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allegra
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Insgesamt 292 Bewertungen
Bewertung vom 20.12.2013
Das Schwert des Normannen / Normannensaga Bd.1
Schiewe, Ulf

Das Schwert des Normannen / Normannensaga Bd.1


sehr gut

Mit den Normannen in Italia

Das Schwert des Normannen ist der Auftakt einer Trilogie, die die Geschichte der Normannen in Italien beleuchtet. Anhand der fiktiven Figur Gilbert, der als Waisenkind in der normannischen Familie der Hauteville aufwächst wird anschaulich gezeigt, wie die Inbesitznahme des Mezzogiornos durch die Normannen im 11. Jahrhundert vor sich gegangen ist. Dabei beschönigt oder heroisiert Ulf Schiewe das Vorgehen seiner Hauptfiguren in keiner Weise. Gilbert ist Adoptivbruder von Robert Guiscard und dient ihm auf Raub- und Feldzügen als Schildknappe. Die Normannen lassen kaum eine Gelegenheit aus, um Beute zu machen. Sie verschonen auch arme Bauern und Klöster nicht und führen äußerst blutige Kämpfe.

Der Roman ist aus der Sicht von Gilbert in der Ich-Erzählform verfasst. Ulf Schiewe setzt innere Monologe sparsam ein und lässt die Handlung sehr sachlich von Gilbert berichten. Dennoch ist man hautnah dabei, wenn es um Beutezüge oder gemütliches Beisammensein in Burgen geht. Selbstverständlich gibt es auch eine sich anbahnende Liebesgeschichte und jede Menge interessanter und anschaulich beschriebener Schauplätze.

Für mich besticht das Buch vor allem durch eine Vielzahl an historischen Figuren und überlieferten Begebenheiten. Da hätte ich mir neben der hilfreichen Italienkarte eigentlich noch eine Liste mit den historisch verbürgten Figuren gewünscht. Wenn ein Autor so profunde Recherchen betreibt und seinen Roman so nah an den historischen Begebenheiten aufbaut, darf man das ruhig zeigen.

Das Buch ist in angenehm flüssiger Sprache verfasst, so dass die 400 Seiten sehr schnell dahin fliegen und man sich auf die Fortsetzung freut, die im Juli 2014 erscheinen wird.

Mir hat dieses Buch die Türe zu einem eher unbekannten Kapitel der europäischen Geschichte geöffnet und ich kann die Geschichte der Staufer nun in einem weiteren Zusammenhang sehen.

Ein schöner Start, der Lust auf diese Normannenreihe macht. Von mir 4 Sterne mit einer Leseempfehlung.

Bewertung vom 18.11.2013
Bis wir uns wiedersehen
Jefferies, Dinah

Bis wir uns wiedersehen


sehr gut

Inhalt

Der Roman „Bis wir uns wieder sehen“ erzählt die tragische Geschichte einer britischen Familie vor dem Hintergrund des malaiischen Notstands während den Jahren 1955 – 1958.
Alec Cartwright, der mit seiner Familie aus beruflichen Gründen in Malakka lebt, verlässt Malaya mit seinen beiden Töchtern Emma und Fleur völlig überstürzt und zieht zu seinen Eltern nach England. Die Mutter Lydia, die für kurze Zeit bei Freunden zu Besuch ist, kehrt in das leere Haus zurück. Von Alecs Arbeitgeber erfährt sie, das Alec versetzt worden ist nach Ipoh, einer Stadt im Norden des Landes und mit den Kindern dorthin gereist ist. Im Land herrschen schwere Unruhen, so dass keine telefonische oder telegrafische Verbindung möglich ist. Lydia beschließt auf eigene Faust nach Ipoh zu ihren Töchtern zu reisen, und wird von bewaffneten Überfällen nicht verschont.

Die Kinder Emma und Fleur reisen währenddem mit ihrem Vater an Bord eines Frachtschiffes von Malaya nach England zu deren Großeltern. Sie sind sehr verunsichert, weil ihre Mutter nicht dabei ist und ihre Fragen nach deren Verbleib von Alec ausweichend beantwortet werden. Nach einigen Monaten wird ihnen gesagt, dass ihre Mutter verschollen ist und vermutlich nicht mehr lebt. Vor allem die ältere Emma kann nicht glauben, dass ihre Mutter nicht mehr leben soll. Sie stellt ihren Vater in Frage und versucht in ihrem Internat und mit der Hilfe von Alecs neuer Partnerin Nachforschungen über den Verbleib ihrer Mutter anzustellen.


