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SBS

Bewertungen

Insgesamt 362 Bewertungen
Bewertung vom 14.11.2020
Mr. Crane
Kollender, Andreas

Mr. Crane


weniger gut

Der Schriftsteller Stephen Crane ist an Tuberkulose erkrankt und kommt im Jahr 1900 in ein Sanatorium. Dort trifft er auf die junge Schwester Elisabeth zu der er schnell eine Beziehung aufbaut.

Vorab: Selten hat mich ein Buch so irritiert. Einerseits ist da der Schreibstil, der auf mich manchmal sehr verworren wirkte, zum anderen war es mir manchmal kaum möglich dem Gesagten zu folgen. Vor allem der kranke Crane, der in Zeiten und Situationen munter umher hüpft, hatte es mir und auch der Schwester Elisabeth nicht leicht gemacht. Doch auch ihr Verhalten hat mich nicht selten irritiert. Wie kann eine gut ausgebildete Schwester, die weiß wie Tuberkulose übertragen wird und was sie mit dem menschlichen Körper anstellt, solche Risiken eingehen (von gesellschaftlichen Folgen mal abgesehen)? Ja, es gab eine gewisse Verbindung zwischen den beiden, aber ist es diese wert alles zu verlieren? Für mich eine klare Sache – nein! Auch wenn Crane ein netter Mensch zu sein schien, so hat er auch einige Schwierigkeiten fernab der Erkrankung, die ihn Tag für Tag mehr schwächt. Elisabeth, die ebenfalls so manche Schwierigkeiten zu bewältigen hat, war mir anfangs sympathisch, doch das legte sich mit der Zeit, denn ihre Handlungen waren einfach zu wenig nachvollziehbar.
Und trotz aller Kritik habe ich das Buch dennoch recht schnell gelesen und wollte wissen, was genau da vor sich geht. Schnell gelesen, obwohl ich es teils sehr langatmig fand und genau das ist auch ein Aspekt, der mich einfach nur irritiert, denn gewöhnlich komme ich bei langatmigen Büchern kaum voran.
Gelungen fand ich die zweite Zeitebene, die die Ereignisse um Crane wieder in den Vordergrund rückten und erklärten, warum Elisabeth 14 Jahre später so und nicht anders bei ihrem neuen Patienten handelte. Die Geschichte um den neuen Patienten fand ich auch ganz gelungen – nur war sie gar nicht sooo elementar.
Gelungen sind weiter die eingestreuten historischen Fakten und die Aspekte über den Krieg oder Kriech, wie Elisabeth sagt, der allgegenwärtig ist und kritisch betrachtet wird.

Das Buch ist aus meiner Sicht bestenfalls mittelmäßig und wirklich empfehlen kann ich es nicht.

Bewertung vom 11.11.2020
Frostgrab
Reynolds, Allie

Frostgrab


sehr gut

Milla trifft in den französischen Alpen auf ihre alten Snowboard-Freunde, die sie vor 10 Jahren zum letzten Mal gesehen hat. Damals endete ihre gemeinsame Zeit tragisch und auch dieses Mal zeigt sich schnell, dass es wohl kaum ein harmonisches Zusammentreffen wird…

Snowboarden hat mich bisher so gar nicht interessiert. Gelegentlich habe ich mal irgendwo waghalsige Manöver gesehen, aber das war es dann auch schon, daher hatte ich leise Zweifel, ob ich einen Zugang zur Geschichte finde und ich musste zu Beginn auch ein wenig Durchhaltevermögen aufbringen, da mir die Schilderungen der Sprünge so gar nichts sagten, aber zum Glück kann man sich ja mittlerweile so einiges im Internet zusammensuchen und genau das habe ich getan. Dabei habe ich durch dieses Buch tatsächlich Interesse an diesem Sport entwickelt – wenn auch nur in der Theorie, denn mir sind meine unversehrten Knochen heilig :-)

