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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 19.06.2024
Ein schwarzer Tag im Juli / Schicksalsmomente der Geschichte Bd.5 (eBook, ePUB)
Schipper, Dörte

Ein schwarzer Tag im Juli / Schicksalsmomente der Geschichte Bd.5 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Wenn es heute nicht klappt, sind wir alle verloren.“

Aus Anlass des 20. Juli 1944, an dem eine Gruppe von Offizieren versucht, durch Tyrannemord, den zweiten Weltkrieg zu beenden, und der sich nun zum 80. Mal jährt, erscheinen zahlreiche Sachbücher oder historische Romane wie dieser hier.

Dörte Schipper nimmt uns mit, die Wochen der Vorbereitungen, zu erleben. Sie bettet diese dramatischen Tage, die wie man weiß, mit einem schwarzen Tag im Juli enden werden, in eine für damalige Zeiten typische Familie ein.

Egon Reusler ist ein junger Offiziersanwärter, der im August 1944 an die Front muss. Zuvor will er seine schwangere Freundin heiraten. Während der hektischen Hochzeitsvorbereitungen lernt er durch seinen Onkel Leopold von Schülow einen der Mitwisser der Stauffenberg-Gruppe kennen für den er den einen oder anderen streng vertraulichen Botengang erledigen soll. Dafür könnte möglicherweise ein abermaliger Aufschub des Marschbefehls erreicht werden, denn bislang ist Egon krankheitsbedingt nicht einberufen worden, was seinem Vorgesetzten Albert Winkler missfällt. Winkler ist nicht nur ein fanatischer Nazi sondern leider auch ein angeheirateter Verwandter, der mit seiner Frau nun in der Wohnung der Reuslers wohnt, weil deren eigene zerstört worden ist. Die Winklers benehmen sich abscheulich, requirieren die kargen Lebensmittelvorräte, beanspruchen den größeren Teil der Wohnung für sich und dann steigt er noch Paula, Egons Schwester nach.

Wie hinlänglich bekannt, scheitert das Unternehmen Walküre, Hitler überlebt, Stauffenberg sowie seine unmittelbaren Mitverschwörer werden noch am selben Abend im Bendler-Block hingerichtet. Hitlers Schergen beginnen mit dem großen Aufräumen, in dem nicht nur die Verschwörer und Mitwisser hingerichtet werden, sondern auch deren Familien in Sippenhaft genommen werden sowie einige private Rechnungen beglichen werden.

Meine Meinung:

Ich habe schon zahlreiche Sachbücher und historische Romane zum 20. Juli 1944 gelesen. Dieses Buch über einen schwarzen Tag in der Geschichte Deutschlands ist penibel recherchiert und erzählt die Wochen davor aus Sicht einer ganz normalen Familie.

Der Riss, der nach Jahren des NS-Regimes durch zahlreiche Familien geht, hier fanatische Nazis, die nach wie vor an den Endsieg glauben, und dort desillusionierte Menschen, die nichts lieber als Frieden hätten, ist sehr gut beschrieben. Als Witwe hat es Egons Mutter ohnehin sehr schwer, schwebt doch über dem Unfalltod ihres Mannes der unausgesprochene Geruch eines Selbstmordes, weil er die Gräuel der Nazis nicht mehr ausgehalten hat. Damit ist sie nicht alleine.

Nachdem die Alliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie gelandet sind, die deutschen Truppen an der Ostfront verbluten und die Air Force der Amerikaner und Briten deutsche Städte in Schutt und Asche legen, ist vielen Menschen klar, dass der Krieg verloren ist. Doch statt aufzugeben, befiehlt Hitler „den totalen Krieg“. Zeit für die Attentäter zu handeln.

Dieser Versuch Hitler an diesem 20. Juli 1944 zu beseitigen, war nicht das einzige (misslungene) Vorhaben, den Massenmörder zu stoppen. Vielleicht aber der Bekannteste, weil er aus dem Innersten der Wehrmacht kam.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und aus ungewöhnlicher Perspektive fesselnd erzähltem historischen Roman 5 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2024
Das Echo der Zeit
Eichler, Jeremy

Das Echo der Zeit


ausgezeichnet

Jeremy Eichler, amerikanischer Musikkritiker und Autor nimmt seine Leser auf eine Reise in die Musik und die Vergangenheit mit.