Meine Meinung

Abwechslungsweise aus der Perspektive von Lydia beziehungsweise Emma erzählt Dinah Jefferies die gefühlvolle Geschichte einer Familie die buchstäblich durch die Hölle geht. Die Kinder glauben, ihre Mutter wäre tot und die Mutter ist im Glauben, sie hätte ihre Kinder verloren. Im Nachwort erfährt man, dass die Autorin selber den Verlust eines Kindes zu beklagen hat, was ich sehr traurig fand und dem Buch noch mehr Tiefe verliehen hat. Doch Jefferies schont den Leser zumindest etwas. Durch den raffinierten Aufbau des Buches weiß man stets, dass die Kinder noch am Leben sind. Dennoch kann man Lydias Schmerz und Verzweiflung sehr gut mitspüren. Die Abschnitte aus Emmas Sicht sind in der ich-Form verfasst, so dass man ganz nahe an Emma dran ist und in ihre Gedanken- und Gefühlswelt blicken kann.

Mir hat der Gegensatz des heißen, bunten aber auch gefährlichen Malayas zum regnerischen, kalten und trüben England sehr gut gefallen. Die Behaglichkeit, die Fleur und Emma bei ihrer warmherzigen Granny erfahren, hat etwas über die Traurigkeit hinweggetröstet.

Die Unruhen in Malaya spielen immer wieder eine recht wichtige Rolle. Mir waren leider die Erklärungen dazu nicht ausführlich genug. Ich hätte genauer wissen wollen, wer die Rebellen sind, was genau ihre Beweggründe sind und wie ihr Vorgehen ist.

Obwohl ich generell Bücher, in denen Kindern Schlimmes zustößt, nicht gerne lese, hat mir dieses Buch gefallen. Ich wusste stets, dass Lydia ihre Kinder eines Tages mit ziemlicher Sicherheit wieder in die Arme schließen kann. Wer wissen will, ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, muss selber zum Buch greifen.

Ich empfehle dieses gefühlvolle und spannende Buch sehr gerne mit 4 Sternen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.11.2013
Das Wesen der Dinge und der Liebe
Gilbert, Elizabeth

Das Wesen der Dinge und der Liebe


sehr gut

Mir hat vor allem der Einstieg, der Henrys Leben erzählt, sehr gut gefallen, weil der Roman in diesen Abschnitten viele Züge eines historischen Reiseromans aufweist. Da ich sehr interessiert in Botanik bin, hat mich natürlich auch die Entdeckung und Kultivierung der Pflanzen sehr fasziniert. Alma mit ihrer Neugierde und ihrem Bestreben dem Wesen der Dinge auf den Grund zu gehen, stand mir deshalb anfangs sehr nahe, vor allem teile ich auch ihre Vorliebe zu Moosen und Farnen. Aber ihre zeitweilige Fixierung auf die Entdeckung ihrer eigenen Sexualität anhand von schlüpfrigen Büchern hat mich dann eher gelangweilt oder sogar abgestoßen.

Die Liebe entdeckt Alma erst recht spät und ist darüber blind, dass vielleicht auch andere Menschen in ihrer Umgebung lieben und gefühlsmäßige Bedürfnisse haben. Um der Liebe zu einem Mann auf den Grund zu gehen, tritt auch Alma eine längere Seereise in die Südsee an. Sie begibt sich nach Tahiti, wo ihr Vater einer Vanilleplantage betreibt. Diese Seereise sowie das Leben auf Tahiti haben mir sehr gut gefallen. Die unheimliche Stimmung auf See, die eigenartige Mischung aus freudiger Erregung über die neue exotische Welt, die Alma als Botanikerin natürlich das Herz erwärmt, aber auch das Unbehagen, das Alma angesichts der sehr anders artigen Mentalität der Menschen befällt, ist sehr gut nachvollziehbar dargestellt, dass man schön in diese fremde Welt eintauchen kann.

Sprachlich ist das Buch sehr angenehm zum Zuhören. Die Übersetzung ist aus meiner Sicht wirklich gelungen. Da das Hörbuch mit 1600 Minuten Länge schon sehr lange ist, war ich sehr angetan, dass es von Suzanne von Borsody gelesen wurde. Ich fand, dass das Buch selber durchaus seine Längen hat und die eine oder anderen naturphilosophischen Gedankengänge auch etwas kürzer hätten sein können. Aber ich war zu keiner Zeit müde, Suzanne von Borsodys Stimme zuzuhören. Sie verleiht dem Hörbuch einen unnachahmlichen Charme.

