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monerl

Bewertungen

Insgesamt 232 Bewertungen
Bewertung vom 28.12.2017
Das Schmetterlingsprinzip
Hötzer, André

Das Schmetterlingsprinzip


sehr gut

An Fragen, wie können wir Kindern helfen, die um einen geliebten Menschen trauern, wie können wir ihnen den Kummer und die Gedanken an den eigenen Tod nehmen, hat der Autor sich herangewagt und versucht sie zu beantworten. Dabei ist dieses einfühlsame Buch herausgekommen.

Der Einstieg ist klar und verständlich. Marie hat in den Ferien ihre geliebten Eltern verloren und spürt täglich diesen furchtbaren Schmerz und den Verlust. Sie weiß nicht, wie sie das jeh wird überwinden können. Sie weiß auch nicht, wie sie mit den Fragen ihrer Umwelt, insbesondere den Kindern aus der Schule, umgehen soll. Obwohl sie nun in der Obhut ihres geliebten Onkels ist, ist er ihr bei alledem keine Hilfe, denn der Onkel trauert selbst um seinen geliebten Bruder.

André Hötzer hat es geschafft, eine sehr angenehme und beruhigende Atmosphäre zu gestalten. Man spürt Maries Schmerz aber auch ihren Willen, sich dem Schmerz zu stellen und zu versuchen ihn zu überwinden. Dabei stößt sie auch auf die bekannte Frage, ob es denn erlaubt ist, keinen Schmerz mehr zu empfinden oder ihn abzuschwächen.

Der Autor zeigt schöne Antwortmöglichkeiten, Vorstellungen und Wege auf die oben genannten Fragen auf. Vieles verändert vor unseren Augen die ursprüngliche Form, warum sollte es nicht auch möglich sein, dass sich dieser Prozess auch nach dem Tode, für unsere Augen unsichtbar, vollzieht? Wenn aus einer Raupe ein Schmetterling werden kann oder aus Wasser Dampf, wieso nicht aus einem geliebten Menschen genau das, was man sich für diesen nach dem Tode wünscht!? Das hat mich sehr berührt. Denn dazu muss man nicht einmal an Gott glauben. Für das gute und beruhigende Gefühl reicht der Wunsch aus.

André Hötzer zeigt auch glaubhaft die Unterschiede des Trauerns von Kindern und Erwachsenen. Beim Lesen kann man als Erwachsener bewusst versuchen zu ergründen, wie es einem selbst mit dem Gefühl des Verlustes geht / gehen würde und ob man in der Lage wäre, die Situation mit kindlichen Augen zu bewältigen. Denn eines wird am Ende klar, Marie findet viel leichter und viel schneller ihren Weg mit dem Verlust und dem Schmerz umzugehen, als ihr trauernder Onkel. Und genau das hat mich dann irgendwie etwas beruhigt. Irgendwann werde ich dieses Buch mit meinen Kindern lesen und ich bin jetzt schon sehr gespannt, wie sie darauf reagieren und was ihnen ganz unbedarft dazu einfallen wird und welche Fragen sie stellen werden. Denn ich finde, dieses Buch eignet sich sehr gut dafür über das Thema Tod und Verlust zu sprechen, ohne dass Kinder sich bereits in dieser Situation befinden und diese bewältigen müssen.

Zwei Kritikpunkte habe ich auch, die ich nicht unerwähnt lassen möchte. Der Autor wollte mit diesem Buch Kinder und Erwachsene gleichermaßen trösten und unterstützen, weshalb die Sprache nicht immer ganz kindermundgerecht ist. Zudem hätte ich mir viel mehr Zeichnungen gewünscht. Sie sind schön und lockern das Buch auf. Es gibt immer wieder Seiten, die ausschließlich Text zeigen. Da hätte mir gefallen, Lichtpunkte oder Schmetterlinge, Raupen usw. zu vorzufinden. Es müssen ja nicht immer große und detaillierte Zeichnungen sein. Sie hätten nicht nur das kindliche Auge erfreut.

Zum Schluss gibt es eine kleine Sammlung von Sätzen, die einem wieder bewusst werden lassen, dass nur die Gegenwart sicher ist und wir in dieser unseren uns geliebten Menschen sagen sollen, dass wir sie lieben. Wenn möglich, nichts auf morgen verschieben, denn "Gestern ist Vergangenheit, Morgen ein Geheimnis, aber Heute ist ein Geschenk."!