Am Beispiel von Arnold Schönberg, Richard Strauss, Dmitri Schostakowitsch und Benjamin Britten zeigt er auf, wie die Erfahrungen, die die Komponisten den Ersten und Zweiten Weltkrieg gemacht haben, in ihre Kompositionen eingeflossen sind.

So erfahren wir, dass Arnold Schönberg (1874-1951), Enfant Terrible der Musik und Wiener Jude, in seinem New Yorker Exil als erster Komponist an einem Musikstück arbeitet, das die Shoa zum Thema hat: „Ein Überlebender aus Warschau“. Die Komposition ist so verstörend, dass sie, obwohl eine Auftragsarbeit für das Boston Symphony Orchestra, erst im 1948 von einem Laienensemble uraufgeführt wird.

Quasi als Antipoden stellt uns Eichler dann Richard Strauss (1864-1949) vor: Er ist von 1933 bis 1935 Präsident der Reichsmusikkammer und damit ein früher Nutznießer des NS-Regimes. Allerdings fällt er später in Ungnade, weil er für seine Oper „Die schweigsame Frau“ das Libretto vom jüdischen Autors Stefan Zweig schreiben lässt. Hier zeigt Strauss Courage und besteht darauf, dass Zweigs Namen auf den Programmheften zu lesen ist. Gleichzeitig ist Strauss‘ Schwiegertochter Jüdin. In seinem letzten Werk „Metamorphosen für 23 Streicher“ spiegelt sich die Verwandlung Deutschlands in eine Trümmerwüste wieder.

Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) dessen Leben ein Auf und Ab in der Sowjetunion ist, vertont das Gedicht von Jewgeni Alexandrowitsch Jewtuschenko (1932-2017) dessen erste Zeile lautet:

„Es steht kein Denkmal über Babyn Jar“

Damit setzt Schostakowitsch 1961 mit seiner düsteren „Dreizehnte Sinfonie“ dem Massaker der Deutschen Wehrmacht von 1941 im ukrainischen Babi Jar ein Mahnmal. Das Werk missfällt den sowjetischen Machthabern, weil es (verdeckt) den Antisemitimus der UdSSR anprangert. Dazu passt perfekt, dass Jeremy Eichler, wenige Wochen vor Putins Angriff auf die Ukraine 2022, während seiner Recherche zu diesem Buch, auch die Schlucht von Babyn Jar aufsucht und keine Spur der Schlucht findet: Das Sowjet-Regime hat die Schlucht von Babyn Jar auffüllen lassen und damit versucht, jede Spur des Massakers an den ukrainischen Juden in der Schlucht von Babyn Jar zu tilgen. Ob das, anlässlich des 80. Jahrestages des Massakers 2021 errichtete Denkmal den Angriffskrieg Putin überstehen wird, ist ungewiss. Damit erfüllt sich die düstere Prophezeihung aus Jewtuschenkos Gedicht abermals.

Der vierte Komponist, den uns Jeremy Eichler hier vorstellt ist Benjamin Britten (1913-1976). Geprägt durch frühkindliche Kriegstraumata aus dem Ersten Weltkrieg (eine von einem Zeppelin abgeworfene Granate schlug unmittelbar neben dem Haus der Familie Britten ein und beschädigen das Gebäude), verlässt er 1939 Europa Richtung Amerika und gilt als Kriegsdienstverweigerer. Diese Schmähung wird er 1945 entkräften, als er mit den jüdischen Geigenvirtuosen Yehudi Menuhim (1916-1999) auf seiner Reise durch das zerstörte Deutschland begleitet, unter anderem das KZ Bergen-Belsen besucht und vor Tausenden Displaces Persons, darunter Überlebende der Shoa, Konzerte gibt.
Am 30. Mai 1962 wird Brittens Komposition „War Requiem“ in der wiederaufgebauten Kathedrale von Coventry, deren Vorgängerbau im Rahmen der deutschen Bombardierung der Stadt während der Luftschlacht um Englandweitgehend zerstört worden ist, uraufgeführt.

Meine Meinung:

Jeremy Eichler ist mit diesem Buch ein außerordentliches wie erschütterndes Zeugnis, das musikalische Mahnmale der Zeitgeschichte und ihre Wirkungs mit der Zeitgeschichte zweier Weltkriege verknüpft. Jeremy Eichler hat mit "Das Echo der Zeit" eines der bedeutendsten Musikbücher der vergangenen Jahre geschrieben. Das Buch richtet sich an musikalisch wie historisch Interessierte.