Ich bin mir nicht so ganz sicher, in welches Genre das Buch einzuordnen ist. Es weist einerseits wissenschaftshistorische Elemente auf. In anderen Abschnitten ist es eher ein Reiseroman. Aber insgesamt ist es die fiktive Geschichte einer Frau, die auf der Suche nach der Liebe oder vielmehr dem Wesen der Liebe ist. Für mich sind etwas viele Aspekte an Genres aufgegriffen, was für mich zu einer gewissen Langatmigkeit geführt hat.

Meine Ausgabe war die ungekürzte Lesung auf 20 AudioCDs, die einzeln in Plastikhüllen verpackt in einer wunderschön gestalteten Kartonbox angeboten werden. Ergänzt ist das Hörbuch durch ein Booklet mit sehr schönen Zeichnungen und farbigen Bildern von Blumen und Moosen sowie Informationen zur Autorin und Interpretin, zu historischen Vorbildern, nach denen Alma ausgestaltet ist, zum wissenschaftlichen Hintergrund und zur Recherche. Das Booklet stimmt einem sehr schön auf das Hörbuch ein. Wer das Buch auf einem mp3 Player oder einem Smartphone hört, greift vielleicht besser gleich zur mp3 Version, da das Aufziehen auf PC von 20 CDs doch recht langwierig ist.


Mein Fazit

Der Roman selber konnte mich nicht durchgehend überzeugen, da er für mich recht viele Längen aufweist. Aber da das Hörbuch sehr schön gelesen und gestaltet ist, erhält es von mir gute 4 Sterne und eine Lauschempfehlung.

Bewertung vom 16.10.2013
Der Gang vor die Hunde
Kästner, Erich

Der Gang vor die Hunde


sehr gut

Der Gang vor die Hunde - Eine Sammlung von Karikaturen in Worten

Kästner ist wohl jedem ein Begriff, der in einem deutschsprachigen Land zur Schule gegangen ist. „Emil und die Detektive“, „Das doppelte Lottchen“, oder „Das fliegende Klassenzimmer“ sind sowohl als Lektüre als auch als Kinderfilm aus der deutschen Kinder- und Jugendkultur nicht mehr wegzudenken. Kästner als Autor für Erwachsene war mir völlig unbekannt, bevor ich „Der Gang vor die Hunde“ gelesen habe.
In diesem Buch stellt Kästner aus der Sicht des Germanisten Jacob Fabian das Leben im n der Weimarer Republik auf stark übertriebene Weise dar. Das Buch, das eigentlich keine Handlung erzählt sondern vielmehr Momentaufnahmen in unterschiedlichen Milieus darstellt fühlt sich an, wie eine Sammlung von opulent überzeichneten Karikaturen, wie man sie aus der Weimarer Republik kennt. Es geht um Freundschaft, Liebe, Enttäuschung, Sinnlosigkeit und vieles mehr. Der Gang vor die Hunde ist stark gekürzt als „Fabian – Die Geschichte eines Moralisten“ im Jahr 1931 erschienen. Bei der Lektüre wird einem sehr schnell klar, warum sehr viel gekürzt werden musste. Die Welt war einfach noch nicht reif für dieses Buch. Kästners trockene und oft stark verkürzte Ausdrucksweise lässt so manche Liebes- beziehungsweise Sexszene als recht derbe erscheinen. Das Buch muss als entartete Literatur so was von gebrannt haben, bei der Bücherverbrennung im Jahre 1933.

Kästner wollte mit diesem Buch warnen. Er hat gespürt, dass sich die Welt um ihn herum nach dem ersten Weltkrieg nicht weiter erholt, sondern sich auf einen Abgrund zu bewegt. Mit dem heutigen Wissen stockt einem immer wieder der Atem aufgrund Kästners Weitblick. Dennoch meine ich zu spüren, dass sich die Geschichte noch weitaus brutaler entwickelt hat, als es Kästner befürchtet hat. Wie muss er sich rückblickend gefühlt haben, als alle seine Warnungen in den Wind geschlagen wurden und nach 1945 Deutschland in einem noch viel schlimmeren Trümmerland lag, als zu Zeiten des Fabian nach dem ersten Weltkrieg.

