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Benutzername: 
Elohym78
Wohnort: 
Horhausen

Bewertungen

Insgesamt 385 Bewertungen
Bewertung vom 12.08.2018
Das rote Adressbuch
Lundberg, Sofia

Das rote Adressbuch


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, die brauchen keine Rezensionen. Sie leben einfach durch das Geschriebene zwischen den Buchdeckeln. Sie strahlen durch die Covergestaltung schon so viel Wärme und Gefühl aus, dass man es unweigerlich in die Hand nimmt und es genießen möchte. So ein Buch ist das rote Adressbuch von Sofia Lundberg. Es gibt der Seele unfassbar viel.

Sofia Lundberg schildert das Leben von Doris. Einer alten Frau, die alleine in ihrer Wohnung lebt und auf ihr Leben zurückblickt. Es ist ihr Leben und doch bewegt es mich - und ich vermute viele andere Leser auch - zu tiefst. Ich weiß nicht wie es die Autorin geschafft hat, aber ich habe sehr intensiv ihr Geschriebenes genossen: Ich habe schallend gelacht, mir die Augen aus dem Kopf geweint, geschmunzelt über kleine und große Missgeschicke, war geschockt von den Unbilden des Lebens, mein Herz ob des Löwenmutes der Protagonistin klopfen gespürt und vieles mehr. Kurz, ein ganzes Leben mit all seinen Höhen, Tiefen und seiner Mittelmäßigkeit an mir vorbeiziehen sehen.

Erzählt wird das Leben von Doris jetzt, am Ende ihrer Tage, die sie in einem Wohnkomplex in ihrem Heimatland Schweden verbringt. Doris erzählt ihr Leben rückblickend, aber nicht melancholisch, sondern so, wie es war: Lebendig! Sie erzählt ihre Geschichte für ihre Großnichte Jenny, die einzige Familie, die sie hat und die auch immer für sie da war, egal wie groß die Entfernung zwischen ihnen auch sein mag.
Doris erzählt davon, wie sie in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs und mit nur dreizehn Jahren von ihrer Mutter weggeschickt und in Arbeit und Brot gegeben wurde. Erst in eine Großstadt, dann ging ihr Leben weiter nach Paris. Sie arbeitet als Model, lernte viele Menschen kennen, kam nach Amerika und wagte während des Krieges den Rückweg nach Europa. Immer auf der Suche nach der großen Liebe. Nach der Liebe, die nicht nur das Herz, sondern das Leben erfüllt.

Was am Ende bleibt, ist ein rotes Adressbuch. Das ist der sichtbare Teil für jeden. Doch zwischen den Seiten, zwischen den Zeilen und der Tinte steckt ein ganzes Leben.

Mein Fazit
Danke für dieses wunderbare Buch, das Liebe in meinen Alltag gebracht hat und meine Augen für meine Mitmenschen wieder ein bisschen mehr öffnete!

Bewertung vom 08.08.2018
Das Morpheus-Gen
Rode, Tibor

Das Morpheus-Gen


sehr gut

Die Nacht soll wieder mal lang werden, weil der junge Anwalt David Berger von seinem Chef dazu verdonnert wird, einen Fall durchzuarbeiten. Da fallen ihm die Tabletten gegen Müdigkeit ein, die ihm sein bester Freund und Kollege Alexander Bishop gegeben hat. Und mit der Einnahme beginnen Davids Probleme: Er verspürt tagelang keine Müdigkeit mehr, seine Verlobte und sein Freund werden ermordet und er gerät als Verdächtiger in den Fokus der Polizei. Zudem machen mehrere Organisationen Jagd auf ihn. Doch was steckt wirklich dahinter?

