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Elchi130
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Essen

Bewertungen

Insgesamt 423 Bewertungen
Bewertung vom 21.09.2022
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


sehr gut

Das Buch hat mich gut unterhalten

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Paul. In Bayern geboren, wächst er im Herzen des Ruhrgebiets auf. Die Mutter ist Hausfrau, der Stiefvater arbeitet auf der Zeche.

Der bekannte Schauspieler, der hier seinen Erstling als Autor vorlegt, betont zu Beginn des Buches, dass es sich bei „Kerl aus Koks“ um einen Roman handelt und nicht um eine Autobiografie, gleichwohl er biografische Begebenheiten in das Buch einfließen lässt. Das führte bei mir natürlich dazu, dass ich mich immer wieder gefragt habe, was so passiert ist und was der Fantasie des Autors entsprungen ist. Immer wieder habe ich mich daher als Detektivin versucht und bin im Internet auf Spurensuche gegangen, um etwas über Michael Brandner zu erfahren.

Zu Beginn des Buches habe ich noch gedacht, dass die Geschichte, die der Autor erzählt, keine Buchveröffentlichung rechtfertigt. Zu gewöhnlich erschien mir das Geschriebene. Die Ansicht habe ich jedoch bald korrigiert. Viele Anekdoten aus dem Leben von Paul waren interessant, spannend, unterhaltsam oder lustig oder mehreres davon oder alles.

Obwohl ich viele Jahre nach Paul geboren wurde, konnte ich den Geist der Zeit gut nachempfinden und dachte immer wieder: “Ja, so war das damals“. Leider war die zeitliche Einordnung gar nicht so leicht. Oft haben mir Jahreszahlen zur Orientierung gefehlt. Lediglich einmal habe ich bewusst eine Jahreszahl wahrgenommen. Manchmal konnte ich eine ungefähre Einordnung in die Zeit anhand der Ereignisse vornehmen.

Das Hörbuch wird vom Autor selbst gesprochen. Da er eine angenehm tiefe Stimme hat, konnte ich ihm gut zuhören. An ein paar Stellen dachte ich jedoch, dass ein erfahrener Hörbuchsprecher aus der Geschichte mehr herausgeholt hätte, da er pointierter gelesen hätte.

Fazit: Ein schönes Buch, dass uns das Lebensgefühl der damaligen Zeit gut vermittelt und ein paar lohnenswerte Anekdoten bereithält.

Bewertung vom 19.09.2022
Inselluft
Hansen, Jette

Inselluft


gut

Die pessimistische Figurenzeichnung ist anstrengend

Für sechs Monate hat sich die Postbotin Sarah von NRW auf die Insel Föhr versetzen lassen. Hier hofft sie Ruhe und Abstand zu ihrem bisherigen Leben und Besserung für ihre Pollenallergie zu finden. Die Freundlichkeit der Bewohner, die tolle Umgebung und gleich zwei attraktive Männer machen ihr das Ankommen in ihrem neuen Alltag leicht.

Die Geschichte an und für sich fand ich sehr schön. Das ruhige, idyllische Leben auf der Insel, das Meer, die Natur und die freundlichen Menschen, sorgen auf jeden Fall für eine Wohlfühlatmosphäre, der auch bei mir als Leserin angekommen ist.

Gehadert habe ich vor allen Dingen mit der Hauptfigur Sarah und mit der schwangeren Fee. Fee ist einfach so unglaublich obsessiv und hat die Wünsche und Grenzen ihres Gegenübers nicht beachtet. Das ist mir auf jeden Fall nicht hinreichend herausgearbeitet worden. So ein Verhalten ist nicht okay und das muss in einem Buch auch benannt werden.

Sarah ist eine Figur, die in mir Unbehagen ausgelöst hat. Sie hat schreckliche Erfahrungen gemacht. Das wird immer wieder im Buch betont. Bei anderen Figuren kann sie helfen, unterstützen und kennt den richtigen Weg. Nur sich selbst verschließt sie vollkommen. Durch ihre blockende, sich abschottende Art wirkt sie daher eher unsympathisch. Das geht so weit, dass ich sie wiederholt gerne schütteln wollte. Genervt hat mich im Zusammenhang mit Sarah und ihren Problemen ihre beste Freundin aus NRW. Die empfand ich als zu dominant, fordernd und übergriffig. Freundinnen können unterstützen, sie dürfen auch ihre Meinung mitteilen, aber Forderungen zu stellen, geht eindeutig zu weit.

