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Brombeere

Bewertungen

Insgesamt 205 Bewertungen
Bewertung vom 06.06.2022
Nachtschwärmerin
Mottley, Leila

Nachtschwärmerin


sehr gut

roh und grausam
Worum geht es?
Kiara kümmert sich mit ihren 17 Jahren nicht nur um sich, sondern auch um ihren Bruder und den Nachbarsjungen Trevor. Alle Verantwortung liegt auf ihr und sie muss dringend Geld für die Miete auftreiben. Nachdem sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, beginnt sie, ihren Körper zu verkaufen um zu überleben.

Worum geht es wirklich?
Um Stärke, Überlebenswillen und kleine Glücksmomente in einem trostlosen Leben.

Lesenswert?
Ja, eine packende Geschichte. Man begleitet Kiara bei ihren Versuchen, einen Job zu bekommen, ihr gemeinsames Leben am Laufen zu halten und eine Stütze für ihre Mitmenschen zu sein. Viel zu viel Last ruht auf den Schultern der jungen Frau, die keine Rücksicht auf ihr eigenes Leben nimmt, bzw. nehmen kann und somit schließlich nicht nur als Prostituierte arbeitet, sondern dort auch in den Sumpf der Stadt einzutauchen, bis er sie zu verschlingen droht. Es gibt kaum Rettungsleinen in ihrem Leben und dennoch genug Gründe, das alles zu überleben.
Kiara ist teilweise emotionslos, teilweise so unfassbar zart. Mal ein Kind, mal eine junge Frau. Mal völlig rational und dann wieder überfordert mit allem. Ihre Figur fand ich beim Lesen unglaublich bewegend. Sie ist die einzige Figur, die überhaupt herausgearbeitet wird und immer im Mittelpunkt steht. Die beschriebenen Situationen sind mit unter schwer zu ertragen. Ich konnte Kiara an vielen Stellen zwar nicht nachvollziehen, aber habe dies nicht als störend oder negativ empfunden.
Ich finde die Sprache der Übersetzung sehr passend, auch Slang war irgendwie gut umgesetzt und viele Kleinigkeiten (wie zum Beispiel das ganze Thema Haare und Frisuren) waren wirklich toll beschrieben und stimmig übersetzt.
Die Erlebnisse werden nicht in aller Ausführlichkeit beschrieben, manchmal nur in Nebensätzen. Das macht es aber nur noch brutaler und grausamer. Die junge Autorin erzählt am Ende des Buches, welche Begebenheit sie zu diesem Buch veranlasst hat und die Nähe zur Realität macht es zu einer heftigen Geschichte.
Die Kapitel waren für meine Vorlieben teilweise zu lang, aber es war dennoch ein gut lesbarer Text.
Dies ist mein erstes Buch des Ecco-Verlags und mir gefällt die Aufmachung sehr gut: Ein eher kleines Hardcover, ohne Schutzumschlag, aber mit buntem Vorsatzpapier und Lesebändchen. Haptisch fühlt sich das Buch angenehm an und die matte Oberfläche bekommt nur schwer Fingerabdrücke. Optisch wirklich gelungen.

Bewertung vom 20.04.2022
Das Loft
Geschke, Linus

Das Loft


sehr gut

Wer hat die Tat begangen?

Worum geht es?
Ein Pärchen und der beste Freund des Mannes wohnen zusammen, doch dann wird dieser mutmaßlich ermordet und das Paar festgenommen. Wer hat ihn umgebracht? Oder waren es beide? Wer lügt? Wer kennt die Wahrheit?

Worum geht es wirklich?
Besitz, Psychospielchen und Ohnmacht.

