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amena25

Bewertungen

Insgesamt 278 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2018
Höllenjazz in New Orleans / City-Blues-Quartett Bd.1
Celestin, Ray

Höllenjazz in New Orleans / City-Blues-Quartett Bd.1


ausgezeichnet

Kaleidoskop der Sinne

New Orleans: Die Stadt am Wasser, geprägt von ihrer wechselhaften Geschichte, hat auch heute noch eine ganz eigene Atmosphäre. Der Autor Ray Celestin lässt in ,,Höllenjazz“ nun das New Orleans des beginnenden 20.Jahrhunderts wieder aufleben – in einer phantastischen, bunten Mischung aus Jazzmusik und Mafia, Voodo, Religion, Schwarzen, Weißen, Kreolen, Armut, Prostitution, Verbrechen, aber auch lebensbejahender. In einer äußerst bildhaften, ausdruckstarken Sprache schildert der Autor eine spannende und hochkomplexe Geschichte und lässt den Leser nebenbei das feuchte Klima, die verrauchten Kneipen oder die geheimnisvolle Atmosphäre der Sumpfwelt hautnah nachempfinden.

The axeman, ein mysteriöser Mörder, der seine Opfer mit einer Axt hinrichtet, versetzt die Menschen in New Orleans im Jahr 1919 in Angst und Schrecken. Bei seinen meist italienischstämmigen Opfern hinterlässt der Axtmann Tarotkarten. Hat die die Mafia ihre Hände im Spiel? Dem ermittelnden Detective Michael Talbot ist der Mörder immer ein paar Schritte voraus. Doch dann richtet sich der Axtmann mit einem Brief an die Öffentlichkeit, in dem er seine nächste Tat ankündigt. Nur diejenigen sollen verschont werden, in deren Haus in dieser Nacht eine Jazzband spielt.
Neben Michael Talbot ermittelt auch noch der ehemalige Detective Luca d’Andrea, der früher Michaels Mentor war und aufgrund dessen Aussage für Jahre im Gefängnis war. Soeben entlassen, wird d’Andrea vom obersten Mafiaboss Carlo Matranga angeheuert, um den Axtmann zu fassen, der durch seine Morde auch die Mafia unter Druck setzt.
Ida Davis, Sekretärin in Pinkertons Detektivagentur, langweilt sich bei ihrer Arbeit und macht sich mit ihrem Freund, dem aufstrebenden Jazzmusiker Lewis Armstrong, auch auf die Suche nach dem Axtmann. So wird der Fall auf drei Ebenen und auf völlig unterschiedliche Art und Weise bearbeitet. Nebenher erfährt man sehr viel über den Hintergrund der Figuren, aber auch generell über das Leben in ,,Big Easy“. Angesichts der zahlreichen Figuren und komplexen Zusammenhänge muss man sich sehr konzentrieren, um nicht den Faden zu verlieren. Erleichtert wird der Überblick etwas durch das vierseitige (!) Personenregister und ein Glossar im Anhang, das typische Namen, spezielle oder veraltete Begriffe erklärt.
Ein starker Roman, der den Leser mit allen Sinnen ins New Orleans des beginnenden 20. Jahrhunderts eintauchen lässt.