Fazit:
Ein kleines Büchlein mit ernstem Thema, das sehr feinfühlig auf die Thematik Tod und Trauerbewältigung eingeht und durchaus dazu geeignet ist, mit Kindern über das Thema Sterben und Verl

Bewertung vom 28.12.2017
Das Mädchen und die Fremde / Emma Sköld Bd.2
Sarenbrant, Sofie

Das Mädchen und die Fremde / Emma Sköld Bd.2


weniger gut

Dieses Buch gehört zur Kategorie: Sehr schönes Cover, spannender Klappentext, falsche Genre-Einsortierung und hatte bei mir Erwartungen geweckt, die im Endeffekt nicht bedient werden konnten.

Obwohl dies der zweite Band einer Reihe ist (Trilogie?), fiel es mir sehr leicht in das Buch hineinzukommen. Der Leser benötigt kein Vorwissen um zu verstehen, wer Emma ist, welchen Beruf sie ausübt und warum sie schwer verletzt im Krankenhaus liegt. Das jedenfalls ist ein positiver Aspekt, der erwähnt werden muss.

Sofie Sarenbrant schafft es auch, die ungemütliche und kalte Altmosphäre eines Krankenhauses beim Lesen hervorzuholen und man weiß wieder ganz genau, warum man Krankenhäuser nicht mag und froh ist, sobald die Kapitel nicht mehr dort spielen. Die Kapitel sind sehr, sehr kurz gehalten und somit wechselt die Szenerie und die Perspektive alle zwei bis drei Seiten. Doch entgegen dem damit im Normalfall ausgelöstem und sich steigernden Tempo in einer Geschichte, scheint dieses hier sich irgendwie nicht vorwärts zu bewegen. Verschiedene Figuren sind immer im Wechsel oder gleichzeitig bei Emma in der Klinik, obwohl diese permanent darüber klagt, so einsam zu sein. Der Kreis der Besucher umfasst ihre Schwester Josefin, ihre Eltern, ihren Lebensgefährten Kristoffer mit der gemeinsamen Tochter Ines und ihren Arbeitskollegen Nyhlen, die sich meist abwechselnd die Klinke in die Hand geben. Und dann gibt´s da noch Hillevi. Exfreundin und jetzige Babysitterin von Ines und Emma weiß nichts von ihrer Existenz!

Von Beginn an gibt es nur zwei Aspekte, die mit dem scheinbaren "Unfall", an den Emma sowieso nicht glaubt, zu tun haben könnten. Der eine ist zu offensichtlich und kann nicht die Lösung sein, somit bleibt nur noch der andere, der mir zudem recht früh klar war und sogleich die eigentliche Spannung der Geschichte vorweggenommen hatte. Damit hatte sich neben dem Thriller-Element, auch das Krimi-Element verabschiedet.

Leider konnten mich die Charaktere auch nicht besonders begeistern. Sie erscheinen zwar nicht flach, aber es fehlt ihnen an richtigen Kanten und Ecken, an Esprit und Handlungswillen. Durch die Bank weg konnte mich leider keine Figur überzeugen.

Beendet wird dieser Band mit einem großen Cliffhänger, der auf einen weiteren Teil hindeutet. Eventuell kommt da die eigentliche Geschichte in Fahrt. Denn jetzt fängt die eigentliche Polizeiarbeit an: Ein Mord muss geklärt und gewisse Verwicklungen aufgedeckt werden. Ob ich das noch wissen will, werde ich dann ganz spontan entscheiden. Denn die zwei vergeben Punkte bedeuten in Worten: "Es hätte was draus werden können"...

Fazit:
Eine vor sich hin plätschernde Geschichte, die erst kurz vor Ende Fahrt aufnimmt und auf ein großes Ganzes im nächsten Band hindeutet. Ein Thriller ohne Thrill. Für Leser, die Spannung nicht gut ertragen können und noch nicht so viele Krimis gelesen haben, damit das Ende mit einem Überraschungseffekt aufwarten kann.

Bewertung vom 20.12.2017
Die Teerose / Rosentrilogie Bd.1
Donnelly, Jennifer

Die Teerose / Rosentrilogie Bd.1


ausgezeichnet

"Die Teerose" ist der erste Teil der Rosentrilogie und entführte mich in ein vergangenes London, in den Teil der Arbeiterklasse, in dem sehr viele Menschen sehr viel für sehr wenig Geld arbeiten mussten. Es war die Zeit, als Arbeiter sich von ihren Arbeitgebern nicht mehr weiter ausbeuten lassen wollten, für mehr Lohn kämpften und Gewerkschaften bilden wollten.

