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schreibtrieb

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 14.06.2014
Who the f*** is Heidi? (eBook, ePUB)
Krobath, Sarah

Who the f*** is Heidi? (eBook, ePUB)


sehr gut

Vorab wichtig, das Buch ist ein Erfahrungsbericht. Autorin und Erzählerin sind für den Leser darum schwer auseinanderzuhalten, der Nicht-Literaturwissenschaftler würde vielleicht behaupten, es gäbe da keinen Unterschied. Die Käsefirma Jumi aus der Schweiz gibt es wirklich. Auf der Internetseite gibt es kleine Geschichten rund ums Käseherstellen. Solche Geschichten gibt es auch im Buch.
Sarah ist fertig, mit der Welt, mit ihrem Magen, mit dem Stress. Sie kündigt und folgt ihrem Herzen, besser gesagt, ihrem Magen. Denn als Werbetexterin hat sie kaum noch etwas zu sich nehmen können, ihre Leidenschaft aber sind Lebensmittel und gutes Essen. Nur logisch, dass sie das Praktikum bei der kleinen Schweizer Käsefirma Jumi annimmt, als sich ihr die Chance bietet. Ohne feste Arbeit, dafür aber mit viel Neugierde und Spaß macht sie sich auf und erkundet Bern, die Faszination der Käseherstellung, lernt Fleisch neu kennen und friert auf den Londoner Weihnachtsmärkten.
Who the f*** is Heidi als einfaches Selbstfindungsbuch abzutun ist wirklich zu einfach. Eigentlich weiß Sarah nämlich wer sie ist. Sie trifft ihre Entscheidung, die Werbewelt zu verlassen bei vollem Verstand und mit aller Gewissheit und schlägt einen neuen Weg ein, macht ihre Leidenschaft zur Berufung und macht nicht mehr nur, was sie gut kann, sondern, was ihr Spaß macht. Ein mutiger Weg in unserer Gesellschaft, die auf Profit und Funktion getrimmt ist. Ein wichtiger Weg. Und zum Glück ohne schmalzige Liebesgeschichte oder Beziehungskrisen.
Das Buch macht Lust. Nicht unbedingt Lust, den Beruf hinzuschmeißen und neu anzufangen, aber Lust auf gutes Essen, auf bewusstes Essen und bewusstes Leben. Auf Raum für Dinge, die zu den Liebsten gehören und schnöde Vernachlässigt werden. Auf Kürbiskernöl.

Bewertung vom 19.03.2014
Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens (eBook, ePUB)
Niedlich, Sebastian

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens (eBook, ePUB)


gut

Martin ist ein ungewöhnlicher Junge. Er sieht den Tod. Jenen im schwarzen Mantel umherschleichenden Gesellen, der die Seelen/Geister (was auch immer – Schmetterlinge) der Gestorbenen einsammelt. Er sieht ihn nicht nur, er unterhält sich auch noch mit ihm und nach den ersten Jahren, in denen ihre Freundschaft vor allem in Schachspielen besteht, findet er ihn gar nicht so übel. Tatsächlich beginnt er, einige von Tods seltsamen Eigenschaften zu übernehmen. Doch das liegt daran, erklärt ihm sein ungewöhnlicher Freund, dass Martin eines Tages in seine Fußstapfen treten soll. Das wiederrum passt dem jungen Rettungsschwimmer nicht so sehr, denn die emotionale Kälte, mit der Tod den Tod der Menschen einfach so akzeptiert, beunruhigt ihn.
Ein bisschen was von Mort hat der Roman durchaus. Immerhin kann auch außer Mort kein Lebender (DEATHs „Familie“ mal abgesehen) den Gevatter sehen. Auch das Ende entspricht dem Umdrehen von Morts Eieruhr, zumindest irgendwie. Dennoch bleibt die Erkenntnis etwas auf der Strecke. Martins Kampf gegen den Tod, der genauso unausweichlich, wie sinnlos ist, ist der eines Kindes, dass die Wirklichkeit nicht akzeptieren will. Er sieht weder die geringe Möglichkeit Tods einzugreifen, noch stellt er die Frage, ob es tatsächlich immer richtig wäre, es zu tun. Das Wissen um den Tod seiner Mitmenschen erzeugt eine Schuld, die durchaus nachzuempfinden ist. Martins Umgang mit ihr aber ist geradezu typisch Deutsch. Verdrängung statt Stellung. Er verdrängt die Tatsache, das es den Tod per se gibt, dass er all einmal ereilen muss. Vielleicht ist gerade deshalb am Ende nicht wirklich so weit, zu sterben.
Seine plötzlich Abkehr dieses Weges angesichts seiner eigenen ablaufenden Zeit ist sehr abrupt. Die sorgsam aufgebaute Nähe zum Protagonisten wird gestört, dadurch dass am Ende die Ereignisse wie Kalendereinträge ablaufen. Weder die Geburt des Sohnes ist ausreichend dargestellt, noch die Zeit, die er mit ihm verbringt, im Vergleich zu den vorherigen Kapiteln. Niedlichs Problem, das Ende nicht zu überwerfen hatte ich aber an anderer Stelle schon einmal festgestellt.
Dieses Zerwürfnis am Ende ist es, das dem Buch einen bitteren Nachgeschmack gibt. Das Heile-End-Bild selbst ist zwar unglaubwürdig, aber wäre gar nicht so sehr das Problem, wenn der Autor darauf hingearbeitet hätte. Doch die 180°C Wende von Martins Ex-Frau lässt sich genauso wenig erklären, wie seine eigene. Der etwas flapsige Stil, der dem Buch einen gewissen Charme verleiht, ist gewöhnungsbedürftig und wirkt manchmal zu distanziert. Doch zur Erzählsituation Martins passt es sehr gut. Die eingestreuten Weltgeschichtlichen Hinweise finde ich sehr passend und sie rahmen das Geschehen zeitlich ein. Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens ist ein Buch, dass ich gerne mit sehr gut bezeichnen würde, weil es mir teilweise auch wirklich sehr gut gefallen hat, wegen einiger Schwachstellen muss ich aber auf ein einfaches gut zurückgehen. Es ist angenehm zu lesen und ein lockerer Zeitvertreib.