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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Barbara
Wohnort: 
Remscheid

Bewertungen

Insgesamt 187 Bewertungen
Bewertung vom 25.07.2021
Im Reich der Schuhe
Wise, Spencer

Im Reich der Schuhe


sehr gut

Alex Cohen soll mit 26 in das Schuhimperium seines Vaters in China einsteigen. Dabei gerät er zwischen die Fronten seines übermächtigen Vaters, der chinesischen Arbeiterin Ivy und der Politik Chinas.
Das Cover ist schön gestaltet, passt im Gegensatz zum Titel jedoch in meinen Augen nicht optimal zum Inhalt.
Sehr eindringlich beschreibt Spencer Wise den Vater-Sohn-Konflikt, der durch das Leben und Arbeiten in einem fremden Land noch deutlicher hervortritt. Während der Vater vieles in China verabscheut, steht sein Sohn den Dingen deutlich offener gegenüber. Im Gegensatz zur Person des Vaters wird einem Alex Cohen im Verlauf des Romans immer sympathischer, je mehr er versucht, seinen eigenen Weg zu gehen. Diese Entwicklung ist spannend zu verfolgen.
Sehr interessant sind die Beschreibungen über die Zustände in den Fabriken in China und über die jüngere Geschichte. Hier steht die junge Fabrikarbeiterin Ivy stellvertretend für eine Generation, die sich nach dem Massaker auf dem Tian'anmen-Platz in Peking nicht mehr alles gefallen lassen will.
Ein interessantes Debüt von Spencer Wise, bei dem man den Eindruck hat, dass er viele eigene Erfahrungen in seinen Roman hat einfließen lassen.
Eine Leseempfehlung für alle, die gute Unterhaltung mit einem geschichtlichen und kulturellen Hintergrund zu schätzen wissen.

Bewertung vom 25.07.2021
Von hier bis zum Anfang
Whitaker, Chris

Von hier bis zum Anfang


ausgezeichnet

Die 13jährige Duchess Radley und ihr Bruder Robin sind nicht gerade vom Leben verwöhnt. Ihre Mutter kann sich nicht wirklich um sie kümmern, der Vater unbekannt, die Tante vor vielen Jahren auf tragische Weise umgebracht. Deren Mörder Vincent King soll nach 30 Jahren aus dem Gefängnis entlassen werden, sein Freund Polizeichef Walker hat immer an seine Unschuld geglaubt. Es setzt sich eine Verkettung von tragischen Ereignissen in Gang.
Chris Whitaker gelingt es mit seinem Schreibstil ein intensives Bild einer beschaulichen Kleinstadt in Kalifornien und ihren Bewohnern zu zeichnen. Das Schicksal von Duchess und ihren Familie zu verfolgen ist tief bewegend, ihr fast übermenschlicher Kampf gegen Armut, Gewalt und die Depressionen ihrer Mutter ist genauso kompromisslos wie die Liebe zu ihrem kleinen Bruder.
Auch die Zerrissenheit von Chief Walk beschreibt der Autor so einfühlsam, dass man sich als Leser manchmal schon fast schmerzhaft in die Charaktere hinein versetzen kann.
Das schöne Cover und der Titel passen hervorragend zum Inhalt des Buches. Die Kombination aus Familienroman, Justiz-Thriller und Krimi sowie einige überraschende Wendungen in der Geschichte machen diesen Roman von der ersten bis zur letzten Seite zu einem absoluten Lesevergnügen.

Bewertung vom 25.07.2021
Wild Card
Thompson, Tade

Wild Card


gut

Weston Kogi lebt in London seitdem ihn seine Tante vor 15 Jahren aus Afrika heraus schleusen konnte. Nur aus Pflichtgefühl reist er nun zur Beerdigung in seine Heimat zurück, wo er sofort mit seiner Familie, ehemaligen Freunden und Feinden konfrontiert wird. Durch eine vermeintlich kleine Lüge manövriert er sich in eine Situation, in der er sich mit den kulturellen und politischen Gegebenheiten seines Landes auseinander setzen muss. Bei dem Versuch, Freunde und Feinde auseinander zu halten, geht es nicht selten um Leben und Tod.
Tade Thompson skizziert in seinem Thriller ein Bild von dem Staat Alcacia das geprägt ist von Korruption, Bandenkriegen, Gewalt und Geisterglauben. Sein durch das Leben in England etwas verwöhnter Protagonist Weston Kogi stolpert zunächst etwas unbedarft in diese ihm fremd gewordene Welt, muss sich jedoch schneller als ihm lieb ist und oft schmerzhaft mit den afrikanischen Gegebenheiten auseinander setzen.
Da der Autor selber nigerianische Wurzeln hat vermute ich, dass viele seiner drastischen Beschreibungen von dem fiktiven westafrikanischen Staat einen realen Hintergrund haben. Die Ausmaße der beschrieben Korruption und Gewalt sind erschreckend und dabei trotzdem sehr interessant zu lesen.
Für mich ist der Thriller insgesamt zu sehr beherrscht von gewaltsamen Szenen und Brutalität, zudem ist die Sprache oft unnötig derb und roh. Der Schreibstil ist geprägt von kurzen Sätzen, der zwischendurch immer wieder aufblitzende schwarze Humor lockert viele Szenen angenehm auf. Sehr interessant ist es zu verfolgen, wie der Mensch Weston Kogi sich im Laufe der Geschichte verändert und sich den afrikanischen Gegebenheiten anpasst.
Ein ungewöhnlicher Thriller, sehr spannend und genau das Richtige für Leser, die harte Action und dabei Informatives über ein fremdes Land mögen.

