Leser werden beim Thema „Taschendiebe im Leipziger Bahnhof“ nebenbei eingeweiht in den Konkurrenzkampf der königlich sächsischen und der preußischen Eisenbahngesellschaft. Beim Fall Kähne werden Auswüchse des Großgrundbesitzertums in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts augenscheinlich und „Hasenmaul“ ist ein Beispiel dafür, wie ein Serienmörder die Wirren des Krieges für seine Interessen zu nutzen wusste.

Der Autor wohnt in Leipzig und so darf auch eine Geschichte über den zu Lebzeiten unterschätzten Komponisten Johann Sebastian Bach nicht fehlen. Die Möglichkeiten der plastischen Gesichtsrekonstruktion werden überzeugend unter Beweis gestellt. Es handelt sich um ein Sachbuch für eine spezielle Leserschaft, die meines Erachtens am Ehesten bei den Freunden der Kriminalliteratur zu finden ist.

Bewertung vom 31.01.2021
Die Säure des Lebens
Uwe Karstädt

Die Säure des Lebens


sehr gut

Die Säure, um die es in diesem Buch geht, ist die Magensäure. Im Falle eines Rückflusses der Magensäure in die Speiseröhre kommt es zu Sodbrennen. Behandelt wird Sodbrennen oft mit Mitteln, die die Magensäure reduzieren, obwohl die Ursache darin bestehen kann, dass nicht zu viel, sondern zu wenig Magensäure vorhanden ist.

In der Schulmedizin werden Schmerzmittel, Psychopharmaka, Cortison und Antibiotika eingesetzt, um Symptome zu bekämpfen, für die Erforschung der Ursachen und damit einer nachhaltigen Heilung der Krankheit bleibt oft keine Zeit. Heilpraktiker Uwe Karstädt zeigt Schwächen der Schulmedizin auf und stellt Alternativen vor.

Das Buch besteht aus 25 übersichtlich strukturierten Kapiteln, in denen sich Autor Karstädt zu Verdauungsproblemen, Ernährungsfragen, Grenzwerten und zur Schulmedizin äußert. Er bringt das Dilemma auf den Punkt. „Wir werden von einer Nahrungsmittelindustrie ernährt, die sich nicht um Gesundheit kümmert. Wenn wir dann krank sind, werden wir von der Gesundheitsindustrie behandelt, die sich nicht um die Nahrung kümmert.“ (105)

Letztlich müssen die Leser eigenverantwortlich entscheiden, in welchen Fällen sie sich an der Schulmedizin orientieren und in welchen Fällen Alternativen infrage kommen. Um dies besser einschätzen zu können, sind vielschichtige Informationen erforderlich. Autor Karstädt trägt seinen Teil dazu bei. Er benennt Produkte bzw. Therapien, die nach seiner Erfahrung helfen und wenig aggressiv wirken.

Bewertung vom 31.01.2021
Kant
Scruton, Roger

Kant


sehr gut

„Der Leser sollte daher nicht überrascht sein, wenn er diese Einführung mehr als einmal lesen muss, um Kants Sicht der Dinge richtig einschätzen zu können.“ (7)

Um es vorweg zu nehmen: Der Autor hat recht. Kants Philosophie ist komplex und besitzt Tiefe. Insofern ist es eine besondere Herausforderung für einen Autor, sie verständlich darzustellen und eine besondere Herausforderung für die Leser, sie wenigstens in Grundzügen verstehen zu wollen. Dafür ist es notwendig, in Kants Begriffswelt und Strukturierung einzutauchen.

Autor Roger Scruton, Professor für Philosophie in London, schwafelt nicht, sondern kommt auf den Punkt. Er bietet auf nur 140 Seiten viel Inhalt. Es handelt sich um eine strukturierte und komprimierte Einführung in Kants Denken. Dabei scheut sich der Autor nicht, Widersprüche in Kants Philosophie aufzuzeigen, deren Analyse für das Verständnis und die Einordnung in einen größeren Rahmen erforderlich ist.

Im Fokus stehen die drei Hauptwerke Kants „Kritik der reinen Vernunft“, „Kritik der praktischen Vernunft“ und „Kritik der Urteilskraft“. Im ersten Werk geht es um „Denken und Erkennen“, im zweiten Werk um „Wollen und Handeln“ und im dritten Werk um „Gefühl und Fantasie“. Marksteine seines Werkes sind die „kopernikanische Revolution“, in der dem Erkenntnisvermögen das Primat eingeräumt wird (44) und der „kategorische Imperativ“, eine auf Vernunft gegründete Handlungsanweisung (98).

