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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 10.02.2021
Steirertanz
Rossbacher, Claudia

Steirertanz


sehr gut

Steirertanz ist schon der 11. Band der Steirer-Reihe von Claudia Rossbacher und ich kenne die meisten. Ich bin der Entwicklung von Sandra Mohr und ihrem Chef Sascha Bergmann gefolgt und beide kommen mir inzwischen so eingespielt wie ein altes Ehepaar vor. Bergmann muffelig wie eh und je und gern gibt er den Chauvi, aber an Sandra perlt das ab. Sie steht über diesen Eigenheiten und gibt gekonnt Contra.

Dieses Mal führt ein Fall die Ermittler ins Ausseer Land. Eine Industriellenvilla ist abgebrannt, eindeutig Brandstiftung und im Haus wird die Leiche der Luise Lex gefunden. Zusammen mit ihrer Zwillingsschwester leiten sie die erfolgreiche Trachtenmanufaktur „Lilly & Luise“, die mit modernen Interpretationen sehr erfolgreich sind, was natürlich bei traditionellen Konkurrenten misstrauisch verfolgt wird.

Aber nicht nur das scheint ein Motiv zu sein, die Schwestern sind engagiert gegen ein Ferienzentrum am Grundlsee. Teure Chalets sollen für betuchte Touristen entstehen, was nicht nur die exklusive Lage der Villa schmälern würde, auch für das Dorf hätte es Auswirkungen. Zwar gäbe es Arbeitsplätze, aber fast nur im Niedriglohnbereich, dafür würde das traditionelle Dorfleben verloren gehen und wie das aussieht, kann man im nahen Hallstatt beobachten.

Vorneweg – ich bin schon ein Fan der Steirerkrimis. Trotzdem hatte ich dieses Mal einige Eingewöhnungsschwierigkeiten. Claudia Rossbacher wählt für ihre Handlung eine nahe Zukunft. Die Geschichte spielt Anfang des Jahres 2022, Österreich hat genau wie das übrige Europa gerade die Corona Pandemie gemeistert, aber überall sind die Folgen noch spürbar. Immer wieder denkt Sandra Mohr daran, wenn sie bemerkt, dass der Brauch des Händeschüttelns völlig verschwunden ist, oder wenn ihr auffällt, dass noch wenige Monate zuvor niemand ohne Mund-Nasen-Schutz unterwegs sein konnte. Also absolut realistisch und doch irgendwie irritierend und meinen Lesefluss etwas hemmend. Aber wie gesagt, das hat sich schnell gelegt.
Mehr hat mich eigentlich die Vorhersehbarkeit des Plots gestört, schon ziemlich früh wusste ich, wohin sie die Auflösung bewegt und das hat mir viel von der Spannung genommen.

Ansonsten ist das Buch gewohnt unterhaltsam geschrieben und wenn mir Sandra Mohr und Sascha Bergmann wie ein altes Ehepaar vorkommen, so fühle ich mich bei den Krimis auch schon heimisch wie eine langjährige Freundin zu Besuch.

Bewertung vom 10.02.2021
Das Einmaleins des Glücks
Collette, Katherine

Das Einmaleins des Glücks


weniger gut

Germaine hat es nicht so Menschen und Gefühlen. Ihre Welt sind die Zahlen, als Mathematikerin rechnet sie nicht nur in einer Versicherung Wahrscheinlichkeiten aus, auch in ihrem Privatleben herrschen strikte Regeln und Zahlen und Entspannung findet sie in ihrer Sudoku-Leidenschaft.

Doch als sie ihre Stelle verliert, bleiben die Angebote aus. Ausgerechnet in der telefonischen Seniorenberatungsstelle der Stadt findet sie einen neuen Job. Als sie schon ausrechnet, wie man die Beratung effizienter und schneller gestalten könnte, um den Kontakt zu reduzieren, lernt sie einige Leute aus dem Seniorenzentrum kennen und als – auch mit ihrer Hilfe – die Begegnungsstätte geschlossen werden soll, gehen ihr die Augen auf.

Nicht jedes Buch wird seinem Klappentext gerecht, dieses Zitat habe ich schon mehrmals gelesen und es trifft tatsächlich auf diesen Roman zu. „Witzig und gleichzeitig erfrischend charmant“ „urkomisch“ – nichts davon konnte ich in diesem Buch entdecken. Die Protagonistin scheint mir leicht autistische Züge zu haben, es fehlt ihr an Empathie und Einfühlungsvermögen.