„Der Gang vor die Hunde“ lässt sich aufgrund der einfachen, sachlichen Sprache sehr zügig lesen. Vom Inhalt her beschäftigte es mich sehr, obwohl keine spannende Handlung erzählt wird. Die einzelnen Kapitel, die für mich eher Bilder darstellen, können auch isoliert gelesen werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich mir im Laufe der Jahre das eine oder andere Bild noch mal vergegenwärtigen werde.

Im Anhang sind einige Nachworte von Kästner abgedruckt, die er zu den verschiedenen Fassungen und zu verschiedenen Zeiten verfasst hat. Ebenfalls sind detaillierte Informationen über die einzelnen Änderungen im Vergleich zu den früheren Ausgaben aufgeführt, so dass man mit der alten Fabian Ausgabe vergleichen kann. Mit „Der Gang vor die Hunde“ hat man das Werk so vor sich, wie Kästner seinen Fabian haben wollte.

Literaturgeschichtlich ein sehr interessantes Werk. Und was kann man für das tägliche Leben im Jahre 2013 daraus lernen………..damit möchte ich mich im Moment lieber nicht ausführlicher befassen. Es macht mir angesichts der „Versexualisierung“ und Verrohung unserer Gesellschaft, die ungleich schlimmer ist, als es in der Weimarer Republik der Fall war, einfach nur Angst, was kommen könnte. Ich höre Kästners Warnung und mache vorerst die Augen zu.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.10.2013
Das Bild der Erinnerung
Jary, Micaela

Das Bild der Erinnerung


sehr gut

In diesem raffiniert aufgebauten Roman erzählt Micaela Jary eine Liebes- und Familiengeschichte, die sich um ein impressionistisches Gemälde aus der Weimarer Republik rankt, das unter dem Naziregime als entartet galt und jahrzehntelang verschollen war.
Im Jahr 2010 wird das Bild in München einer Kunstgalerie zum Verkauf angeboten. Die junge Mitarbeiterin Anna Falkenberg soll ein Gutachten erstellen, damit es in eine Versteigerung aufgenommen werden kann. Doch Anna hat Zweifel, sie vermutet, dass es sich um eine Fälschung handelt. Bei Nachforschungen zur Herkunft des Bildes stößt sie auf eine Galerie Richardson in London, die das Gemälde 1961 verkauft haben soll. Anna nimmt Kontakt mit dem Galeristen auf.

Die Geschichte spielt auf drei Zeitebenen. Im Nachkriegsberlin 1946 taucht das Bild zum ersten Mal auf. Es gehört einer amerikanischen Armeeangehörigen, die befreundet ist mit einem britischen und einem amerikanischen Militärangehörigen, die im besetzten Berlin stationiert sind. Die beiden Männer lernen zwei junge deutsche Mädchen kennen, Felicitas und Brigitte, die ihr durch Mangel gezeichnetes Leben als Krankenschwester und Küchenhilfe bewältigen. Eine weitere Zeitebene, 1961 in England, spielt nur eine untergeordnete Rolle. In der dritten Zeitebene versucht Anna Falkenberg im Jahr 2010 dem Mysterium des Gemäldes auf die Spur zu kommen.

Anfangs hatte ich etwas Mühe, die drei Ebenen und Schauplätze gut auseinander zu halten, obwohl am Kapitelanfang jeweils angegeben ist, wann und wo wir uns befinden. Mit der Zeit ging das aber ganz gut. Durch den ständigen Wechsel und die relativ kurzen Kapitel wird Spannung aufgebaut. Es nimmt einem Wunder, was die verschiedenen Personen miteinander zu tun haben.
Das Nachkriegsdeutschland wird sehr liebevoll geschildert, untermauert mit einer Vielzahl von kleinen Details, die einem das Lebensgefühl der Menschen nahe bringen. Mich hat unter anderem eine Szene beeindruckt, in der ein Amerikaner einem deutschen Mädchen einen Marsriegel schenkt.

Ebenfalls interessant fand ich das Hintergrundwissen zum Kunsthandel und die Informationen zur „entarteten“ Kunst. Dafür fand ich die Liebesgeschichte, zumindest diejenige, die 2010 spielt, etwas zu absehbar. Entschädigt wurde ich aber dadurch, dass ich wirklich erst bis kurz vor Schluss verstand, welche Protagonisten von 1946 den Personen 2010 entsprechen.