Bei diesem Buch handelt es sich zwar um eine Einführung, aber um eine Einführung für gehobene Ansprüche. Daher würde ich das Buch nur Lesern empfehlen, die sich schon mit Philosophie beschäftigt haben.

Bewertung vom 31.01.2021
Der offene Himmel. Eine moderne Astronomie.
Haber, Heinz

Der offene Himmel. Eine moderne Astronomie.


sehr gut

Mit der kopernikanischen Wende, also dem Wechsel vom geozentrischen hin zum heliozentrischen Weltbild, wurde die Neuzeit eingeläutet. „Im Gegensatz zu früher konnte nunmehr das Universum bei einer konsequenten Durchdenkung des kopernikanischen Systems nicht mehr geschlossen sein.“ (28) Die eigentliche Wende bestand in den Folgen für das Selbstverständnis der Menschen.

Heinz Haber, aus zahlreichen Wissenschaftssendungen der 1960er und 1970er Jahre bekannter Professor für Astronomie, beschreibt die historische Entwicklung der Erforschung des Weltraums und den Wandel im Denken der Menschheit auf Grund der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Seine Ausführungen sind verständlich und für eine breite Leserschaft geeignet.

Im Fokus stehen kosmische Steckbriefe der Sterne und Methoden zur Ermittlung der Basisdaten wie Entfernung, Masse, Größe, Leuchtkraft, Bewegung etc. sowie der Aufbau der Galaxien. Um das Große zu verstehen, ist auch ein Überblick über das Kleine (Atome) erforderlich. Anders ist die Energie, die bei der Kernverschmelzung freigesetzt wird, nicht zu verstehen.

Haber kommt in seinen Ausführungen ohne die Darstellung der Quantenphysik und der Relativitätstheorie aus. Das kann als Mangel interpretiert werden, ist aber letztlich der populärwissenschaftlichen Darstellung geschuldet. Insofern handelt es sich um ein Einstiegsbuch in die Kosmologie, welches wenige Vorkenntnisse erfordert. Die fehlende Aktualität des Buches spielt für die historischen Betrachtungen keine Rolle. Sie wirkt sich am ehesten im letzten Kapitel aus, wo es um grundsätzliche Fragen wie Entstehung, Endlichkeit und Unendlichkeit geht.

Bewertung vom 31.01.2021
Das Labyrinth der Lichter / Barcelona Bd.4
Ruiz Zafón, Carlos

Das Labyrinth der Lichter / Barcelona Bd.4


ausgezeichnet

Das liebe ich an den Barcelona-Romanen von Carlos Ruiz Zafón: Die Leser werden eingesogen in die Geschichte, in den Strudel der Ereignisse und werden selbst Teil des komplexen Beziehungsgeflechts. Man möchte eingreifen in den einen oder anderen Handlungsstrang, muss sich aber mit der Rolle des Beobachters auf einer Metaebene begnügen.

Der Fokus liegt auf Alicia Gris, die als Kind in Barcelona gelebt hat, den Buchladen Sempere kennt und in den Wirren des spanischen Bürgerkrieges schwer verletzt wurde. Zwanzig Jahre später kommt sie in geheimer staatlicher Mission zurück, um das Verschwinden des Ministers Mauricio Valls aufzuklären. Es handelt sich um denselben Mauricio Valls, der in der Vergangenheit Direktor des Gefängnisses von Montjuїc gewesen ist.

Damit sind Brücken geschlagen zu bekannten Vertretern der Barcelona-Reihe wie David Martin, Fermin, Familie Sempere und anderen Protagonisten. Alicia Gris ist eine außergewöhnliche junge Frau, die sich trotz einer Behinderung zu wehren weiß. In ihrer Kindheit hatte sie bereits Berührungspunkte mit Fermin, die im Laufe der Entwicklung der Ereignisse wiederbelebt werden. Fermin ist ein markanter Typ, Meister „geschraubter Weisheiten“ (711) und für mich der eigentliche Held der Barcelona-Romane.