Bewertung vom 13.03.2018
Schweigegelübde / Emma Vaughan Bd.2
Bierach, Barbara

Schweigegelübde / Emma Vaughan Bd.2


ausgezeichnet

Nicht ganz rund

Emma Vaughan, Inspector bei der Mordkommission im irischen Sligo, protestantisch und alleinerziehende Mutter eines 15-jährigen Jungen, plagen nicht nur die Sorgen um ihren Exmann, dem ein Prozess als IRA-Terrorist droht. Zwar weint sie ihm keine Träne nach, da ihm auch ihr gegenüber öfter mal die Hand ausrutschte, aber immerhin ist er der Vater ihres einzigen Kindes. Ein weiteres Problem ist ihre Medikamentenabhängigkeit. Nach einem schweren Autounfall, den ihr Exmann verursacht hat, leidet sie immer noch unter massiven Schmerzen. Nun schickt ihr Chef sie zu einem Drogenscreening, da auch ihm ihr Tablettenkonsum nicht verborgen geblieben ist. Im Krankenhaus bittet der Chefarzt Emma, den auffällig vielen Todesfällen der letzten Wochen nachzugehen. Offenbar geht ein ,,Todesengel“ in der Klinik um.
Etwas irritierend ist, dass dieser Fall schon nach etwa zwei Dritteln des Buches gelöst ist und sich recht vorhersehbar entwickelt. Eigentlich viel interessanter ist ein alter, ungelöster Fall, der Emma Vaughan noch immer keine Ruhe lässt. Im ersten Band ,,Lügenmauer“ hat Emma eine Täterin bewusst entkommen lassen, da es sich um ein lebenslanges Missbrauchsopfer handelt. Diese ,,Frau mit dem roten Zopf“ verfolgt die Inspectorin nun immer noch bis in ihre Träume. Während im früheren Umfeld dieser Frau immer wieder Personen eines unnatürlichen Todes sterben, muss Emma Vaughan sich fragen, ob sie einer Serientäterin Tür und Tor geöffnet hat.
Der zweite Band um Emma Vaughan bietet solide Unterhaltung. Mit von der Partie ist wieder ihr Kollege, die ,,Nervensäge“ James, der sich aber mehr für die attraktive Rezeptionistin als für seine Kollegin Emma interessiert. Dafür lernt Emma in dem Anwalt ihres Mannes einen interessanten Mann kennen. Im Vergleich zum ersten Band fällt der zweite aber etwas ab. Die Spannung, die erfrischenden Dialoge, die interessanten Hintergrundgeschichten aus ,,Lügenmauer“ finden sich eher abgeschwächt in ,,Schweigegelübde“, die unausgewogene Mischung aus neuem und altem Fall ergeben für mich keine runde Geschichte. Schade, da Emma eine sympathische Ermittlerin in einer interessanten Region darstellt. Aber vielleicht darf sie das ja in einem dritten Band unter Beweis stellen.

Bewertung vom 09.03.2018
Die Vergessenen
Sandberg, Ellen

Die Vergessenen


ausgezeichnet

Auf der Suche nach Gerechtigkeit


München im Jahr 2013: Manolis Lefteris ist ein Mann für Aufträge der besonderen Art. Er soll geheimnisvolle Akten aufspüren, die sich im Besitz von Kathrin Mändler, einer sehr alten Dame, befinden. Diese Akten können offenbar jemandem sehr gefährlich werden, sodass dieser Auftraggeber bereit ist, sehr gut dafür zu bezahlen, dass diese Akten nicht an die Öffentlichkeit geraten.

Im Jahr 1944 tritt die junge Kathrin Mändler eine Stelle als Krankenschwester in der Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg bei München an. Ihren Beruf erfüllt sie mit viel Freude und Hingabe. Als sich ihr Chef, der überaus attraktive Arzt Karl Landmann für sie interessiert, verfällt sie ihm leidenschaftlich. Bald bemerkt Kathrin, dass in der Heilanstalt nicht alles mit rechten Dingen zugeht, dass zu viele Patienten sterben, deren Leben als ,,minderwertig“ eingestuft wird. Doch durch ihre heimlichen Nachforschungen setzt sie sich selbst großer Gefahr aus.

Die zwei Zeitebenen werden geschickt miteinander verknüpft und der Leser erfährt so scheibchenweise, was sich hinter den Mauern der Anstalt Winkelberg abgespielt hat, aber auch, wer der geheimnisvolle Auftraggeber ist. Interessant ist, wie auch Manolis Lefteris Familiengeschichte in das Geschehen mit eingewoben wird. Seine Motive für sein ,,Nebentätigkeit“ wirken zu Beginn nicht besonders sympathisch, allerdings nachvollziehbar und verständlich. Seine Suche nach Gerechtigkeit ist durchaus von Rache getrieben, doch entwickelt sich die Figur im Laufe des Romans. Auch Kathrin Mändlers Nichte Vera, die sich als Journalistin für die Vergangenheit ihrer Tante und die gesuchten Akten interessiert, ist keine durchweg positive Figur. Doch gerade das macht dem Roman authentisch und realitätsnah. Die Autorin, die hier unter dem Pseudonym Ellen Sandberg schreibt, ist ansonsten für ihre Krimis bekannt. Eine kleine ironische Begegnung gibt es, als Manolis Lefteris fast auf Kommissar Dühnfort trifft, als er sich bei seinen Recherchen als Polizist ausgibt.
Ein spannender Roman um Schuld, Vergessen und Gerechtigkeit.

