Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Nina
Wohnort: 
Sankt Augustin
Über mich: 
www.eseloehrchen.de

Bewertungen

Insgesamt 182 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2014
Die Rebellin von Shanghai
Vanek, Tereza

Die Rebellin von Shanghai


ausgezeichnet

Die fremden Teufel
Historische Romane zeichnen sich oft durch eine wunderschöne Aufmachung aus und die finde ich in diesem Buch sehr gelungen. Neben einem Verzeichnis der wichtigsten Personen gibt es auch noch einen Stadtplan des Gesandtschaftsviertels in Peking. Und nach ein paar wenigen Zeilen war ich schon fasziniert von der Geschichte, die mich in eine mir völlig fremde Welt katapultierte.

Tereza Vaneks spannender und gefühlvoller Schreibstil ließ sofort Bilder vor meinem inneren Auge entstehen. Alle wichtigen Ereignisse aus dem Vorgängerbuch „Das Geheimnis der Jaderinge“ wurden kurz erwähnt. Und sie gibt mir Zeit, ihre Hauptpersonen nacheinander kennen zu lernen. Besonders angetan war ich von der Hamburgerin Elsa, die mich durch ihre pragmatische und unkonventionelle Art sofort für sich eingenommen hat. Charlotte war für mich anfangs das verzogene und verwöhnte Töchterchen, aber das sollte sich im Laufe der Geschichte ändern. Die Ereignisse bringen viele Veränderungen hervor und die schmerzhafteste Veränderung muss Charlotte durchmachen.

Da Charlotte nach ihrer großen Enttäuschung ihr Elternhaus verlässt und sich bei der Suche nach ihren Wurzeln den Rebellen anschließt, bin auch ich mittendrin in diesem rebellischen Wahnsinn gegen die fremden Teufel – wie die Ausländer von den Aufständischen boshaft genannt werden. Die andere Seite erlebe ich durch Elsa, die sich im Gesandtschaftsviertel in Peking aufhält, als die Aufstände ihren Höhepunkt erreichen. Tereza Vanek hat die jeweilige Atmosphäre so gut eingefangen, ich konnte das Gewimmel und den Lärm in der chinesischen Hauptstadt so gut spüren. Sie ließ mich eintauchen in Situationen, die zum Greifen nah waren. Sie ließ mich Teil haben an den Emotionen ihrer Akteure … Liebe und Hoffnung, aber auch Hass und Verzweiflung. Ich wusste manchmal gar nicht, für wen ich mehr Verständnis aufbringen sollte und habe gelitten und gehofft. Ich war so gefesselt von dieser Geschichte, dass sie mir gar nicht mehr aus dem Kopf ging.

Ich liebe schöne Sprache und auch damit hat Tereza Vanek mich verwöhnt. Das Beisammensein von Mann und Frau nennt sie Kunst von Wolken und Regen (S. 251), sie preist das schlichte Glück in dem Gefühl von Sauberkeit (S. 99) und lässt das Mitleid in einer Kloake auch Gift ersterben (S. 525). Sie schreibt enorm fesselnd und legt dabei Wert auf historische Korrektheit, was die Geschichte sehr glaubhaft macht und für mich in einem historischen Roman sehr wichtig ist.

Nach Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman ist dieses nun das zweite Buch, mit dem Tereza Vanek mich überzeugt und begeistert hat. Ich freue mich schon auf die nächste Reise in die Vergangenheit mit ihr! Den Namen Tereza Vanek sollte sich jeder merken, der fesselnde und gut recherchierte historische Romane liebt.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Am Horizont die Freiheit
Molist, Jorge