Es ist nicht unbedingt notwendig, Musikexperte zu sein. Man kann diesem beeindruckenden Buch auch so folgen. Ich werde mir die vier genannten Musikstücke (zumindest auszugsweise) anhören, obwohl ich kein ausgesprochener Klassik-Fan bin. Zudem werde ich dieses Buch sicherlich abermals zur Hand nehmen.

Jeremy Eichlers Schreibstil ist beeindruckend. Das Buch ist penibel recherchiert und enthält eine Vielzahl von Abbildungen. Die sehr gute Übersetzung stammt von Dieter Fuchs.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das mich ob der Fülle der Details sehr beeindruckt hat, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 18.06.2024
Geschichte Japans
Krämer, Hans Martin

Geschichte Japans


sehr gut

Ich bin ja ein großer Fan der Reihe Wissen aus dem C.H. Beck-Verlag, die auf knapp 130 Seiten Kenntnisse zu unterschiedlichen Themen vermittelt. Hoch erfreut habe ich die folgende Inhaltsangabe gelesen:

„Japanische Populärkultur in Gestalt von Manga, Anime, J-Pop, Fernsehserien und Computerspielen erfreut sich in der westlichen Welt großer Beliebtheit, und japanische Marken sind in der globalen Konsumkultur fest etabliert. Der vorliegende Band sucht das heutige Japan historisch zu erhellen. Nach einem knappen Durchgang durch die vormoderne Geschichte wird der Neuzeit deutlich mehr Platz eingeräumt, weil sie für die Erklärung der gesellschaftlichen und kulturellen Gegenwart Japans ungleich wichtiger ist. Eine kurze Einführung in die geografischen und klimatischen Grundlagen der japanischen Geschichte bildet den Auftakt des Bandes.“

Daher bin ich doch recht erstaunt, dass weder die geografischen noch die klimatischen Grundlagen, wenn man vom Abholzen der dichten Wälder absieht, beschrieben werden. Auch die angesprochene „Japanische Populärkultur“ suche ich vergeblich. Für mein Gefühl ist der „knappe Durchgang durch die vormoderne Geschichte“ doch ein wenig länger geraten. Hat man hier einen Klappentext für ein anderes Buch konzipiert?

Also, bitte nicht falsch verstehen, aber eine solche Inhaltsangabe weckt doch eine bestimmte Erwartungshaltung, die dann doch in eine leichte Enttäuschung abgeglitten ist, zumal ich glaube, ein Buch mit dem selben Titel bereits 2014 (?) gelesen zu habe.

Nun, ich will ja nicht nur meckern, denn mit Erstaunen habe ich gelesen, dass zwischen 592 und 770 mehrere KÖNIGINNEN und fünf KAISERINNEN regierten. Das war mir neu!

Mit dem neuen Tenno Kanmu (737-806), der alles daran setzte die Macht der Frauen zu brechen und sie auf das ihnen zugedachte Maß zurechtzustutzen, ist der Traum vom Regieren für die nächsten 1.000 (plus ein paar) Jahre einmal ausgeträumt. Das scheint sich bis heute nicht geändert zu haben, denn obwohl Gleichberechtigung der Frauen im Gesetz steht, sieht es damit ziemlich schlecht aus. Aber, wir wissen ja, Papier ist mehr als geduldig. Ob die Frauen das auch sind?

Grundsätzlich ist das Buch für alle jene, die einen kurzen Abriss der Historie Japans bekommen wollen, gut geeignet. Der Autor spannt den Bogen von der Steinzeit bis hin zur Gegenwart. Allerdings, das merkt auch Hans Martin Krämer an, ist die Einteilung der Epochen Japans nicht unbedingt mit denen Europas zu vergleichen.

Um sich in Japan zurechtzufinden, sind zwei Karten abgebildet. Der Schreibstil ist gut zu lesen. Die japanischen Namen und Bezeichnungen bedürfen allerdings ein genaues Hinsehen.

Fazit:

Das Buch eignet sich gut für alle jene, die einen kurzen Abriss der Historie Japans bekommen wollen. Die Inhaltsangabe hat mich etwas anders erwarten lassen, daher ziehe ich einen Stern ab (4 Sterne).