Doch selbst wenn man sich überhaupt nicht mit dem Sport anfreunden kann, so ist das Buch trotzdem ein echter Gewinn, denn es zeigt die Geschichte einer Truppe Leistungssportler, ihre Freund- und Feindschaften, wie sie wohl in allen Sportarten zu finden sind. Da gibt es jene, die um jeden Preis gewinnen wollen – seien die Mittel noch so unfair – und jene, die sich gegenseitig unterstützen wo es nur geht. Zumindest war das in der Geschichte vor 10 Jahren der Fall, als Erzählerin Milla endlich ihren Durchbruch erzielen will und sich nach und nach eine Zuspitzung der Ereignisse ergibt, die gefährlich endet. In der Gegenwart treffen sich die Übriggebliebenen zum Gedenken – so glaubt es zumindest die Gruppe, bis sie dann völlig von der Außenwelt abgeschottet ist und das Misstrauen die Runde macht. Damit nicht genug, geschehen noch andere Dinge und es wird deutlich, dass jeder ein Geheimnis hat und manche davon können tödlich enden… Die Angst der Freunde und das Misstrauen sind deutlich zu spüren.
Das Setting/ die Grundidee mag nicht unbedingt sehr innovativ sein, aber das Rad muss ja auch nicht immer neu erfunden werden. Dafür hat die Autorin in ihrem Debüt mit dem Schreibstil und der Erzählweise bei mir auf ganzer Linie gepunktet, denn die Spannung knistert…. Die recht kurzen Kapitel im Wechsel die Gegenwart und die Vergangenheit haben die Geschichte und ihre Abgründe erst nach und nach offenbart. Manches hat man in gewisser Weise erwartet, anderes hat mich völlig verblüfft und überrascht.

Die Auflösung fand ich ein bisschen vorhersehbar, aber dennoch gelungen, nur den Epilog hätte sich die Autorin schenken können.

Bewertung vom 08.11.2020
Der Morgen einer neuen Zeit / Kingsbridge Bd.4
Follett, Ken

Der Morgen einer neuen Zeit / Kingsbridge Bd.4


sehr gut

997, England. Die Dänen fallen immer wieder in Küstenorten Englands ein, rauben und töten erbarmungslos, so auch in Combe. Edgar, ein junger Bootsbauer wollte sich mit seiner großen Liebe absetzen, doch dann fallen die Dänen ein und zerstören neben der Lebensgrundlage seiner Familie auch all seine Träume. Doch die Familie bekommt einen Ausweg geboten und zieht nach Dreng´s Ferry. Ihr Land ist schlecht und in dem kleinen Ort scheint so manches nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Eine weitere zentrale Figur ist Ragna, eine normannische Adelstochter, die der Liebe wegen die Normandie verlässt und in England den Aldermann Wilf heiratet. Die starke, junge Frau heiratet gegen den Willen ihrer Eltern und auch in England erwarten sie einige Überraschungen…

Die Geschichte zur Entstehung von Kingsbridge ist eine Reise in die „Dark Ages“, die Follett vortrefflich in Szene setzt. Der Leser verfolgt in dem über 1000-Seiten starken Buch die Geschehnisse über ein Jahrzehnt aus allen möglichen gesellschaftlichen Schichten Englands. Schon zu Beginn hatte mich der Autor mit einem seiner Protagonisten und dem Drama, das den Beginn markiert und den Ausgangspunkt für alles Folgende legt, voll für sich eingenommen. Davon sollten noch viele weitere Aspekte folgen.

Der Schreibstil ist fesselnd und Follett schreibt sehr leicht nachvollziehbar, sodass selbst Leser ohne tiefe historische Vorkenntnisse folgen können und auch die Personen sind – wenngleich es schon einige sind- gut auseinander zu halten. Die Abenteuer und Erlebnisse der Protagonisten sind vielseitig, zum einen gibt es Einblicke in das einfache Leben, aber auch in das des Adels. Mittels Nebencharakteren werden auch die Lebenswelten von Sklaven oder Erzbischöfen verdeutlicht. Schnell zeigt sich: In allen gesellschaftlichen Schichten gibt es Verrat, Missgunst und Machtgier. Das führt nicht selten zu Verbrechen, die aus heutiger Sicht einfach unglaublich sind, damals wohl aber eine gewisse Normalität darstellten. Doch nicht nur die vielen Personen, sondern auch die vielen Handlungsstränge, die nach und nach zusammenfinden, sind nachvollziehbar

Das England, welches Follett hier entwickelt hat, erscheint mir sehr authentisch. Ob es so war? Das weiß niemand mangels historischer Belege, aber selbst für den Fall, dass Follett danebenliegen sollte, so hat er doch ein starkes und überzeugendes Bild gezeichnet.