Im Buch gibt es eine Szene, in der Enten mit Brot gefüttert werden. Solche Szenen haben in einem Buch nichts mehr zu suchen. Mittlerweile sollte allgemein bekannt sein, dass das Füttern mit Brot mehr Probleme verursacht als hilft. Es schadet sowohl den Enten als auch dem Gewässer. Wenn die Szene wichtig ist für die Handlung, sollte hier besser Wildvogelfutter oder ähnliches verwendet werden.

Die entstehenden Freundschaften, die Freundlichkeit und Fürsorge der Figuren haben mir jedoch sehr gut gefallen. Auch die Möglichkeit, Sarah als Postbotin auf ihrer Tour zu begleiten, war einfach schön. Obwohl ich ein paar Kritikpunkte an dem Buch habe, hatte ich jedoch Freude am Lesen und werde auch den zweiten Teil um Föhr und Sarah mit dem Titel Inselhoffnung lesen.

Bewertung vom 19.09.2022
Das Glück hat acht Arme
Van Pelt, Shelby

Das Glück hat acht Arme


ausgezeichnet

Ein Wohlfühlroman

Vor zwei Jahren ist Tova Sullivan Witwe geworden und seitdem putzt sie im Sowell Bay Aquarium. Eines Tages rettet sie dem Riesenkraken Marcellus das Leben. Seit diesem Tag fühlen sie sich füreinander verantwortlich. Als Marcellus hinter ein Geheimnis kommt, das Tova betrifft, tut er alles dafür, ihr zu helfen.

Das Buch „Das Glück hat acht Arme“ wird aus drei Perspektiven erzählt. Zum einen gibt es kurze Kapitel aus der Sicht des Kraken. Dadurch habe ich Marcellus sofort ins Herz geschlossen. Besonders seine Sicht auf die Gattung Mensch ist liebevoll und witzig. Zum anderen begleiten wir Tova durch ihr Leben, ihre Gewohnheiten und ihre Gedankenwelt, die sehr vom frühen Verlust ihres einzigen Kindes geprägt ist. Die dritte Erzählperspektive ist die von Cameron, einem Taugenichts und Loser. Er übernimmt die Arbeitsstelle von Tova, als diese sich den Fuß verletzt und für viele Wochen ausfällt.

Zu Beginn war ich enttäuscht von dem Buch. Mir war der Erzählstil zu gewöhnlich, zu real. Die Ereignisse wurden geschildert, als könnte sich die Geschichte auch hier bei meinen Nachbarn ereignen. Ich hatte mit einer märchenhafteren, blumigeren und romantischeren Sprache gerechnet. Daher musste ich mich erst an den Schreibstil der Autorin, Shelby Van Pelt, gewöhnen.

Doch, wenn man sich zurücklehnt und die Geschichte einfach auf sich zukommen lässt, gelingt es ganz leicht, dem Zauber der Ereignisse zu verfallen. Nach und nach werden die Schicksale miteinander verwoben. Alle drei Hauptfiguren wachsen Stück für Stück über sich selbst hinaus. Am Ende des Buches war ich rundum zufrieden und glücklich. Hier lernen wir einiges über ein positives Miteinander, über Hilfsbereitschaft und wie wichtig es ist, offen für Neues zu sein. Ein schönes Buch, das ich jedem ans Herz lege, der ein Buch zum Wohlfühlen lesen möchte.

Bewertung vom 10.09.2022
All I (don't) want for Christmas / Love Songs in London Bd.1 (MP3-Download)
Krüger, Tonia

All I (don't) want for Christmas / Love Songs in London Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Ich liebe Fake-Freund Geschichten

Nach dem Tod ihre Großmutter muss Febe für die Beerdigung Schulden machen. Auch das Geld für den geplanten Urlaub mit ihrer besten Freundin ist dafür draufgegangen. Doch dann trifft sie Liam, der dringend eine Freundin für die Weihnachtsfeiertage bei seiner Familie benötigt. Denn im letzten Jahr hat seine Freundin ihn für seinen Bruder verlassen. In diesem Jahr will Liam seine Exfreundin unbedingt zurückgewinnen und engagiert Febe als seine neue Liebe, um seine Ex eifersüchtig zu machen…

Die Geschichte brauchte ein wenig, um mich zu überzeugen. Das lag an der genretypischen Figurenzeichnung. Da ist die nerdige Febe, die jedes Shakespeare Zitat auswendig kennt und wenig Wert auf ihre äußere Erscheinung legt. Sie trifft auf den sehr gut aussehenden und reichen Spieleentwickler Liam, der sehr viel Wert auf gutes Aussehen und modebewusste Kleidung legt. Die beiden haben mich zu Beginn des Buches nicht gerade vom Hocker gehauen.