Bewertung vom 02.03.2018
Kühn hat Ärger / Martin Kühn Bd.2
Weiler, Jan

Kühn hat Ärger / Martin Kühn Bd.2


sehr gut

Unterhaltsame Bauchnabelschau

Als der 17-jährige Amir, Sohn libanesischer Einwanderer, erschlagen an einer Trambahnhaltestelle gefunden wird, ermitteln Kommissar Martin Kühn und seine Kollegen von der Kripo. Kurz vor seinem Tod befand Amir sich bei seiner Freundin Julia, Tochter einer mehr als wohlhabenden Familie in der noblen Münchner Wohngegend Grünwald. Wie passt der aus mehr als prekären Verhältnissen stammende und kleinkriminelle Amir in die Familie van Hauten, die sich nur über Bonsai-Parkett oder Austern-Frühstücke den Kopf zerbrechen müssen?
Die Krimihandlung selbst bildet allerdings nur den Rahmen oder eher noch den Hintergrund dieser Geschichte. Eigentliche Hauptperson ist Martin Kühn, der, wie der Titel ja verrät, Ärger hat. Nachdem er erst kürzlich nach einem Burnout und erfolgreicher Reha wieder ins Arbeitsleben eingestiegen ist, beschäftigen ihn sehr viele Dinge. Da ist einmal die Veränderung seiner Frau Susanne, die neuerdings ins Yoga geht, Martin Kühn aber bald einen Liebhaber dahinter vermutet. Außerdem versucht er die Diagnose einer Prostata-Erkrankung zu verdrängen, was ihm aber mehr schlecht als recht gelingt. Und so testet er seinen Marktwert bei jüngeren Kolleginnen, ärgert sich über die Nachbarschaft und die verseuchte Erde in seinem Wohngebiet, wundert sich über Worte wie ,,Achtsamkeit“ und die van Hautens, die trotz ihres Reichtums nett und sympathisch sind. Das Ganze wirkt etwas wie die Bauchnabelschau des sensiblen Martin Kühns, die ausschweifend-essayistisch, aber durchaus sehr unterhaltsam und in einer interessanten Sprache erzählt wird.
Lesens- und empfehlenswert, wenn man beachtet, dass es sich in erster Linie um einen Roman und erst in zweiter Linie um einen Krimi handelt.

Bewertung vom 24.02.2018
Die Rache der Polly McClusky
Harper, Jordan

Die Rache der Polly McClusky


sehr gut

Revolverhelden

Als die elfjährige Polly McClusky von ihrem Vater Nate an der Schule abgeholt wird, weiß sie, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Eigentlich sollte ihr Vater im Gefängnis sitzen und sie hat ihn mehr als die Hälfte ihres Lebens nicht gesehen. Dennoch weiß sie sofort, dass es ihr Vater ist, mit all den Tattoos und den blauen Revolverheldenaugen. Nate McClusky entführt seine Tochter, um ihr Leben zu retten. Im Gefängnis hat Nate sich einen zu mächtigen Feind gemacht: die Aryan Steel Gang. Deren Kopf sitzt zwar im Hochsicherheitstrakt, regelt aber durch seine Kontakte alles, und zwar wirklich alles innerhalb und außerhalb der Gefängnismauern. Pollys Mutter und ihr Stiefvater sind von den Aryan Steels schon ermordet worden. Polly und Nate McClusky sollen die nächsten sein. So beginnt die Flucht der beiden durch Kalifornien. Die schüchterne, hochbegabte, aber teils auch noch sehr kindliche Polly wird durch Nates Kampf- und Überlebenstraining erwachsener und härter. Polly ist für Nate der einzige Überlebensgrund und das Motiv, seinen Feinden zuvorzukommen, koste es, was es wolle, zur Not auch sein eigenen Leben.
Zu Beginn irritiert die einsilbige und verkrampfte Kommunikation zwischen Vater und Tochter. Allmählich nähern sich beide allerdings an und öffnen sich etwas, was durchaus berührend wirkt. Allerdings ist mir die dargestellte Gewalt und Brutalität, die bei den Auseinandersetzungen und Überfällen teils detailliert beschrieben wird, zu viel. Die meisten Beteiligten sind in irgendeiner Weise kaputte Typen, zugedröhnt mit Drogen, hoffnungslos, im Netz der einen oder anderen Gang und deren Hierarchie gefangen. Der einzige Hoffnungsschimmer geht ausgerechnet von Polly aus, die zusehends reifer wird und sich in der aggressiven und teils dumpfen Erwachsenenwelt durchsetzen kann.
Sprache und Wortwahl spiegeln diese Welt durchaus wider: harte Schnitte, knappe Sätze, schlichte bis vulgäre Wortwahl lassen die Gedanken Nate McCluskys oder auch die Dialoge authentisch wirken, sind aber dennoch gewöhnungsbedürftig.
Ein harter, schonungsloser Roman, auf den man sich einlassen sollte.