Bewertung vom 16.05.2021
Nachrichten von Männern
Decker, Anika;Berlin, Katja

Nachrichten von Männern


gut

Schon die Widmung in diesem Buch ( "Für uns" ) macht dem Leser klar, hier geht es um Witz und gute Unterhaltung. Deshalb darf man auch nicht alles so ernst nehmen was Katja Berlin und Anika Decker hier über Männertypen und die Rätsel der modernen Kommunikation zusammen tragen. Ihre Analyse der Männertypen ist kurzweilig, lustig und herrlich überspitzt. Ob man das alles interessant findet und vieles davon nachvollziehen kann hängt sicher hauptsächlich davon ab, wie intensiv man Kontakt mit Männern über WhatsApp, SMS, Tinder und E-Mails pflegt.
Der Schreibstil ist herrlich flapsig und frech, damit passt er wunderbar zum Thema. Die kurzen Kapitel machen es leicht, das Buch zwischendurch in kleinen Häppchen zu lesen. Trotzdem wird es mir im letzten Drittel dann doch ein bisschen zu langweilig, der Reiz des Themas ist ausgeschöpft.
Eine Leseempfehlung nur für Viel-Nutzer jeglicher modernen Kommunikationsmittel.

Bewertung vom 15.05.2021
Berlin Heat
Groschupf, Johannes

Berlin Heat


gut

Tom Lohhof ist spielsüchtig und lebt davon,Touristen Wohnungen zu vermieten und alles zu besorgen, was man für eine anständige Party im Herzen von Berlin so braucht. Durch Zufall gerät er mitten hinein in einen politisch motivierten Entführungsfall, dabei versucht er doch eigentlich nur seine Haut vor einem Kredithai zu retten, bei dem er Spielschulden hat.
Johannes Groschupf führt seine Leser mitten hinein in das Leben in Berlin im Jahr nach Corona, er spart nicht an Straßennamen und reellen Schauplätzen. Er bedient sich einer markigen Sprache, manchmal witzig und oft sehr derb, aber passend zu dem Milieu das er beschreibt. Sein Hauptakteur Tom bleibt mir während der ganzen Geschichte unsympathisch, ich finde auch keinen rechten Zugang zu den anderen Charakteren.
Aus der Entführungsgeschichte und dem politischen Ansatz hätte man für meinen Geschmack mehr machen können.
Ein rasanter Roman für Berlin-Liebhaber und Fans von ungewöhnlichen Charakteren in der