Bewertung vom 18.06.2024
Kofler-Bettschart, Birgit

"Ich habe getötet, aber ein Mörder bin ich nicht"


ausgezeichnet

Dieses Sachbuch behandelt ein Verbrechen, das bis heute nicht aufgearbeitet worden ist, sondern in kleinerem Ausmaß nach wie vor geschieht: den Genozid an den Armeniern und seinen Folgen. Dieser Völkermord, der sich in den Jahren 1915-1917 ereignet hat, wird von den Armeniern selbst als Aghet (= Katastrophe) bezeichnet und ist gut dokumentiert. Die Opferzahlen schwanken, je nachdem welche Quellen herangezogen werden und betragen bis zu 1,5 Millionen Menschen.

Autorin Dr. Birgit Kofler-Bettschart betrachtet in ihrem Buch, das keine leichte Kost ist, die Vergeltungsaktionen der einer Gruppe überlebender Armenier in den Jahren 1919-1922, die als „Operation Nemesis“ bekannt sind. Aus der Diaspora heraus wollen die Mitglieder der Gruppe die Drahtzieher des Völkermordes zur Rechenschaft ziehen, die Weltöffentlichkeit auf dieses Verbrechen aufmerksam machen und Anerkennung desselben. Denn in der Türkei, dem Nachfolgerstaat des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg werden die Verantwortlichen auf Betreiben der Alliierten zwar vor Gericht gestellt und auf Grund der Beweislage in Abwesenheit verurteilt. Da sich die Angeklagten durch Flucht ihrer Verantwortung entzogen haben, können die (Todes)Urteile nicht vollstreckt werden, zumal sich Deutschland, wie auch andere Länder weigert, die Drahtzieher auszuliefern.

Wenig später ist außer den Armeniern niemand mehr an einer Sühne des Genozids interessiert. Hier greifen nun die Mitglieder der Geheimorganisation ein und beginnen den Aufenthalt der rund 100 Schuldigen auszuforschen. Die gefährliche Reise führt die Attentäter und deren Helfer durch zahlreiche Länder Europas bis hin in den Kaukasus. Akribisch werden acht Männer auf der Liste ausgeforscht und am helllichten Tag getötet.

Soghomon Tehlirjan (1897-1960) erschießt am 15. März 1921 den in Berlin lebenden ehemaligen Innenminister Talaat Pascha. Im anschließendem Prozess, aus dem das Titel gebende Zitat stammt, wird Tehlirjan freigesprochen. Grund: Auf Grund der erlittenen Traumata, Tehlirjan hat 85 Familienmitglieder in den Massakern verloren, wird ihm Unzurechnungsfähigkeit bescheinigt. Denn für Tehlirjan ist es kein Verbrechen, einen verurteilten Massenmörder zu töten.

Meine Meinung:

Die Autorin hat akribisch recherchiert und neben amtlichen Quellen auch die Biografien der Mitglieder der „Operatin Nemesis“ herangezogen. Das Buch belegt, dass der Massenmord während des Ersten Weltkriegs an den Armeniern durch die Osmanen systematisch organisiert worden ist. Die Weltöffentlichkeit, allen voran die mit dem Osmanischen Reich verbündeten Achsenmächte, also das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn, haben weggeschaut und sich mit dem Hinweis auf „innere Angelegenheiten eines Reiches“ abspeisen lassen. Das Wissen um Deportationen, Todesmärsche, Massaker und andere Gräueltaten wirken wie eine Blaupause für den Genozid an den Juden im NS-Staat und anderen Völkermorden in der Zukunft.

„Es soll ein Verbrechen sein, dass Tehlirjan einen Menschen ermordet hat, aber kein Verbrechen, mehr als eine Million Menschen zu töten? Das passt nicht zusammen.“ (Raphael Lemkin/ „Vater“ der Genozid-Konvention).

Es ist dem Juristen und Friedensforscher Rapahel Lemkin (1900-1959) zu verdanken, dass die Genozid-Konvention ins Leben gerufen worden ist.

„Es stellt jede Handlung, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“ unter Strafe. Verbrechen gegen sozial oder politisch definierte Gruppen fallen - mit Rücksicht auf die Sowjetunion - nicht darunter.

Leider kommt die nunmehrige Republik Armenien, die nach dem Zerfall der UdSSR ihre Unabhängigkeit erklärt hat, nach wie vor nicht zur Ruhe. Umgeben von Autokraturen, die mehrheitlich muslimisch sind, wie Türkei, Aserbeidschan und dem Iran sowie von Georgien, liegt es im Zentrum von einer äußerst instabilen Umgebung und wird nach wie vor Opfer von Massakern und Vertreibungen - Stichwort Berg Karabach. Der Massenexodus der Armenier hält bis heute an.