Tibor Rode hat kein Buch erschaffen, sondern ein Rätselpuzzle. Denke ich einen Faden gefunden zu haben, kappt er diesen und es geht in eine andere Richtung weiter. Nur langsam und teilweise auch mühsam erschließt sich mir der Sinn hinter den Geschehnissen, da Rode mehr Andeutungen macht, statt Fakten präsentiert. Und dies alles in einem wahnwitzigen Tempo, der das Geschriebene spannend und lebendig hält. Es fiel mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen, da ich immer dachte, dass sich auf der nächsten Seite die Wahrheit offenbart! Während in der einen Ecke ein Stück der Lösung offenbart wird, taucht hinter dem nächsten Vorsprung ein weiterer Feind auf. Der Spannungsbogen ist enorm straff gespannt und es machte mir einfach Spaß, der Handlung zu folgen. Führte sie mal hier und mal dorthin, aber kontinuierlich nach vorne.
Nach der Einnahme einer mysteriösen Tablette, dessen Zusammensetzung und Hersteller unbekannt sind, kann David ohne Ausfallerscheinungen unbegrenzt wach bleiben. Ein gefundenes Fressen für militärische Organisationen weltweit, die stets bemüht sind, Super-Soldaten zu erschaffen. Doch noch eine weitere Organisation, die Bruderschaft, jagt David und diese sind viel älter, als es auf den ersten Blick scheint.
Die Mischung aus Mythologie, politischem Ränkespiel und Agententhriller ist Rode gut gelungen!

Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht der Anwalt David Berger. Aufgewachsen bei seinem Großvater, der ihm Vater und Mutter ersetzte, sucht er Liebe und Geborgenheit bei seiner Verlobten Sarah. David ist für mich ein gelungener Charakter, da er bodenständig und besonnen ist, was sein Beruf mit sich bringt. Gleichzeitig genießt er sein Leben und schätz die üblichen Werte wie Familie, Treue und Fleiß; eigentlich recht konservativ, ist David doch offen für Neues. Die Geschehnisse drohen ihn zu zerbrechen, wenn der brennende Wunsch des Verstehens nicht wäre. Warum mussten die wichtigsten Menschen in seinem Leben sterben und was hat das alles mit Schlaf zu tun?
Gestört hat mich einzig die Verbindung zu Nina. Plötzlich taucht sie auf und David vertraut ihr bedingungslos und ohne Zögern. Gerade in seiner Situation als Gejagter, sollte Misstrauen an erster Stelle stehen und so fiel es mir denkbar schwer, das nachvollziehen zu können! Nina ist ein undurchsichtiger Charakter, mit dem ich nicht warm wurde. Ihre wirklichen Beweggründe blieben lange im Dunkel und so konnte ich ihren Handlungen nur schwer folgen.

Mein Fazit
Durchweg spannend und fesselnd!

Bewertung vom 06.08.2018
Unter Verdacht / Die Schwestern von Mitford Manor Bd.1
Fellowes, Jessica

Unter Verdacht / Die Schwestern von Mitford Manor Bd.1


sehr gut

Als ihren letzten Ausweg sieht die junge Louisa Cannon die Anstellung auf Mitford Manor als Kindermädchen an. Als letzte Möglichkeit, ihrem gewalttätigen Onkel und der drohenden Armut zu entkommen. In dem Zug, der Louisa zu ihrem Glück bringen soll, findet das Leben von Florence Nightingale Shore ein abruptes Ende. Die ehemalige Krankenschwester wird brutal ermordet. Der Mörder kann unerkannt fliehen, hat jedoch nicht mit dem Biss und Ehrgeiz von Guy Sullivan gerechnet, der heimlich von der ganz großen Karriere als Ermittler bei der Polizei träumt. Und während Guy und Louisa ihm langsam aber sicher immer näher kommen, ahnt keiner von ihnen, was wirklich hinter dieser schrecklichen Tat steckt...