Am Horizont die Freiheit


sehr gut

„Versprich mir, dass du frei sein wirst“
Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, bei dem ich so hin und her gerissen war. Es fing so gut und so schön an. Jorge Molist schreibt sehr detailliert und genau, so dass viele Dinge vor meinem inneren Auge zum Leben erwacht sind. Dann aber schreibt er so detailverliebt, dass es mir an einigen Stellen zu viel war. So viele Einzelheiten möchte ich manchmal gar nicht wissen, egal ob es um das Binden eines Buches, das Gießen einer Glocke oder den Aufbau einer Galeere geht, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Zu viel Ausführlichkeit kann schnell zur Langatmigkeit führen und das ist mir an einigen Stellen so ergangen. Dann wiederum habe ich mich über wunderschöne Szenen gefreut, die mir Jorge Molist eben durch seine eingehenden und emotionalen Schilderungen so nahe gebracht hat. Dabei hat er mich mit Sätzen verzaubert, die ich so schön fand, dass ich sie am liebsten genau wie seine Hauptperson Joan in ein kleines Buch geschrieben hätte. Anderes, sehr brutale Szenen hat er wiederum sehr zurückhaltend beschrieben und darüber war ich einfach nur froh.

Joan hat bei mir sehr gemischte Gefühle hervor gerufen. Ich habe ihn bewundert für seinen Ehrgeiz und seine Zielstrebigkeit. Ganz am Anfang sagt sein Vater zu ihm: „Versprich mir, dass du frei sein wirst“ und der Wunsch, dieses Versprechen zu erfüllen, zieht sich durch das ganze Buch. Aber ich lerne auch einen überheblichen und arroganten Joan kennen, der von Hass zerfressen ist und den mochte ich überhaupt nicht. Auf seinem Weg begegnen ihm sehr interessante Menschen, die seine positiven Eigenschaften zum Vorschein bringen und von denen er sehr viel lernt. Wunderschön fand ich die Idee, dass er ein ganz besonderes Tagebuch führt, in das er nur die für ihn wichtigen Erkenntnisse meistens in einem Satz fest hält. Seine Liebe zu den Büchern hat mich natürlich mit einigem wieder versöhnt.

Joan sucht seine verschleppte Familie und einen Weg, mit seiner großen Liebe Anna glücklich zu werden. Dabei verliert er sein Lebensziel, Buchhändler zu werden nicht aus den Augen. Jorge Molist legt ihm auf über 650 Seiten viele Steine in den Weg. Und während er sich immer wieder in Nebensächlichkeiten verliert, legt er gegen Ende so ein Tempo vor, dass ich fast das Gefühl hatte, dass hier ein anderer weiter geschrieben hat.

Jorge Molist hat sehr ausgiebig recherchiert und mich mit enorm vielen Informationen versorgt. Aber … dabei blieb sehr oft die Lebendigkeit auf der Strecke und ich war versucht, einige Abschnitte quer zu lesen. Ich finde nicht, dass man seinen Schreibstil mit Ken Follett vergleichen kann. Mich hat dieses Buch eher an „Die Brückenbauer“ von Jan Guillou erinnert.

Trotz aller Kritikpunkte ist es ein lesenswertes Buch, an manchen Stellen vielleicht ein „Männerbuch“, das mir einen guten und detaillierten Einblick in das spanische Mittelalter verschafft hat.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Ashford Park
Willig, Lauren

Ashford Park


ausgezeichnet

Ein Fest für meine Ohren

Von Anfang an war ich hingerissen von dem wunderschönen Erzählstil, der durch die Stimme von Ulrike Hübschmann noch betont wird. Sie hat eine sehr angenehme Stimme, die sich der jeweiligen Situation sehr gut anpasst. Dabei verändert sie ihre Stimme nur ganz leicht um ein paar Nuancen. Das fand ich perfekt.