Wie Germaine noch rechtzeitig der Kurve kriegt und ihr Leben in den Griff bekommt ist bis auf einige wenige lustige Szenen eher langweilig beschrieben. Mir fehlte bis zum Ende der versprochene Wohlfühleffekt. Das trifft auch auf die Protagonisten zu, sie sind eindimensional, wecken wenig Interesse, egal ob sie zu den Guten oder den Bösen zu rechnen sind. Ein Unterhaltungsroman braucht nicht unbedingt Tiefgang, aber Emotionen für die Figuren und die Geschehnisse sollte er schon wecken.

Das war leider kein Buch für mich, umso bedauerlicher, da mich Klappentext und die schöne Umschlaggestaltung gleich angesprochen hatten.

Bewertung vom 08.02.2021
Das achte Kind
Grabovac, Alem

Das achte Kind


ausgezeichnet

Als die junge Kroatin Smilja als Gastarbeiterin nach Deutschland kommt, will sie vor allem der bitteren Armut entfliehen, aber auch dem gewalttätigen und trinkenden Vater. In Würzburg stillt sie ihren Hunger nach Schokolade und auch nach Liebe. Doch Emir ist ein Mann, der jedes Versprechen vergisst, ein Hallodri der bald nach der Geburt des Sohnes verschwindet. So bleibt Smilja nach zwei Jahren allein mit einem Säugling, den sie zu einer Pflegefamilie gibt, denn sie muss Geld verdienen.
Der kleine Alem wächst wochentags in einer Pflegefamilie mit strengen Regeln und geordneten Tagesablauf auf, Marianne die Pflegemutter umsorgt ihre Pfleglinge liebevoll, wie ihre eigenen sieben Kinder, die zum Teil schon das Elternhaus verlassen haben. Robert, der Pflegevater ist ein ewig Gestriger, Holocaust-Leugner und „Es war nicht alles schlecht, damals“- Schwadronierer. Für den älter werdenden Alem wird dass das Zusammenleben schwierig machen und zu ernsten Konflikten mit Robert führen, doch die Geborgenheit die ihm Pflegemutter Marianne vermittelt und das freundschaftliche Miteinander mit den älteren Kindern der Familie überdecken die Schwierigkeiten.
Die Wochenenden verbringt der mit der Mutter, doch Dusăn, der neue Freund der Mutter, ist ein brutaler Mann, er prügelt und säuft. Alem wird älter und die Wochenenden immer seltener, den Dusăn prügelt auch Alem. Zwischen diesen zwei Welten ist Alem zerrissen, den leiblichen Vater hält er für tot.

Namen und Orte lassen vermuten, das Alem Grabovac sich von seiner eigenen Biografie zu diesem Roman inspirieren ließ, doch er erzählt distanziert, auch wenn er die Ich-Form wählt. Er wertet und verurteilt nicht die Handlungen der Erwachsenen, er berichtet. Doch konnte ich mich nicht der Eindringlichkeit entziehen. Smilja, die in überbordender Liebe, Alem an den Wochenenden mit Süßigkeiten überschüttet, kann ihn aber letztendlich nicht vor Dusăn schützen. Sie ist selbst Opfer, verharrt in ihren Beziehungen im vom Vater vorgegebenen Muster.

Als erwachsener Mann erfährt Alem, dass Emir noch lange lebte und sucht sein Grab und auch seine eigenen Wurzeln. Dort kann er seinen Gefühlen Lauf lassen.

Das achte Kind, ein Anhängsel, das nirgendwo ganz richtig dazu gehört, seine Einsamkeit ist zwischen den Zeilen des Romans spürbar. Vielleicht ist dieser Roman auch eine Suche nach der eigenen Geschichte, ein Versuch zu verstehen und ein Stück Selbsttherapie.