Auch wenn mir das Buch insgesamt sehr zugesagt und mich über mindestens Dreiviertel sehr gut unterhalten hat, habe ich auch einige Kritikpunkte. Zum einen sind die Personen zu sehr gut oder böse. Es fehlen fast vollständig die Abstufungen, kaum einer fällt mal aus der Rolle und das Ende ist zu sehr Happy End. Ich werde nicht ins Detail gehen, um nicht zu spoilern, aber einiges war einfach ziemlich vorhersehbar und ein bisschen zu märchen- und klischeehaft. Zudem hat mich am Ende gestört, dass mich das Gefühl beschlich, dass das Buch schnell zu Ende gebracht werden muss. Und trotzdem: Es hat insgesamt den Lesegenuss in Summe nicht geschmälert. Über weite Strecken hat mich das Geschehen, auch wenn es teils abscheulich und brutal war, so gefesselt, dass ich das Buch nicht mehr aus den Händen legen wollte und völlig die Zeit vergessen habe.

Die gesamte Aufmachung des Buches hat mich sehr überzeugt, aber das darf man bei dem recht stolzen Preis von 36 Euro für das HC wohl auch erwarten.

Bewertung vom 04.11.2020
Das Buch eines Sommers
Kast, Bas

Das Buch eines Sommers


gut

Nicolas, ein Mann mittleren Alters, der alles zu haben scheint, führt die Firma seines Vaters weiter und möchte ein Medikament entwickeln, dass das Altern aufhält. Kein leichtes Unterfangen, Stress so weit das Auge reicht und daher wird Nicolas auch seiner Familie nicht wirklich gerecht. Gerne hätte er ein Leben wie sein Onkel geführt, der als Schriftsteller erfolgreich und glücklich war. Doch Nicolas fand nicht die Muße und nahm sich auch nur selten Zeit seinen geliebten Onkel zu treffen – bis es dann plötzlich zu spät ist…

Selbstfindungsromane finde ich entweder richtig gut oder das genaue Gegenteil. Dazwischen gibt es selten was, aber hier ist es genauso gekommen. Den Beginn fand ich ja noch recht gelungen, wenngleich ich den Protagonisten einfach nicht so richtig mochte. Er ist mir einfach einen Tick zu selbstherrlich und nicht sympathisch, im Gegensatz zu seinem verstorbenen Onkel, von dem ich gerne mehr erfahren hätte.

Schon zu Beginn hatte ich eine Idee, wie das Buch enden würde, jedoch hatte ich die Hoffnung, dass es überraschende Wendungen gibt – leider blieben die aus und das Buch blieb glatt. Ganz wie der Protagonist Nicolas und jeder Konflikt, der sich einfach so in Wohlgefallen aufzulösen scheint. Ins Detail werde ich nicht gehen, aber das tut der Autor in dem recht dünnen Buch ja auch nicht. Im Endeffekt eine nette Geschichte mit vielen aneinander gereihten Lebensweisheiten, wie man sie von Kalendern kennt, aber ohne den versprochenen philosophischen Tiefgang. Im Gegenteil war es viel zu vorhersehbar und auch wenn mich manches nachdenklich stimmte und mein eigenes Leben reflektieren ließ, hat es leider nicht nachgewirkt. Dabei hätte das Buch durchaus einiges an Potential gehabt.