Ich konnte mich regelrecht fallen lassen in diese auf verschiedenen Zeitebenen erzählte Geschichte. Gleichzeitig mit Clemmie komme ich dem gut gehüteten Familiengeheimnis immer näher. Aus verschiedenen Perspektiven tauche ich ein in die Vergangenheit von Addie und Bea. Ich bin dabei, als die kleine Waise ihre Cousine Bea kennen lernt und von da an begleite ich die Beiden auf ihren Lebenswegen, die in Rückblenden erzählt werden. Lauren Willig schreibt poetisch und bildhaft und Ulrike Hübschmann hat das perfekt umgesetzt. Sie erzählt die Geschichte der unterschiedlichen Cousinen so behutsam und so gefühlvoll. Es sind so viele Bilder in meinem Kopf entstanden und ich habe mich beim Hören oft zurück gelehnt, die Augen geschlossen und die Poesie von Ashford Park genossen.

Durch die häufigen Zeitsprünge hält sich der leichte Spannungsbogen kontinuierlich und zieht sich wie ein seidener Faden durch die Ereignisse. Vor jedem Kapitel werde ich informiert, ob ich gerade in London, New York oder Kenia bin. Manchmal sind die Übergänge fließend und manchmal sind sie einfach genial. Oft endet ein Kapitel mit einem leichten Cliffhanger und bis zum Schluss war ich sehr gespannt auf die Enthüllung des Geheimnisses.

Ich bin mir gerade gar nicht sicher, ob mir das Buch auch so gut gefallen hätte, wenn ich es selbst gelesen hätte. Denn die Stimme von Ulrike Hübschmann verleiht diesem Hörbuch das gewisse Etwas und machte Ashford Park zu einem besonderen Genuss für meine Ohren!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Im Schatten des Krans
Rath, Jürgen

Im Schatten des Krans


sehr gut

Stimmungsvolle Milieustudie

Ich muss zugeben, dass der Klappentext viel spannender klingt als es dann in der Geschichte umgesetzt wurde. Was hier nach einem fesselnden Kriminalfall aussieht, ist eher eine sehr atmosphärische Milieustudie aus Hamburg um 1845. Das Buch ist zwar nicht in der Ich-Form verfasst, aber aus der Sicht von Moritz erzählt, einem 15-jährigen Jungen aus der Arbeiterklasse, der seine Lehre auf Wunsch seines Vaters in einem Kontor absolviert. Und so erlebe ich die Ereignisse durch die Augen des jungen Mannes, genieße seinen jugendlichen Charme der damaligen Zeit. Er versucht natürlich seinem Freund Roger Stove zu helfen und drückt sich in den dunklen Ecken der Hafenstadt herum, wo ihm allerlei obskure Gestalten begegnen. Aber viel mehr beschäftigt ihn sein erster Kuss, der wirklich sehr bezaubernd dargestellt wird.

Ich bekomme sehr viel historischen Hamburger Lokalkolorit serviert und war froh über das Glossar am Ende des Buches. Denn Jürgen Rath benutzt viele Begriffe, die mir völlig unbekannt waren. Dadurch gab er seiner Erzählung, die in einer sehr angenehmen Sprache verfasst ist, noch mehr Atmosphäre. Eine sehr leichte Spannung liegt über diesem historischen Hamburg-Buch, aber in einem Kriminalroman erwarte ich einfach mehr davon. Der Kriminalfall rückt immer wieder in den Hintergrund und wird eher so nebenbei behandelt. Hauptsächlich geht es um Moritz, seine Träume, seine Ängste und die „spannende“ Frage, für welches Mädel er sich denn nun entscheiden soll. All das hat mir sehr gut gefallen. Moritz ist einfach liebenswert, über seine Gedanken musste ich sehr oft schmunzeln. Ein weiterer Liebling war der „Klabautermann“ Westphalen, ein bärbeißiger Seemann, der einen Narren an Moritz gefressen hat. Die Beschreibung des damaligen Lebens in der Hansestadt hat mir als Fan von historischen Romanen sehr viel Spaß gemacht. Ich mag es sehr, in eine andere Zeit versetzt zu werden mit allem drum und dran und das ist Jürgen Rath sehr gut gelungen.