Aber dann treffen die beiden auf Liams Familie und schon wurde ich mitgerissen. Denn Liams Familie ist herzlich, laut, schräg und absolut liebenswert. Die beiden Gegenpole zu Liam und Febe, Liams Bruder und seine Exfreundin, bleiben mir zu blass. Bei den beiden wäre jeweils eine Szene hilfreich gewesen, um empathisch zu erklären, warum sie Liam so hintergangen haben. Denn so ein Verhalten und Verrat innerhalb der Familie hat das Potential, eine ganze Familie zu sprengen.

Auch die Figurenzeichnung von Febes bester Freundin und ihrem Ehemann konnte mich nicht überzeugen. Sie ist viel zu übergriffig und versucht Febe ständig ihren Weg aufzudrängen. Ihr Ehemann wird als Holz- und Hohlkopf dargestellt, bei dem die Frage aufkommt, wieso eine Frau so jemanden heiraten sollte.

Aber das Buch hat ein paar wunderschöne Szenen, bei denen man lachen oder traurig sein kann und auch einige, die mein romantisches Herz haben höher schlagen lassen. Mit der Zeit hofft und bangt man mit Febe und Liam, möchte in die Handlung eingreifen, um sie auf den rechten Weg zu bringen und genießt einfach die beiden, die Familie und die Atmosphäre des Buches.

Als Hörbuch wird „All I (don´t) want for Christmas” von Marylu Pooman gelesen. Sie ist eine gute Besetzung, auch wenn sie nicht besonders herausragt. Ein paar Stellen gab es, die ich an ihrer Stelle neu eingesprochen hätte, weil sie da erstaunt schien von dem Satz, den sie lesen sollte und die Betonung nicht hundertprozentig stimmte. Ihre Stimme passt insgesamt jedoch sehr gut zu diesem Genre.

Fazit: Das Hörbuch erzählt keine überraschende, jedoch dafür eine sehr schöne Liebesgeschichte über eine Fake-Beziehung. Es gibt ein paar sehr schöne Szenen, aber auch etwas zu lachen. Die Sprecherin passt gut zum Genre. Wer auf Geschichten über Fake-Beziehungen steht, liegt hier richtig.

Bewertung vom 06.09.2022
Der Plot. Eine todsichere Geschichte
Korelitz, Jean Hanff

Der Plot. Eine todsichere Geschichte


gut

Ich hatte etwas anderes erwartet

Jake Finch Bonner hat in jungen Jahren ein viel beachtetes Erstlingswerk veröffentlicht. Das zweite Buch fand nur wenig Anklang und die nächsten Bücher sind nicht einmal mehr von einem Verlag angenommen worden. Jetzt ist er ein gescheiterter Autor, der in Vergessenheit geraten ist und sich als Dozent für Kreatives Schreiben seinen Unterhalt verdient. Eines Tages taucht in seinen Kursen ein Student auf, der behauptet, dass er den perfekten Plot besitzt. Er weiht Jake in seine Idee ein. Doch bevor er diesen Plot in einen Roman verwandeln kann, stirbt er. Jake übernimmt nun die Idee des jungen Studenten und macht daraus einen Bestseller. Nun ist er in aller Munde, reist von Lesung zu Interview und ist über Nacht zum Star geworden. Doch schon bald erreichen ihn E-Mails, die ihm mitteilen, dass es einen Mitwissenden gibt, der droht, ihn auffliegen zu lassen.

Erhofft hatte ich mir eine temporeiche Geschichte. Wird das Buch vom Verlag doch als Katz-und-Maus-Spiel angekündigt. Bekommen habe ich im ersten Viertel eine langatmige, viel zu ausführliche Einleitung in Jake Finch Bonners Leben und Scheitern. Hier fehlte jegliche Spannung. Dazu kommt, dass sowohl Jake als auch der Student unsympathische Menschen sind, die mir keine Lust darauf gemacht haben, sie näher kennen zu lernen.