Bewertung vom 02.11.2020
Die Republik
Voland, Maxim

Die Republik


ausgezeichnet

Die deutsche Nachkriegsgeschichte ist an sich eine spannende Angelegenheit, aber hier hat der Autor eine ganz andere Geschichte entwickelt. Mit geänderten Vorzeichen und der hochmodernen und fortschrittlichen DDR als herrschendem System – ausgenommen dem kleinen Berlin-Deutschland - entsteht ein „Was wäre, wenn“-Szenario, welches Stoff für einen spannenden Polit-Thriller bietet. Ein Giftgasanschlag -oder war es doch nur ein Unfall? -bildet den Beginn einer Hetzjagd auf der Suche nach der Wahrheit und dem Versuch weiteren Schaden abzuwenden.

Zu Beginn hatte ich so meine Schwierigkeiten in die Geschichte zu finden, denn das geschaffene System war zunächst so fremd und schien mir zu utopisch. Da der Autor jedoch anschaulich und verständlich schreibt, bekam ich schneller ein Gespür für das System, als ich erwartet hatte. Ein System, dass ich, wie die junge DDR-Bürgerin Alicia, nicht ganz so prickelnd finden würde. Totale Überwachung und Gespitzel, IM wohin das Auge reicht und das überall in Deutschland – nur nicht in Westberlin, wo sich dafür neben Clans z.B. in Spandau, auch Agenten der verschiedensten Behörden tummeln.

An einem scheinbar normalen Tag geschieht ein großes Unglück. Giftgas tötet zahlreiche Menschen in Ost und West und nun gilt es herauszufinden, ob es ein Unfall war oder doch ein Anschlag. Wer hätte ein Interesse an einem Anschlag und wem kann man noch trauen? Oberst Gustav Kuhn, der eigentlich seinen Hut nehmen wollte, ist persönlich betroffen und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Mitten ins Geschehen stolpert der französische Dolmetscher Christopher und MI6 Agentin Harper erlebt auch nicht nur einmal ihr blaues Wunder beim Versuch Licht ins Dunkel zu bringen. Brisante und gefährliche Erfahrungen machen die Protagonisten in der DDR, aber auch in Berlin-Deutschland und Moskau. Die Protagonisten – wie verdorben sie auch gelegentlich scheinen oder sind – sind spannend gezeichnet. Man fiebert mit, hofft das Beste, wird nicht selten von irgendwelchen Wendungen überrascht und natürlich wird auch ordentlich Blut vergossen. Das ist manchmal fast ein wenig zu viel und auch manche Meisterleistung vor allem von Harper ist…naja, vielleicht nicht ganz so glaubhaft, aber beim Lesen macht das überhaupt nichts. Die Protagonisten wachsen über sich hinaus, manchmal eben zu viel, aber für mich hat es immer noch gepasst, schließlich wächst man ja auch mit seinen Aufgaben :-) Zum Ende möchte ich auch nichts verraten – nur: mir hat die Auflösung sehr gefallen und ich fand sie sehr stimmig.

Mir erschien das Buch sehr gut recherchiert und das bezüglich einiger Kleinigkeiten, so wird sogar der saarländische Dialekt und Lebensgefühl authentisch geschildert. Nett fand ich die DDR-Volksweisheiten, Gedichte und Witze, die zwischen den einzelnen Kapiteln immer wieder die Geschichte aufzulockern wussten. Trotzdem musste ich schnell weiterlesen, da mich der Fortgang der Geschichte sehr interessierte. Am Ende befindet sich ein Glossar, der sehr hilfreich sein kann – zumindest für Wessis.

Die Überlegung, was sein könnte, wäre damals alles anderes gekommen, ist gelungen und hat mich überzeugt. Zudem ist das Buch sehr actionreich und bietet Einblicke in menschliche und politische Abgründe. Allerdings muss man ein gewisses Interesse mitbringen und auch manche Szene, die aus einem amerikanischen Actionfilm stammen könnte, verkraften können.