Das Buch liest sich trotz der Schilderung der brutalen Wirklichkeit sehr gut. Die Autorin hat bis ins kleinste Detail recherchiert und so lernt man die einzelnen Akteure kennen. Sehr gut hat mir gefallen, dass sie das weitere Schicksal der Mitglieder der Operation Nemesis dargestellt hat. Am Ende des Buches kann man noch das Interview mit der Armenien- und Genozid-Expertin Dr. Tessa Hofmann lesen.

Die Autorin stellt die komplexen Zusammenhänge in der langen Leidensgeschichte des armenischen Volkes sehr sachlich und anschaulich dar.

Fazit:

Diesem hervorragend recherchierten und verfassten Buch, wider das Vergessen gegen den Völkermord an den Armeniern durch die Türkei, der von ihr nach wie nicht nicht als Verbrechen anerkannt wird, 5 Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.06.2024
Die Vermisste von Holnis
Johannsen, Anna

Die Vermisste von Holnis


ausgezeichnet

Ihr 11. Fall führt Inselkommissarin Lena Lorenzen auf die Halbinsel Holnis in der Flensburger Förde. Dort stellt sie Ermittlungen zu einem komplexen Fall. Zunächst ist nur bekannt, dass in Dänemark, nahe der Grenze zu Deutschland die Leiche einer jungen Frau gefunden worden ist, deren dänischer Pass gefälscht ist und deren richtiger Name Sophia Jepsen ist. Sophias Namen hat vor vier Jahren bereits für Aufregung gesorgt, ist doch die damals 16-Jährige spurlos verschwunden. Getötet wurde sie erst vor Kurzem. Zudem stellt sich heraus, dass Sophia ein Kind geboren haben muss. Für Lena Lorenzen und ihr Team stellen sich nun die wichtigen Fragen: Wo ist das Kind und wo hat sich Sophia die vergangenen vier Jahre versteckt?

Je tiefer sie in Sophias Vergangenheit eindringen, desto mehr Abgründe tauchen auf. Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Fall eigentlich um zwei Fälle handelt, die getrennt behandelt werden sollen. Doch aktuell ist das Wichtigste, das Kind zu finden, denn es könnte in Gefahr sein.

Meine Meinung:

Mit diesem Krimi ist Anna Johannsen wieder ein sehr spannendes Buch gelungen. Ich mag komplexe Kriminalroman. Hier werden wieder alle Register gezogen.

Gut gefällt mir, dass penible Polizeiarbeit beschrieben wird, obwohl ich mir vorstellen kann, dass Lenas Team in Wirklichkeit vergrößert werden müsste. Aber, die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft ist eine auf Augenhöhe.

Der Spannungsbogen ist sehr hoch und wird durch mehrere unerwartete Wendungen sowie falsche Spuren erhöht.

Daneben zeigt der Krimi Lena Lorenzens Spagat zwischen Familie und Beruf auf, der sie und ihren Ehemann Erck belastet.

Fazit:

Ein komplexer Krimi, der bis zur letzten Seite fesselt, und dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 17.06.2024
Die Großstadtdetektive
Lezzi, Eva

Die Großstadtdetektive


ausgezeichnet

Der zehnjährige Jona ist mit Eltern und Bruder vor Kurzem von eher beschaulichen Lübeck in das multikulturelle laute Berlin umgezogen. Der Neuanfang in der neuen Schule fällt ihm nicht leicht. Als er gemeinsam mit seinem deutsch-türkische Banknachbarn Deniz und dessen Freund Max, die ihn beide scheel ansehen, des Handy-Diebstahls bezichtigt wird, ist zunächst guter Rat teuer. Die drei raufen sich buchstäblich zusammen und machen sich auf die Suche nach dem wahren Dieb.

Dass sie dabei den jeweils anderen ein wenig besser kennenlernen, versteht sich von selbst.