Fazit: Kein spannender Kriminalroman, aber eine sehr stimmungsvolle Milieustudie, in deren Mittelpunkt ein überaus sympathischer junger Mann steht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Weil ich Layken liebe / Will und Layken Bd.1
Hoover, Colleen

Weil ich Layken liebe / Will und Layken Bd.1


sehr gut

„Keine gute Idee“
Ich bin immer etwas irritiert, wenn ich so gehypte Bücher lese und schon beim Lesen merke, dass ich die allgemeine Begeisterung nicht in dem Maß teilen kann. Das Buch hat mir gut gefallen, aber ein Highlight ist es für mich einfach nicht. Es gibt wunderschöne Momentaufnahmen, die mich dahinschmelzen ließen. Aber es waren eben nur Momente. Einiges fand ich sehr übertrieben, anderes schon tausendmal gelesen. Nach der ersten Hälfte wollte die Autorin die Geschichte mit noch mehr Dramatik puschen und ab da ging es für meinen Lesegenuss eher bergab. Das war mir einfach zu viel.

Anfangs war ich noch angetan. Layken erzählt in der Ich-Form in einer angenehmen und nicht übertrieben „jungen“ Sprache. So wirkt es für mich glaubhaft. Die erste Begegnung mit Will, die ersten zaghaften Gefühle, die emotionale Achterbahn, all das wird mir sehr einfühlsam und überhaupt nicht kitschig beschrieben und ich fand es zum Seufzen schön. Richtig umgehauen hat mich der erste Poetry-Slam – „Der blaue Pullover“. Da dachte ich nur „Wow“, das will ich auch mal erleben. Die Beiträge der Slammer waren für mich die Highlights in diesem Buch und ich habe sie in vollen Zügen genossen, ich bekam Gänsehaut und weiche Knie. Sehr gut gefallen haben mir die Auszüge aus den Songtexten von Laykens Lieblingsband „The Avett Brothers“. Eine schöne Idee, um mich auf die jeweiligen Kapitel einzustimmen.

Aber die Geschichte drumherum hat mich nur teilweise überzeugt. Das Drama „Schülerin liebt Lehrer“ ist nicht wirklich neu und das Familiendrama wirkte für mich im zweiten Teil sehr aufgesetzt. Die Charaktere waren schon liebenswert, vor allem Laykens kleinen Bruder und seine Rückwärtstage fand ich so knuffig. Aber Layken und Will sind mir nicht dauerhaft nah gekommen. Manches war schön, manches war traurig und manches fand ich überzogen und unglaubwürdig.

Was zunächst aussah wie eine emotionale Achterbahnfahrt, war dann letztendlich eine nette Geschichte, die mich zwar bewegt aber nicht wirklich berührt hat.

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Die Sünden meiner Väter
Nugent, Liz

Die Sünden meiner Väter


ausgezeichnet

Absolut faszinierend
„Ich hatte eine stärkere Reaktion erwartet, als ich das erste Mal zuschlug“. So beginnt die Geschichte von Oliver. Ich musste heftig schlucken und war mir gar nicht sicher, ob ich das lesen wollte. So ein unsympathischer Kerl. Das erste Kapitel, in dem er erzählt, hat in mir fast Übelkeit erzeugt. Aber … das hat sich mit jedem Satz geändert. Liz Nugent lässt alle zu Wort kommen. Alle außer Alice natürlich. In loser Reihenfolge erzählen Olivers Weggefährten und Menschen, die mit Alice befreundet waren, Begebenheiten, die irgendwie alle etwas mit Oliver zu tun haben. Ich fand es faszinierend, wie immer mehr von Olivers Vergangenheit aufgedeckt wurde. Jeder erzählt zwar seine eigenen Geschichten, aber es gibt immer Berührungspunkte mit Oliver. So lerne ich ihn Stück für Stück kennen und komme ihm sogar ziemlich nah, was ich mir anfangs absolut nicht vorstellen konnte.