Bewertung vom 05.02.2021
Wo wir Kinder waren
Naumann, Kati

Wo wir Kinder waren


ausgezeichnet

Vier Generationen lang ist das Stammhaus der Puppenfabrik Langbein auch das Herz der Familie. Seit der Gründung durch Albert Langbein und seiner Frau Mine sind Puppen und Plüschtiere mehr als nur Ware. Vom kleinen Beginn an, da die Einzelteile in mühseliger Heimarbeit gefertigt und zu den Langbeins zur Montage gebracht wurden, waren Direktor und Mitarbeiter eine verschworene Gemeinschaft. Doch die Zeiten sind nicht einfach, Weltkriege und Mangelwirtschaft der DDR bis hin zur Enteignung haben die Langbeins immer wieder herausgefordert.

Bis hin in die Gegenwart, als drei Cousins, Iris, Jan und Eva das inzwischen lange leerstehende Haus ausräumen. Die drei haben sich auch nicht mehr viel zu sagen, zu unterschiedlich sind ihre Lebenswege verlaufen. Iris stammt vom Zweig der Familie ab, die gleich nach Kriegsende in den Westen gingen, ihr fehlt bis auf ein paar schöne Ferienerinnerungen die Bindung an Sonneberg, aber auch in den Generationen davor gab es immer wieder Probleme zwischen Geschwistern.

Kati Naumanns Roman ist eine großartige Familiengeschichte, warmherzig und lebendig erzählt, hat sie mich sofort in Bann gezogen. Es ist aber auch die deutsche Geschichte der letzten hundert Jahre. Heruntergebrochen auf eine kleine Stadt, eine kleine Gemeinschaft, eine Familie, aber mit den gleichen Auswirkungen. Inflation und Hunger nach dem Ersten Weltkrieg, ein mühsamer, zum Scheitern verurteilter Prozess einer neuen Staatsform und schon wehen die Fahnen mit dem Hakenkreuz auch in Sonneberg. Nach der bitteren Kriegszeit kommt die Teilung Deutschlands und damit auch die Teilung der Familie. Verstaatlichung, Enteignung, Gleichschaltung – und plötzlich die Wende.

Historie entfaltet oft im Kleinen eine besondere Wirkung, wenn man Ereignisse daran festmachen kann, was sie für einzelne Menschen bewirken. Das ist mir in diesem Roman ganz besonders bewusst geworden. Aber das ist nur der Hintergrund, im Mittelpunkt stehen die Menschen und nicht nur die Cousins der Gegenwart haben mir sehr gut gefallen, eine besondere Lieblingsfigur ist für mich Flora, die vom „Drückerkind“ zur Direktorin aufsteigt. Großherzig, liebevoll und weise lenkt sie die Geschicke der Fabrik und der Familie.

Unterhaltsam zu lesen, immer wieder mit Rückblenden in die Vergangenheit aufgelockert, ist das Buch eine wirkliche Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.02.2021
Löwenfisch
Trink, Rudolf

Löwenfisch


ausgezeichnet

IT-Spezialistin Sonja hilft einem alten Schulfreund seiner Computer zu sichern, kurz danach verschwindet Anton Zargl spurlos. Weil er von Recherchen zu einem großen Coup im Drogengeschäft erzählte, das seinen Durchbruch als Enthüllungsjournalist werden sollte, macht sich Sonja Sorgen und bittet den Freund ihrer Mutter, den pensionierten Kriminalisten Johann Rumpler um Hilfe.

Rumpler kontaktiert seinen ehemaligen Kollegen Moser und rennt dabei offene Türen ein. Auch er hat von Gerüchten gehört, dass hohe Polizeikreise verwickelt sein sollen, umso besser wenn ein außen stehender Ermittler unter dem Radar bleiben kann.

Rudolf Trink schickt seinen sympathischen Ermittler nun schon zum dritten Mal ins Rennen. Jeder Fall ist in sich abgeschlossen und verlangt keine Vorkenntnisse. Der Krimi ist der klassischen Tradition verpflichtet und kommt ganz ohne Gewaltorgien aus, trotzdem entwickelt sich eine spannende Geschichte in ganz eigenem Tempo. Der Autor verwendet selbst die Genre-Bezeichnung Slow-Crime und das trifft es sehr gut.