Lesenswert?
Ja, eine spannende gut umgesetzte Idee. Nachdem die beiden festgenommen werden, erfährt man nach und nach was sie denken, was in der Vergangenheit passiert ist, was sie übereinander denken. Dabei kann man sich nie sicher sein, ob die dem*der Leser*in gerade die Wahrheit verraten oder ein falsches Spiel spielen. Gefällt mir wirklich gut. Die erschaffenen Personen sind greifbar und man rätselt definitiv mit und versucht auf kleine Nuancen zu achten.
Das Cover ist ein definitiv ein Hingucker, auch wenn die Handlung gar nicht so viel in dem gemeinsamen Loft spielt, wie Titel und Cover das vermuten lassen würden. Auch der Untertitel leitet meiner Meinung nach ein wenig in die Irre, denn es gibt hier keine gleichberechtigte Freundschaft. Vielmehr eine Männerfreundschaft und eine Beziehung, somit eine gemeinsame Person.
Den Schreibstil finde ich angenehm, gut lesbar und das Hörbuch ist definitiv auch zu empfehlen.
Auch wenn die Figuren mir nicht sympathisch waren, bin ich gerne der Handlung gefolgt und wollte wissen, welche eiskalten Gründe hinter der ganzen Sache stecken. Je nach Kapitel schwankt auch die Sympathie und man kann sich nicht sicher sein, welche Dinge noch alle ans Licht kommen.
Tatsächlich hat mir die Auflösung des Ganzen nicht so gefallen, das hätte ich mir anders gewünscht. Aber das ist eher subjektiv.
Wer in die Gedankenwelt von einem festgenommenen Paar eintauchen will und herausfinden will, wer der Mörder ist, der ist genau richtig aufgehoben.

Bewertung vom 20.04.2022
Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
Hazelwood, Ali

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe


ausgezeichnet

ein tolles Buch!

Worum geht es?
Olive, Biologie-Doktorandin, behauptet ihrer Freundin gegenüber ein Date zu haben, damit diese sich beruhigt mit Olives Exfreund trifft. Um ihr eigens Date zu beweisen, küsst Olive spontan den nächstbesten Mann neben ihr. Damit handelt es sich ausgerechnet um Adam, den unfreundlichsten und arrogantesten Wissenschaftler in ganz Stanford.

Worum geht es wirklich?
Zukunft, Dinge für die man einsteht und Loyalität

Lesenswert?
Ja, eine wirklich schöne Geschichte. Vorweg: Die Handlung kommt nicht komplett ohne Klischees aus und bei dem Buch handelt es sich um eine RomCom. Aber was für eine! Damit Olives Freundin Anh ohne schlechtes Gewissen mit Olives Exfreund ausgeht, behauptet Olive spontan, selbst zu daten und muss dafür überraschend jemanden küssen. Sie schnappt sich den erstbesten und erst dabei fällt ihr auf, wen sie sich ausgesucht hat: Adam Carlsen ist bekannt, berüchtigt und nicht sonderlich beliebt, da er als äußerst streng und emotionslos gilt. Weil der eine Kuss natürlich nicht ausreicht, muss Olive eine Beziehung mit Adam vortäuschen. Dafür gibt es ganz klare Regeln und Vereinbarungen. Aber natürlich kommt alles etwas anders, als die beiden notgedrungen Zeit miteinander verbringen müssen.
Mich hat das Setting und das ganze Thema Promotion (in Naturwissenschaften) an amerikanischen Universitäten sehr gefallen. Es wirkt alles so lebendig, realitätsnah und nachvollziehbar. Fand ich echt interessant.
Zudem sind Olive und Adam (und die beiden in Kombination) echt süß und angenehm und nicht überzogen. Man merkt Olive ihre Unsicherheit und Unerfahrenheit deutlich an, Adam wirkt da eher wie der passende Ruhepol.
Auch die Freund*innenschaften der beiden mit den anderen Personen am Campus fand ich gut gemacht und größtenteils echt wohltuend. Da hat einfach alles gestimmt.
Obwohl diese Story romantisch und humorvoll ist greift sie dennoch ernste Themen auf und behandelt diese meiner Meinung nach recht gut und ohne unnötiges Drama.
Der Schreibstil ist erfrischend, schön lesbar und auch das Hörbuch ist richtig gut gemacht.
Kleine Kritik für die dauernde Erwähnung von Adams großem Körper - das war einfach ein bisschen zu viel. Und auch das Cover finde ich nicht wirklich schön.
Wer aber eine gute unterhaltsame Story mit Witz und Romantik lesen möchte (Protagonist*innen Mitte 20 bis Mitte 30), der ist hier genau richtig. Der Hype um dieses Buch ist meiner Meinung nach berechtigt!