Meine Meinung:

Dieses Kinderbuch ist sehr gut gelungen. Es vermittelt ganz unterschwellig und subtil verschiedene Botschaften. Die 4C ist ein kleines Abbild der Großstadt Berlin. Kinder unterschiedlicher Herkunft und Religion müssen ihren Alltag miteinander teilen. Ressentiments, die die Kinder zum Teil von Eltern übernommen haben, müssen überwunden werden. So teilen der jüdische Jona und der deutsch-türkische Deniz die Schulbank. Jonas Eltern sind ein wenig übervorsichtig, weshalb er sich selbst auch wenig zutraut und seinem alten Leben in Lübeck nachtrauert. Erst der Verdacht, Lauras Handy gestohlen zu haben, lässt die drei Jungs zunächst zu einer Zweckgemeinschaft zusammenwachsen aus der sich dann eine Freundschaft entwickelt.

Der Schreibstil ist locker und flüssig, die Kapitel von ansprechender Länge, sodass das Buch auch vorgelesen werden kann. Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Wahrscheinlich kann jeder/jede (Jung)Leser/Leserin die eine oder andere Charaktereigenschaft an sich selbst erkennen. Die Leser lernen gemeinsam mit dem Trio Berlin kennen.

Fazit:

Ich gehe davon aus, dass dieses Buch der Auftakt einer neuen Kinderbuch-Reihe sein wird. Daher gebe ich hier gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 15.06.2024
Bretonisch mit Flammen
Kasperski, Gabriela

Bretonisch mit Flammen


ausgezeichnet

Als das Reetdach eines alten Ferienhauses im malerischen Ferienort Camaret-sur-Mer in Flammen aufgeht, weiß noch niemand, dass man ausgerechnet den mit der Renovierung des Hauses beauftragte Handwerke Isidore dort seinen Tod finden wird. Zunächst sieht alles nach einem Unfall aus, denn Isidore scheint vom Gerüst gestürzt zu sein. Ein Fußabdruck auf dessen Rücken lässt die Buchhändlerin und Hobby-Ermittlerin Tereza Berger, die auch zu Isidores Kunden zählt, an der Unfalltheorie zweifeln.

Wie schon in den vier Vorgängern beginnt sie, sehr zum Leidwesen von ihrem Freund, dem Polizisten Gabriel Mahon, Nachforschungen anzustellen. Dabei stößt sie nicht nur auf eine Vermittlungsagentur, die nahezu jedes (Ferien)Haus in ihrem Katalog hat, sondern auch auf Machenschaften des örtlichen Bauamtes, das - so scheint es - bei der Erteilung von Genehmigungen für Um- oder Zubauten eine eigenwillige Kreativität an den Tag legt sowie Gesetze und Vorschriften nach Gutdünken (und Geldbörse der Antragsteller) interpretiert.

Als dann Gabriel Mahon suspendiert wird, weil er gegen die Anordnung des Präfekten, den Tod von Isidore als Unfall zu den Akten zu legen. Auch die in diesem Zusammenhang aufgetauchten Malversationen sollen unter den Teppich gekehrt werden. Doch der Präfekt rechnet nicht mit dem kongenialen Ermittler-Duo Tereza und Gabriel.

Meine Meinung:

Auch dieser 5. Fall für Tereza Berger und Gabriel Mahon liest sich flott und flüssig. Gabriela Kasperki erzeugt durch zahlreiche unerwartete Wendungen eine spannungsgeladen Atmosphäre. In diesem Geflecht von Amtsmissbrauch, Korruption und Gier wird ohne Rücksicht gemordet. Eine Straftat zieht die nächste (zur Vertuschung) nach sich, wie es die alten Römer schon ausgedrückt haben: Crimen ciminem invocat.

Wie immer spielt die Landschaft, das Meer und die Mentalität der Bretonen eine große Rolle. Der Prolog hat mich sehr neugierig macht. Hier bin ich persönlich ein wenig enttäuscht worden, dass die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs in weiterer Folge kaum mehr eine Rolle gespielt haben. Da hätte sich noch ein fesselnder Nebenstrang ergeben können.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden 5. Fall für Tereza Berger und Gabriel Mahon 5 Sterne.

Bewertung vom 15.06.2024
Vegan - Vegetarisch - Vergara
Vergara, Josué

Vegan - Vegetarisch - Vergara


ausgezeichnet

„Die beste Motivation und Inspiration für eine gesunde Ernährung sind schnell und mühelos nachzukochende Gerichte!“

Mit diesen Worten leitet der aus Ecuador stammende und durch die Welt gereiste Koch und Autor Josué Vergara dieses Kochbuch ein. Wobei „mühelos“, „schnell“ und „einfach“ wohl im Auge des Betrachters liegen. Nicht alles, was ein Profikoch aus dem Handgelenk schüttelt, ist für (Hobby)Köche leicht zuzubereiten.

