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Top-Rezensenten Übersicht

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Lesendes Federvieh
Wohnort: 
München
Über mich: 
Hinter dem Namen Lesendes Federvieh verbirgt sich das Blogger-Duo kathiduck und Zwerghuhn. Wir lesen querbeet alles, was uns zwischen die Finger kommt und veröffentlichen die Rezensionen dazu auf unserem Blog (lesendes-federvieh.de). Dort gibt es übrigens noch viele weitere Beiträge rund ums Thema Buch. :)

Bewertungen

Insgesamt 539 Bewertungen
Bewertung vom 20.02.2021
Was geht, Österreich?
Reisinger, Eva

Was geht, Österreich?


ausgezeichnet

Wer war nicht schon mal in Österreich, diesem schönen Land mit herrlicher Alpenkulisse, Seen, grünen Wiesen und kleinen Dörfern. In solch ländlicher Idylle ist Eva Reisinger aufgewachsen. Dort wo jedes Auto in der Einfahrt begutachtet wird, ein Moped Freiheit bedeutet und die Besuche in einer Großraumdisko das Wochenhighlight darstellen. Sie erzählt von einem Österreich, das nicht nur aus Skifahren, guter Küche und Wiener Schmäh besteht, sie erzählt vom Leben auf dem Land und was überhaupt sonst noch wichtig ist zu wissen...

Eva Reisinger tut dies auf herrlich erfrischend unterhaltsame Art und Weise. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und erzählt alphabetisch geordnet drauflos, was Sache ist. Nichts ist vor ihren Überlegungen sicher, Politik, Gesellschaft, Traditionen, die Piefkes und noch vieles mehr. Ihrem messerscharfen Blick entkommt nichts, gerade wenn es um Politik und deren Machenschaften oder um andere Schieflagen geht, läuft sie zu Höchstform auf. Sie bietet dem Leser dabei ein wunderbares Kaleidoskop von witzigen, hintergründig bitterbösen und durchgängig spannenden Kapiteln, mit dem man in die österreichische Welt sehr gut eintauchen kann. Zu Österreich gehört natürlich auch die ausgezeichnete Küche und so finde ich die Idee einfach genial, im Buch immer wieder typische Schmankerlrezepte einzustreuen, das gibt allem noch einmal zusätzlichen Pfiff.

Eva Reisinger ist es gelungen mit ihrem frischen, unkomplizierten Schreibstil und ihrem Feuerwerk an grandiosen Geschichten "von Amen bis Zuckerl", ein unvergleichliches Leseerlebnis zu schaffen - von der ersten bis zur letzten Seite. Ich hätte noch endlos weiterlesen können.

Bewertung vom 15.02.2021
Das Privileg
Adkins, Mary

Das Privileg


sehr gut

"Das Privileg" ist eine kraftvolle und lesenswerte Geschichte über drei junge Frauen, die sich in einer Gesellschaft behaupten müssen, in der der Mangel an sozialer Gerechtigkeit, Rassismus und die #MeToo-Problematik in den Alltag eingebettet sind. So nimmt die Autorin den Leser mit in ein amerikanisches Elitecollege, wo doch ganz eigene Regeln herrschen.

Gleich zu Beginn des Buches werden die drei Protagonistinnen Annie, Bea und Stayja vorgestellt, so bekommt der Leser einen ersten Eindruck von ihnen. Im Laufe der Geschichte lernt man sie immer besser kennen, ihr Leben inklusive aller Probleme im Hier und Jetzt sowie der Vergangenheit, aber auch wie sie Annies Vergewaltigung und Tylers Verhalten wahrnehmen und damit umgehen.

Bemerkenswert finde ich die Erzählweise der Autorin, denn sie lässt Annie in ihren Kapiteln in der Ich-Form sprechen. Sie hebt sie von den anderen ab. Ich konnte mich so viel besser in sie hineinversetzen. Auch die Übergriffe, denen sie durch Tyler ausgesetzt war, wirkten so noch beklemmender. Man ist als Leser auch direkter dabei, wie mit ihr als Opfer umgegangen wird und erlebt hautnah mit, wie aus der stillen Annie eine junge Frau wird, die sich wehren kann. Aber auch Bea und Stayja lernen einiges infrage zu stellen, wobei ich mich an manchen Stellen bei Steyja schon fragte, wie man so verblendet sein kann und einer offensichtlichen Tatsache nicht ins Auge sieht.