Bewertung vom 09.05.2021
Dein ist das Reich
Döbler, Katharina

Dein ist das Reich


ausgezeichnet

Katharina Döbler beschreibt am Beispiel von zwei deutschen Familien anschaulich die Zeit der Kolonialisierung in Neuguinea.
Johann Hensolt arbeitet als Südsee-Missionar als er in New York seine durch den 1. Weltkrieg traumatisierte Frau Linette kennen lernt und sie gemeinsam das Leben in Neuguinea der Umerziehung der Papua widmen. Heiner Mohr verwaltet dort eine Plantage für die Mission, er muss lange auf den Nachzug seiner Frau Marie warten, die mit ihrem Schicksal hadert und mit ihrem Mann nicht wirklich glücklich wird. Beide Familien versuchen, mit harter Hand den Vorschriften der Mission gerecht zu werden, Chancen auf eine kritische Reflexion oder eine Abweichung von den vorgegebenen Richtlinien werden mit Argwohn betrachtet und letztendlich bestraft. Als in Deutschland der Nationalsozialismus an Macht gewinnt entzweien sich die Ansichten der beiden Familien: Marie und Johann stehen auf Hitlers Seite.
Die Autorin arbeitet in diesem Roman ihre eigene Vergangenheit auf, die gerne totgeschwiegen und unter den Teppich gekehrt wurde. Verständlich in sofern, als es auch ein trauriges und unrühmliches Kapitel deutscher Geschichte ist, das sie dem Leser nahe bringt. Sie beschreibt anschaulich das Wirken der weißen deutschen Missionare, die im Namen des Herren die wilden Papua zivilisieren wollen, sie unterdrücken, ausnutzen, misshandeln und ihnen ihren Willen und ihre Religion aufzwingen. Doch es ist zugleich auch der Roman einer Familienchronik in bewegten Zeiten und es hat mich sehr berührt zu lesen, wie die nächsten beiden Generationen mit den Folgen der Missionarszeit auf Neuguinea fertig werden müssen.
In einem ungewöhnlichen und anspruchsvollen Schreibstil gelingt es der Autorin, eine fesselnde Familiengeschichte und das Thema Kolonialisierung dem Leser nahe zu bringen. Der Wechsel sowohl zwischen den Familien Mohr und Hensolt als auch zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit verlangt etwas Konzentration, macht den Verlauf der Geschichte aber höchst interessant und immer wieder spannend. Die detaillierte Beschreibung von Fotos aus dem Familienalbum regt zusätzlich die Vorstellungskraft an und macht die Geschichte authentisch.
Ein Roman, der viele Facetten in sich vereinigt: er ist interessant, lehrreich und bietet gute Unterhaltung bei einem anspruchsvollen Schreibstil, deshalb von mir eine unbedingte Leseempfehlung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.05.2021
Die Beichte einer Nacht
Philips, Marianne

Die Beichte einer Nacht


ausgezeichnet

Heleen erzählt in einer Nervenklinik der Nachtschwester ihre Lebensgeschichte, angefangen vom Aufwachsen als Älteste in einer kinderreichen Familie. In ärmlichen Verhältnissen lebend liegt ihr Schwerpunkt notgedrungen auf der Erziehung ihrer zahlreichen jüngeren Geschwister und der Entlastung der Mutter. Doch sie kämpft sich nach oben, erarbeitet sich eine gute Anstellung und erweitert ihre Bildung, durchlebt eine schwierige Ehe und trifft ihre große Liebe Hannes. Außerdem kümmert sie sich um ihre jüngste Schwester Leentje, zu der sie ein sehr gespaltenes Verhältnis hat. Geplagt von Selbstzweifeln und Eifersucht kommt es schließlich zu einer furchtbaren Tragödie.
Marianne Philips ist es gelungen, eine interessante Lebensgeschichte auf sehr ungewöhnliche Weise zu erzählen. Das ganze Buch ist als Monolog geschrieben, dabei bleibt die Nachtschwester, der die Beichte erzählt wird, völlig im Hintergrund, körper- und namenlos. Hat man sich in diesen Schreibstil eingelesen fesselt einen die Geschichte von Heleen, die zugleich auch biografische Züge aus dem Leben der Autorin trägt. Das Wissen darum und die Zeit der Erstveröffentlichung 1930 macht dieses Buch noch faszinierender. Marianne Philips war eindeutig ihrer Zeit voraus, hat mutig und offen von den Problemen als Frau geschrieben bis hin zu schrecklichen Fantasien und psychischen Qualen. Sehr interessant auch das Nachwort von Judith Belinfante, der Enkelin der Autorin.
Ein ungewöhnliches Buch, ausgefallen geschrieben und hoch interessant - unbedingt zu empfehlen.

Bewertung vom 19.04.2021
Drei Kameradinnen
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


ausgezeichnet

Drei Kameradinnen gehen gemeinsam durch dick und dünn: Kasih, Saya und Hani verbindet eine tiefe Freundschaft, die vor allem auf ihre gemeinsamen Erlebnisse als Menschen mit Migrationshintergrund beruhen. Sie haben keine deutschen Namen, keine blonden Haare, sie wachsen mit ihren Familien in einer Siedlung auf, in der alle die gleichen Probleme haben wie sie. Trotz guter schulischer Leistungen, Abitur, Studium, bekommen sie keine guten Jobs, trotz intensiver Bemühungen um Anpassung werden sie immer wieder als "anders" angesehen und gehören nicht wirklich dazu. Als die drei Freundinnen sich zur Hochzeit einer Schulfreundin wieder treffen kommt es zeitgleich zu einem dramatischen Ereignis.
In einer wunderbaren Sprache geschrieben spricht die Ich-Erzählerin die Leser*in immer wieder direkt an, erzählt die ganze Geschichte vermeintlich in einer Nacht und springt dabei immer wieder in der Zeit hin und her. Dabei bezichtigt sie sich selber manchmal der Lüge und sät Zweifel, ob sich eine Episode wirklich so zugetragen hat. Die drei jungen Frauen sind sehr unterschiedlich in ihrem Temperament und jede von ihnen geht anders mit dem Versuch um, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Shida Bazyar ist mit ihrem Roman " Drei Kameradinnen" ein sehr intensives Buch gelungen, das Menschen wie mir - weiß, deutsch, Mittelschicht - eindrucksvoll und intensiv klar macht, dass es nicht einfach nur reicht, wenn man nicht ausländerfeindlich oder nur gleichgültig ist. Dass ich keine Ahnung habe von den täglichen Anfeindungen und Vorurteilen, von Blicken und Kommentaren, von der - oft vergeblichen - Mühe um Anpassung und fehlendem Respekt auf Grund des Aussehens.
Ein kompromissloser und berührender Roman, außergewöhnlich geschrieben und aufrüttelnd, dieses