1920: die Welt ist im Aufbruch! Doch gilt dies auch für junge Frauen aus der Unterschicht? Jessica Fellowes stellt sich dieser Frage mit Geschick, Einfühlungsvermögen und fundiert recherchiertem Fachwissen. Dies verbindet sie zu einem wunderbar spannenden und mitreißendem Kriminalroman, der das Lebensgefühl der Zwanzigerjahre widerspiegelt. Ich fühlte mich in diese vergangene Zeit versetzt und konnte das Gefühl der inneren Unruhe fast spüren. Das Klassendenken wird nach und nach aufgebrochen und Frauen sind mehr wert als die Summe ihre Kinder.
Bis zum Schluss rätselte ich, entwarf Theorien, verwarf diese wieder und stürzte mich auf einen neuen Täter. Ich liebe es, wenn Autoren ihren Lesern gedanklichen Spielraum lassen und nicht alles vorkauen. Trotzdem mag ich es auch, an der Hand genommen und geführt zu werden, mich in die Handlung fallen zu lassen und nicht permanent nachdenken zu müssen. Diese Mischung ist Fellowes meisterhaft gelungen. Während ich im kriminaltechnischen Teil grübelte, ließ ich mich im historischen einfach treiben und genoss die bildlichen Schilderungen der Autorin.

Auf der einen Seite wird das Leben von Louisa Cannon geschildert. Sie stammt aus der Unterschicht oder besser gesagt Mittelschicht. Ihre Mutter ist Wäscherin, der Vater Schornsteinfeger. Ihren Weg hat sie noch nicht gefunden, obwohl sie eine Schulbildung genossen hat. Doch Krieg und die Unbilden des Lebens kreuzen Louisas Weg. Als sich die Möglichkeit ergibt, Kindermädchen in dem renommierten Anwesend Mitford Manor zu werden, setzt sie alles daran, diese Stelle zu bekommen. Statt wie sonst hin und her geschupst zu werden und sich von einem Mann das Leben bestimmen zu lassen, zeigt Louisa Rückgrat und Charakterstärke und kämpft für ihren Traum. Ich finde es wunderbar, diese Entwicklung miterleben zu dürfen! Wie von einem kleinen, unscheinbaren Mauerblümchen eine selbstsichere Blume erwächst.
Diese Kraft gibt ihr zum Teil auch die junge Nancy Redesdale. Eigentlich Louisas Schützling, überwindet die junge Adlige jedoch den Klassenunterschied und sucht die Freundschaft. Das gelingt nicht ganz und auch nicht immer, aber der Wind der Veränderung ist auch hier deutlich zu spüren.
Unterstützung und Liebe erfährt sie in dem jungen Ermittler Guy Sullivan. Guy hat nur einen Traum: Weg von der Bahnpolizei und als Ermittler bei der Met einen Posten ergattern. Und wie auch Louisa, kämpft er unaufhaltsam für sein Ziel. Schön finde ich, dass beide nicht rücksichtslos sind, sondern stets auf das Wohl ihrer Mitmenschen achten und deren Grenzen respektieren. Sie zeigen dort Charakterstärke, wo andere versagen.

Mein Fazit
Ein packender Kriminalroman mit mehr als einem Funken Wahrheit.