Zafón versteht es, verschiedene Genres zu bedienen. „Das Labyrinth der Lichter“ beschreibt Auswirkungen der Franko-Ära und ist damit ein politischer bzw. gesellschaftskritischer Roman. Mit dem „Friedhof der vergessenen Bücher“ und den Bezügen zu geheimnisvollen Büchern integriert der Autor magische Elemente und es ist auch ein Krimi und ein Abenteuerroman.

Die vier Bände sollten in der Reihenfolge gelesen werden, in der sie erschienen sind, wobei die Bände zwei und drei durchaus vertauscht werden können. Band vier sollte aber nicht als erstes gelesen werden, weil zu viele Antworten gegeben werden auf Fragen, die in den ersten Bänden angesprochen werden. So sind z.B. die Ausführungen zu Carax zu weitgehend (709), sodass dem Leser von „Der Schatten des Windes“ ein Teil der Spannung genommen werden würde.

Wo liegen die Schwächen? Fumeros Nachfolger Hendaya, ein knallharter Hund, greift nicht durch, als Alicia Gris zusammen mit Daniel Sempere in der benachbarten Bäckerei gesehen wird (696) und er faltet auch nicht Fernandito zusammen, als dieser in der Nähe einer verdächtigen Villa von ihm aufgegriffen wird (499). Ja, er kann nicht einmal dessen Namen ermitteln, obwohl Fernandito neben seiner Vespa aufgegriffen wird.

Zur Vorgeschichte oder zu „Zafóns Kosmos“ gehört auch „Der Fürst der Parnass“, eine Art Zusatzgeschenk des Autors zur Unterhaltung und zum Verständnis der Hintergründe. Im Hinblick auf das nunmehr bekannte Ende der Barcelona-Reihe verwirrt dieser Roman, der u.a. „Corelli“ und den „Friedhof der vergessenen Bücher“ behandelt, ein wenig.

Da die Romane im Abstand von mehreren Jahren erschienen sind, hat man als Leser nicht mehr alle Details aus den Anfangsbüchern parat. Auch wenn „Das Labyrinth der Lichter“ in sich geschlossen ist, hätte ich bei verschiedenen Themen am Liebsten mal eben in den Anfangsbüchern nachgeschlagen, um noch ein wenig tiefer in Zafóns Kosmos einzutauchen.

Der Roman strebt nicht, wie ein Thriller, einem Höhepunkt zu, sondern hat mehrere Zwischenhochs. Auch wenn die eine oder andere Gefahr beseitigt ist, wird die Erzählung immer wieder erneut spannend. Der Roman findet einen würdigen Abschluss, alle Fäden laufen zusammen. Aber die Geschichte der Semperes geht weiter, wie im Nachwort deutlich wird.

Zafón schreibt verständlich, fesselt die Leser, versprüht Magie und ist eine große Bereicherung für den Büchermarkt.

Bewertung vom 30.01.2021
Das Bild aus meinem Traum
Laurain, Antoine

Das Bild aus meinem Traum


sehr gut

Der Anwalt und Kunstsammler Pierre-Francois Chaumonts hat einen wiederkehrenden seltsamen Traum (53), in dem er sich in einer apokalyptischen Szenerie befindet. Auf die eigene Vernichtung folgt eine Begegnung mit einer verschwommen erkennbaren Frau. In dem Traum geht es um Liebe, Identität und einen neuen Weg. Und das ist der Kern, um den es auch in dem Buch geht.

Die Kernidee ist nicht neu, sie findet sich in vielen Romanen wieder. Neu ist die Verpackung. Hier wird deutlich, dass Antoine Laurain ein kreativer Poet ist. Der Charme französischer Literatur schimmert durch die Geschichte. Der Autor bedient sich eines Porträts aus dem 18. Jahrhundert, welches Pierre-Francois im Auktionshaus Dourot ersteigert. Auf dem Porträt erkennt sich Pierre-Francois selbst.

Seltsamerweise erkennen die Menschen aus seinem Umfeld ihn nicht auf dem Bild und er begibt sich auf die Suche nach dem Ursprung des Portraits. Die Suche führt ihn in ein Dorf in Burgund und hier kennt man ihn. Was Laurain beschreibt, ist Psychologie in poetischer Verpackung. Auf dieser Ebene geht die Geschichte auch auf. Eine rationale Betrachtung würde die Magie zerstören und sollte daher unterbleiben.