Bewertung vom 20.04.2022
Die Sommerschwestern Bd.1
Peetz, Monika

Die Sommerschwestern Bd.1


gut

eine dramatische Familie

Worum geht es?
Die vier Schwestern, die sich selbst als die „Sommerschwestern“ bezeichnen, werden von ihrer Mutter nach Holland geladen. An den damaligen Urlauben hängen viele glückliche Erinnerungen, während ihre jetzigen Leben eher distanziert und grundverschieden sind. Den Grund für die Einladung kennen die Schwestern (noch) nicht.

Worum geht es wirklich?
Familie, unterschiedliche Lebensentwürfe und Entscheidungen.

Lesenswert?
Ja, angenehm geschrieben und eine gute Unterhaltung. Aber weder nachklingend noch innovativ. Man lernt die vier Schwestern und ihre Mutter kennen. Fünf sehr unterschiedliche Frauen. Was damals noch gut funktionierte, hat sich mittlerweile auseinander gelebt. Sie bewerten die gegenseitigen Lebensentscheidungen dauernd, verhalten sich teilweise übergriffig und ignorieren Grenzen. Sie machen sich das Miteinander wirklich nicht sonderlich einfach oder nett. Immer weiß irgendjemand mehr als die anderen, immer werden gemeinsame Fronten geknüpft und generell herrscht ein gegenseitiges Misstrauen.
Es gibt zwar einen roten Faden, eine Haupthandlung, aber bereits diese wirkt eher nach künstlichem Drama und Aufregung. Statt einfach einmal ehrlich und offen miteinander zu reden. Richtig sympathisch ist kaum eine der Figuren, sie wirken teilweise eher überzeichnet und wenige Eigenschaften werden in den Fokus gestellt, um die ganze Person darzustellen.
Das Cover gefällt mir sehr gut, sowohl der Stil als auch das Motiv und die Farben. Umfang und Ausstattung lassen mich das Buch als gute Urlaubslektüre einordnen.
Den Schreibstil empfinde ich ebenfalls als angenehm und auch das Setting in Holland ist schön gewählt. Allein durch die niederländischen Begriffe und Orte/Gerichte bekommt man ein wenig Fernweh nach der Nordsee und dem Nachbarland. Das hat mir gut gefallen.
Wiederum nicht so zufrieden bin ich mit dem Ende bzw. dem Ablauf der Handlung. Dramatik, Unwahrheiten und Neugier halten lange Zeit an und dann geht plötzlich alles ganz schnell. Alles klärt sich auf, alle verhalten sich mit einem Mal erwachsener und wohlwollender und das Buch findet sein Ende. Passt zwar gut, wenn das ganze unterhaltsame Urlaubslektüre sein soll, aber habe ich als nicht realistisch empfunden.
Trotzdem glaube ich, dass man dieses Buch gut lesen kann und damit einfach ein paar unterhaltsame Stunden verbringen kann.

Bewertung vom 20.04.2022
A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia / Das Reich von Sonande Bd.1
Brown, Roseanne A.

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia / Das Reich von Sonande Bd.1


ausgezeichnet

tolle High Fantasy

Worum geht es?
Malik versucht heimlich in die Stadt zu gelangen, in der er unerwünscht ist. Mit einem Male nimmt er als auserwählter Champion an den Spielen von Solstasia teil und muss eigentlich Prinzessin Karina töten, um seine Schwester zu retten.

Worum geht es wirklich?
Familie, Herkunft und Vertrauen.