Bewertung vom 19.05.2018
Der Zorn der Gerechten / Scythe Bd.2
Shusterman, Neal

Der Zorn der Gerechten / Scythe Bd.2


sehr gut

Mit seiner Serie um den Tod hat Neal Shusterman genau meinen Geschmack getroffen und mein Interesse geweckt. Ich finde es spannend zu beobachten, wie er die Gradwanderung schafft, trotz Tod als Hauptthema, die Geschehnisse nicht in Düsterkeit versinken zu lassen, sondern ganz im Gegenteil, das Leben in den Mittelpunkt zu stellen. Allerdings nicht kitschig, oder gefühlsdusselig, sondern packend und aufregend von der ersten bis zu letzten Seite. Der Spannungsbogen ist straff gespannt und verliert selten an Kraft und wenn, dann nutzte ich diese Gelegenheiten gerne, um selber mal zu Atem und zur Ruhe zu kommen.
Die Handlung spielte diesmal viel in der internen Organisation der Scythe, wie diese denken, sich strukturieren und handeln; kurz ihr Gefüge in der Welt im Kontext zur restlichen Menschheit, die von dem allmächtigen Thunderhead bewacht und gelenkt wird. Die tiefen Einblicke in eine Welt, die sich hauptsächlich auf eine künstliche Intelligenz stützt, fand ich gelinde gesagt irritierend. Natürlich ist es bequem und praktisch, aber es wird schnell deutlich, dass das eigenständige Handeln und Denken ins Hintertreffen gerät. Und die, die sich gegen das System stellen, werden als Widerlinge gekennzeichnet und wie Aussätzige behandelt. Störungen der öffentlichen Ordnung wurden eben noch nie gerne gesehen. Auch wenn Shusterman dies eher spielerisch darstellt, ist dieser Denkansatz nie aktueller als gerade jetzt.
Diese moderne Zukunft gefällt mir ziemlich gut, die Shusterman in den friedlichsten und schönsten Farben malt. Keine Kriege, gesichertes Grundeinkommen, keine Krankheiten und auf Wunsch ein unendliches Leben, ohne die Last des Alters schultern zu müssen. Arbeiten kann man, muss man aber nicht, da die wichtigen Dinge so wie so von Robotern übernommen werden. Einzig die Scythe, die Überbringer des endgültigen Todes und die Widerlinge bilden eine Ausnahme. Eine entschleunigte Zukunft. Und je tiefer man blickt, desto langweiliger.

Im Mittelpunkt stehen die beiden Scythe Anastasia und Luzifer. Verbunden durch eine gemeinsame Vergangenheit und ein Band der Freundschaft und Liebe, das es eigentlich nicht geben sollte und dürfte, sehen sie sich mit einer ungewissen Zukunft konfrontiert. Alles ist im Wandel, da die alten Bräuche in Vergessenheit geraten und die neue Ordnung sich noch nicht gefunden und etabliert hat. Anastasia und Luzifer stehen für beide Wert und kämpfen für ihre Überzeugungen. Auf der einen Seite sind sie stark und bodenständig, doch dann wieder unsicher und eigentlich noch die Jugendlichen, die sie durch den Eintritt in das Sycthetum ablegen mussten. In einer Welt, in der Gleichheit groß geschrieben wird, bilden diese beiden Individualisten eine willkommene Abwechslung. Für mich als Leser zumindest, denn die beiden haben einen sehr schweren Stand. Trotzdem kämpfen sie für ihre Überzeugung und das finde ich bewundernswert.
Gerne bin ich den beiden auf ihrem Weg gefolgt, war ich auch stellenweise eher schmückendes Beiwerk, statt tatsächlicher Begleiter, denn der Autor führte mich teils in verschlungenen Wegen zum Ziel. Ich fand die Handlung auf einem gleichmäßig hohem Spannungsniveau, aber der Schluss hat mich eiskalt erwischt!

Mein Fazit
Auch Teil 2 glänzt mit Spannung und mitreißenden Charakteren, die mir ans Herz gewachsen sind!

Bewertung vom 22.04.2018
Wie man die Zeit anhält
Haig, Matt

Wie man die Zeit anhält


sehr gut

Nach über 400 Jahren Leben, sehnt sich Tom nach Beständigkeit. Er möchte ein normaler Mensch sein, mit einer normalen Lebensspanne, leben, lieben und lachen dürfen. Unbekümmert, ohne Angst vor Entdeckung. Dies hofft er als Geschichtslehrer zu finden. Doch statt dessen findet er Camille, die sein ganzes bisheriges Leben verändert.

Das Cover zeigt den Protagonisten Tom Hazard, wie er rücklings in einer riesigen Uhr liegt und verträumt nach oben blickt. Die Zeiger der Uhr fehlen, so dass das Bild zeitlos auf mich wirkt; ist es Abend? Oder doch Morgen? Oder eher irgendwas dazwischen? Zudem rieseln leere Seiten von oben herab, die die These von Alles ist möglich unterstützen. Auf mich wirkt es bodenständig, geheimnisvolle und lädt zum Träumen, oder besser gesagt nachdenken ein.