Ich habe "Das Privileg" sehr gerne gelesen, denn Mary Adkins hat hier auf unterhaltsame Weise die aktuellen gesellschaftskritischen Themen verarbeitet, die uns alle etwas angehen.

Bewertung vom 15.02.2021
Nennt mich Esteban
Kalamujic, Lejla

Nennt mich Esteban


ausgezeichnet

"Nennt mich Esteban" ist ein ganz besonderes Buch und zwar in jeder Hinsicht. Angelegt als fragmentarischer Roman fügen sich die einzelnen Geschichten wie einzelne Perlen zu einer wunderschönen Perlenkette zusammen und ergeben so ein stimmiges Ganzes.

Die Erzählung ist vielschichtig, die Autorin verarbeitet traumatische Erlebnisse, wie den Verlust der Mutter in frühester Kindheit, die daraus resultierende innere Zerrissenheit und Depression sowie die Schrecken des Bosnien-Krieges. Leise und zart erzählt sie zudem vom Coming-Out. All das schildert sie in einer eleganten, federleichten und poetischen Sprache.

Es war mir eine wahre Freude, dieses Buch zu lesen, aber vor allem auch deswegen, weil es in jedem Kapitel erzählerisch immer wieder etwas Neues zu entdecken gilt. Mal gibt es ein Kapitel mit Kafka, dann wiederum arbeitet Leijla Kalamujić mit Metaphern, so steht etwa im ersten Kapitel die Schreibmaschine für ihre Mutter und auch für ihr eigenes Schreiben. Gleichzeitig spürt man ihre Liebe zur Literatur und auch einen guten Humor mit dem sie die Absurditäten des Lebens etwa im Kapitel "Von-Lokomotive-zu-Lokomotive" pointiert zum Ausdruck bringt.

Großartig geschriebener Erzählband, der nicht nur zum Nachdenken anregt, sondern den Leser mit einem Gefühl zurücklässt, ein poetisches Sahnestückchen in Händen gehalten zu haben.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.02.2021
Das Baby ist meins
Braithwaite, Oyinkan

Das Baby ist meins


sehr gut

Endlich ist er da, der zweite Roman von Oyinkan Braithwaite - und das mit ebenso tollem Cover wie "Meine Schwester, die Serienmörderin", was zu einem meiner Highlights des letzten Jahres gehört. Diesmal hält es die Autorin mit der Devise "in der Kürze liegt die Würze", denn ihr neuestes Werk umfasst nur 128 Seiten. Dafür haben diese es in sich.

Passend zum Zeitgeschehen lässt sie ihre Geschichte während des strengen Lockdowns in Nigeria spielen. Dadurch entsteht ein geniales Kammerspiel, in dem die drei Protagonisten Aunty Bidemi, Esohe, die Geliebte ihres Mannes und Bambi fesselnd und spannend in Szene gesetzt werden. Auf solch ein geniales Trio muss man erst mal kommen. Flott, witzig und spritzig erzählt, erfährt der Leser aus der Perspektive des sympathischen Hallodris Bambi wie die beiden Frauen um das Baby kämpfen. Es ist super zu lesen, wie sich im Verlauf der Geschichte Bambi ganz automatisch zu einem verantwortungsbewussten jungen Mann entwickelt - zumindest dem Baby gegenüber.

Neben dem coolen Schreibstil der Autorin, der mir so gut gefällt, sind ihre Charaktere auch hierin wieder bis ins kleinste Detail mit all ihren Eigenheiten und Marotten skizziert. Es sind einfach "echte" Typen, allen voran der großartige Bambi, den man sich bildlich vorstellen kann, wie er gedankenlos durchs Leben pendelt.

Zusätzlich zu einer heiter skurrilen Geschichte, die aber nie Tiefgang vermissen lässt, erfährt man eine ganze Menge über die nigerianische Gesellschaft, was mir sehr gut gefallen hat.