Von der Machart her und rein mit dem Kopf beurteilt müsste ich diesem Buch 5 Sterne vergeben. Auch sprachlich gefällt mir die Ausdrucksweise von Micaela Jary ausgesprochen gut. Es konnte mich aber vom Gefühl her nicht wirklich so packen und bewegen, wie ich es mir gewünscht hätte.

Für Liebhaber von Liebesromanen mit interessantem historischem Hintergrund eine Leseempfehlung mit 4 Sternen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.10.2013
Die Champagnerkönigin / Jahrhundertwind-Trilogie Bd.2
Durst-Benning, Petra

Die Champagnerkönigin / Jahrhundertwind-Trilogie Bd.2


ausgezeichnet

Im ersten Band der Jahrthundertwind Trilogie „Solange die Welt noch schläft“ handelte von den drei Freundinnen Josephine, Clara und Isabelle, die aus völlig unterschiedlichen Elternhäuser gemeinsam der Leidenschaft des Fahrradfahrens frönten. Während der Jahrhundertwind vorwiegend Josephine um die Ohren weht, handelt das vorliegende Buch „Die Champagnerkönigin“ von Isabelle, die ihren Weg als Winzerin und Geschäftsfrau einschlägt.
Als reiche Fabrikantentochter wurde Isabelle auf ein Leben als eher dekorative Ehefrau an der Seite eines ebenfalls reichen Mannes vorbereitet. Doch sie verliebt sich in den charmanten Radrennfahrer Leon Feininger und verlässt für ihn ihre Familie, um mit Leon auf seinem Weingut in der Pfalz zu leben. Da Leon immer recht großspurig daher redete, erlebt Isabelle eine herbe Enttäuschung. Das Weingut, das sie sich in den schönsten Farben ausmalte, entpuppt sich als Bauernhof und sie wohnt mit Leon in einem Zimmer im Haushalt von Leons Eltern. Das abgelegene Dorf Nothzeit wirkt auf Isabelle in der trüben Winterszeit wie ein Gefängnis und schlägt ihr aufs Gemüt. Das Schicksal hält eine angenehme Überraschung für das junge Paar bereit. Leon erbt von seinem Onkel ein Weingut in Hautvilliers, einem Winzerdorf in der Champagne. So schnell wie möglich macht sich Isabelle mit Leon auf die Reise um ihren Traumchampagner zu kreieren. Doch nichts ist so einfach, wie es in den süßesten Träumen erscheint. Das geerbte Weingut ist ziemlich herunter gekommen. Die Kassen sind leer und der Champagner, der im Keller lagert will auch nicht den gewünschten Absatz finden. Als Isabelle von einem herben Schicksalsschlag getroffen wird, fällt sie in ein tiefes Loch. Sie muss sich entscheiden, ihren Traum ihres Jahrhundertchampagners aufzugeben oder zu kämpfen.

Dieser Roman führt den Leser in die wunderbare Welt des Weinbaus und der Produktion von Champagner in einer herrlichen Region Frankreichs. Das Buch zeichnet sich aus durch viel Gefühl und Leidenschaft und besticht durch sehr viele Sachkenntnisse im Thema Weinbau.
Die Beschreibungen der Landschaft, der Farben aber auch der verschiedenen Geschmacksnuancen beim Probieren des Weines machen richtig Lust, eine prickelnde Flasche zu öffnen.

Die Hauptfiguren aus dem ersten Teil werden weiter ausgebaut, während dem natürlich Clara und Josephine nur eine untergeordnete Rolle spielen. Man merkt aber bei allen drei Frauen, insbesondere bei Isabelle, dass sie eine große Entwicklung durchleben, einerseits geprägt vom Zeitgeist, dem „Jahrhundertwind“, wie es die Freundinnen nennen, aber auch von ihren individuellen Schicksalen. Die neuen Figuren entstammen vorwiegend aus dem Umfeld der Champagnerproduktion sowie des Verkaufs dieses edlen Tropfens. Dabei gibt es sympathische wie unsympathische Figuren, die sich gegenseitig das Leben schwer machen. Eine ganz besonders interessante Figur ist ein Champagnerhändler aus Reims, bei ihm würde ich gerne mal eine Probe machen. Er lebt den Champagner förmlich und ich kann mir gut vorstellen, dass man solche Menschen wirklich trifft.