Die Autorin Jean Hanff Korelitz führt uns in die Abgründe des Literaturbetriebes ein. Sie lässt sich fast philosophisch über das Schreiben, aber auch über das Scheitern von Autoren aus. Viel zu ausführlich wird die Gedankenwelt des Autors in endlosen Monologen dargestellt. Zudem drehen sich diese Gedanken oft im Kreis, wodurch es zu vielen Wiederholungen kommt. Fast hätte ich an dieser Stelle das Hörbuch abgebrochen.

Doch in dem Moment, als Jake Finch Bonner sein Buch schreibt und veröffentlicht, kommt endlich Schwung in die Geschichte. Das Tempo und damit auch die Spannung steigen. Jake lebt mit der ewigen Angst, dass auffliegt, dass die Idee zu seinem Bestseller von jemand anderem stammt. Als er dann Drohungen erhält, versucht er dies vor der Welt zu verbergen. Schließlich begibt er sich auf die Spuren seines ehemaligen Studenten und deckt Erstaunliches auf. Ab hier hatte mich die Geschichte endlich in ihren Fängen und ich konnte nicht mit dem Hören aufhören, bis ich sie beendet hatte.

Leider ist von Anfang an ersichtlich, wer hinter den Drohungen steckt. Das ist ein wenig schade. Es hat jedoch auch Spaß bereitet, zu beobachten, wie lange Jake im Dunkeln tappt. Das Ende des Buches fand ich tatsächlich gelungen. Es hat mich zufrieden zurückgelassen.

Der Sprecher des Hörbuchs war klasse. Sascha Rotermund hat der Geschichte sehr gut getan. Er liest mit Inbrunst, hat eine tolle Stimme und der männlichen Hauptfigur zu Profil verholfen.

Fazit: Das erste Viertel hätte kürzer und spannender sein müssen, dann wäre es ein richtig gutes Buch geworden.

Bewertung vom 06.09.2022
Falling in love was not the plan
Quach, Michelle

Falling in love was not the plan


gut

Ich denke, für das Buch bin ich zu alt

Eliza ist sich ziemlich sicher, dass sie die nächste Chefredakteurin der Schülerzeitung wird. Als sich Len in letzter Minute ebenfalls um den Posten bewirbt und gewinnt, bricht für Eliza eine Welt zusammen. Ihrem Ärger macht sie spontan Luft, indem sie sich alles von der Seele schreibt. Doch, was nur für sie persönlich gedacht war, erscheint als Titelartikel in der nächsten Online-Ausgabe der Zeitung. Schnell ist die Schule in zwei Lager gespalten, diejenigen, die sich für den Feminismus einsetzen und die, die dagegen sind. Damit wieder Ruhe in der Schule einkehrt, verlangt die Schulleitung von Eliza und Len, dass sie in Zukunft ihre Artikel gemeinsam verfassen. Und dadurch lernen sie sich näher kennen, als es geplant war…

Von Anfang an ist in dem Buch klar, dass Eliza von der fachlichen Seite her viel besser als Chefredakteurin geeignet gewesen wäre. Doch das Team der Schülerzeitung wählt den lässigen, coolen Len, der erst seit kurzem Teil der Redaktion ist zu ihrem neuen Oberhaupt. Eliza ist klar, dass der Grund nur sein kann, dass Len männlich ist. Das war für mich von Anfang an zu kurz gegriffen. Denn so, wie Eliza zu Beginn des Buches als Teil des Redaktionsteams dargestellt wird, hätte ich sie auch nicht gewählt. Sie wirkt pedantisch, kleinlich, überheblich und vollkommen unempathisch. Leider kommt das nicht ein einziges Mal im Buch zur Sprache. Nicht als Kritik ihrer Zeitungskollegen und auch nicht als Selbsterkenntnis von ihr.

Verstört hat mich, dass es bei der Feminismus-Diskussion in dem Buch genau um die Themen und Inhalte geht, die diese Diskussion bereits vor 30 Jahren beherrschten. Hat wirklich keine Entwicklung stattgefunden in diesen Jahrzehnten? Als Eliza feststellt, dass sie Gefühle für Len entwickelt, fragt sie sich, ob sie den Feminismus verrät, weil sie sich mit dem Feind verbündet. Sind wir nicht lange darüber hinaus, dass eine gute Feministin sich nicht in einen Mann verlieben darf?!? Auch die Schülerschaft wirft ihr Verrat an der Sache vor. Nach meiner Meinung ist im Buch nicht hinreichend aufgearbeitet worden, was für ein Unsinn diese Ansicht ist. Doch auch vorher, beim Kampf um den Feminismus, hat die Gegenseite nur wieder damit gekontert, dass Feministinnen unweiblich sind und Männer hassen. Daher hat mich das Buch einfach nicht überzeugt und ich hoffe, dass sich Mädchen und Frauen nicht wirklich auf dieser Basis auch heute noch mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Denn Feminismus ist etwas ganz Natürliches, wesentlich vielschichtiger und im Alltag in vielen Bereichen bereits Normalität.