Bewertung vom 13.02.2018
Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1
Weigold, Christof

Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1


ausgezeichnet

Großes Kino auf über 600 Seiten

,,Als ich an einem Sonntagnachmittag Anfang September nach Hause kam, stolperte ich auf der Treppe über eine scharfe Rothaarige." So beginnt Christof Weigolds Detektivroman, der zu Beginn der Zwanziger Jahren in Hollywood spielt. Reinhard, genannt Hardy Engel verdingt sich mehr schlecht als recht als Privatdetektiv, da es zu einer Karriere als Schauspieler bisher nicht gereicht hat. Die ,,scharfe Rothaarige", passenderweise mit dem Namen Pepper Murphy, beauftragt Hardy Engel, ihre Mitbewohnerin zu finden. Die verschwundene Virginia Rappe werde von ihrem Verlobten vermisst. Hardy lässt sich von Peppers Charme und Geld bezirzen, doch als er sich auf die Suche nach Virginia Rappe macht, bemerkt er schnell, dass diese kein Kind von Traurigkeit war, und mitnichten Peppers Mitbewohnerin! Virginia Rappe stirbt, kurz nachdem sie eine rauschende Party des Filmstars und Komikers Fatty Arbuckle besucht hat. Er soll die junge Frau vergewaltigt und brutal mit einer Flasche verletzt haben. Während sich der Fall zu einem Skandal für Arbuckle und damit für die ganze Filmbrache entwickelt, wendet sich das Blatt für Hardy Engel. Vom deutschen Gründer der Universal-Filmstudios Carl Laemmle persönlich wird er engagiert, für Ermittlungen und Aufträge jeder Art. Hardy Engel spielt zunächst mit, obwohl er weiß, dass er mit diesem Job und dem finanziellen Segen gekauft werden soll. Außerdem wird ihm auch noch die reizende Pepper als Sekretärin zur Seite gestellt.
Hardy Engel, Deutscher, der nach dem 1. Weltkrieg sein Glück in Amerika sucht, erinnert an alte, verrauchte Detektivfilme mit Humphrey Bogart: Der einsame, etwas zerknautsche Held, der niemandem trauen kann, nicht einmal sich selbst, zuviel trinkt und zu wenig schläft, aber eigentlich doch zu den Guten gehört.
Der Roman ist einerseits ein spannender Krimi, andererseits ein Zeitroman, der den Ruhm und den Glanz der Zwanziger Jahre, aber auch deren rabenschwarze Kehrseite zeigt. Der historische ,,Fall Arbuckle" wird gekonnt mit Fiktion verknüpft und damit zu großem Kino für den Leser. Dieser sollte sich allerdings auf Über-Spielfilmlänge einstellen, angesichts der 629 Seiten.