Lesenswert?
Ja, hat mir richtig gut gefallen. Klassische High-Fantasy, angesiedelt in einer von Nordafrika inspirierten Umgebung samt Magie, Mythen und Aufgaben, für die man das Herz eines anderen Menschen braucht.
Ich bin einfach so angetan von Setting und Cover und den Bildern, die die Autorin aufleben lässt, von dieser trubeligen Stadt und ihren Festen, von den Klängen, Düften und Farben, die beschrieben werden und die einfach richtig gut passen. Generell finde ich es wunderbar, dass es sich hierbei um Fantasy mit Protagonist*innen of Colour handelt, verfasst von einer Autorin of Colour. Gerne mehr davon!
Dann der epische Plot, teilweise Abenteuer, teilweise Romanze, teilweise Verrat und Kämpfen für die eigene Familie.
Nicht unbedingt völlig neu und unvorhersehbar, aber einfach wunderbar stimmig und abgerundet und ich hab so Lust auf Band 2!
Beide Protagonist*innen, Malik und Karina, haben mir gut gefallen. Sie ist aufbrausend, manchmal unüberlegt und geht in die Offensive. Er ist eher schüchtern, sensibel und in vielen Dingen unerfahren. Ich fand die Szenen zwischen den beiden sehr gut, es war irgendwie stimmig und greifbar. Auch wenn Karina manchmal ein Miststück ist. Aber ich hab das so gemocht!
Abwechselnd folgt man beim Lesen diesen beiden Personen und mir haben beide Erzählperspektiven gut gefallen, ich hätte es mir nicht anders wünschen können.
Die Autorin lässt, wie erwähnt, ganz wunderbare Eindrücke beim Lesen entstehen. Für einige Leser*innen gab es wohl zu wenig Erklärungen, Einführungen in die Begriffe. Hat mir persönlich nicht gefehlt. Es wirkte durchdacht und nicht so, dass die Autorin alles haarklein erklären muss/möchte. Im Zusammenhang fand ich das alles verständlich und mir hat nichts gefehlt. Das ist aber wohl eine subjektiv Empfindung.
Das Cover ist unglaublich schön gestaltet und passt sehr gut, weicht vom englischen Original ab. Bei meiner Ausgabe gibt es einen schönen farbigen Buchschnitt (den ich persönlich nicht gebraucht hätte).
Zusammenfassend: Richtig gut und klare Empfehlung!

Bewertung vom 28.03.2022
Golden Hill Touches / Golden Hill Bd.1
Böhm, Nicole

Golden Hill Touches / Golden Hill Bd.1


gut

Grundidee enttäuschend, Umsetzung ganz gut.

Worum geht es?
Parker kommt nach mehreren Jahren zurück in das Dorf seiner Großeltern um ihre Ranch zu renovieren. Doch nicht alle sind ihm wegen seiner Vergangenheit wohl gesonnen und dann trifft er auch noch auf die Frau, mit der damals so viel schief lief.

Worum geht es wirklich?
Einen Ort an dem man sich daheim fühlt, Wiedergutmachung alter Fehler und Durchhaltevermögen.

Lesenswert?
Ja, schlussendlich dann doch eine ganz gute Lektüre, wenn mir auch nicht alles gefallen hat. Die Geschichte baut sich aus mehreren Strängen zusammen. Einmal Parkers Sicht und dann die von Clay, beides sowohl heute als auch in der Vergangenheit. Direkt zu Beginn weiß man: Da ist etwas vorgefallen! Aber erst im Laufe der Zeit, wenn die Stränge zusammen führen, erfährt man die ganze Wahrheit.
Ich finde die Geschichte angenehm geschrieben und die wechselnden Rollen interessant. Trotzdem konnte mich die Handlung in der ersten Hälfte nicht wirklich packen, weil ich die Grundidee, warum Parker zurückkehrt und was sein Plan ist, nicht überzeugend fand. Irgendwie wirkte das für mich nicht realistisch, eher übertrieben mit zu großen Plänen und ohne dass ich seine Intention verstehen konnte. Daher war dieser Teil eher enttäuschend für mich. Das Setting mit der Ranch und den Pferden ist zwar nicht schlecht, aber wirkte nach künstlicher Cowboy-Romantik.
Hingegen sehr gut hat mir gefallen, wie sich die Geschichte von den beiden Personen entwickelt, wie sie miteinander agieren. Interessant, dass das Buch trotz abwechselnder Perspektive eher aus Parkers Sicht erzählt wird und somit in dieser Reihe die männlichen Hauptfiguren im Fokus stehen. Trotzdem erfährt man auch genug über Clay, um mit ihr warm zu werden. Obwohl ich mich jetzt nicht sonderlich mit ihr identifizieren konnte, fand ich sie sehr authentisch gestaltet und ich habe die Geschichte der beiden gerne und neugierig verfolgt.
Ebenfalls gut gefallen haben mir die spicy Szenen zwischen den beiden - fand ich gut beschrieben und wunderbar mit Konsens. Sehr schön.
Ich würde also sagen, mir hat die Art wie die Autorin schreibt und ihre Charakterauswahl und -entwicklung gut gefallen, die Grundidee für die Handlung jedoch eher nicht. Die nächsten Bände interessieren mich und ich bin gespannt.