Sehr gut gefällt mir die Tabelle auf S. 11 in der die Möglichkeiten vegetarische Zutaten durch vegane zu ersetzen, aufgeführt sind. Das ist vor allem für Anfänger hilfreich.

Die Rezepte sind wie folgt zusammengefasst:

Aufstriche & kalte Saucen
Vorspeisen
Suppen
Salate
Hauptspeisen
Desserts, Smoothies & Shakes

Manches ist hinlänglich bekannt, manches ist neu. Die Fotos der Speisen machen Appetite und laden zum Nachkochen ein. Mir gefällt die Doppelseite 100/101 am besten. Hier sind drei Sorten von Risotto in den Farben rot, gelb und grün abgebildet: Einfach, nahrhaft und hübsch anzusehen.

Schmunzeln musste ich über das Wortspiel im Titel der Buches. „Vegan - Vegetarisch - Vergara“. So manche(r) wird sich vielleicht denken „Vergara“ welche Art von Gerichten ist das?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Kochbuch 5 Sterne.

Bewertung vom 15.06.2024
Mordsmäßig durchgebrannt (eBook, ePUB)
Louis, Saskia

Mordsmäßig durchgebrannt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Endlich ist es soweit! Die Vorbereitungen zur Hochzeit von Louisa Manu und Joshua Rispo laufen auf Hochtouren. Nicht immer ganz nach den Wünschen des Brautpaares, mischen doch viel zu viele andere Personen mit: Louisas Mutter, die erstmals auftretende Großmutter, Trudi, Louisas höchstschwangere Schwester Emiliy sowie die Rispo-Brüder und natürlich eine Leiche.

Doch der Reihe nach: Es beginnt damit, dass die Hochzeitsanzeige der beiden im „Rheinischen Boten“ (Whats App sei Dank) fehlerhaft ist, was Louisa erheitert, aber ihre Mutter zu Weißglut treibt. Um des lieben Friedens (oder ist es doch nur eine Waffenruhe?) willen, fährt Louisa in die Redaktion der Zeitung, trifft auf einen aufgelösten Redakteur und - erraten - eine Leiche. Der Schock ist umso größer, als sich herausstellt, dass es sich bei dem Toten ausgerechnet um jenen Mann handelt, der die Mutter der Rispo-Brüder vor 17 Jahren ermordet hat ...

Fällt nun die Hochzeit aus, weil Joshua endlich mit dem Mord an seiner Mutter abschließen will?

Meine Meinung:

Der 10. und leider letzte Teil der Reihe rund um die Blumenladeninhaberin (Oh-Ton und Selbstbeschreibung) Louisa Manu und den charismatischen Kriminalbeamten Joshua Rispo ist ein wahres Feuerwerk an komischen Situationen, die mich immer wieder laut auflachen lassen. Sei es, dass Emily glaubt, dass sie nach der Geburt des Kindes „ausruhen“ kann (haha, mordsmäßig irre und völlig daneben) oder sei es, dass die anderen Rispo-Brüder, trotz Kenntnis der Humorlosigkeit von Joshua einen Polterabend veranstalten, der nicht ganz so abläuft wie geplant.

„Viele glaubten, dass Joshua Rispo seine Mundwinkel nicht oft benutzte und seine Fähigkeiten sich darauf beschränkten, Mörder zu fangen, Liegestütz und seine vier Brüder zur Sau zu machen. Ach ja, außerdem brillierte er natürlich noch darin, mich mit düsterem Blick und einer Menge Fantasie daran zu hindern ihm dabei zu ... ähem nannten wir es mal - zu helfen, Kriminelle hinter Gitter zu bringen. Doch die meisten seiner Bekannten würden behaupten, dass er nicht gut darin war, zu lachen Spaß im Leben zu haben und den Moment zu genießen. Und sie hatten absolut recht. Außer, er war mit mir zusammen.“

Auch Trudi mit ihren Keksen sowie Louisas erstmals auftretende Großmutter, vor der vor allem Gitti Manu einen Heidenrespekt hat, kann mit ihren humorvollen Einlagen wieder voll Punkten.

Dieser Band kann problemlos ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Dennoch empfehle ich die Reihe von Beginn an zu lesen, da man sich sonst um herrliches Lesevergnügen brächte.

Mordsmäßig schade, dass die Reihe nun zu Ende ist.