Bewertung vom 08.02.2018
Schlüssel 17 / Tom Babylon Bd.1
Raabe, Marc

Schlüssel 17 / Tom Babylon Bd.1


ausgezeichnet

Komplex und spannend

In der Kuppel des Berliner Doms hängt die Dompfarrerin, Dr. Brigitte Riss. Sie wurde grausam zugerichtet und um ihren Hals hängt ein Schlüssel, in den die Zahl 17 eingeritzt wurde.
Tom Babylon vom LKA kennt die Pfarrerin schon aus seiner Jugendzeit in Stahnsdorf. Doch auch den Schlüssel erkennt er sofort. Als vor neunzehn Jahren seine kleine Schwester Viola spurlos verschwand, trug sie genau diesen Schlüssel!
Toms Interesse an dem Fall ist also viel mehr als nur professioneller Natur. Das Verschwinden seiner damals zehnjährigen Schwester lässt ihn bis heute nicht los, ja er kommuniziert sogar mit ihr! Der Schlüssel ist mit einem Ereignis in Toms Vergangenheit verknüpft, das er unbedingt bedeckt halten will. Bis heute lebt er mit Schuldgefühlen, doch die Vergangenheit holt ihn ein.
Als Partnerin wird ihm die eigenwillige Psychologin Sita Johanns zur Seite gestellt. Sie durchschaut Tom und seine Beweggründe, sich in den Fall zu verbeißen, recht schnell. Allerdings unterstützt sie ihn und deckt sogar teilweise seine Alleingänge. Sita Johanns eine interessante, außergewöhnliche Figur, mit einer Vergangenheit, die nur hin und wieder angedeutet wird. Offenbar führt die private Sita Johanns auch ein gänzlich anderes Leben als die offizielle Dr. Johanns, doch darüber erfährt man noch recht wenig.
Der Fall führt die Ermittler in die DDR-Vergangenheit, zu Stasi und Zwangsadoptionen. Doch auch in den eigenen Reihen haben Tom Babylon und Sita Johanns mit Widerständen zu kämpfen.
Neben den vielschichtigen Figuren und ihren teils undurchsichtigen Verflechtungen sind es auch die Wechsel zwischen den verschiedenen Zeitebenen (1998 und 2017), die den Leser immer wieder in die Irre führen und dem Krimi einen außergewöhnlichen Charakter verleihen. Der Fall ist hochspannend und wird zum Ende hin rasant, actionreich und zunehmend komplex. Allerdings bleiben zum Schluss einige lose Enden, sodass der Leser nicht beruhigt aufatmen und das Buch einfach zur Seite legen kann, sondern ungeduldig auf den nächsten Fall mit Tom Babylon warten muss.

Bewertung vom 31.01.2018
Deichfürst / Kommissar Möllenkamp Bd.1 (eBook, ePUB)
Hoorn, Heike van

Deichfürst / Kommissar Möllenkamp Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Leichen hinterm Deich


Als der alte Tadeus de Vries ermordet aufgefunden wird, in einer kleinen Holzkiste erstickt, ist niemand sonderlich traurig. Der reiche Bauer hat sich zeitlebens durch seine herrische und egoistische Art nur Feinde gemacht. Seine eigene Frau hat er ständig betrogen, die Jüngeren hat er sich mit Gewalt genommen, den eigenen Bruder hat er übers Ohr gehauen.... Seine autoritäre und geschäftstüchtige Art hat ihm bei manchen Respekt verschafft, aber keine Freundschaften. Feinde hatte er also genügend, doch wer bringt einen über Achtzigjährigen um?
Stephan Möllenkamp, neuer Hauptkommissar bei der Kripo Leer und seine Kollegen ermitteln. Doch mit jeder neuen Information tun sich neue Tatverdächtige und neue Motive auf. Sind radikale Naturschützer, die gegen das Sperrwerk der Ems protestieren, gegen de Vries vorgegangen, der natürlich für das Bauvorhaben war und gut daran verdienen wollte? Oder gibt es jemanden, der die SS-Vergangenheit von de Vries endlich rächen wollte?
Auch die etwas herbe Lokalreporterin Gertrud Boekhoff recherchiert und kommt dabei der Polizei und Stephan Möllenkamp ziemlich in die Quere.
Entgegen der Vorankündigung werden die beiden keine Dreamteam, sondern haben eher reichlich Konflikte miteinander. Zu hoffen ist, dass sich die beiden im nächsten Fall etwas besser zuarbeiten und ergänzen!
Immer wieder sind Kapitel um ein Geschwisterpaar eingeschoben, die am Ende des 2. Weltkrieges aus Ostpreußen nach Ostfriesland fliehen und sich ohne Eltern durchschlagen müssen. Diese Kapitel gehen einem sehr zu Herzen! Allerdings ist dadurch auch die Auflösung recht bald vorhersehbar. Dennoch zieht sich das Ende etwas in die Länge, was der Spannung abträglich ist. Andererseits gewinnt der Krimi durch Lokalkolorit und Humor wiederum viel an Unterhaltungswert.
Auf eine Fortsetzung darf man gespannt sein.

Bewertung vom 29.01.2018
Stets sollst du schweigen / Schwedenkrimi Bd.2
Schulman, Ninni