Was wäre, wenn du schier ewig leben könntest? Dieser Frage geht Matt Haig auf eine sehr gefühlvolle und spannende Art nach. Ewiges Leben ist zwar der falsche Ausdruck, denn es ist eher eine Krankheit: Anagerie. Bei den meisten Betroffenen bedeutet dies, dass sie in acht Jahren nur ein normales Menschenjahr älter werden; bei dem einen ist diese Zeitspanne etwas mehr, bei dem anderen etwas weniger. Estienne Thomas Ambroise Christophe Hazard wurde am 03.03.1581 geboren und seine Spanne ist 1:15.
Ich finde den Ansatz von Haig interessant, dass er hier keinen Unsterblichen in seiner Figur kreiert, sondern einen Kranken. Während es Menschen gibt, die unfassbar schnell altern, ist hier genau der andere Fall gegeben. Vor hunderten Jahren hat sich die Albatros-Gesellschaft gebildet, die alle Langlebigen vereinigt; sie hilft diesen mit Identitäten und der Bewältigung des Lebens. Auf den ersten Blick eine Gesellschaft, die zum Schutz erschaffen wurde. Doch unter der Oberfläche brodelt eine ganz andere Wahrheit. Diese hat Tom zwar erkannt, kann ihr jedoch nicht entkommen. Er versucht es, in dem er als Lehrer an einer Schule unterrichtet. Er möchte gelebte Geschichte erzählen und in die Gegenwart holen. Ich finde es schade, dass so wenig von seinem eigentlichen Beruf berichtet wird, da der Klapptext mich in diese Richtung gelotst hatte. Denn eigentlich schildert das Buch die Lebensgeschichte von Tom. Ausgelöst von seiner jetzigen Tätigkeit. Schön finde ich, dass die Handlung immer wieder von erklärenden Rückblicken aufgelockert wird, die für mich den Erzählstrang lebendig halten.

Tom Hazard ist ein wundervoller Protagonist. Ich mag seine melancholische Art sehr. Auf den ersten Blick lehnt er das Leben ab. Allerdings nur, weil es für ihn Schmerz und Leid beinhaltet und nicht, weil es an sich schlecht ist. Als Tom sein Weltbild ändert, mit liebevoller Unterstützung von Camille, ändert sich einfach alles für ihn. Er kann leben und das vielleicht das erste Mal in über vierhundert Jahren. Diese Veränderung beobachten zu dürfen, war unbeschreiblich intensiv und schön. Mir ist der Abschied richtig schwer gefallen.

Mein Fazit
Kein lustiges Buch. Kein lebensbejahendes Buch. Aber eins mit Tiefgang, Gefühl und wunderschön!

Bewertung vom 25.03.2018
Die Gottesformel
Hemstreet, Patrick

Die Gottesformel


sehr gut

Nachdem es den Alphas gelungen ist, die geheime militärische Basis von Deep Shield in mitten eines Berges in Pennsylvania zu besetzen, streben sie den Weltfrieden an. Was als selbstloses Ziel begonnen hat, droht in einer Welle der Gewalt und des Chaos zu enden; viele kleiner Machthaber klammern sich an ihre Diktaturen, koste es, was es wolle. Und so überzieht eine Schneise des Todes den Weg der drei abtrünnigen Alphas.
Die anderen Zetas, oder besser gesagt die Betas, ahnen nichts von alldem. Sie leben abgeschottet mitten in der Wüste und arbeiten an der Vertiefung ihrer Fähigkeiten und daran, anderen Menschen ihr Können weiter zu geben. Als immer weniger Informationen der Außenwelt zu der Gruppe durchdringen, werden Chuck und seine Leute unruhig. Die Arbeit mit den Wohltätern macht ihnen zwar Freude, aber das Misstrauen wächst.