Fazit:

Mordsmäßig grandios wie immer, weshalb es natürlich mordsmäßige 5 Sterne und eine mordsmäßige Leseempfehlung gibt.

Bewertung vom 14.06.2024
Der Traum vom Tor (eBook, ePUB)
Weinberg, Juliana

Der Traum vom Tor (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wenn sich in den Wochen vom 14. Juni 2024 bis 14. Juli 2024 das Leben (fast) ausschließlich um den Männerfußball dreht, darf nicht vergessen werden, dass es zahlreiche Frauen gibt, die den Männern in nichts nachstehen, wenn sie dem runden Leder nachjagen. Dass es heute Meisterschaften und Turniere für Fußballerinnen gibt, davon kann Luise, die Hauptperson in diesem historischen Roman, der im Nachkriegsdeutschland von 1954 spielt, nur träumen.

Luise wächst mit ihren drei sportbegeisterten Bruder ohne Vater auf in einfachen Verhältnissen auf. Georg, der älteste Bruder nimmt sich die Rolle des Familienoberhauptes selbstherrlich heraus und tyrannisiert nicht nur Luise sondern auch die Mutter, die nach wie vor mit der Trauer um den gefallenen Ehemann kämpft. Um den Lebensunterhalt zu bestreiten geht sie putzen und strickt auf der Strickmaschine Pullover und Westen. Auch Luise muss ihren Lohn, den sie im Schneideratelier verdient abgeben.

Nun freut sich die ganze Familie über den Weltmeistertitel der deutschen Nationalelf, zumal fünf der Spieler aus der Heimatstadt Kaiserslautern stammen.

Als in Kaiserslautern eine Frauenfußballmannschaft, der FC Petticoat“ unter dem engagierten Trainer Max entsteht, ist Luise mit Feuereifer beim Training dabei. Sie kann ihre Leidenschaft nur heimlich ausleben, denn es wird behauptet, dass Fußball die Weiblichkeit und die Fruchtbarkeit der Frauen beeinträchtigt. Frauen sind zum Kochen, Waschen, Putzen und zum Kinderkriegen da. Die Indoktrination der NS-Zeit ist nach wie vor in den Köpfen der Menschen vorhanden.

Als der Deutsche Fußballverband den Frauenfußball verbietet und für jene Vereine, die Frauen ein Training ermöglichen, Strafen verhängt, muss Max recht kreativ sein, um Trainingsmöglichkeiten zu suchen.

Meine Meinung:

Mir hat dieser historische Roman sehr gut gefallen, obwohl ich ob der Präpotenz von Georg mehrmals die Fäuste geballt und vor Wut tief Luft holen musste, um weiterlesen zu können.

Die Autorin zeichnet ein authentisches Bild der Nachkriegsjahre. Die Verdienste der Frauen in den Kriegsjahren sind schnell vergessen. Für die Söhne ist es selbstverständlich, in den Vordergrund zu drängen und die Schwester und Mütter hinter den Herd zu verbannen.

Mehrmals musste ich schmunzeln, wie Luise ihren Bruder austrickst, um ihrer Leidenschaft nachgehen zu können.

Jedem der 20 Kapitel Kapitel steht ein Zitat eines männlichen Fußballers voran, die bis in die 2010-er Jahre den Frauenfußball lächerlich machen oder ganz ablehnen. Selbst das Lob (?) von Lothar Matthäus von 2011 wird spätestens mit seinem letzten Satz abgewertet:

„Vor zwanzig Jahren sind die Frauen noch über den Ball gefallen und gestolpert. Das hatte mit Fußball wenig zu tun. Mittlerweile spielen die Spielerinnen einen technisch und taktisch sauberen Fußball. Einige finde ich auch sehr hübsch.“

Da gefällt mir das Statement von Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache 2006 anlässlich der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft der Männer vor dem Epilog gleich viel besser:

„Die Frauenfußball-Nationalmannschaft ist schon ja schon Fußballweltmeister, und ich sehe keinen Grund, warum Männer nicht das Gleiche leisten können wie Frauen.“

Man muss den Satz allerdings laut vorlesen, um die feine Ironie herauszuhören. Apropos, Weltmeister 2006 wurde Italien. Ob es der deutschen Männer-Elf 2024 gelingen, den Titel zu erringen?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der uns in die Anfänge des Frauenfußballes entführt, 5 Sterne.