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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
mrs-lucky
Wohnort: 
Norddeutschland

Bewertungen

Insgesamt 196 Bewertungen
Bewertung vom 02.09.2014
Ein Mann namens Ove
Backman, Fredrik

Ein Mann namens Ove


ausgezeichnet

Ein Mann namens Ove und eine Familie mit einem einzigartigen Leseerlebnis:
Bislang dachte ich „Ich und die Menschen“ von Matt Haig wäre meine Buchentdeckung des Jahres, „Ein Mann Namens Ove“ hat diesem jedoch den Rang abgelaufen.
Ove ist 59 Jahre alt, vor sechs Monaten ist seine Frau gestorben und gerade wurde ihm der Job gekündigt. Jetzt sieht Ove keinen Sinn mehr in seinem Leben und will diesem ein Ende setzen, doch da kommen ihm die neu eingezogenen Nachbarn in die Quere. Ove ist ein eigensinniger Mensch, in einigen Punkten hat er etwas autistisches an sich, zum Beispiel in seinem Hang zur Regelmäßigkeit, seinem Kontrollzwang oder seiner Vorliebe für Zahlen. Diplomatie ist keine von Oves herausragenden Eigenschaften, wodurch er seine Mitmenschen oft vor den Kopf stößt. In seinen direkten und bildhaften Beschreibungen der Ereignisse und seiner Gedanken kommt es zu vielen komischen Momenten und Situationen. Es gibt einige Stellen, an denen ich herzhaft auflachen musste und die ich anschließend meiner Familie vorlesen musste. Ab dem 10.Kapitel haben mein Mann und ich schließlich abwechselnd aus dem Buch vorgelesen, da auch unsere Kinder wissen wollten, wie es mit Ove und seiner Geschichte weiter geht.
Einerseits ist Ove ein unbequemer Zeitgenosse, andererseits wird in Rückblenden auf sein Leben deutlich, was er alles erleben musste, um so zu werden, wie er ist. Insbesondere die bedingungslose Liebe zu seiner Frau Sonja rührt immer wieder zu Tränen.
Es ist nicht nur diese Mischung aus komischen und anrührenden Szenen, die das Buch zu etwas besonderem macht. Die Geschichte wird aus Oves Sicht erzählt, der zwar kein großer Freund von Worten ist, dabei aber mit wenigen treffenden Begriffen die Szenen beschreibt. Oves direkte Denkart spiegelt sich in der schlichten Wortwahl, die es genau auf den Punkt bringt und den Nerv des Lesers trifft. Dabei entstehen so plastische Aussagen wie:“ Ihre Stimme bricht wie getrocknetes Zeitungspapier, als sie den Namen ihres Mannes ausspricht.“ oder „Ove gab als Antwort einen Laut von sich, der sich ungefähr so anhörte wie eine Badewanne, die über einen Fliesenboden gezogen wurde.“
Oves Schicksal hat unsere ganze Familie in seinen Bann gezogen und ein paar Tage lang für Gesprächsstoff gesorgt. Dazu mag beigetragen haben, dass wir das Buch während eines Urlaubs in Schweden gelesen haben, es wird auf jeden Fall zu den Büchern gehören, die ich nicht das letzte Mal gelesen habe.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.08.2014
Brook unter Räubern
Hartz, Cornelius

Brook unter Räubern


ausgezeichnet

Spannend, humorvoll, norddeutsch
„Brook unter Räubern“ ist bereits der zweite Band aus der Feder Cornelius Hartzs um den Hamburger Kommissar Brook und seine Kollegen und bietet wie der erste Band spannende und Unterhaltung mit humorvollen Szenen und Dialogen.
Zum Inhalt: Professor Radeberger, Chefarzt des Dulsberger Krankenhauses wird bereits seit einigen Tagen vermisst, als seine Sekretärin ein Päckchen mit menschlichen Auge bekommt. Stammt dieses etwa von dem Professor? Brook und sein Kollege Hellkamp vom Polizeirevier Wandsbek stehen vor einem Rätsel. Es gibt wenige Spuren und Hinweise aber umso mehr Theorien.
Brook ist noch dazu nicht ganz bei der Sache, zum einen weil ihm sein geprelltes Steißbein mit Schmerzen peinigt, zum anderen ist seine Partnerin und Kollegin Thea Matthiesen derzeit auf einem Lehrgang, was seine Eifersucht schürt. Brooks schlechte Laune entlädt sich vor allem an dem Kollegen Lejeune, den er schon seit längerem „auf dem Kieker hat“, wie der Norddeutsche sagt. Da die Zusammenarbeit des Teams nicht rund läuft, verlaufen die Ermittlungserfolge nur schleppend und kleine Pannen bleiben nicht aus. Nicht nur die Polizei, auch der Leser tappt lange im Dunkeln und wird auf falsche Fährten gelockt.
Die Geschichte hat mich wie schon der erste Band um Kommissar Brook schnell gefesselt. Abgesehen von dem spannenden Kriminalfall gefällt mir auch der Erzählstil wieder ausgesprochen gut. Nicht nur weil Brook mit seinen kleinen Unzulänglichkeiten und Selbstzweifeln so schön menschlich wirkt, ich mag auch den trockenen Humor, der in vielen Szenen durch klingt. Mich erinnert die Stimmung an eine Mischung aus „Wallander-Krimi“ und „Kieler Tatort“. Dramatische Szenen und ein überraschendes Ende machen aus dem Krimi ein absolutes Lesevergnügen. Ich werde ein Fan der Reihe bleiben.