Stets sollst du schweigen / Schwedenkrimi Bd.2


sehr gut

Stets sollst du schweigen


Der Krimi mit dem etwas sperrigen Titel ,,Stets sollst du schweigen“ spielt in der schwedischen Provinz. Da es sich um den zweiten Band der Värmland-Reihe um die Kriminalinspektorin Petra Wilander und ihre Kollegen handelt, wäre die Kenntnis des Vorgängerbandes von Vorteil. Ansonsten erschweren die zahlreichen Personen mit ihrer Vorgeschichte, auf die immer wieder angespielt wird, aber auch das Beziehungsgeflecht der Figuren untereinander, den Einstieg. Hat man sich dann aber zurechtgefunden, bietet der Krimi solide Spannung.
Als die Sozialarbeiterin Anna-Karin Ehn verschwindet, geht die Polizei zunächst davon aus, dass sie womöglich das Opfer eines Vergewaltigers wurde, der zur Zeit sein Unwesen in der Gegend treibt. Anna-Karin hatte als Mitarbeiterin des Jugendamts allerdings auch mit sehr schwierigen Familien zu tun und wurde immer wieder auch bedroht. Als dann aber ihr Auto mit zahlreichen Blutspuren in einem abgelegenen Waldstück gefunden wird, gerät auch ihr Ehemann unter Verdacht.
Der Kriminalfall selbst gerät streckenweise fast etwas in den Hintergrund, da das Privatleben der Ermittler recht ausführlich thematisiert wird. Petra Wilanders gesundheitliche Probleme führen dazu, dass sie ihren Aufgaben nicht ganz gewachsen ist. Wilanders Mitarbeiter Christer Berglund ist glücklich verlobt. Doch das scheinbare Glück wird durch die rasende Eifersucht seiner Freundin massiv getrübt. Die Journalistin Magdalena Hansson ist engagiert, schießt aber immer mal wieder übers Ziel hinaus. Besonders bedrückend wird die Situation in Andrea Svenssons Familie geschildert. Hier zeigt sich, wie gut Misshandlung und Gewalt sich vor anderen verbergen lassen. Allerdings häufen sich Konflikte und Probleme bei allen Beteiligten. Hier hätte meiner Ansicht nach etwas mehr ,,normales“ Leben gut getan.
Die Spannung steigt allmählich, der Schluss bringt allerdings eine überraschende Wendung. Ein interessanter, solider Krimi.

Bewertung vom 26.01.2018
Der Reisende / Flovent & Thorson Bd.1
Indridason, Arnaldur

Der Reisende / Flovent & Thorson Bd.1


sehr gut

Islands jüngere Vergangenheit

Wer Indridason und seine Erlendur-Krimis kennt, weiß, dass bei ihm nicht reißerische Action und Gewalt im Vordergrund stehen, sondern eher eine melancholische Grundstimmung vorherrscht. Allerdings versetzt uns der Autor dieses Mal in die Vergangenheit Islands. ,,Der Reisende“ spielt zur Zeit des 2. Weltkrieges, als Island von britischen und amerikanischen Truppen besetzt war. Die bis dahin eher ländlich geprägte Bevölkerung kommt nun plötzlich mit dem Weltgeschehen in Berührung, was starke Auswirkungen zeigt. So verändert sich vor allem das Leben vieler Frauen, die durch die Soldaten neue Freiheiten, aber auch neue Abhängigkeiten erlangen. Das Zeitgeschehen wird gut vermittelt, allerdings dürfte das Hintergrundwissen vieler Leser nicht so groß sein, sodass eine weitere Information, z.B. in einem Nachwort, wünschenswert wäre.
Ein Handelsreisender wird tot in Reykjavik aufgefunden. Er wurde brutal erschossen, allerdings findet man seine Leiche in der Wohnung eines früheren Schulkameraden, Felix Lunden, der auch als reisender Händler sein Geld verdient. Ist Konkurrenz das Motiv? Bald drängt sich auch der Verdacht auf, dass es um Spionage gehen könnte. Als Ermittler wird der junge, unerfahrene Flóvent von der Reykjaviker Polizei eingesetzt. Ihm zur Seite gestellt wird der kanadische Soldat Thorson, da das US-Militär wenig Vertrauen in die lokale Polizei setzt und Thorson isländische Wurzeln hat. Thorson und Flóvent arbeiten gut zusammen und kommen auch trotz der unterschiedlichen Lebenssituationen menschlich gut miteinander klar. Dennoch bleiben beide noch etwas blass. Bei Thorson wird ein dunkles Geheimnis angedeutet, das Privatleben der beiden Männer wird aber nur sparsam beleuchtet. Für meinen Geschmack dürften beide noch deutlich mehr Charakter und Eigenleben entwickeln.
Die Handlung wird leider recht häufig durch lange Dialoge wiedergegeben, teilweise auch noch in der indirekten Rede. Dies trägt nicht unbedingt zum Spannungsaufbau bei.
Dennoch fand ich Indridasons Krimi interessant und lesenswert.