Zur gleichen Zeit trieb in London ein Mörder sein Unwesen. Er tötete Prostituierte und wurde als Jack the Ripper bekannt. Die Verknüpfung der Mordserie Rippers mit der Geschichte Fionas ist Jennifer Donnelly sehr gut gelungen.

Die junge Fiona Finnegan schuftet hart in einer Teefabrik und möchte so gerne der monotonen Arbeit entfliehen. Sie träumt von einem eigenen Laden, den sie zusammen mit ihrer großen Liebe Joe aufbauen und führen möchte. Sie haben diesen Traum und sparen jedes bisschen Kleingeld, um ihn sich irgendwann erfüllen zu können.

Doch das Schicksal schlägt unglaublich hart zu! Fiona verliert brutal fast ihre gesamte Familie und Joe und flieht nach Amerika, um neu anzufangen.

Schon bis hierher hat man Fiona sofort ins Herz geschlossen und weiß, dass sie eine sehr junge aber auch sehr charakterstarke Frau ist, die sich durch ihr Leben durchboxen wird. Es war mir eine große Freude, sie auf ihrem Weg nach oben begleiten zu dürfen. Durch ihre entwaffnende Ehrlichkeit, Offenheit und ihrem charmantem Wesen, schafft sie es, Millionäre wie auch Prinzen, für sich einnehmen zu können. Diese Protagonistin ist der Autorin ausnahmslos gelungen! Ebenso konnte Jennifer Donnelly das damalige London, seien es die ärmeren Randgebiete, wie auch die reicheren viertel, vor meinem inneren Auge entstehen lassen. Selbst Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, fühlte sich wähend des Lesens an, als wäre man vor Ort und versuche dort sein eigenes Glück.

Gefesselt las ich mich dem Ende entgegen, und, obwohl das Buch so endet, wie ich es mir erhofft hatte, gab es auf dem Weg dorthin, mehr als eine unvorhergesehene Wendung, die mir großen Spaß machte. Ohne störende Längen gelang Donnelly ein schöner und flüssiger Schreibstil, der das ganze Buch hervorragend abrundet.

Fazit:
Eine unterhaltsame Geschichte, die großen Spaß macht, auch wenn der Fokus etwas mehr auf Romantik als auf Historie liegt. Flüssig und fesselnd geschrieben, obwohl die Protagonistin auf ihrem Weg kaum Spannungen begegnet. Aber manchmal ist es schön, von einer "Superwoman" zu lesen, die sich nichts gefallen lässt und ihr Leben in die Hand nimmt.

Bewertung vom 11.12.2017
Das Geheimnis des Kalligraphen
Schami, Rafik

Das Geheimnis des Kalligraphen


gut

Kurzmeinung:

Genre: Roman

Handlung: Der Autor nimmt den Leser wieder nach Syrien mit, in die Hauptstadt Damaskus und erschafft, wenn man sich mit Schamis Erzählkunst ein bisschen auskennt, ein großes Gemenge aus verschiedenen Protagonisten aus unterschiedlichem Stand, verschiedenen Religionen, Wünschen... Die Geschichte enthält Intriegen, Gewalt, Verwicklungen, Eifersucht, Liebe, Familie ... und kommt wegen einigen Längen sehr spät zum titelgebendem Geheimnis. Alles rankt sich um Hamid, den Kalligraphen, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die arabische Schrift umzugestalten, sie durch Vereinfachung zu reformieren. Dabei bleibt seine Frau Nura, sein und ihr soziales Leben, völlig auf der Strecke.

Charaktere: Hamid, Nura, Salman - die Protagonisten. Es wird viel über ihr Leben erzählt. Nach und nach entfaltet sich das Gesamtbild und man bekommt die Figuren etwas zu fassen. Doch konnte ich zu keiner eine Art Nähe spüren. Hamid war immer ein sehr arroganter, klischeebehafteter Typ. Aber auch seine leidgeplagte Ehefrau Nura nahm mich nicht für sich ein. Trotz ihres unschönen Lebens, bedauerte ich sie nicht, und fühlte auch nicht ihr Glück als Salman zu ihrem Geliebten geworden ist. Salman nahm ich als ziemlich blass wahr. Zudem gibt es zahlreiche Nebencharaktere, die den Roman vervollständigen, ihn aber auch manchmal unnötig aufblähen.