Bewertung vom 28.03.2022
Die Diplomatin
Fricke, Lucy

Die Diplomatin


sehr gut

unterhaltsam und brisant

Worum geht es?
Fred ist Diplomatin, erst in Montevideo (Uruguay) und dann nach einem Vorfall in Istanbul. Dort wird sie von politischen Abläufen überrollt und an ihre Grenzen gebracht: Menschlich und auch politisch.

Worum geht es wirklich?
Schuld, Mut und Ohnmacht.

Lesenswert?
Ja, eine unterhaltsame und dennoch nachdenklich stimmende Lektüre. In wirklich kurzen Kapiteln begleitet man Fred bei ihrer Arbeit in Montevideo, ihren Aufgaben als Diplomatin - weniger politisch als vielleicht erwartet. Nach einem Zeitsprung dann ein anderer Arbeitsort: Istanbul. Und hier wird es wesentlich persönlicher und auch politisch aufgeheizter.
Während ich die Protagonistin Fred zu Beginn eher anstrengend und unsympathisch empfunden habe, wurde sie im Verlauf der Handlung immer greifbarer, immer menschlicher und die Handlung damit irgendwie immer drängender.
Es gibt durchaus viele unterhaltsame und amüsante Stellen, zeitgleich schwebt aber die politische Ohnmacht über den Handelnden und man muss (recht fassungslos) dabei zuschauen, was möglich ist und was eben auch nicht möglich ist.
Die Richtung, in die die Handlung sich entwickelt, habe ich nicht erwartet. Hat mir aber gut gefallen und ich habe zum Ende hin mit den Protagonist*innen gebangt und gehofft.
Sprachlich sehr angenehm zu lesen. Durch die kurzen Kapitel und den geringen Umfang des Buches auch für Menschen mit wenig Lesezeit oder nur kurzer Lesezeit sehr gut geeignet. Kann man gut beiseite legen und erst später wieder wieder einsetzen.
Trotz des Unterhaltungsfaktors dieses Buches war die Handlung brisant und auch bewegend. Es werden keine politischen Namen genannt, es gibt keine konkreten Angaben. Und dennoch denkt man sich immer wieder: Oh verdammt, das kann so echt passieren. Das ist nicht weit weg. Das passiert genau so in manchen Ländern. Mit diesen wenigen Seiten und den kurzen Szenen wird ein sehr greifbares und reales Bild erschaffen. Es muss nicht lange erklärt werden. Es entsteht einfach nebenbei. Und es ist erschreckend.
Von daher kann ich die Lektüre dieses Buches empfehlen.

Bewertung vom 28.03.2022
Schildmaid
Vogt, Judith C.;Vogt, Christian

Schildmaid


sehr gut

Worum geht es?
Ein Schiff, beinahe nur mit Frauen, sticht in See um nichts geringeres als Ragnarök zu verhindern.