Lange habe ich mich auf die Fortsetzung der Gotteswelle von Patrick Hemstreet gefreut! Mich fasziniert die Welt, die der Autor vor meinen Augen kreiert ungemein, da er es so logisch beschreibt, dass die Zeta-Wellen für mich tatsächlich in den Bereich des Möglichen geraten: Superhelden zum Greifen nah quasi! Dr. Charles Brenton stellt die Theorie auf, dass wenn wir ein EEG zum Ausschlagen bringen, also mit unseren Hirnwellen Wellenmuster erzeugen können, sollte da auch mehr machbar sein; einen Mauszeiger bewegen zum Beispiel. Und wenn dies gelingt, warum dann nicht auch mehr. So begann die einfache Arbeit mit den Alphas. Mehr ist nicht nur möglich, sondern ganz einfach machbar. Grenzen scheint es keine zugeben, außer denen, die wir uns selber setzen. Hemstreet schildert dies unglaublich real und so spannend, dass es mir nur schwer möglich war, das Buch zur Seite zu legen. Für mich ist es genau die Mischung aus Fiktion und Wirklichkeit, der ich mich gerne hingebe und zusammen mit dem Autor dieses gedankliche Experiment wage. In immer höhere und phantastischer Sphären entführte er mich und ich folgte atemlos. Immer auf dem Sprung, noch etwas Neues und Unfassbares zu entdecken.

Seine Protagonisten lässt Patrick Hemstreet lebensnah und authentisch wirken. Zwei völlig unterschiedliche Gruppen prägen seinen Roman, die ich beide toll und interessant finde.
Auf der einen Seite sind die Alphas. Ursprünglich von Deep Shield dazu auserkoren, zu Supersoldaten herangezogen zu werden, zogen sie die Reißleine und ließen sich nicht korrumpieren. Doch ihre Lösung hieß Gewalt. Sie legten das Geheimprojekt der Regierung in Schutt und Asche und verbarrikadierten sich. Jetzt ist ihr heroisches Ziel: Weltfrieden. Doch die Umsetzung ist mehr als fraglich, gehen sie doch den Weg des Todes und der Vernichtung, wenn jemand ihnen wider spricht. Kritik ist bei den Alphas unerwünscht, sehen sie sich als Krone der Schöpfung. Ich fand es sehr spannend zu beobachten, wie sehr Macht korrumpieren kann. Auch die schönsten und ehrlichsten Ziele bekommen einen dreckigen Anschein, wenn sie nicht friedlich umgesetzt werden.
Ihnen gegenüber stehen die Betas. Ihr Anführer oder eher Mentor Dr. Charles Brenton möchte die Zetawellen friedlich nutzen. Sein Traum ist es, die geistigen Fähigkeiten dazu zu nutzen, Gelähmte wieder zum Gehen zu bringen, unbegrenzte Forschung und vieles mehr. Und dieser Traum kann in Erfüllung gehen, da er in den Wohltätern eine Gruppe von Menschen gefunden hat, die dieses Ziel unterstützen. Angeblich. Doch auch hier korrumpiert Macht. Allerdings anders als in der Alphagruppe, gehen die Wohltäter viel subtiler an die Sache heran. Die Situation eskaliert, als Chuck und seinen Freunden klar wird, dass sie nicht zu ihrem Schutz abgeschottet werden.

Mein Fazit
Gedankenspiele der Extraklasse und somit eine Serie, die süchtig macht!

Bewertung vom 04.03.2018
Insel 77
Beck, Halvar

Insel 77


sehr gut

Ein Job auf einer Bohrinsel ist alles, was sich die junge Ärztin Kristin Jorgensen erträumt hat! Ihren Beruf verbinden mit der grenzenlosen Freiheit, die ihr einzig das Meer bietet und das zusammen mit ihrem Bruder Marius, ist einfach das Beste, was sie sich erträumt hat. Doch eines Tages verschwindet Marius spurlos auf der Insel 77. Alle reden von Selbstmord, doch das kann und will Kristin einfach nicht glauben. Durch ihre Hartnäckigkeit kommt sie einer brutalen Verschwörung auf die Spur, die ihr am Ende wohl das Leben kosten wird.