Spannung: In diesem Roman ist der Titel irreführend und sehr schlecht gewählt. Ich wartete auf ein spezielles Geheimnis, das sich aufzudecken lohnt. Darauf baute sich meine Spannung auf. Nachdem es aber kein Geheimnis in dieser Form gab, quälte ich mich immer wieder durch viele Längen durch die Geschichte.

Schreibstil: Der Autor ist sich in seiner Erzähl- und Schreibweise treu, die für den Leser Wiedererkennungswert hat. Hier hat mich aber gestört, dass es zum Ende noch einen zweiten Teil gab, der, für einen schönen Lesefluss, in den großen ersten Hauptteil hätte eingewebt werden sollen. So fühlte sich das Ganze für mich etwas zerpflückt an.

Ende: Zum Schluss ist alles klar und keine Fragen bleiben offen. Viele Geschichten, die das große Ganze bilden, wurden auserzählt. Aber so richtig begeistern konnte mich dieser Roman nicht. Er war gut aber es reichte nicht zu einer herausragenden Geschichte, wie ich sie bei "Sophia oder der Anfang aller Geschichten" oder auch bei "Die dunkle Seite der Liebe" vorgefunden hatte. Der Fokus auf die arabische Schrift und ihre Entwicklung und die Kalligraphie war mir zu unausgewogen. Insbesondere deshalb, da ich darauf in dieser Art, durch Titel und Klappentext, nicht gefasst / vorbereitet war.

Zugabe: Am Ende des Buches gibt es eine tolle Zugabe über die islamische Kalligraphie und ihre Kunstwerke, die islamische Schrift und das arabische Alphabet. Da ich die arabische Schrift liebe, sie wunderschön finde und sie gerne schreibe und zu optimieren versuche, ist das ein großes Highlight für mich. Aber ich dachte nicht, dass das mitunter das eigentliche Thema des Buches ist.

Fazit: Ein typischer und ausschweifender arabischer Roman mit Themenschwerpunkten, die damals wie auch heute noch, in der arabischen Welt aktuell sind. Zu viele Geschichten in der Geschichte haben hier den Roman aufgebauscht. Ganz nett, doch Schami kann es besser.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.12.2017
Die Frau im hellblauen Kleid
Maxian, Beate

Die Frau im hellblauen Kleid


weniger gut

Eine Familiengeschichte über vier Generationen, von Ur-Großmutter zur Enkelin, verwoben mit tiefen Geheimnissen, beginnend in Wien, als 1927 das Mädchen Käthe den Mut aufbrachte, sich ihren Traum zu erfüllen.

Es versprach eine spannende Familiengeschichte zu werden. Vier Frauen, die sich vom Schicksal, das der 2. Weltkrieg über sie gebracht hat, nicht von ihrem Weg haben abbringen lassen und letztendlich eine Schauspieler-Dynastie begründeten, wie es in Österreich vorher keine gegeben hat. Dabei kommt einiges ans Licht, das lange Zeit verborgen geblieben war.

Der Rahmen des Romans ist sehr gelungen. Leider schafft es Beate Maxian aber nicht, ihre Geschichte sprachlich so umzusetzten, das man von ihr durchweg gefesselt ist. Der Erzähl- und Schreibstil ist sehr unrund. Oftmals wunderte ich mich über holprige und flache Dialoge. Inhaltlich enthüllten sie ein großes Geheimnis, doch Beate Maxians Charaktere nahmen dies einfach an ohne eine gewichtige Emotionalität, dich ich von den Figuren zur jeweiligen Enthüllung erwartet hätte. Somit wuchs zunehmend meine Distanz zu den Protagonistinnen. Ich konnte nicht mit ihnen fühlen, "sah" ihnen lediglich kopfschüttelnd zu.

Das Beziehungs-Hin-und-Her von Sophie, der letzten in der Reihe der "Altmann-Frauen", das große Herzschmerzdrama und eine andauernde Sturheit ohne Einsicht, zerrte mehr und mehr an meinen Nerven. Die ständigen Wiederholungen zu Marianne, wie "Diva" und "betagte Dame", über die ich vermehrt stolperte, störten meinen Lesefluss. Ich hangelte mich von Kapitel zu Kapitel und freute mich immer auf ein Kapitel zur Vergangenheit, das über Käthe, die Ur-Großmutter, berichtete. Diese Rückblicke in die Vergangenheit waren es, die die Spannung aufrecht hielten und mich bis zum Ende haben durchhalten lassen.