Worum geht es wirklich?
für einander einstehen, Selbstbestimmung und Freiheit

Lesenswert?
Ja, in meinen Augen ein wirklich gutes Buch. Es ist nicht nur die Tatsache, dass es hier um ein von Frauen geführtes und gesteuertes Boot geht. Das wäre zu wenig. Es sind so viele kleine feine und wunderbare Szenen, die in diesem Buch vorkommen.
Das große Ganze, nämlich die Reise mit dem Boot, ist recht klassisch abenteuerlich. Die Reisenden besuchen mehrere Stationen, bis sie final einen letzten Kampf austragen müssen. Soweit ist das erst einmal nichts neues. Muss es aber auch nicht. Ich finde, der Reiz dieses Buches besteht darin, dass es eben altbekannte Elemente und moderne Elemente miteinander verbindet.
So auch die Erzählweise. Zu Beginn gleicht die Geschichte, die Art des Erzählens, einer sagenhaften Struktur. Viele Namen und sehr kurze Abschnitte stellen die handelnden Figuren vor. Wer - wie ich - sich mit dieser Art des Erzählens schwer tut: Sie ändert sich im Laufe der Zeit. Und ihr müsst euch nicht alle Namen merken. Im Verlauf der Handlung versteht man, wer relevant ist. Auch, wenn man zu Beginn etwas überfordert ist. Später ist der Erzählstil dann „bekannter“ und man kann sich eher auf die Handlung konzentrieren. Viele „nordische“ Begriffe lassen das ganze stimmungsvoll werden. Hierzu findet man auch ein Glossar am Ende des Buches.
Wirklich positiv ist mir aufgefallen, wie viel Repräsentation es in diesem Buch gibt. Möglicherweise also Achtung, Spoiler: Es ist egal ob man gehörlos ist, Gebärdensprache spricht oder eine Kriegerin of Colour ist. Ob man starke Regelschmerzen hat, ob man überhaupt eine Gebärmutter hat. Man kann Mutter sein oder keine Mutter sein oder die Mutter eines toten Kindes. Man kann Ehefrau, Witwe, lesbisch oder bi sein. Man kann trans sein oder genderfluid. Man kann hart und stark sein, oder gefühlvoll und emotional. Oder mehreres zeitgleich. Es finden sich einfach unterschiedliche Menschen zu dieser Reise zusammen, die alle unter der patriarchalen Struktur leiden und die für ihre Selbstbestimmung eintreten. Dabei gehen die beiden Autor*innen damit wohlwollend um, ebenso wie die Besatzung. Überforderung in der Rolle der Mutter, toxische Beziehungen, toxische Männlichkeit und Erwartungshaltungen - all das spielt hier eine Rolle.
Vielleicht ist die Handlung an sich nichts grundlegend neues. Das macht aber nichts. Ich finde es großartig, wie hier gezeigt wird, dass bei Fantasy und historischer Fantasy Diversität möglich ist. Und zwar ohne Drama, sondern eben ganz normal. Nichts, aber auch gar nichts, geht von der Spannung und dem Weltenbau verloren, nur weil man eine diverse Gruppe hat!

Bewertung vom 14.03.2022
Die Kinder sind Könige
Vigan, Delphine

Die Kinder sind Könige


gut

Umsetzung nicht überzeugend.

Worum geht es?
Mélanie präsentiert sich, ihre Familie und vor allem ihre zwei kleinen Kinder im Internet, sichtbar für Millionen Follower. Bei einem Versteckspiel taucht ihre Tochter Kimmy, bekannt und geliebt, dann nicht wieder auf.

Worum geht es wirklich?
Sichtbarkeit, Druck und Privatsphäre

Lesenswert?
Nein, trotz super interessantem und wichtigen Thema konnte mich die Umsetzung nicht begeistern. Was hat mir gefallen? Der Aufbau der Geschichte war gut gewählt in verschiedenen Jahrzehnten und somit verschiedene Sicht auf Präsentation in der Öffentlichkeit. Und auch die Wahl der Protagonistinnen fand ich gut: Einmal Polizistin Clara und dann Influencerin Mélanie. Der Roman deckt dabei viele verschiedene Themenbereiche ab. Das Erwachsenwerden, der Wunsch nach Sichtbarkeit, der Einfluss der Eltern, dann später wird die Geschichte zu einem aufregenden Kriminalfall. Dessen abruptes Ende hat mich ein wenig überrascht und war mir zu schnell. Weiterhin interessant waren die verschiedenen Layouts, die Einbindung von Polizeiverhören und -sichtungen. Sprachlich angenehm lesbar, bei der mir vorliegenden Auflage jedoch noch Rechtschreibfehler enthalten. Übersetzung wirkt manchmal hölzern bzw. Worte sehr eingedeutscht.
Das Thema ist wie erwähnt interessant und notwendig.
Nicht gefallen haben mir die Charakterdarstellungen. Beide Frauen meiner Meinung nach sehr einseitig beschrieben. Bzw. Mélanies Job als Influencerin wird eher ins lächerliche gezogen. Die Tatsache, dass sie zum Beispiel unter Druck stehen wird, weil sie das gesamte Familieneinkommen verdient und gar nicht so einfach Werbeverträge ablehnen kann, bleibt unerwähnt. Natürlich darf man das Prinzip kritisieren, den Konsum. Aber es nur einseitig zu betrachten ist für mich keine gute Lösung. Zeitgleich werden die Männer, die Kritik an ihr üben, eher heldenhaft dargestellt. Sie werden nicht hinterfragt. Ihre Methodik auch nicht.
Der Fall des verschwundenen Kindes wurde dann sehr abrupt gelöst, die Kapitel danach habe ich als unrealistisch und nicht zur Zeit passend empfunden.
Alles in allem hatte ich das Gefühl, die Autorin will ein wichtiges Thema besprechen, kennt sich aber inhaltlich nur damit aus, was man als außenstehende Person sieht und glaubt. Es wirkt nicht in die Tiefe recherchiert. Es ist eher ein Fingerzeig auf all die, die ihre Kinder dem Internet preisgeben.