Die Handlung ist recht spannend zu lesen, natürlich fehlt auch eine dezente Liebesgeschichte nicht. Obwohl ich die Geschichte insgesamt etwas absehbar fand, habe ich die Entwicklung der jungen, unerfahrenen Isabelle zur Weinkönigin sehr genossen. Die anschauliche, leichte und lockere Sprache erlaubt es einem wie auf dem Jahrhunderdwind durch das Buch zu fliegen. Mit einer Flasche Champagner ergibt das ein wunderschönes Geschenk. Das Buch macht nämlich auch optisch was her. Das geschmackvoll gestaltete Cover mit der Frau im Vordergrund und der zauberhaften, leicht diesigen Flusslandschaft mit Rebbergen lädt einem gleich ein, das Buch zur Hand zu nehmen. Im Innern ist das Buch mit einigen sehr passenden Illustrationen rund um die Herstellung von Champagner versehen.

Für Fans von Petra Durst-Benning und für Liebhaber historischer Romane um die vorletzte Jahrhundertwende ein Muss.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2013
Schachzug
Siebenthal, Rolf von

Schachzug


sehr gut

Der Manager von Rail Cargo Switzerland, Marcel Laval, wird durch einen Schuss aus 600 m Distanz getötet. Laval ist der Spross einer sehr finanzkräftigen Basler Privatbank. Sein Schwager, der Journalist Max Bollag sitzt beruflich gerade in einem Tief und nimmt auf Anfrage seiner Fast-Exfrau Natalie Nachforschungen auf zum Mord an ihrem Bruder.

Die wirtschaftliche Situation des Güterwaggonherstellers Thommen aus Pratteln hängt an einem seidenen Faden. Wenn das Unternehmen den Zuschlag zu einem Millionenauftrag von Rail Cargo Switzerland nicht erhält, steht das Traditionsunternehmen vor dem Aus. Bei Bremstests eines neuen revolutionären Bremssystems, von dem sich Thommen die Rettung erhofft, kommt es zu einer Beinahekatastrophe. Doris Lüthi, eine langjährige Mitarbeiterin von Thommen entdeckt Unregelmäßigkeiten bei den Testresultaten, die darauf hindeuten, dass sie manipuliert wurden. Sollten Züge mit diesen Bremsen dennoch zum Einsatz kommen, sind Menschenleben in Gefahr. Würde ihr Chef wirklich soweit gehen, um die Firma vor dem Ruin zu retten?
Marcel Laval ist als Manager von RCS an entscheidender Position für die Zukunft der Firma Thommen.

Heinz Neuenschwander von der Kantonspolizei Baselland ist der leitende Ermittler beim Mord an Laval. Seine Ermittlungen kreuzen und ergänzen die Rechercheergebnisse des Journalisten Bollag und führen in die Niederungen von Korruption, weiteren Toten bis in die hohe Bundespolitik nach Bern.

Der Autor Rolf von Siebenthal, der viele Jahre bei einer Tageszeitung und im Verkehrministerium der Schweiz gearbeitet hat, lässt seine profunde Sachkenntnis in diesen Krimi einfließen. Die in Baselland verortete Handlung nimmt Bezug auf verschiedene wichtige und aktuelle Themen wie Korruption in der Wirtschaft, Ausbau des Schienengüterverkehrs und Elektrosmog. Lokale Eigenheiten sind glaubhaft und dezent eingebracht ohne das Leseverständnis zu erschweren.

Der Krimi zeigt die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven. Durch die kurzen Kapitel und die klare Ausdrucksweise war mir immer gleich klar, über welche Schulter man gerade guckt. Der Leser ist sehr früh nah am Täter dran, der sich selber als „Jäger“ bezeichnet und seine Mission als große Schachpartie sieht. Da findet sich der Titel des Buches „Schachzug“ ebenso wie im roten Zug auf dem sehr ansprechenden Cover und in der Handlung. Man erfährt im Laufe des Buches immer mehr über die Vorgehensweise des Täters und seine Beweggründe und kann sogar fast etwas Verständnis für ihn aufbringen, aber nur fast.

Die gute Mischung aus wörtlicher Rede und erzählender Handlung in Kombination mit der klaren und schnörkellosen Sprache macht das Buch schön flüssig lesbar. Die Hauptfiguren sind durch ihre Handlungsweise anschaulich charakterisiert. Mir fehlt zum Teil noch etwas die optische Vorstellung der Figuren, aber da es sich hoffentlich um den ersten Band einer Serie handelt, würde das Buch durch mehr Beschreibungen leicht überladen wirken.