Doch auch das sonstige Bild, das von Mädchen gezeichnet wird, die die Liebe und eigene Sexualität entdecken, hat mich an meine lange zurückliegende Jugend erinnert. Diese kam mir sogar fortschrittlicher vor. So wird Eliza von ihrer Mutter ermahnt, sich um die Schule und das Lernen zu kümmern, Jungen möglichst ganz zu meiden. Denn viele Jungen haben nichts Gutes im Sinn und die guten Jungen von den bösen zu unterscheiden, ist viel zu gefährlich. Mädchen, die bereits einen Freund haben, werden als oberflächlich und unfeministisch betitelt und müssen erst beweisen, dass sie den Feminismus ernst nehmen. Mädchen, die sich gar ausprobieren, viel flirten und sich nicht auf einen Jungen festlegen, sind eine Schande für die Weiblichkeit sowie den Feminismus und ganz klar leichte Mädchen.

Der Schreibstil der Autorin war angenehm und die Geschichte flüssig zu lesen. Doch inhaltlich konnte mich das Buch nicht überzeugen.

Bewertung vom 06.09.2022
Das Kind der Lügen (MP3-Download)
Glaesener, Helga

Das Kind der Lügen (MP3-Download)


sehr gut

Ganz klar eine Entdeckung für mich

Wir befinden uns im Jahr 1929. Paula Haydorn arbeitet als eine der ersten Frauen bei der Hamburger Kriminalpolizei. Als Signe von Arnsberg hysterisch auf der Wache erscheint, weil jemand ihren Hund getötet hat, nimmt sich Paula ihrer an. Da es zu der damaligen Zeit kein Gesetz gegen Tierquälerei gibt und das Töten eines Tieres nicht strafbar ist, kann Signe jedoch keine Anzeige erstatten. Ein paar Tage später steht die Frau wieder hysterisch auf der Polizeiwache und behauptet, dass ihre Tochter entführt wurde. Sie wendet sich dieses Mal direkt an Paula und diese scheint ihr als einzige Person zu glauben.

Sehr schnell war ich total begeistert von dem Buch „Das Kind der Lügen“. Der Autorin Helga Glaesener gelingt es sehr gut, uns, durch ihren Atmosphäre schaffenden Schreibstil, in das Hamburg der damaligen Zeit zu entführen. Sowohl die Gebäude und Straßen entstehen vor meinem inneren Auge im Hamburg der 30er Jahre als auch die Personen. Das schafft sie unter anderem dadurch, dass sie uns die Unterschiede zur heutigen Zeit vor Augen führt. Wir erleben eine Hinrichtung, erfahren, dass Tiere nicht vom Gesetz geschützt werden und werden Zeuge, wie drei Frauen in aller Öffentlichkeit am helllichten Tag sexuell bedrängt werden und die Umstehenden nur zusehen. Die drei Frauen sind Polizistinnen und geben sich nicht als solche zu erkennen, um das übergriffige Verhalten der Männer zu stoppen. Das war für mich schon fast ein Schock. Denn es bedeutet, dass sie als Polizistinnen keine Autorität oder Macht hatten.

Die Ermittlungen werden schnell spannend. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse nach meiner Ansicht zu sehr. Die Ermittler handeln ausnahmslos kopflos und ich empfinde sie aufgrund dessen als sehr anstrengend. Ständig möchte ich einschreiten und sie dazu auffordern, ihren Verstand zu nutzen, kurz nachzudenken und sich nicht nur von Gefühlen leiten zu lassen.

Den Titel des Buches „Das Kind der Lügen“ finde ich super gewählt. Denn im Laufe der Geschichte habe ich mich immer wieder gefragt, wer denn nun dieses Kind ist. Zu Beginn des Buches bin ich wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass damit das verschwundene Kind gemeint ist. Doch je mehr Personen wir beim Lesen kennenlernen, desto mehr Personen kommen in Frage als titelgebendes Kind.