Rumpler ist ein Mensch der seinen Ruhestand genießen kann, er kocht gern und gut, verwöhnt seine Katze und wenn er wieder in eine Ermittlung verwickelt wird, gibt das seinem Leben noch eine besondere Würze. Er zieht glasklare Schlussfolgerungen und geht auch der Gefahr nicht aus dem Weg. Daneben hat der Autor noch einige, auch recht skurrile Figuren eingebaut, die wunderbar zur Atmosphäre beitragen. Die Austriazismen bringen Charme und ein wenig Wiener Schmäh in die Lektüre.

Wenn ich mit Rumpler über den Naschmarkt schlendere, wo er die Zutaten für ein schönes Essen kauft, kommt Reisesehnsucht hoch. Und als dann Rumplers Ermittlungen noch nach Drosendorf führen, das ich aus einem schönen Waldviertel-Urlaub kenne, möchte ich am liebsten gleich die Koffer packen.

Ein gelungener Krimi, der Spannung und Atmosphäre bestens mischt und dem ich viele Leser wünsche.

Bewertung vom 28.01.2021
Das Klagen der Möwen
Arnold, Daniela

Das Klagen der Möwen


gut

Mit „Das Klagen der Möwen“ habe ich mein erstes Buch von Daniela Arnold gelesen, eine Autorin die Thriller-Genre schon beachtliche Erfolge erzielt hat.

In den Dünen von Sylt wird eine getötete junge Frau gefunden. Erste Spuren weisen auf ein Sexualdelikt hin. Der örtliche Polizist Uwe Petersen, der mit dem Vater des Opfers befreundet ist, legt sich schon sehr früh auf einen Täter fest. In Carsten Normanns Familie war das Opfer oft als Babysitterin tätig und nur Carsten scheint für ihn als Täter in Frage zu kommen. Petersen agiert einseitig und vor allem sehr öffentlich. So gerät die ganze Familie ins Zentrum einer Hetzjagd. Frau und Kind werden bedroht, das Haus belagert und beschmiert. Kollegin Rieke rät vergebens zur Besonnenheit und erst als eine weitere Leiche gefunden wird, ermittelt vor allem sie auch in andere Richtungen.

Das Buch beginnt mit einem sehr spannenden und düsteren Prolog, der mir unter die Haut ging und mich vermuten lässt, dass hinter der Geschichte wesentlich mehr steckt. Diese Spannung bleibt das ganze Buch über sehr hoch, denn die Verbindung zum Prolog bleibt lange im Dunkeln. Ausgesprochen realistisch wurde die Macht der Öffentlichkeit geschildert. Denn in der anonymen Masse lässt es sich leicht mit Steinen werfen, hier ufert unter den Augen der Polizei eine Hexenjagd aus und lässt Marie Normann fast schutzlos zurück.

Diesen realistischen Blick hätte ich mir auch für die Ermittlungen gewünscht. Da klafften meiner Meinung nach einige Logiklücken, die auch durch den hohen Spannungsbogen nicht kaschiert wurden.

Für das Ende gibt es noch eine Überraschung, die man so nicht erwarten konnte und die mich nicht ganz befriedigte.

Dass die Familie aber auf Sylt nicht mehr bleiben konnte und wollte, war wiederum ganz in der Lebenswirklichkeit verankert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.01.2021
Grenzfall - Der Tod in ihren Augen / Jahn und Krammer ermitteln Bd.1
Schneider, Anna

Grenzfall - Der Tod in ihren Augen / Jahn und Krammer ermitteln Bd.1


sehr gut

Alexa Jahn ist kaum in der neuen Dienststelle in Weilheim angekommen, als ein mysteriöser Fall auf das Team wartet. In einer unwegsamen Bergregion am Brauneck bei Lenggries wird erst ein herrenloser Rucksack und bald darauf eine tote Frau in der Bergwand gefunden. Was nur auf den ersten Blick wie ein Bergunfall aussieht, bekommt bald eine besondere Brisanz, denn der Leichnam ist nicht komplett. Nur der Oberkörper hängt an der Wand, andere Leichenteile werden am Achensee in Österreich gefunden.

Nicht nur die Arbeit mit dem neuen Team gestaltet sich schwierig, auch der österreichische Kollege ist unumgänglich und keine echte Hilfe. Alexa ist ziemlich auf sich allein gestellt, denn ihr Mentor fällt krankheitsbedingt aus und dass ihr als Neuling die Leitung der Ermittlungen übertragen werden, führt zu Problemen mit den Platzhirschen in Weilheim. Alexa scheint an ihre Grenzen zu kommen, denn der Fall ist komplex und die Spurenlage mehr als dürftig.