Man sollte schon sehr aufmerksam lesen. Denn Liz Nugent verschwendet keine Worte. Sie hat einen sehr dichten Schreibstil, da ist wirklich kein Wort zu viel. Es sind „nur“ 236 Seiten und ich erfahre so viel! Beim Erzählstil dachte ich sofort an Harry & Sally. Jeder erzählt in der Ich-form und jeder erzählt mir, spricht mich an beim Erzählen. Dadurch werde ich zu einem Teil dieser Geschichte, ja ich werde fast eins mit ihr. Ich mag diese Art nicht immer, oft ist es mir zu persönlich oder zu banal. In diesem Buch liebe ich es.

Je tiefer ich eindringe, um so faszinierter bin ich. So viele Perspektiven, die mich anfangs etwas ratlos machten, fügen sich am Ende zu einem perfekten Ganzen. Und jedes noch so kleine Puzzleteilchen hat einen wichtigen Platz und am Ende entsteht ein überraschendes und absolut „rundes“ Bild. Auch das Bild von Oliver verändert sich, je mehr ich über ihn erfahre. Er ist am Ende zwar immer noch kein Sympathieträger. Aber ich verachte ihn nicht mehr so sehr wie am Anfang und „wie das Leben so spielt“ passt hier perfekt!

Ein gelungenes Debüt, das mich sehr fasziniert hat!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Zweiundzwanzig
Blondel, Jean-Philippe

Zweiundzwanzig


ausgezeichnet

Totale Freiheit?
Ich entscheide oft nach einer Leseprobe, ob ich ein Buch lesen möchte oder nicht. Die ersten Seiten dieses Buches haben mich so umgehauen, dass ich es unbedingt lesen wollte. Ich hatte schon nach wenigen Sätzen Tränen in den Augen. Aber nicht, weil der Autor auf die Tränendrüse gedrückt hat, sondern weil er mit wenigen Worten das Gefühlschaos beschrieben hat, das in ihm getobt haben muss. Sehr direkt, teilweise wirr und in seiner Nüchternheit wunderschön. Dazu ein unterschwelliger Galgenhumor, bei dem ich nicht wusste ob ich lachen oder den Kloß in meinem Hals weg schlucken sollte.

Der Autor beschreibt seine eigenen Erlebnisse mit einem Abstand von über zwanzig Jahren. Und er benutzt extrem kurze Sätze: "Totale Freiheit. Ist selten. Und teuer erkauft. Furchtbar teuer." (S.40) Solche Sätze sind Standard in diesem Buch und das ist nicht jedermanns Sache. Ich liebe es, wenn man mit wenigen Worten so viel ausdrücken kann. Das ist hier wirklich perfekt gelungen.

Und gerade weil der Autor seine Erlebnisse so distanziert beschreibt, ging es mir so sehr unter die Haut. Er gibt mir Einblicke in seine wunde Seele, lässt mich Teil haben an seiner Verwirrtheit, seiner Unentschlossenheit, an seinem Grau in Grau. Aber er macht nur Andeutungen, überlässt es mir, wie sehr ich mich darauf einlassen möchte. Auf dem Weg zu seinem „Ziel“ kommen immer wieder Erinnerungen hoch, Bruchstücke seines Lebens mit seiner Familie. Er ist der Hüter ihrer unvollendeten Geschichten … das ging mir durch und durch und die Last, die der junge Mann zu tragen hat, wird so deutlich.

Durch den kurzen und knappen Schreibstil habe ich viel Raum für meine eigenen Gedanken, Ideen und Emotionen. Der Autor kaut mir nicht alles bis ins kleinste Detail vor, sondern überlässt es mir, wie weit ich ins Detail gehen möchte. Ich bin nicht sicher, ob er das Buch für sich selbst geschrieben hat, um diese schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten oder ob er es auch ein bisschen für mich geschrieben hat, um mich zum Nachdenken anzuregen. Das hat er geschafft, denn es ist nicht unbedingt die tragische Geschichte, die der Autor erleben musste, die mich so berührt hat, sondern die knappen Aussagen, die mich nicht mehr los ließen.