Im letzten Drittel nimmt die vorher schon konstant spannende Handlung noch mal zunehmend an Fahrt auf, so dass sich der Krimi für mich zum wahren Pageturner gemausert hat. Ich konnte das Buch die letzten 100 Seiten kaum mehr weglegen. Das Ende wartet nochmal mit unerwarteten Wendungen auf.

Mir hat dieser Krimi mit Thrillercharakter sehr gut gefallen. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt, interessante Themen werden aufgeworfen und regen zum Weiterdenken und Diskutieren an. Ich vergebe gerne eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 04.09.2013
Rotwild / Ingrid Nyström & Stina Forss Bd.2
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Rotwild / Ingrid Nyström & Stina Forss Bd.2


sehr gut

Der malerisch leise Anfang dieses Krimis, der den Leser in einen wunderschönen, ruhigen Morgen ins ländliche Småland führt, ist sehr trügerisch. Ein Toter wird im Wald gefunden, wobei der Fundort sehr pikant ist. In dem Bereich des Waldes findet ein 3D-Jagd-Parcours statt, anlässlich des Jahrestreffens für historisches Bogenschießen. Da die Leiche von mehreren Pfeilen durchbohrt ist, sind die Teilnehmer des Jahrestreffens alle erstmal verdächtig. Man muss sich das Treffen etwas wie ein „Who is Who“ einer Mittelalter- und Fantasyconvention vorstellen. Die Mitglieder sind mit historischen Kostümen verkleidet, was angesichts des Verbrechens für eine sehr besondere Stimmung sorgt. Weitere ähnlich brutale Morde und seltsame Zeichen an einer Kirche und einer Bank lassen einen religiös motivierten Hintergrund vermuten.

Die Hauptfiguren der Ermittler sind die junge Stina Forss. Sie ist in Schweden aufgewachsen und hat danach viele Jahre in Berlin gelebt, wo sie bei der Mordkommission des Bundeskriminalamtes viel Erfahrung sammeln konnte. Sie ist eine sehr unkonventionelle Ermittlerin und schießt auch mal über das Ziel hinaus. Die andere Hauptfigur, Ingrid Nyström ist eine erfahrene Polizistin, die erst vor Kurzen zur Leiterin der Abteilung geworden ist. Sie hat eine Familie mit bereits erwachsenen Töchtern und ist Pastorengattin. Weiter sind noch zahlreiche weitere Ermittler mit im Team, deren Privatleben ebenfalls eine gewisse Rolle spielt und weiter vorangetrieben wird. Für Leser, die den Vorgängerband „Später Frost“ nicht kennen, sind die Figuren sorgfältig genug eingeführt, so dass das Verständnis nicht darunter leidet. Den vollen Lesegenuss hat man aber natürlich, wenn man die Bände in der richtigen Reihenfolge liest.

Inhaltlich empfand ich diesen Krimi als sehr spannend. Es kommt sehr viel klassische Polizeiarbeit vor, die einem zum Miträtseln und mit Hilfe des Internets Mitermitteln anregt. In welche Richtung der Inhalt geht, möchte ich nicht näher ausführen. Aber ich empfehle, nicht allzu viele Rezensionen zu lesen, weil leicht zuviel verraten wird und dann der Lesespaß leicht getrübt werden kann.

Wie so oft, ist auch dieser Krimi mit einem Prolog und einem Epilog ausgestattet. Den Prolog kann man erst ganz zum Schluss deuten, und ich finde dieses stilistische Mittel ist diesmal wirklich gelungen eingesetzt, weil es den Krimi noch mal sehr schön abrundet. Etwas schade fand ich, dass die Spannung, die von Anfang an da ist, und im Laufe der Ermittlungen noch mal zulegt, durch ein zu abruptes Ende für mich etwas verpufft. Die durchwegs stimmigen Ergebnisse werden einem in relativ wenigen Gesprächen auf den Silbertablett serviert. Da hätte ich gerne noch etwas länger mitgefiebert, dafür hätte ich nicht zwingend so detailliert wissen müssen, wie die einzelnen Hauptfiguren Mittsommer verbringen.

Wer gerne spannende Skandinavienkrimis liest und auch gerne in das Privatleben von Ermittlern eintaucht, der wird an „Rotwild“ bestimmt Freude haben. Von mir erhält dieses Buch eine Leseempfehlung mit 4 Sternen.