Christiane Marx, als Sprecherin des Hörbuchs ist einfach genial. Sie lässt die Geschichte vor unserem inneren Auge entstehen. Sie liest mit viel Hingabe, Tempo und sehr abwechslungsreich von Beginn an. Eine bessere Sprecherin kann ich mir für diesen tollen Krimi nicht vorstellen. Als sich zum Ende hin die Ereignisse überschlagen und mir das dilettantische Handeln der Polizei zu viel wird, empfinde ich sie jedoch auch als sehr anstrengend, weil sie das Tempo und die Emotionen der Figuren sehr gut aufnimmt und transportiert. Also eigentlich genau das, was man von ihr erwartet, mir war es jedoch zu viel.

Fazit: spannende und abwechslungsreiche Geschichte, die bei den Ermittlungen mehr Verstand und weniger Emotionen vertragen könnte.

Bewertung vom 04.09.2022
Herzklopfen nicht ausgeschlossen (MP3-Download)
Lucas, Lilly

Herzklopfen nicht ausgeschlossen (MP3-Download)


ausgezeichnet

Mein Herz haben Feli und Leo erobert

Leo, der verwöhnte Sohn aus einer Anwaltsfamilie und dennoch bereits in jungen Jahren Selfemademillionär, feiert das Leben. Als er es eines nachts übertreibt, wird er zu Sozialstunden in einem Seniorenheim verpflichtet. Hier trifft er auf Feli, die ihr Medizinstudium pausiert, um in der Nähe ihrer Großmutter sein zu können und für den Wohnheimplatz dieser Großmutter im Heim arbeitet. Unterschiedlicher als die beiden können Menschen kaum sein und doch ist da etwas, was sie beide einfach nicht loslässt…

Leo erfüllt in allem das Klischee von jungen Männern aus der Oberschicht. Er sieht aus wie ein Topmodell, fährt Porsche, lebt von einer Feier in der Münchener Schickeria zur nächsten, höchstens unterbrochen von unverbindlichem Sex mit Frauen, die aus genau denselben Kreisen kommen. Gut hat mir dabei in dem Buch „Herzklopfen nicht ausgeschlossen“ von Julia Hanel gefallen, dass Leo dieses Leben im Laufe des Buches lange durchzieht und auch dazu steht. Er merkt nicht bei der ersten Gelegenheit, dass er ein Leben mit mehr Sinn und Ernst führen will, sondern fühlt sich wohl in seiner Rolle des Playboys und Partylöwen. Und doch ist er mir als Leserin sehr schnell sympathisch geworden. Denn der Charme, mit dem er im Buch und Seniorenheim die Herzen der Menschen erobert, hat auch bei mir gewirkt. Er ist selbstbewusst, witzig, klug und nimmt das Leben mit einer Leichtigkeit, die auch mir guttun würde.

Feli dagegen macht gerade eine Phase im Leben durch, in der die Sorgen überhandnehmen und keine Lösung in Sicht scheint. Daher ist sie sich und anderen gegenüber manches Mal härter als es sein müsste. Dadurch macht sie es sich selbst dann noch schwerer als es notwendig wäre. Doch auch sie hat das Herz am rechten Fleck. Sie hängt mit einer Inbrunst an ihrer Großmutter und allem, was sie mit ihrer Kindheit verbindet, dass die Liebe, die sie fühlt, deutlich zu spüren ist. Von ihrem Freund verlassen, hofft sie immer noch auf ein Happy End mit ihm. Das macht sie unzugänglich für andere Männer, die sie entweder nicht als solche wahrnimmt oder ihnen keine lauteren Absichten unterstellt.

Das Buch enthält ein paar wunderschöne Szenen mit Feli und Leo, von denen ich mir gewünscht habe, sie würden nicht enden. Ebenfalls habe ich davon geträumt, dass die Geschichte der beiden verfilmt wird, damit ich die Magie zwischen ihnen immer wieder betrachten und darin einsinken kann.

Ins Herz geschlossen habe ich neben den beiden Hauptfiguren den Bruder von Leo, Alexander, sowie die beste Freundin von Feli, Anila. Nachdem mir dieses Buch sehr gut gefallen hat, wünsche ich mir nun die Geschichten von Alexander und Anila. Leider sieht es nicht so aus, als hätte die Autorin ein Buch über die beiden geplant. Aber wünschen kann ich mir das ja trotzdem.