Bewertung vom 22.10.2020
Ada
Berkel, Christian

Ada


gut

Ada, Jahrgang 1945 erzählt einem Psychologen ihre Geschichte und die beständige Suche nach ihrer Identität. Eine sehr bewegte Geschichte, die in Argentinien, Frankreich, den USA, aber hauptsächlich in Berlin spielt. Es ist zwar die Geschichte Adas, aber diese steht für ihre Generation, zeigt die Folgen des Schweigens der Elterngeneration und zahlreiche historische Momente der Nachkriegsgeschichte.

Das Buch hat mich zunächst so überhaupt gar nicht erreichen können. Die schwierige Beziehung zur jüdischen Mutter und dann noch die Geschichte mit dem Vater haben mich einfach nicht erreicht. Gestört haben mich auch manche Zeitsprünge und Wesenszüge mancher Personen – beides stilistisch wahrscheinlich sinnvoll, aber irgendwie nicht so gelungen für mich. Viel schwerwiegender jedoch: Ada war mir zu suspekt, ihre Art irgendwie zu sperrig und in Teilen hat sich das auch durch das komplette Buch gezogen, doch irgendwann – nach einer Reise nach Berlin (keine Ahnung, ob es da einen Zusammenhang gibt, aber irgendwie fühlt es sich so an), hat mich das Buch schon gefesselt, als hätte jemand den Schalter umgelegt. Die Geschehnisse waren plötzlich greifbarer und interessanter – Ada mitten in einer Demonstration zu erleben und die Geschehnisse z.B. um Ohnesorg aus ihrer Sicht zu erleben war schon irgendwie ergreifend und fesselnd. Hier offenbaren sich die Konflikte und Kommunikationsschwierigkeiten der Generationen sehr genau

Insgesamt fällt mir die Wertung schon schwer, da der Anfang so gar nicht meins war, später die Geschichte aber relativ fesselnd wirkte - wenngleich auch da immer wieder Momente dabei waren, die mich einfach nicht ganz überzeugt haben. Teils waren mir auch die Zeitsprünge zu groß und das Ende hat mich – wie der Anfang – nicht überzeugt.
Der Schreibstil als solcher ist sehr ansprechend, die Atmosphäre wird gut eingefangen und die Geschehnisse von der Nachkriegszeit bis zum Mauerfall werden gelungen in die Geschichte eingewoben.
Ich hatte „Der Apfelbaum“ vorher nicht gelesen, weil ich zunächst keinen unmittelbaren Zusammenhang sah und vielleicht hätte ich mehr Verständnis für manche Verhaltensweisen der Elterngeneration aufgebracht, so aber ging es auch. Ich bin so zwiegespalten, dass ich nicht mal sicher bin, ob ich das Buch nun empfehlen soll oder nicht.

Bewertung vom 11.10.2020
Die Katze kocht!
Katzenberger, Daniela

Die Katze kocht!


ausgezeichnet

Daniela Katzenberger ist eine schillernde Persönlichkeit, die manche lieben, andere weniger. Ich gehöre zur zweiten Kategorie, wenn ich auch anerkenne, wie sie quasi aus Nichts etwas Großes aufgebaut hat. Dass die Katze selbst kocht konnte ich mir ja noch vorstellen, dass sie aber, wie so viele andere Promis, selbst ein Kochbuch auf den Markt bringt muss, daran hatte ich so meine Zweifel, die schon beim Anblick des Covers eigentlich vollauf bestätigt wurden. Ein Werk in rosarot und mit extrem viel Glitzer. So gar nicht meins und trotzdem – so viel sei schon verraten, hat mich das Buch sehr positiv überrascht und hat in meiner Küche das Regal erreicht, während andere Kochbücher im Schrank auf ihren Auftritt warten müssen.