Emotional, sprachgewaltig und in seiner Nüchternheit wunderschön, hat mich dieses Buch sehr berührt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Die Schattenbande legt los! / Die Schattenbande Bd.1
Reifenberg, Frank Maria;Mayer, Gina

Die Schattenbande legt los! / Die Schattenbande Bd.1


ausgezeichnet

Zackzerapp, die Schatten sind auf Zack!
Die Aufmachung ist wirklich gelungen, angefangen bei dem nostalgisch anmutenden Cover mit den frechen Kindern, im Innenteil ein Stadtplan von Berlin, in dem alle Orte eingezeichnet sind, die im Roman auf tauchen und die liebevollen Illustrationen.

Das Buch ist in 21 kurze Kapitel aufgeteilt und jedes Kapitel hat eine sehr witzige Überschrift, die mich jedes Mal sehr neugierig gemacht hat.
Dann werden die vier Schatten zunächst einmal vorgestellt in Wort und Bild. Vier sehr unterschiedliche Charaktere und jeder ist auf seine Art sehr liebenswert. Am besten hat mir persönlich Lina gefallen, die kleine schlaue Schwester von Paule, über dessen Berliner Akzent ich die ganze Zeit schmunzeln musste. Aber auch Klara und Otto, die um den Posten des Anführers buhlen, fand ich auf Anhieb ziemlich cool. Die Vier ergänzen sich perfekt und halten zusammen wie Pech und Schwefel. Wer hat in seiner Kindheit nicht von so einer tollen Bande geträumt. Die reizenden Zeichnungen begegnen mir immer wieder im Buch.

Mit viel Witz und Sensibilität entführen Gina Mayer und Frank M.Reifenberg die jungen Leser in eine ganz andere Zeit. Im Berlin der 20er Jahre tauchen Schupos, Pferdedroschken und die Elektrische auf. Sehr passend fand ich auch die „alten“Zeitungsausschnitte, die einigen Kapiteln voran gestellt wurden. Bei Namen wie Billy Barrakuda und Rotze Rosenblut konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Der Schreibstil ist natürlich kindgerecht, aber dabei sehr atmosphärisch, frech und spannend. Da konnte selbst ich richtig mitfiebern!

Die Schattenbande wird sich in die Herzen der jungen Leser schleichen, meins haben sie im Sturm erobert. Obwohl es ein Buch für ganz junge Leser ist (es wird ab 10 Jahren empfohlen), fand ich es spannend und sehr unterhaltsam.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2014
Das Haus der Tänzerin
Brown, Kate Lord

Das Haus der Tänzerin


sehr gut

"Immer lächeln, Mädchen"
Auch wenn das so direkt nicht aus der Beschreibung hervorgeht – es ist ein Buch über sehr mutige Frauen! Und das hat mir besonders gut gefallen. Kate Lord Brown erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen. Das ist nicht neu, aber auch hier wunderbar gelungen. Es beginnt in Spanien 1936 und beschreibt ein sehr dunkles Kapitel der spanischen Geschichte. Emmas Großmutter Freya hat den Bürgerkrieg in Spanien als Krankenschwester hautnah miterlebt. Die damaligen Ereignisse schildert Kate Lord Brown sehr eindringlich und mir war gar nicht so bewusst, welche schrecklichen Dinge in diesem schönen Land vor noch gar nicht all zu langer Zeit passiert sind. Die Frauen mussten so viel aushalten und wie könnte man es besser ausdrücken als mit den Worten der Oberschwester in Spanien: „Wenn ihr denkt, ihr könnt es nicht mehr ertragen, müsst ihr lächeln. Immer lächeln, Mädchen.“(S. 411)

In der Gegenwart möchte die schwangere Emma, deren Ehe in die Brüche gegangen ist, einen Neustart in Valencia wagen und zieht in das Haus, das ihre verstorbene Mutter ihr hinterlassen hat. Dieser Strang hat mir zunächst besser gefallen, da er von Anfang an sehr intensiv war und auch ein bisschen Erholung von den schrecklichen Ereignissen in der Vergangenheit. Dort musste ich mich erst mal zurecht finden, was mir aber nach kurzer Zeit gut gelungen ist. Und ab diesem Zeitpunkt konnte ich eintauchen in die Geschichten von Emma und Freya und mich treiben lassen.