Halvar Beck schreibt nicht nur sehr spannend, sondern auch intensiv und flüssig. Der Spannungsbogen vibriert direkt ab der ersten Seite und fesselt mich förmlich an die Zeilen. Ich fand es sehr interessant zu beobachten, wie das Buch erst von Verzweiflung ob des Verschwindens des geliebten Bruders geprägt ist, und mehr und mehr in eine nagende Angst kippt, als Kristin bewusst wird, das mehr hinter alledem steckt. Viel mehr. Das Buch changierend von Dunkel zu Düster und reißt mich in einen unentrinnbaren Sog.
Ich liebe Bücher, die auf der einen Seite grenzenlose Freiheit symbolisieren und auf der anderen so beklemmend geschrieben wurden, dass ich Platzangst bekomme. Denn was kann es faszinierenderes geben als eine Ölplattform? Umgeben von den Elementen, mitten im Meer, gibt es einfach keine Grenzen. Und genau das ist das Unheimliche: Denn mitten im Ozean gibt es keine Gesetze, außer dem Recht des Stärkeren und keiner kommt einem zur Hilfe, wenn diese benötigt wird. Dies muss die Ärztin Kristin Jorgensen schmerzlich erfahren. Ihr Bruder verschwindet auf der Bohrinsel 77 und alle wollen ihr Selbstmord einreden. Doch dies kann und will sie einfach nicht glauben. Halvar Beck spielt mit seinen Lesern. Er holt sie ganz nah an sich heran, schildert eindringlich und berührend die Geschichte von Kristin und kurz darauf wirft er sie in die Weiten des Ozeans. Die Mischung hat mir sehr gut gefallen. Einzig eine genauere Beschreibung der Ölplattform habe ich etwas vermisst, da es mir stellenweise schwer fiel, mich dorthin zu versetzen und sie mir bildlich vorzustellen.

Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht Kristin Jorgensen. Die Ärztin hätte in Norwegen jeden Job bekommen können, doch sie entscheidet sich ausgerechnet für eine Bohrinsel. Wie schon ihr Vater und ihr Bruder, scheint ihr die See im Blut zu liegen. Sie ist tief verwurzelt mit ihrer Familie und die Bindungen stark und ausgeprägt. Ihr Bruder Marius wirkt auf mich wie ein Lebemann, den man einfach mögen muss. Um so unverständlicher der Selbstmord. Doch das zu ergründende Geheimnis sät auch in mir Zweifel. Ich fand es schön zu beobachten, wie stark die Bindung zwischen den Geschwistern ist, denn Kristin zweifelt nie. Authentisch und lebensnah schildert Beck sie, so dass es mir sehr leicht fiel, eine Beziehung zu ihr aufzubauen, mit ihr zu leiden und mich an ihrer Seite auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben.
Viele wollen ihr dies ausreden. Ganz vor ran Kapitän Skeide und sein Sicherheitschef Sam Braathen. Anfangs fand ich sie einfach nur unsympathisch mit ihrer rechthaberischen Art, aber dann wurde mir bewusst, dass anders eine von Männern dominierte Welt nicht zu führen ist. Wenn der Kapitän jedem Wehwehchen nach gibt, existiert seine Autorität bald nicht mehr. Doch ganz so gleichgültig fand ich auch eher ungewöhnlich.

Mein Fazit
Nervenaufreibend von der ersten bis zur letzten Seite!