Neben den beiden Hauptfiguren, die ich gerne begleitet habe, haben mir auch die ernsteren Themen des Buches sehr gefallen. Es geht um Alzheimer, fehlende Eltern bzw. fehlende Liebe der Eltern, der Suche nach sich selbst und dem Annehmen und Zulassen von Liebe. Große Themen, die natürlich nicht in aller Tiefe behandelt werden konnten. Die jedoch in mir ein Nachdenken und ein Mitfühlen ausgelöst haben.

Ich habe mir „Herzklopfen nicht ausgeschlossen“ als Hörbuch angehört und es genossen, mir diese schöne Liebesgeschichte vorlesen zu lassen. Dadurch konnte ich sehr gut in die erzählte Welt eintauchen. Dafür verantwortlich war die Sprecherin Sandra Voss. Zu Beginn musste ich mich auf die Stimme einstellen, da ich vorher Hörbücher gehört habe, deren Sprecherinnen tiefe, ältere Stimmen aufwiesen. Doch schnell war mir klar, dass Sandra Voss perfekt zu Feli und Leo passt.

Bewertung vom 04.09.2022
Der schwarzzüngige Dieb (Schwarzzunge, Bd. 1)
Buehlman, Christopher

Der schwarzzüngige Dieb (Schwarzzunge, Bd. 1)


schlecht

Kompletter Fehlgriff

Kinsch Na Shannack wurde von der Gilde zum Dieb ausgebildet. Nun hat er Schulden bei der Diebesgilde und trägt eine Tätowierung auf seiner Haut, sodass jeder sehen kann, dass er in der Schuld der Gilde steht. Dann begegnet er der Ritterin Galva, die er erst zu überfallen versucht und mit der er sich dann zusammen auf die Wanderschaft begibt…

Auf das Buch „Der schwarzzüngige Dieb“ habe ich mich ungemein gefreut. Da es beim Verlag Hobbit Presse erschienen ist, kann es ja nur gut sein, so dachte ich zumindest. Denn der Verlag steht für Fantasy der Extraklasse. Doch in diesem Fall leider weit gefehlt.

Leider ist es mir nicht gelungen, in dem Buch einen roten Faden zu finden, dem ich in der Geschichte folgen konnte. Ständig fanden wir uns in der wirren, hin- und herspringenden Gedankenwelt des Diebes Kinsch Na Shannack wieder. Das Buch besteht in weiten Teilen aus Ab- und Ausschweifungen. Ich habe noch nie verstanden, warum Autoren nicht bei ihrer Geschichte bleiben können, sondern jedem ablenkenden Gedankengang folgen müssen. Das macht für mich das Lesen ungemein schwer. Fehlt mir doch eine zusammenhängende Geschichte, die erzählt werden will. Die Abschweifungen versuche ich daher meistens zu überlesen und als unrelevant abzutun, denn sie interessieren mich einfach nicht. Doch was mache ich, wenn ein Buch zum Großteil genau daraus besteht? Früher habe ich mich durchgekämpft. Heute empfinde ich dies als vergeudete Zeit und breche das Buch ab. Genau das habe ich mit diesem Buch getan.

Zumal es bei diesem Fantasybuch des Autors Christopher Buehlman noch mehr gab, was mir das Lesen verleidete. Da ist zum Beispiel der Humor, den ich als ungemein platt empfunden habe. Die Woche besteht nicht aus sieben Tagen, sondern aus acht oder neun. Die Währung, mit der bezahlt wird, heißt ständig anders. Was andere Leser vielleicht amüsierte, hat mir den letzten Spaß an dem Buch genommen.

Die Sprache hat ebenfalls ihren Teil dazu beigetragen. Diese war teilweise einfach vulgär und obszön. Auch hieran mögen manche Lesende Freude haben, doch ich nicht. Ich fühle mich durch eine solche Ausdrucksweise abgestoßen.

Dieses Buch erzählt für mich keine spannende Fantasygeschichte. Teilweise langweilte ich mich dabei zu Tode, ob des Humors konnte ich nur die Stirn runzeln und die Sprache lehnte ich stellenweise ab. Aus diesen Gründen kann ich keine Empfehlung für das Buch aussprechen, denn es zu lesen empfinde ich als Verschwendung von Lebenszeit.