Ein erster Fall mit Alexa Jahn und Bernhard Krammer. Aus dem Untertitel des Krimis ist schon zu sehen, dass sich die beiden ungleichen Ermittler zusammenraufen werden. Den Einstieg in die Serie fand ich gelungen. Die Ermittlungsarbeiten sind spannend und mit dem Kompetenzgerangel über die Ländergrenzen ergeben sich auch reichlich Szenen, die zusätzlich Unterhaltungswert haben. Mit der jungen Kommissarin wird auch eine echte Sympathieträgerin eingeführt.

Es ist der erste Krimi der Autorin und ich finde das Debüt gelungen. Die ausgewogene Mischung von Kriminalistik und privaten Problemen und Gedanken der Ermittler machen das Buch interessant und kurzweilig zu lesen. Anna Schneider schreibt flüssig, sie hat einen verzwickten, aber schlüssigen Plot aufgebaut, der durch die Anklänge in der Vergangenheit des Täters vielschichtig wird.

Ein gelungener Einstieg in eine neue Reihe, die neugierig auf die weitere Entwicklung macht.

Bewertung vom 26.01.2021
Fürchte dich vor morgen / Kommissar Völxen Bd.10
Mischke, Susanne

Fürchte dich vor morgen / Kommissar Völxen Bd.10


sehr gut

Ausgerechnet Kommissar Bodo Völxen findet beim Pilzesammeln im Deister eine Leiche. Die Tote ist eine junge Frau und in ihrer Brust steckt eine Saufeder, ein Speer wie man ihn früher zur Wildschweinjagd verwendete. Das wirkt wie ein Hinweis und Völxen und sein Team ermitteln in der Prepper-Szene. Der Vater der jungen Frau ist ein Anhänger und hat einen Hof zur Festung ausgebaut, inclusive autarker Strom-und Wasserversorgung und Lebensmittelvorräte und Bunker.

Ich bin ein Fan der Hannover-Krimi von Susanne Mischke und habe Bodo Völxen und seine Kollegen von Anfang an begleitet und ihre Entwicklung verfolgt. Der Macho Rodriguez ist inzwischen Vater und sehnt seinen Vaterschaftsurlaub herbei, Oda ist ebenfalls verheiratet und scheint ein wenig von ihrem Biss verloren zu haben, nur Völxen bleibt unerschütterlich der Alte auch wenn er noch ein wenig schwerer und behäbiger geworden ist.

Wie immer bei der Autorin ist der Plot gut und logisch entwickelt, es gibt einige Finten die sehr schlüssig in die Handlung passen und so die Spannung bis zum Ende hoch halten. Viele aktuelle Bezüge machen ebenfalls den Reiz aus, die Prepper und Staatsverweigerer nehmen auch in der Presse immer wieder Raum ein und als Hintergrund für einen Krimi gefiel mir die Szenerie ganz ausgezeichnet. Mir schien das auch sehr detailliert recherchiert und aufbereitet.

Die Autorin schreibt konventionelle Krimis, die dargestellte Polizeiarbeit ist realistisch, aber es gelingt ihr immer wieder den typischen Humor ihrer Reihe einzubauen. Ein Augenzwinkern ist immer dabei, das macht die Geschichten über die Spannung hinaus auch so sympathisch.

Auch wenn ich finde, dass der 10. Fall vielleicht nicht der stärkste Band der Reihe geworden ist, hat sich das Warten darauf gelohnt und ich hoffe, dass Susanne Mischke auch weiterhin ihrem Hannover-Setting treu bleibt.
Mein Fazit: ein gut und kurzweilig zu lesender Krimi, realistisch, spannend und hochaktuell.

Bewertung vom 25.01.2021
Der Tod lässt kein Schwein kalt
Bordoli, Ladina

Der Tod lässt kein Schwein kalt


sehr gut

Odette Ernestine Montebello – ein guter Name ist für eine Schauspielerin schon die halbe Miete – ist frustriert. Trotz ihrer jahrzehntelangen Erfahrung, sie hat 250 Mal eine Tatort-Leiche gegeben, gibt es keine Rollen mehr für sie. „Zu alt“ lautet das vernichtende Urteil ihres Agenten.