Ich bin kein Fan von Daniela Katzenberger, aber von Kochbüchern, die meine Bedürfnisse erfüllen – und genau das habe ich hier gefunden. Manchmal ist ein Tag sehr stressig und ich habe keine Lust gefühlt Stunden in der Küche zu stehen, um meiner Familie etwas Schmackhaftes zu kredenzen. Mal mangelt es an Zeit, mal an der Lust, manchmal fehlt aber dazu auch noch die zündende Idee. Spätestens dann lohnt sich der Blick in das Kochbuch der Kultblondine, denn ein Großteil der Rezepte ist schnell angerichtet und tatsächlich lecker. Zudem werden keine exotischen Zutaten benötigt und die Anweisungen sind schrittweise verständlich präsentiert. Auch werden keine diffizile Techniken oder besondere technischen Errungenschaften benötigt, sodass selbst blutige Anfänger mit dem Buch was anfangen können.
Es gibt zahlreiche Bilder von Daniela, die ich so nicht gebraucht hätte, aber eben zu ihr passen und ihre Fans wird es freuen. Interessanter fand ich ihre offenen, teils sehr herzlichen Einführungen in die verschiedenen Kapitel, denn da kam doch manche positive Überraschung. Positiv überrascht wurde ich auch von den Rezepten auf die es hier ja ankommt. Es gibt natürlich ganz simple Dinge wie Frikadellen, Püree, Pizza und Nudelsalat, wofür ich kein Rezept brauche, aber es sind eben bodenständige Rezepte, die zum Konzept passen. Zudem gibt es auch andere Kaliber, wie Paella und sie hat zahlreiche Tricks und Ideen – gerade für die süßen Sünden oder die Gerichte, die auch Kinder lieben werden – die man erst einmal haben muss. Mein Milchreis in rosa schmeckt nicht nur mir besser als vorher. So simpel die Idee auch ist, ich hatte sie so bisher einfach noch nicht. Angesprochen hat mich natürlich auch das Kapitel zu Weihnachten und ich glaube, dass die Katze tatsächlich einen Anteil an unserem diesjährigen Weihnachtsfest haben wird und sie es nur, dass ich spätestens dann den Apfelpunsch nachmachen werde.

Haptisch ist das Buch gelungen, beim Kochen bleibt es ordentlich liegen, sodass man nebenbei immer wieder schnell einen Blick ins Buch wagen kann. Die Foodbilder sind sehr ansprechend.

Ich muss sagen: Die Katze hat es wirklich geschafft mich zu überzeugen und noch viel verwunderlicher für mich – mit ihren Tipps und Einleitungen hat sie sogar deutlich an Sympathie bei mir gewonnen. Das mag auch daran liegen, dass sie sehr bodenständig daher kommt und ehrlich auch weniger angesehene Positionen einnimmt, wie beispielsweise Kichererbsen aus der Dose zu verwenden – ein Drama für manche, aber auch für mich der bessere Weg, denn ein wenig zickig zu werden, wenn man hungrig ist, kenne ich aus eigener Erfahrung und drei Tage getrocknete Kichererbsen einlegen – nee, das ist auch nichts für mich. Als Pälzer Mädche hat se mich hald ganz besonnerschd angesproch, weil mer die selb´ Sprach redde unn mieh, semindest kulinarisch, gemeinsam han, als ich das vorher gemäint han :) Ich han jetzt ach es erschde mol selwer Lewwerknedel gemach – äfach unn mega legger!
Für Fans der Katze, für die ersten Anfänge in die Küche oder für Menschen, die einfach ab und an keine zündende Idee haben, etwas Farbe in den grauen Alltag brauchen und mit gut erhältlichen Zutaten, recht schnell ein tolles Gericht zaubern wollen.

Bewertung vom 08.10.2020
Das Tartarus-Projekt
Schilddorfer, Gerd

Das Tartarus-Projekt


gut

Nach einer Nobelfeier wird der steinreiche Gastgeber ermordet. In seinem Haus wurde er gefoltert und anschließend in Brand gesetzt. Er bleibt nicht das einzige Mordopfer, sodass Autor und Journalist Michael Landorff beginnt Fragen zu stellen. Dabei bekommt er Hilfe von einer professionellen Pokerspielerin. Wem kann er noch trauen, wer zieht die Strippen? Wie lässt sich KI einsetzen und welche Errungenschaften in der Welt der Drohnen gibt es? Alles Themen, die in dem Thriller angeschnitten werden.