Einen kleinen Kritikpunkt zum Schluss gibt es aber doch noch. Man kann natürlich erahnen, was das Buchende bedeutet, aber trotzdem hätte ich gerne ein etwas ausführlicheres Ende gehabt, aber das ist eben Geschmacksache. Trotzdem hat mir der Roman super gefallen.

Oyinkan Braithwaite ist eine moderne, unkonventionelle Schriftstellerin, deren Geschichten aus der Masse ausscheren und für mich immer wieder ein großes Lesevergnügen bedeuten. Einfach erfrischend anders und gut.

Bewertung vom 15.02.2021
Das wilde Leben der Cheri Matzner
Barone, Tracy

Das wilde Leben der Cheri Matzner


sehr gut

„Das wilde Leben der Cheri Matzner“ ist ein kraftvolles und intensives Familienportrait, das alle Höhen und Tiefen des Familienlebens eindrucksvoll schildert. Beginnend im Jahr 1962 begleitet man Sol und Cici während ihrer fröhlichen Zeit des Kennenlernens, betrauert mit ihnen den schrecklichen Verlust des Babys und folgt Sols Bemühen mit Cheri wieder eine normale Familie zu sein. Dieser erste Teil ist einfühlsam und sensibel geschrieben und geht direkt unter die Haut.

Dann gibt es einen großen Zeitsprung hinein in Cheris Erwachsenenleben, das geprägt ist von Zweifeln, Hindernissen, Veränderungen und Verlust. Hier lernt man Cheri erst richtig kennen, denn sie lässt sich immer noch nichts vorschreiben und geht geradlinig ihren eigenen Weg. Tracy Barone beschreibt auch hier präzise und absolut spannend Cheris Lebensweg, bei dem ich „das wilde Leben“ nicht als wild, sondern vielmehr als modern, interessant und immer wieder tieftraurig empfand.

Gerade durch die Kombination aus Gegenwart und Rückblenden wurde ich mit den einzelnen Figuren, die mit all ihren Schwächen und Eigenheiten wunderbar authentisch skizziert sind, immer vertrauter und konnte mich so besser in ihr Handeln hineinversetzen. Daraus entwickelt sich eine stimmige und absolut lesenswerte Familiengeschichte, die auch die Schattenseiten des Lebens nicht auslässt.

Es hat mir große Freude bereitet, Cheri und ihre Familie über viele fesselnde Buchseiten hinweg zu begleiten. Einer Familie voller eigenwilliger Persönlichkeiten und mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen - und gerade das macht die Geschichte so lesenswert, sie wirkt einfach echt.

Bewertung vom 12.02.2021
Fast hell
Osang, Alexander

Fast hell


sehr gut

Alexander Osang ist ein beeindruckender Einblick in die deutsche Geschichte der letzten Jahrzehnte gelungen. Der Autor nimmt den Leser mit auf eine Reise in Uwes Vergangenheit und dessen ganz eigene Wahrheit, wobei seine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen ganz selbstverständlich in diese Geschichte einfließen und sich so wunderbar ergänzen.

Er berichtet fesselnd und spannend vom Leben ostdeutscher Bürger vor und nach der Wende. Eindringlich beschreibt er dabei die Gefühle vieler Ostdeutscher, hin- und hergerissen zwischen gewonnener Freiheit, viel zu viel verpasst zu haben, aber auch Altbewährtes zu vermissen. Man spürt zwischen den Zeilen das Getriebensein und die Sehnsucht nach der großen Welt. Man wird aber auch nochmal daran erinnert, welchen Schikanen die Menschen in der DDR ausgesetzt waren, beispielsweise "wer darf studieren und wer nicht", von den Bespitzelungen durch die Stasi ganz zu schweigen.

All das verpackt Alexander Osang in diesem großartigen Buch, auf ehrliche, spannende, kurzweilige und witzige Weise. "Fast hell" ist eine wundervolle Geschichte über die zwei Welten Ost und West, die durch dieses tolle Buch vielleicht ein bisschen mehr zu einer werden.