Nach Beendigung der Lektüre denke ich, hätte sich die Autorin ausschließlich auf die historische Geschichte eingelassen, wäre ihr wahrscheinlich ein sehr guter Roman gelungen. Denn dieser Erzählstrang war gut recherchiert, mit einer wundervollen und für sich einnehmenden Protagonistin ausgearbeitet und einer Liebesgeschichte, die viel Potential gehabt hätte. So wäre auch der Konflikt mit und von Jakob, der Jude war, noch besser zur Geltung gekommen und es wären die Emotionen und Erwartungen des Lesers, die das wunderschöne Cover geweckt hatte, erfüllt worden.

Fazit:
Ein thematisch sehr interessantes Buch, mit einem tollen Handlungsumfeld, spannenden Geheimnissen und vielversprechenden Charakteren, das leider an der Umsetzung scheiterte.

Bewertung vom 06.12.2017
Das Fundament der Ewigkeit / Kingsbridge Bd.3  (Restauflage)
Follett, Ken

Das Fundament der Ewigkeit / Kingsbridge Bd.3 (Restauflage)


sehr gut

Endlich wieder zurück nach Kingsbridge! Ich freute mich sehr auf das Wiedersehen, war doch der erste Teil "Die Säulen der Erde", vor etwas mehr als 20 Jahren, eines der Bücher, die meine Liebe zu historischen Romanen begründet hat.

Kein anderer versteht es, so wie Ken Follett, Geschichte interessant, spannend und greifbar zu machen. Dieses Mal widmete der Autor sich der Feindschaft von Katholiken und Protestanten. England und Europa im Kampf und die Vorherrschaft der "richtigen" und von Gott gewollten Religion und die Freiheit, seinen gewählten Glauben frei und ohne Angst ausüben zu dürfen - von der Königing/dem König bis zum letzten Untertan.

Dabei fokusiert sich der Autor neben England auf Frankreich und Spanien (Schottland und die Niederlande). Historisch hervorgehoben wird die Bartholomäusnacht in Paris (23./24. August 1572), als es in Paris Ausschreitungen gegen Pariser Protestanten / Hugenotten gab und dabei tausende Menschen ermordet ums Leben kamen. Im "französischen Strang" spielt Margerys Bruder Rollo zunehmend eine wesentliche Roll. Der spätere Seekrieg der englischen Kriegsflotte von Elisabeth I. gegen die zahlenmäßig überlegene Kriegsflotte von König Philipp II., Spanische Armada genannt, ist in 1588 das zentrale Ereignis, in dem Neds Bruder Barney eine große Rolle innehat.

Mit gespannten Ohren hing ich an diesem Hörbuch und konnte kaum aufhören. In verschiedenen Handlungssträngen mit dem Fokus auf verschiedene Charaktere, kreiste der Autor um die Thematik der Geschichte und führte sie am Ende gekonnt zusammen. Dabei ist der eigentliche Protagonist Ned Willard, der sich mit zarten 15 Jahren unsterblich ich die junge Margery Fitzgerald verliebte. Doch dabei stehen ihnen nicht nur die unterschiedlichen Glaubenszugehörigkeiten im Weg. Margerys Familie will, dass ihre Tochter "nach oben" in eine Familie einheiratet, die das Ansehen ihrer eigenen Familie steigert. Ned stammt aus einer sehr angesehenen Kaufmannsfamilie, die jedoch für die Fitzgeralds nicht in Frage kam. Ihre Wahl fiel auf Bart Shiring, den Sohn des Grafen von Shiring.

Und so öffnet sich vor dem inneren Leserauge eine Geschichte über mehrere Jahrzehnte, voller Intrigen, Liebe, Hass, Zerstörung, Verfolgung, Königskrönungen, Glaubenskriege unvm. Ein dicker Wälzer, historisch fundiert, der zunehmend an Spannung gewinnt. Und genau hier entfaltet sich Folletts Erzählkunst: Die Verflechtung seiner fiktiven Romanfiguren mit realen historischen Persönlichkeiten und Orten und der Wunsch des Lesers, immer mehr von der Geschichte lesen bzw. hören zu wollen, obwohl historische Fakten unrüttelbar feststehen.