Münchner Schickeria und das Leid eines Autors mit Agenten, Verlagen und Co– damit und recht feuchtfröhlich, startet dieser Thriller, der auf den ersten Seiten so ganz anders ist, als gewohnt. Es scheint eine kleine Abrechnung mit der Verlagswelt, aber amüsant, und wenn auch sicher etwas klischeebehaftet, so hat es mich relativ gut unterhalten. Eben noch voller Witz, schlägt die Stimmung mit einem Mord um und das war an der Stelle auch dringend angesagt, sonst hätte ich mich gefragt, was das Ganze soll.
Autor und Journalist Michael Landorff beginnt sich zu fragen, warum der Gastgeber ermordet wurde und gerät dabei in einen Strudel von verworrenen, gefährlichen Aktionen, die er so gar nicht versteht. Es wird dann teilweise auch richtig spannend, aber irgendwie hat es mich über weite Strecken nicht ganz so erreicht.

Ich hatte mal in „Falsch“, einen echten Wälzer des Autors reingelesen und fand den Schreibstil zwar in Ordnung, aber mich hat es irgendwie nicht richtig gefesselt, entsprechend habe ich das Buch nicht weitergelesen. Hier war es etwas anders und selbst in den Phasen, in denen es nicht so richtig vorankam, hatte ich, ob der „nur“ 300 Seiten dem Buch mit einem wichtigen Thema gerne eine Chance gegeben. Fiktion und Realität werden gekonnt vermischt, die Geschichte regt zum Nachdenken an, die Protagonisten sind nicht 0815 und trotzdem hat mich das Buch nicht richtig überzeugt. Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass man mehr aus der Sache hätte machen können und die Umsetzung eben nur mittelmäßig gelungen ist, weil der Lesefluss immer wieder von langatmigen und irgendwie anstrengenden Passagen unterbrochen wird. Vielleicht lag es auch an dem Humor, der bei mir nicht immer zündete und der leichten österreichischen Färbung? Die Recherchearbeiten auf mich sehr aufwendig sowie gelungen gewirkt und war auch sehr nachvollziehbar dargestellt, daher bin ich ziemlich zwiegespalten.

Wer einen rasanten Thriller erwartet muss weitersuchen, wer einen eher gemütlichen Thriller mit einem aktuellen Thema und besonderem Humor lesen will, kann hier zugreifen.

Bewertung vom 04.10.2020
Wer auf dich wartet / DCI Jonah Sheens Bd.2
Lodge, Gytha

Wer auf dich wartet / DCI Jonah Sheens Bd.2


gut

Zoe, eine Kunststudentin ahnt nichts Böses als sie sich in die Badewanne legt, auch Aidan, der auf Zoe von zu Hause über Skype auf sie wartet, vermutet zunächst nicht Schlimmes, doch plötzlich erscheint im Bild eine dunkle Gestalt . Aidan hört nur einen Kampf und sieht eine Person verschwinden – was soll er tun? Da er einiges zu verbergen hat kann er eigentlich nicht die Polizei rufen, aber Zoe benötigt vielleicht Hilfe….
Wie diese Szenen beschrieben wurden, war wirklich eindrucksvoll und voller Erwartungen liest man weiter – und bekommt einen ordentlichen Dämpfer. Seitenlang werden Liebes- und Lebenskrisen von Zoes Freunden zum Besten gegeben, selbst ihr Vermieter benötigt immer wieder mal Hilfe…Zudem bekommen die Leser chronologisch, aber häppchenweise die gesamte On-Off-Beziehung von Zoe und Aidan vom ersten Zusammentreffen bis zum Schluss präsentiert. Mir war es einfach ein bisschen zu viel des Guten. In der Gegenwart stehen die Ermittlungen im Vordergrund, es werden Verhöre geführt und manches mehr oder weniger gut gehütete Geheimnis tritt ans Tageslicht. Gelungen finde ich aus meiner Sicht die Schilderungen zur Polizeiarbeit und das Team gefällt mir ausgesprochen gut. Sie haben alle ihre kleinen Macken, aber das hat einen gewissen Charme – außer der Chef Jonah grübelt Seite über Seite über seinen Beziehungsstatus – das war einfach nur langweilig und hat die Geschichte aus meiner Sicht null bereichert.
Insgesamt ist das Buch deutlich schwächer als der erste Teil. Ich hatte auch schon so Befürchtungen, denn bei dem insgesamt wirklich deutlich besseren „Bis ihr sie findet“ war der Beginn für mich nicht so spannend, das Buch steigerte sich aber kontinuierlich – hier ist der Start sehr gut, aber es lässt dann leider stark nach und auch das Ende hat mich nicht überzeugen können. Es war irgendwann viel zu absehbar und man fragt sich, warum das Ermittlerteam es einfach nicht auf die Kette bekommt. Da mir das Team gefällt und ich den Schreibstil mit den verschiedenen Zeitebenen an sich zusagt, werde ich trotz aller Kritik dem nächsten Band noch einmal eine Chance geben.