Odette beschließt ihre Lebenshaltungskosten zu verringern und zieht in ein recht abgeschiedenes Schweizer Tal, wo sie sich ein kleines Chalet gekauft hat. Der Neustart auf dem Land verläuft nicht so erfolgreich, wie erwartet. Sie versteht den Dialekt der Dorfbewohner nicht, die sie für ein Wesen aus einer anderen Welt halten und der Mitarbeiter von der Arbeitsagentur verzweifelt an den erfolglosen Vermittlungsversuchen.

Doch dann findet Odette ausgerechnet in ihrem Vorgarten die Leiche eines Jugendlichen. Ein Unfall konstatiert der Dorfpolizist und ignoriert sämtliche Hinweise und Spuren. Ganz besonders die Gefühle und Beobachtungen der einzigen Zeugin: Persephone, das feinfühlige Wollschwein ihres Nachbarn. Seit dieser Nacht ist Persephone nicht mehr glücklich und Bauer Anton und Odette raufen sich zusammen, um den Mord aufzuklären.

Es gibt schon eine ganze Menge kurioser Ermittlerpaare, Odette, Anton und Persephone setzen da noch eins drauf. Die kuriose Konstellation zieht sich durch den ganzen Roman, den ich weniger als Krimi, sondern eher als handfeste Posse einordne. Die Witze sind bisweilen derb, ländlich direkt und wenn ein Schwein die Hauptrolle spielt, durchaus geruchsintensiv.

Wenn man als Leser sich davon nicht abschrecken lässt, kann man den speziellen Humor auch mit Augenzwinkern genießen. Ich musste einige Male hell auflachen, zu komisch ist die Annäherung zweier so unterschiedlicher Charaktere. Und wenn Odette statt Leichen zu spielen, sich als moldawische Putzfrau ausgibt, kann man ihr schauspielerisches Talent erahnen.

Eine Schweizer Krimi-Posse mit ländlichem Charme und sehr viel Situationskomik, den die Autorin trefflich einsetzt.

Bewertung vom 25.01.2021
SeñorHerreras blühende Intuition (eBook, ePUB)
Reichlin, Linus

SeñorHerreras blühende Intuition (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein Autor zieht sich zur kreativen Pause in ein andalusisches Kloster zurück. Nicht nur um wieder Ruhe in sein Leben zu bringen – seine Yogamatte hat er natürlich dabei – sondern um auch Anregungen für seinen geplanten Roman zu finden, der just in einem Frauenkloster spielen soll. Seine Idee, eine junge Frau dort Schutz suchen zu lassen, wird plötzlich Realität. Darauf weist ihn zumindest Señor Herrera, der Koch und Gästebetreuer des Klosters hin, der ihm von der geheimnisvollen Schwester Ana Maria, einer attraktiven Blondine im Kloster erzählt.

Überhaupt steht Señor Herrera der Erholung sehr im Weg, nicht nur weil seine Leidenschaft fürs Kochen seine Fähigkeiten bei weitem übersteigt, auch scheint er Schritt und Tritt über seinen Gast zu wachen und Einfluss auf Renz‘s Romanentwurf zu nehmen. Herrera beherrscht die Situation und das Entrinnen ist schwierig, dabei würde Renz doch nur gerne wieder einmal eine genießbare Mahlzeit zu sich nehmen.

Eine Geschichte in der Geschichte, die den Leser immer im Unklaren lässt, auf welcher Ebene man sich gerade befindet, ist kein neuer Kunstgriff. Aber es macht immer wieder Vergnügen darüber zu lesen. Auch wenn ich fand, dass es hier nicht den ganzen Roman über funktionierte, habe ich mich trotzdem gut unterhalten. Dafür sorgt schon die Konstellation zwischen dem sehr direktem Señor Herrera und dem bemüht höflichen und rücksichtsvollen Schriftsteller, was zu ulkigen Szenen und viel Situationskomik führt. Schriftsteller Renz fühlt sich in der Falle und seine Versuche das Kloster zu verlassen, endet immer wieder im Chaos und in der unfreiwilligen Rückkehr ins Kloster.

Ein unterhaltsamer Roman mit witzigen Ideen und skurrilen Figuren der mir Spaß gemacht hat.