Bewertung vom 28.03.2021
Teufelsberg / Kommissar Wolf Heller Bd.2
Kellerhoff, Lutz W.;Kellerhoff, Lutz Wilhelm

Teufelsberg / Kommissar Wolf Heller Bd.2


gut

1969 in West-Berlin wird die Frau eines Richters brutal ermordet, da sie Jüdin war stellt sich schnell auch die Frage nach einem politischen Hintergrund. Kommissar Heller ermittelt, doch er trägt eine gewisse Mitschuld an dem Verbrechen da er bei der Observierung seinen Posten verlassen hat. Viele Theorien werden verfolgt: war es die Tat eines Serienmörders? Oder steckt das KGB dahinter? Heller gerät an seine Grenzen und muss zudem auch privat Einiges einstecken.
In dem 2. Buch des Autoren-Trios Lutz, Wilhelm und Kellerhoff um Kommissar Heller geht es um viel mehr als die Ermittlungen in einem Todesfall. Es ist zum einen eine intensive Beschreibung von West-Berlin, seinen touristischen Sehenswürdigkeiten, Bars und Kneipen, dem U-Bahn-Netz und vielen Straßennamen, die im Laufe des Buches für einen Nicht-Berliner etwas ermüdend werden. Zum anderen geht es um die politische Szene in Berlin des Jahres 1969: die radikale linke Szene, um Studentenrevolution, den Kalten Krieg, um die Auseinandersetzung mit der Nazi-Vergangenheit und Antisemitismus. Das ist sehr interessant zu lesen und zeichnet ein detailliertes Bild der jüngeren deutschen Geschichte, lässt aber den eigentlichen Kriminalfall immer wieder stark in den Hintergrund treten. Hier fehlt mir deshalb auch die Spannung, außerdem sind mir die Hauptcharaktere zu stark mit Persönlichem überfrachtet - allen voran Kommissar Heller.
Ein Krimi, der vor allem Fans der jüngeren deutschen Geschichte gefallen wird.

Bewertung vom 22.03.2021
Der gekaufte Tod
Mack Jones, Stephen

Der gekaufte Tod


ausgezeichnet

August Snow, ehemaliger Detektive der Detroit Polizei, kehrt als reicher Mann in sein Elternhaus in Detroit zurück. Doch das viele Geld stammt aus einem Prozess gegen Korruption in seiner ehemaligen Dienststelle und seine Rückkehr macht nicht alle Menschen aus seinem Umfeld glücklich. Als die Großindustrielle Eleanor Paget ihn bittet, in ihrer Bank verdächtige Vorkommnisse zu untersuchen, lehnt er ab. Doch als Paget kurz darauf ermordet wird stellt Snow Nachforschungen an und gerät in einen Strudel aus Hass und Gewalt.

Interessant ist die Hauptfigur August Snow, Sohn eines afroamerikanischen Polizisten und einer mexikanischen Malerin. Sein Anliegen, den heruntergekommenen Stadtteil Mexicantown in Detroit wieder zu einem sicheren und schönen Vorort zu machen, lässt ihn auf oft unkonventionelle Weise mit zwielichten Gestalten umgehen. Er ist ein harter Typ mit einem weichen Herzen, ein durchaus sympathischer Held der nicht immer ganz legal agiert.

Manchmal zynisch, manchmal mit schwarzem Humor beschreibt Stephan Mack Jones diese Geschichte von August Snow, die gleichzeitig auch nicht an Brutalität und Gewalt spart. Erst nach und nach erfährt der Leser in Rückblicken mehrere Details aus dem vergangenen Leben von Snow, so dass sich erst im Laufe des Buches ein vollständiges Bild zusammen setzt. Dabei werden nicht wenige Klischees bedient, aber insgesamt ist dieser Krimi ausgesprochen unterhaltsam und sehr spannend.