Bewertung vom 02.10.2020
Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11


ausgezeichnet

Wer hat vor über 30 Jahren wirklich eine junge Lehrerin beim Funkenfest an ein Kreuz gebunden und angezündet? Das ist die zentrale Frage für Kluftinger, der den Fall damals eigentlich schon abgeschlossen hat, aber glaubt dem Falschen ein Geständnis entlockt zu haben. Also ermittelt er weiter in dem Cold-Case, der offiziell ja kein richtiger ist. Egal, weniger egal hingegen ist, dass seine Frau Erika antriebslos auf der Couch liegt und er sich nebenbei um den Haushalt kümmern muss – für Kluftinger eine ganz neue Erfahrung mit Folgen.

Dieses Buch ist bereits Band 11 der Reihe, für mich war es der erste und trotzdem habe ich alles verstanden und schnell die einzelnen Charaktere kennen und schätzen gelernt. Okay, ich hatte etwas Hilfe, da ich eine Bekannte zum Vorgänger ein wenig ausgefragt habe, nachdem klar war, dass man den Vorgänger eigentlich kennen sollte. Daher hatte ich ein paar wesentliche Infos, aber ich denke es wäre auch ohne gegangen, denn die wesentlichen Punkte werden schon früh und gekonnt in die Geschichte eingebunden, um wirklich jeden Leser mitzunehmen.

Der Cold Case ist mehr als passabel und die schrittweise Aufklärung alles andere als uninteressant, trotzdem haben mich das Drumherum und die Charaktere deutlich mehr unterhalten und stellten für mich irgendwie den Mittelpunkt dar. Ich habe Tränen gelacht, ob Klufti gerade Wäsche wusch, über den Dr. Langhammer lamentierte (und Schlimmeres…) oder versuchte mit seinen Englischkenntnissen zu punkten. Den Klufti muss man ins Herz schließen, selbst wenn er manchmal in seinen Verhaltensweisen vor allem gegenüber Frauen und Technik etwas antiquiert wirkt. Spätestens Kluftis Einstellung zu Flüchtlingen und dem Heim vor Ort, machen manchen leicht chauvinistischen Patzer, der nie wirklich böse gemeint ist, mehr als wett. Die ganze Familie ist aber auch wirklich hinreißend und entsprechend ist Klufti auch bereit einiges auf sich zu nehmen und besucht sogar eine Thermomixvorstellung, um seiner Frau einen Gefallen zu tun.

Gefallen hat mir die neue Kollegin Lucy Beer, die mit ihrer offenen und deutlichen Art das Team gelungen verstärkt und frischen Wind in die Männerriege bringt, die noch um den verstorbenen Kollegen trauert.

Kurzweilig, humorvoll und dann auch noch mit einem echt passablen Fall und einer gelungen Auflösung, hat mich das Buch vollends überzeugt. Wer einen ernsten und super spannenden Krimi sucht ist hier sicher nicht richtig, aber wer einfach mal eine schöne, lustige Auszeit im Allgäu, mit einem Kriminalfall als Grundlage, verbringen will, ist hier bestens bedient.
Ich freue mich auf weitere Fälle und werde die Wartezeit auf einen neuen Fall mit den früheren Bänden überbrücken.