Bewertung vom 03.02.2021
Wut
Martenstein, Harald

Wut


sehr gut

„Wut“ ist ein hochemotionaler und erschütternder Roman über einen Jungen, der sein ganzes Leben versucht, die Wunden seiner Kindheit zu lindern. Von der ersten Seite an war ich vollkommen erschüttert, wozu eine Mutter ihrem Kind gegenüber fähig sein kann. Harald Martenstein beschreibt diese rücksichtslose, brutale Frau so bildgewaltig und realistisch und auf der anderen Seite den lieben Jungen, der ihren Frust ungefiltert ausbaden muss. Ich bekam beim Lesen Gänsehaut, ebenso schlich sich von Seite zu Seite ein immer stärkerer Zorn und ein wachsendes Unverständnis ein, wie man so die Beherrschung verlieren kann - und niemand wirklich eingreift.

In Rückblicken erfährt der Leser, wie die Mutter so wurde, wie sie ist. Spannend und mitreißend lässt der Autor die Nachkriegsjahre wieder aufleben und den Leser so an Marias Welt teilhaben. Ein großer Teil dieses Buches beschäftigt sich mit Frank und der Aufarbeitung seiner verkorksten Kindheit. Und damit hat er viel zu tun.

Diese bewegende Geschichte ist brillant geschrieben, lebendig und authentisch, das Kopfkino funktioniert von Beginn an optimal. Gerade das ist es auch, was bei mir dazu führte, dass das Gelesene noch lange nachwirken wird. Man bekommt so manche Szene einfach nicht aus dem Kopf.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.02.2021
Frostgrab
Reynolds, Allie

Frostgrab


sehr gut

Die kalten, verschneiten Tage sind für mich die Zeit für spannende Thriller und Wintersport. Allie Reynolds verbindet diese beiden Welten in ihrem Debüt "Frostgrab" äußerst fesselnd miteinander und bescherte mir somit eine vor Nervenkitzel durchlesene Nacht.

Zehn Jahre nachdem sie ein schreckliches Unglück entzweit hat, werden fünf Freunde unter einem falschen Vorwand an einen abgelegenen Ort eingeladen und müssen bald feststellen, dass es kein Entkommen gibt und sich unter ihnen ein Mörder befindet. Soweit das Grundszenario, das nicht wirklich neu ist und auch aus einem Agatha Christie Roman stammen könnte. Doch Allie Reynolds hat diesem altbewährten Konzept einen modernen Anstrich verliehen, indem sie junge Snowboarder als Charaktere wählte und sie an einen Ort des ewigen Eises versetzte.

Dabei wechselt sie gekonnt zwischen den sich in der Gegenwart zuspitzenden Psychospielchen und den Ereignissen vor zehn Jahren, wodurch man einen eingehenden und höchstfaszinierenden Einblick in die Snowboard- und Extremsportszene bekommt. Vor der Kulisse des funkelnden Schnees und der bedrohlichen Rauheit der Natur findet man sich inmitten von Rivalität, prickelnden Beziehungen und schonungslosen Konkurrenzkämpfen wieder. Gleichzeitig spürt man in jedem Satz die Leidenschaft für diese gefährliche Sportart.

Nicht nur durch den Wechsel zwischen den Zeiten, sondern auch durch die zahlreichen Cliffhanger, mit denen man sich von einem Kapitel zum nächsten hangelt, ist das Spannungsniveau durchgehend hoch. Dazu trägt auch Milla bei, denn obwohl man das Geschehen aus ihrer Ich-Perspektive verfolgt, ist es gerade sie, die mich ein ums andere Mal durch die Vielschichtigkeit ihres Charakters überrascht hat.

Das Einzige, was meine Euphorie auf den letzten Seiten ein wenig getrübt hat, ist der finale Showdown, denn die alles entscheidende Wendung ist für meinen Geschmack zu platt gewählt und in gewisser Weise unglaubwürdig. Nichtsdestotrotz hat der letzte Satz nochmal für Gänsehaut pur gesorgt.

Wintersportfans werden in diesem mitreißenden Thriller gänzlich auf ihre Kosten kommen, denn "Frostgrab" sorgt für jede Menge Nervenkitzel auf und abseits der Piste.