Auf beiden Zeitebenen, die sich kontinuierlich abwechseln, herrscht viel Dramatik und die Ereignisse spitzen sich zu. Kate Lord Brown hält den leichten Spannungsbogen konstant oben. Sie geizt nicht mit Emotionen, drückt aber nicht auf die Tränendrüse und wird auch nicht kitschig.

Der Schreibstil ist sehr angenehm und atmosphärisch. Ich erfahre sehr viel über den spanischen Bürgerkrieg, der für mich bisher noch nie Thema in einem Roman gewesen ist. Wunderschön fand ich die Briefe, die Liberty ihrer Tochter Emma hinterlassen hat und die sie passend zu ihren Stimmungen liest. Leider ist die Handlung am Ende etwas überladen, hier wäre weniger tatsächlich mehr gewesen. Aber das hat meinen Lesegenuss nicht geschmälert.

Wer spannend und atmosphärisch erzählte Familiengeheimnisgeschichten auf zwei Zeitebenen mag, dem wird dieses Buch gefallen!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.04.2014
Mord in Babelsberg / Leo Wechsler Bd.4
Goga, Susanne

Mord in Babelsberg / Leo Wechsler Bd.4


sehr gut

Atmosphärisch und spannend!

Susanne Goga lässt in ihrem Kriminalroman die schillernden 20er Jahre auferstehen und Leo Wechsler muss seinen 4. Fall lösen. Ich kannte Leo bisher nicht, aber es ist mir trotzdem nicht schwer gefallen, in seinem Umfeld anzukommen. Die familiären Hintergründe werden auch für Neulinge wie mich sehr gut erklärt. Es dauert auch nicht lange, da wird Leo zu einem Mordfall gerufen und er kann mit seinen Ermittlungen beginnen. Auch hier merke ich sofort, in welcher Zeit ich mich befinde, die elektronischen Möglichkeiten der heutigen Zeit gibt es noch nicht. Alles läuft ein bisschen gemächlicher ab und ich kann Leo und seinen Kollegen bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen, was mir sehr viel Spaß gemacht hat.

Besonders gut gefallen hat mir der cineastische Hintergrund. Einer der Figuren ist ein erfolgreicher Filmemacher und ich durfte einen Blick hinter die Kulissen werfen und Gast auf einer Premierenfeier sein. Nicht nur diese Stimmung hat Susanne Goga sehr gut eingefangen. So nach und nach führt sie immer neue Personen ein, deren Rolle nicht von vorneherein klar ist. So habe ich viel Raum zum Spekulieren und erst ganz am Ende löst sich alles auf. So soll es sein! Der Spannungsbogen lässt nicht nach. Zwischendurch werde ich auch noch mit wunderschönen Satzkreationen wie: „Sie wandte sich ab und kniff die Augen zu, um die Tränen einzusperren.“ verwöhnt. Auch ein Kriminalroman darf ein bisschen Poesie verströmen!

Leo ist ein sehr einfühlsamer und „menschlicher“ Ermittler, der mir schon nach kurzer Zeit sympathisch war. Aber auch alle anderen „Rollen“ waren sehr gut besetzt mit äußerst interessanten Charakteren. Das Ende ließ mir ein bisschen zu viel Raum für eigene Interpretationen, aber das schmälert den Lesegenuss nicht wirklich, den mir dieser Kriminalroman bereitet hat.

Sehr viel Atmosphäre und Lokalkolorit zeichnen diesen flüssig und spannend erzählten Kriminalroman aus!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.