Trotz meines großen Lobes habe ich kleine Kritikpunkte, die einen Stern in der Gesamtwertung gekostet haben. Ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung lag, doch dieses Mal war der Roman sprachlich gesehen ab und zu holprig und recht gewöhnlich / einfach. Er entsprach nicht der gewohnt hohen Qualität, die ich in seinen früheren Romanen sehr bemerkenswert fand. Zudem zerrte die ausschweifende und detaillierte Beschreibung von Neds und Margerys Liebe zunehmend an meinen Nerven. Hier wäre nach meinem Empfinden weniger mehr gewesen. Auch springt Follet, je näher er dem Ende kommt, in immer größer werdenden Jahreszahlschritten, was die Geschichte etwas zu grob enden lässt.

Zum Ende hin bleiben keine Fragen offen. Alles fügt sich ineinander und das Gute siegt, wie man vom Autor gewöhnt ist, erfolgreich über das Böse. Manchmal hätte es, zwischen dem Schwarz und Weiß, auch ein bisschen mehr Graufärbung geben dürfen.

Fazit:
Ken Follett legt sehr großen Wert darauf, dass seine Romane historisch echte Fakten unverfälscht wiedergeben und deshalb bekommt man als Leser / Hörer hier eine Geschichte, die historisch sehr fundiert ausgearbeitet wurde. Für geschichtlich Interessierte wird es ein Leichtes sein, die Kernpunkte von "Das Fundament der Ewigkeit" nachzulesen und zu vertiefen. Für Fans des Genres "History" ein echtes Must-Read!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.12.2017
Ich bin Malala (MP3-Download)
Yousafzai, Malala; Lamb, Christina

Ich bin Malala (MP3-Download)


ausgezeichnet

Dieses Buch über das Leben von Malala, die eigentlich nur lernen und in die Schule gehen wollte, hat mich tief berührt und ebenso erschüttert. Was sie in ihren jungen Jahren erlebt hat, durchlebt manch alter Mensch von 80 Jahren nicht.

In diesem sehr persönlichen Buch erzählt Malala ihre Geschichte und die ihrer Familie, von ihren Wünschen, ihren Träumen und ihrem schrecklichen Erlebnis vom 09. Oktober 2012, das sie fast das Leben gekostet hat. Im zarten, jugendlichen Alter von 15 Jahren überlebte sie ein Attentat der Taliban und lässt sich dennoch nicht davon unterkriegen! Mit diesen Mut hat sie mein ganzes Herz erobert, denn ich weiß nicht, ob ich an ihrer Stelle nach so einem Erlebnis hätte sagen könnte: "Jetzt erst recht!". Malala ist öffentlich, sie ist präsent, sie redet und reist und spricht sich immer noch für die Bildung von Mädchen aus. Sie hat ein klares Ziel vor Augen und ihr Leben richtet sie danach aus.

Es war schön über ihre Kindheit zu lesen, wie fröhlich, lustig und unbeschwert sie sich gefühlt hat. Auch wenn das Leben in Pakistan nicht mit unserem hier im Westen, in Deutschland, vergleichbar ist, erkennt man dennoch, dass Kinder überall gleich sind. Entfernt man gedanklich das Land, die Traditionen und kulturelle Unterschiede, bleibt die Essenz übrig, nämlich, Seelen, die sich nach der Familie, der Liebe, nach Freunden, dem Spielen und dem Mehren nach Wissen sehnen. Dabei ist es egal, ob dies Jungen oder Mädchen sind.

Pakistan war bisher kein Land, das in irgendeinem Punkt auf einer meiner Listen stand: nicht für den Urlaub, nicht literarisch und persönlich kenne ich auch niemanden aus diesem Staat. Umso interessierter verfolgte ich einige historische Informationen und Hinweise zum Land, der Bevölkerung und (politischen) Entwicklung. Es gibt Vieles, das ich nach dieser Lektüre nun nachschlagen und nachlesen möchte. Insbesondere die Entstehung Pakistans und Indiens, über die Paschtunen, ihre Herkunft und ihre Traditionen.

Das hübsche Mädchen, das uns vom Cover entgegenlächelt, hat ihr Schicksal an- und in die Hand genommen. Auch wenn sie ab und zu äußerliche Eitelkeiten zwicken, da nach dem Attentat ihre linke Gesichtshälfte nicht mehr ganz in Ordnung gebracht werden konnte, sehnt sie sich nach ihrem Swat-Tal in Pakistan, nach ihren dortigen Freundinnen und dem heimischen und traditionellen Leben. Auch das hat sie mir sympathisch gemacht und näher gebracht.