Bewertung vom 28.08.2022
Dunkelschnee / Kommissar Munch Bd.4
Bjørk, Samuel

Dunkelschnee / Kommissar Munch Bd.4


sehr gut

Mein erstes, aber sicherlich nicht mein letztes Buch der Reihe

Auf einem Feld bei Oslo werden zwei getötete Jungen aufgefunden. Zwischen ihnen liegt ein toter Fuchs. Acht Jahre zuvor gab es so einen Fall bereits in Schweden. Zwei Jungen, die auf einem Feld arrangiert wurden, zwischen ihnen ein Hase. Den Fall soll das neu gegründete Osloer Team um den Leiter Holger Munch bearbeiten. Zur Verstärkung holt er die Polizeischülerin Mia Krüger ins Team, die auf der Akademie durch ihre unkonventionelle Herangehensweise und ihre Trefferquote aus ihrem Jahrgang herausragt. Und schon bald gibt sie bei den Ermittlungen entscheidende Impulse, um den Täter zu fassen…

Zum einen hat mir der spannende Kriminalfall sehr gut gefallen. Schnell war ich in der Lektüre gefangen und habe mich mit dem Ermittlungsteam auf die Jagd nach dem Täter begeben. Warum arrangiert er die Leichen auf dem Feld? Was hat es mit dem toten Tier auf sich? Wird es weitere Morde an Jungen geben? Kannten die Jungen den Täter? Wenn ja, woher?

Die unkonventionellen Figuren, die das Ermittlungsteam bilden, haben mir ebenfalls super gefallen. Allen voran der Leiter Holger Munch. Er denkt nicht in vorgegebenen Bahnen, sondern geht auch unwahrscheinlichen Spuren nach. Zudem ermutigt er sein Team, selbstständig zu denken, die eigene Fantasie spielen zu lassen und sich in die Ermittlungen einzubringen. Besonders hervor sticht die Polizeischülerin Mia Krüger. Sie geht sehr intuitiv an die Ermittlungen heran, liest zwischen den Zeilen, sieht und versteht mehr als alle anderen Ermittler. Obwohl sie sehr schrullig und eigensinnig ist, vertraut sie auf ihr Können, ist ungemein belesen und vertritt ihre Erkenntnisse. Die restlichen Teammitglieder sind ebenfalls alle Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten. Allerdings bleiben sie in diesem Buch noch sehr blass. Ich gehe jedoch davon aus, dass auch sie noch weiter ausgearbeitet werden und in Zukunft unverwechselbare Charaktere darstellen.

Ein wenig verwirrend finde ich, dass „Dunkelschnee“ der erste Fall von Holger Munch und Mia Krüger darstellt, jedoch bereits das vierte Buch der Reihe um die beiden Ermittler ist. Für mich war dies ein Glücksgriff, weil es für mich der erste Teil der Reihe war, den ich gelesen habe. Nun werde ich die drei Vorgängerbücher im Anschluss lesen und somit die korrekte zeitlich lineare Reihenfolge der Fälle erleben. Ich bin gespannt, wie gut das funktioniert.

Im Buch gibt es immer wieder kleine Einschübe zu Personen, die in einem Zusammenhang zu den Ermittlungen stehen, die erst im weiteren Verlauf des Buches deutlich werden. Das ist zwar ein gängiges Mittel in Krimis, aber hier hat es nach meiner Ansicht ein wenig überhandgenommen. Das Auffinden von Verdächtigen, Beweismitteln oder Zeugen wäre auch möglich gewesen, ohne erst neue Figuren einzuführen, die ein paar Seiten später sowieso keine Rolle mehr spielen. Irgendwann hatte ich auf jeden Fall keine Lust mehr, schon wieder neue Personen kennenzulernen, die verschwinden, bevor ich mich auf sie einlassen konnte.

Die zweite Kritik, die ich an diesem Buch habe, bezieht sich auf das Ende. Wir erfahren, wer der Täter ist und auch, wie er auf seine Opfer aufmerksam geworden ist. Leider erhalten wir jedoch keine Erklärung zu seiner Motivation. Warum hat er die toten Jungen so arrangiert auf einem Feld ausgestellt? Wieso fühlte er sich zu ihnen hingezogen? Liegt die Erklärung in seiner eigenen Kindheit? Das sind für mich alles Fragen, die in einem guten Krimi geklärt werden sollten. Daher hat mich das Buch am Ende ein wenig unzufrieden zurückgelassen. Ich hoffe, dass die anderen Krimis des Autors am Schluss besser gelöst sind.