Bewertung vom 14.03.2022
Love in the Big City
Park, Sang Young

Love in the Big City


gut

interessant aber verwirrend

Worum geht es?
Eine zeitlang ziehen Young und Jaehee gemeinsam los, beide auf Männerjagd. Ihre Erfahrungen tauschen sie dann in ihrer heimlichen WG aus. Doch Jaehee wird heiraten und Young bleibt alleine in dem ehemals gemeinsamen Partyleben zurück.

Worum geht es wirklich?
Finden, Verzeihen und Sehnsüchte.

Lesenswert?
Jein, manches hat mir mehr und manches weniger gefallen. Wie schon im Klappentext angedeutet, folgt man Young und Jaehee in ihrer wilden Lebensphase, bis Jaehee eines Tages an einem Mann hängen bleibt. Young jedoch ist weiterhin ziellos auf der Suche, scheint immer wieder zu finden und dann doch wieder zu verlieren. Darum geht es den größeren Teil des Buches, für den Jaehee und die Anfangssituation dann recht irrelevant sind. Es geht um Familie, Arbeit, das Leben in Südkorea, das Leben als schwuler Mann. Es geht um versteckte Liebe und Orte der offensichtlichen Zuneigung und darum, wie auch seine Liebhaber unterschiedlich mit ihrer Sexualität umgehen. Finde es schade, dass die Freundschaft nur so einen kurzen Teil des Buches thematisiert wird. Das hatte ich anders erwartet.
Beide Protagonist*innen könnte ich auch nach der Lektüre nicht einordnen, wie sie wirklich sind, was ihren Charakter ausmacht.
Das Buch ist gut zu lesen, bestimmte Redewendungen sind verständlich ins Deutsche übersetzt und man bekommt einen ziemlich guten Eindruck vom Leben in Südkorea. Bezogen auf Arbeit, Freundschaft, Liebe und Gesundheit. Von daher auf jeden Fall eine lohnenswerte Lektüre.
Eher schwer habe ich mich mit den ständigen Zeitsprüngen von Kapitel zu Kapitel getan, die nie mit einer Jahreszahl oder Einordnung beginnen und die man daher versuchen muss in Youngs Lebens-Timeline einzuordnen. Was mir oft nicht gelungen ist und ich daher mehrmals verwirrt von den Handlungen war. Hat zumindest mein persönliches Leseempfinden gestört und dafür gesorgt, dass ich mich nicht richtig in die Handlung einfinden konnte oder es als spannend empfinden konnte. Es waren eher lose aneinander gereihte Eindrücke und Begebenheiten.
Durch diese fehlende Struktur habe ich auch Young charakterlich nicht verstehen können, weil ich kaum erkannt habe welche Eigenschaften zu dem jungen Mann und später zu dem älteren gehört haben.
Das Buch war interessant zu lesen, der Aufbau und Umgang mit Zeitsprüngen haben mir jedoch gar nicht gefallen.