Ich wünsche ihr viel Kraft und Durchsetzungsvermögen, damit sie ihre Ziele erreicht und damit auch vielen Mädchen den Traum von Bildung erfüllen kann. Wir brauchen viel mehr Malalas in dieser Welt, dann wäre sie noch ein kleines Stückchen besser!

Am Ende des Buches ist Malalas Rede, die sie am 12. Juli 2013, im Alter von 16 Jahren, vor den Vereinten Nationen gehalten hat, abgedruckt. Eine sehr beeindruckende Rede!

Zum Hörbuch:
Hörbuchliebhaber können getrost zum Hörbuch greifen, da Eva Gosciejewicz Malalas Geschichte sehr einfühlsam eingelesen hat. Man folgt ihrer Stimme gerne in Malalas Kindheit und die schweren Zeiten ihres Vaters, als noch sein größter Wunsch war, eine Schule zu gründen und Kindern Bildung zu ermöglichen.

Fazit:
Eine Biografie voller Traurigkeit und noch mehr Hoffnung! Man begleitet eine junge Frau durch glückliche Zeiten und ihrem dunkelsten Erlebnis und hat Herzklopfen, während sie sich erholt und neue Pläne schmiedet. Ein Buch, das viel, viel zu lange auf meinen SuB gelegen hat.
Ich werde mir aber auch noch das gedruckte Buch kaufen, da es darin viele Bilder aus Malalas Leben gibt, die ihre Geschichte anschaulich und greifbar machen.

Bewertung vom 30.11.2017
Was man von hier aus sehen kann (MP3-Download)
Leky, Mariana

Was man von hier aus sehen kann (MP3-Download)


sehr gut

Kurzmeinung:

Handlung: Ein Dorf und seine Einwohner. Alles ist relativ normal, bis Selma im Traum ein Okapi erscheint. Wenn das passiert, verfällt das ganze Dorf in eine besondere Art von Schockstarre. Denn sie wissen, innerhalb von 24 Stunden wird jemand sterben. Da keiner weiß, wen es treffen wird, versuchen alle, die es für nötig halten, ihr Leben noch in Ordnung zu bringen: Heimliche Liebe wird gestanden, Schulden beglichen, Testamente vorbereitet, Briefe geschreiben, es wird verziehen, vergessen und noch so viel mehr. Eine dörfliche Gemeinschaft im Westerwald, voller Aberglauben, skurriler Figuren mit Problemen, die wir alle kennen und wie das Leben so spielt.

Charaktere: Selma und Luise, Großmutter und Enkelin, die beiden Protagonistinnen des Romans. Sie sind eng verbunden und einander sehr wichtig, machen sie sich gegenseitig das Leben lebenswert. Wo Selma offen, extrovertiert, klug und besonnen ist, findet man in Luise das Gegenteil. Mit trockenem Humor bewegt man sich durch Luises Augen durchs Dorf(geschehen) und lernt auch Martin, Luises Eltern, den Optiker, einen jungen Buddhisten, den Hund Alaska und noch viele Bewohner mehr kennen. Jeder für sich einzigartig und unverwechselbar.

Spannung: Ein Roman voller Leben, Tod, Hoffnung und Liebe. Was gibt es spannenderes, als den normalen Alltagswahnsinn zu begleiten. ;-)

Schreibstil: Dieses Buch liest sich leicht und ist ungeschnörkelt und schön, manchmal sogar sehr poetisch. Es ist voller Sätze, die man als Weisheiten unterstreichen und in sein Leben mitnehmen und nicht mehr vergessen möchte.

Ende: Zum Schluss bleibt ein Koffer voller Anfänge. Während ein Leben entweicht bleibt ehrliche und tiefe Liebe übrig. Die einen haben sie schon gefunden, die anderen müssen noch um sie kämpfen. Und wenn ihr wissen wollt, was das alles mit einem Buddhisten in Japan zu tun hat, dann greift unbedingt zu diesem Buch!

Hörbuch: Sandra Hüller kannte ich als Sprecherin bisher noch nicht. Sie verleiht dem Roman durch die außergewohnlicher Klangfarbe ihrer Stimme aber eine ganz besondere Note. Ein Roman, der als Hörbuch sehr empfehlenswert ist, da man sich schön zurücklehnen und ein Dorf und seine Bewohner vor Augen entstehen lassen kann.