Bewertung vom 15.02.2018
Hologrammatica
Hillenbrand, Tom

Hologrammatica


sehr gut

Voller Spannung und Neugierde blickte ich auf Tom Hillenbrands neustes Werk. Seine bisher erschienen Koch-Bücher habe ich verschlungen und Drohnenland ebenso. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, hat der Autor mich nicht enttäuscht! Ganz im Gegenteil trifft er mal wieder den Zahn der Zeit und ist brandaktuell. Vielleicht sogar seiner Zeit ein wenig voraus. Hillenbrand schildert in einem technisch versierten Ton die Möglichkeiten, die die Welt einem bietet, wenn die Technik die Oberhand gewinnt. Anfangs fand ich die Vorstellung schön und spannend, dass man unter zu Hilfenahme von optischen Geräten, z.B. eine Hauswand auf hübschen kann; Sie erscheint nicht mehr einfach weiß, sondern mit Verzierungen oder jeden Tag in einer anderen Form und Farbe. Und was bei Gebäuden funktioniert, ist bei Bekleidung längst Standard. Der äußere Schein gewinnt immer mehr an Bedeutung, während das wahre Selbst verkümmert.
Doch nicht nur das Materielle verändert sich, auch die Natur. Aufgrund der Technik und der immensen Überbevölkerung ist die Klimaerwärmung nicht mehr aufzuhalten, viele Teile der Welt überflutet und eine horrende Bevölkerungswanderung hat eingesetzt. Plötzlich sind die Traumziele Grönland, England und Kanada, während Spanien und Afrika unbewohnbar sind wegen der Hitze.
In dieser schnelllebigen Zeit ist es eigentlich kein Wunder, dass ein Mensch verschwindet. Oder eben doch, denn alles wird aufgezeichnet und überwacht. Auch wenn die Speicherung der Daten - eigentlich - verboten ist. Doch wer gibt dies schon zu. Selten sind die Quästoren, wenn auch nicht ausgestorben. Einer der Besten ist Galahad Singh. Gerade weil auch er das Geheimnis um seine Identität hütet, weiß er, wie man Menschen aufspürt, die nicht gefunden werden wollen. Doch bei Juliette Perrotte liegt der Fall anders. Ganz anders, denn die Programmiererin ist nicht verschwunden, sondern wurde entführt. Und je näher Galahad der Wahrheit kommt, desto mehr muss auch er um sein Leben fürchten. Dies alles schildert Hillenbrand in einer ausgewogenen Mischung aus Spannung und technischer Erzählkunst, die mich zum Nachdenken anregte und stellenweise die Luft anhalten ließ. Ich fand es schön, dass meine Gedanken nicht der Handlung vorgegriffen haben, sondern ich mich ganz dem Buch widmen konnte, ohne abzuschweifen. Kurz, der Autor hatte meine ungeteilte Aufmerksamkeit.

Die Charaktere sind durchgehend authentisch, lebensnah und fesselnd. Im Mittelpunkt stehen der Kopfgeldjäger Galahad Singh und die Programmiererin Juliette Perrotte. Beide sind auf den ersten Blick normale Menschen, die ihren Freundeskreis pflegen, ihrem Beruf nachgehen und diversen Hobbies frönen. Doch in Wahrheit sind sie die Sprösslinge der einflussreichsten Menschen der Welt und versuchen dies zu verdrängen. Erfolgreich bis zu einem gewissen Punkt. Doch irgendwann lässt sich die Wahrheit einfach nicht mehr verbergen oder verleugnen. Beide tragen schwer an dieser und ich fand die innere Zerrissenheit tiefgehend beschrieben, so dass ich mich ohne Probleme in sie hineinversetzen konnte. Eine Veränderung durch die Geschehnisse konnte ich nicht an den beiden beobachten, sondern eher, dass die inneren Werte, die sie hatten, sich noch vertieft haben. Sie waren mir sympathisch und ich begleitete sie gerne auf ihrem Weg.

Mein Fazit
Ich bin süchtig nach den Büchern von Tom Hillenbrand! Sie sind modern, spannend, thematisch abwechslungsreich und einfach toll geschrieben.