Bewertung vom 01.02.2021
Diskrete Zeugen / Lord Peter Wimsey Bd.2 (Neuausgabe)
Sayers, Dorothy L.

Diskrete Zeugen / Lord Peter Wimsey Bd.2 (Neuausgabe)


sehr gut

Dorothy L. Sayers (1893 - 1957), die neben P.D. James und Agatha Christie zu den großen englischen "Ladies of Crime" gehört, hat mit ihrem sympathischen, scharfsinnigen Amateurdetektiv Lord Peter Wimsey einen Kriminalhelden der Extraklasse geschaffen. Es ist absolut unterhaltsam ihn bei seinen Ermittlungen zu begleiten. Ausgerüstet mit einem exzellenten Spürsinn, einer ordentlichen Portion Humor und Feuereifer, begibt er sich auf Spurensuche. Die Suche nach dem Täter wird dabei für den Leser nie langweilig, versteht es die Autorin doch meisterhaft falsche Spuren zu legen und durch eine Fülle von Indizien die Spannung hochzuhalten. Dadurch erfährt der Leser wirklich erst ganz zum Schluss des Rätsels Lösung.

All das schreibt sie in einem ansprechenden, charmanten und auch flotten Stil, der eine ungeahnte Sogwirkung entfaltet. Unterstützt wir diese Erzählweise durch präzise ausgearbeitete und authentische Charaktere, deren Lebensumstände sie messerscharf skizziert. Dadurch bekommt man zusätzlich gute Einblicke in die doch sehr unterschiedliche Welt der Oberklasse und der übrigen Bevölkerung.

Dieser kurzweilige Detektivroman vereint neben einem fesselnden Kriminalfall auch gesellschaftliche und ethische Aspekte, die zum Nachdenken anregen. "Diskrete Zeugen" waren für mich ein gelungenes Lesevergnügen und sind ein Schmuckstück in meinem Bücherregal, denn diese neue Ausgabe des Klassikers besticht durch ein wunderschönes, klassisch elegantes Cover.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2021
Feindflugblätter des Zweiten Weltkriegs

Feindflugblätter des Zweiten Weltkriegs


ausgezeichnet

Mit dem Band "Feindflugblätter des Zweiten Weltkriegs" hat der Verlag "Das Kulturelle Gedächtnis" eine beeindruckende Sammlung von außergewöhnlichen Zeitdokumenten veröffentlicht. Diese Sammlung deutscher, amerikanischer, britischer, sowjetischer und französischer Feindflugblätter zeigt ein Stück Zeitgeschichte aus einem ganz speziellen Blickwinkel. Alles ist ausführlich und detailliert dokumentiert und aufwendig gestaltet. Dabei wurden den verschiedenen Kapiteln informative und sehr gut recherchierte Erläuterungen vorangestellt.

Anschaulich und absolut spannend erfährt der Leser viel Neues über eine Kriegsführung jenseits des Kanonendonners. Es ist unglaublich, welcher Aufwand betrieben und welche Techniken aufgewendet wurden, um die Flugblätter genau so zu entwickeln und zu formulieren, um möglichst vielen Soldaten den Kriegswahnsinn vor Augen zu halten bzw. den Gegner mürbe zu machen. Die Annahme, Flugblatt sei eben gleich Flugblatt, wird hier mit vielfältigen Beispielen widerlegt. Der Einfallsreichtum derjenigen, die an der Konzeption dieser Blätter beteiligt waren, ist schier unerschöpflich. Seien es beispielsweise Texte namhafter Autoren, Karikaturen, die es in sich haben oder generell die Wahl der Motive; eine solche Fülle an Ideen war mir vor dieser grandiosen Lektüre nicht bewusst.

Dieses großartige Buch hat mich von der ersten Seite an gepackt, weil ich ein facettenreiches Spektrum an Zeitzeugen aus Papier entdecken konnte, das modern und mitreißend aufbereitet wurde. So kurzweilig kann Geschichte auch vermittelt werden, eben nicht staubtrocken und langweilig.