Fazit: Dieses Buch ist anders. Es ist humorvoll, traurig, tragisch, voller Sehnsucht, Liebe, Aufmerksamkeit und Gefühlen. Sprachlich ein absolutes Hightlight, dem insgesamt zur vollen Punktzahl der allerallerletzte Kick gefehlt hat. So skurril und wirr, so gänzlich normal und realitätsnah am Ende

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.11.2017
Kirchberg
Boos, Verena

Kirchberg


ausgezeichnet

Viele Familien, viele Schicksale und immer die gleiche Traurigkeit. Verschiedene Generationen und keine wird glücklich.

Erich und Katharina, sie wünschen sich einen Stall von Kindern, beziehen eine Schule als Wohnstätte und am Ende bleibt ihnen nicht einmal ihre Maria. Das einzige Kind zieht es weg aus dem Dorf, weg von Kirchberg und weg von den Eltern.

Ein Unglück wandelt sich manchmal zum Glück, denn Maria überlässt ihnen ihr ungewolltes und vaterloses Kind. Großeltern werden wieder zu Eltern und erhalten die Chance, die Fehler von einst nicht mehr zu begehen. Wenigstens Johanna soll sich bei ihnen beheimatet fühlen.

"Andere Väter prügeln, andere sterben, ich kenne den meinen halt nicht. Manches muss man abschließen. Keiner von uns kommt ohne Kratzer im Lack durchs Leben." (S. 281)

"... diese Kindheit war doch eingentlich glücklich. Oder hätte es sein können. Meine Großeltern waren liebevoll, kennst sie ja. Aber es fühlt sich nicht so an in der Erinnerung. Du verzehrst dich immer nach dem, was fehlt." ( S. 281)

Doch auch Hanna zieht es aus dem Dorf in die Welt. Zwanzig Jahre später kommt sie leise und gebrochen an den Ort ihrer Kindheit zurück. Hanna, die jetzt nicht mehr richtig sprechen kann, weil ihr Gehirn sich krankheitsbedingt langsam verabschiedet und dabei einige wichtige motorische sowie sprachliche Funktionen blockiert. Gebrochen und gebäutelt möchte sie sich in dem alten Schulhaus ihrer Kindheit, das mittlerweile ihr gehört, verstecken und alleine sein.

Doch in einem Dorf bleibt nichts verborgen. Ihr alter Schulfreund Patrizio, der sich Zeit seines Lebens nach Hanna sehnte und sie liebte, tritt wieder in ihr Leben, obwohl er oft von ihr abgewiesen wurde.

Auch Patrizio ist nicht geerdet und eins mit sich und seinem Leben. Stets auf der Suche nach dem Unerreichbaren, war doch seine Kindheit und Jugend davon geprägt, dass seine Eltern als italienische Auswandererfamilie nach Deutschland gekommen sind, um mit ihrer Pizzeria so viel Geld zu vierdienen, um sich im Alter ein schönes Leben in Italien leisten zu können. Patrizio wächst damit auf, zwischen den Stühlen, den Kulturen und den Leben zu sitzen.

"Wir haben nicht das Format gehabt, Patrizio, wir konnten es nicht erkennen. Uns fehlte, sie ringt mit der Unbestimmtheit ihres Versagens, der Horizont." (S. 332)

So taucht der Leser durch Hanna und Patrizio abwechselnd in die Vergangenheit zurück und begleitet Hanna an ihren letzten Tagen.

Ein Buch voller Sehnsucht, der Suche nach Liebe, nach Geborgenheit und nach Freiheit. Ein Buch, vom Versuch sich zu entnabeln und der Suche nach dem eigenen Platz im Leben, gespickt von großen und kleinen Verletzungen und einem Geheimnis, das aufgedeckt werden will. Nichts kommt wie es soll und zeigt uns wie vielfältig Widrigkeiten sein können. Manches ist am Ende zu spät.

"Beide waren da und kamen doch zu spät. Für das, worauf es wirklich angekommen wäre, kamen beide zu spät" (S. 346)

Fazit:
Ein kraftvolles und gleichzeitig auch ein leises Buch, voll von Geschichte, Heimat, Leben und Liebe. So, wie das wirkliche Leben auch. Und irgendwie traurig, sehr traurig. Es besticht durch außergewöhnliche Sprache und vielen Gedanken, die nicht mehr ausgesprochen werden können. Absolute Leseempfehlung für alle, die auch mal etwas ganz anderes, abseits des Mainstreams, lesen und kennenlernen wollen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.