Bewertung vom 21.06.2014
Ein dunkler Sommer / Kommissar Arne Larsen Bd.1
Nommensen, Thomas

Ein dunkler Sommer / Kommissar Arne Larsen Bd.1


ausgezeichnet

Thomas Nommensen hat schon einige Kurzgeschichten veröffentlicht, „Ein dunkler Sommer“ ist sein erster Roman und in meinen Augen eine echte Entdeckung. Ich lese viele Krimis, dieser hier hat mich aufgrund seiner komplexen Geschichte, der feinsinnigen Sprache und des konstanten Spannungsbogens von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt.
Worum geht es: Es sind inzwischen 10 Jahre vergangen, seit die kleine Ulrike Wenger entführt wurde und durch tragische Umstände ums Leben gekommen ist. Der verurteilte Täter Jens Brückner hat seine Strafe abgesessen und wird aus der Haft frei gelassen. Aber wurde er zu Recht verurteilt? Der Prozess stützte sich auf Indizien, Brückner kann sich bis heute nicht an den Tathergang erinnern. Auch er zweifelt und sucht Kontakt zu den damaligen Zeugen. Als wenige Tage später der Hauptbelastungszeuge ermordet aufgefunden wird und Brückner nicht aufzufinden ist, gerät er schnell wieder ins Visier. Als der ermittelnde Kommissar Arne Larsen die Zusammenhänge zu dem alten Fall entdeckt, ist ihm die Idee eines Racheakts zu einfach. Der damals zuständige Kommissar Gregor Harms ist an seinen Schuldgefühlen zerbrochen, der neue Todesfall reißt alte Wunden auf. Außerdem tauchen plötzlich Drohbriefe auf, die neue Fragen aufwerfen und Harms daran zweifeln lassen, ob er damals richtig gehandelt hat. Die Lage spitzt sich zu, als nicht nur neue Unwetter über das Land ziehen, sondern auch wieder ein Kind entführt wird.
Mir haben Stil und Stimmung des Romans ausgesprochen gut gefallen. Der Leser taucht ohne große einleitende Worte in das Geschehen ein, dass schnell viele verschiedenen Personen auftreten, wirkt anfangs verwirrend, die Zusammenhänge erschließen sich jedoch schnell. Hilfreich sind da auch die Kapitelüberschriften, die neben der Zeit stets angeben, aus Sicht welcher Person gerade erzählt wird. Der Autor hält sich nicht mit ausschweifenden Erläuterungen auf sondern beschränkt sich auf das Wesentliche, mit wenigen treffenden Worten schafft er ein intensives Bild der Situation und der Charaktere. Das passt meiner Ansicht nach gut zu dem Schauplatz in Norddeutschland. Der Spannungsbogen ist durchgehend hoch, auch wenn der Leser an vielen Stellen dem Wissen der ermittelnden Kommissare voraus ist, wird das Rätsel um den Täter erst ganz zum Schluss gelöst. Der Leser kann so seine eigenen Schlüsse ziehen und mit den Betroffenen mitfühlen, ist dicht am Geschehen dran. Auch wenn meine Vorahnungen ab und an in die richtige Richtung gingen, habe ich den Krimi nie als vorhersehbar empfunden. Trotz der Spannung habe ich versucht, sehr genau zu lesen, um über keine der feinsinnigen Spitzen und versteckten Informationen hinweg zu lesen.
„Ein dunkler Sommer“ ist der Auftakt zu einer geplanten Reihe um den Kommissar Arne Larsen, in diesem Band spielt jedoch die Geschichte eindeutig die Hauptrolle, der Kommissar als Person steht eher im Hintergrund. Mir ist Arne Larsen mit seiner ruhigen und zurückhaltenden Art sympathisch. Bei seinen Kollegen, und vermutlich auch bei einigen Lesern, mag er mit seiner sehr eigenen Handlungsweise anecken, für mich waren seine Handlungen und Entscheidungen gut nachvollziehbar, vielleicht kann ich mich als Norddeutsche gut in ihn hinein versetzen. Für mich ist Thomas Nommensen als Autor eine Entdeckung, ich werde diese Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen.

Bewertung vom 10.06.2014
Sie ging nie zurück. Die Geschichte eines Familiendramas
Brockes, Emma

Sie ging nie zurück. Die Geschichte eines Familiendramas


gut

Mit ihrem autobiografischen Roman „Sie ging nie zurück“ verarbeitet die Autorin Emma Brockes die erschreckende und zugleich faszinierende Geschichte der Familie ihrer Mutter Paula.
Emma wächst sehr behütet mit Mutter und Vater in der Nähe von London auf. Sie weiß, dass ihre Mutter mit Anfang zwanzig aus Südafrika nach England gekommen ist, und ab und an deutet ihre Mutter an, dass sie ihr irgendwann ein paar Geheimnisse aus ihrem Leben anvertrauen will. Erst wenige Tage vor ihrem Tod erzählt Paula ihrer Tochter, dass sie damals in Südafrika ihren Vater hatte verhaften lassen, um ihre Halbgeschwister zu schützen, er sei aber frei gesprochen worden. Zu weitergehenden Erläuterungen ist sie nicht in der Lage.
Emma reicht das nicht, so dass sie nach dem Tod ihrer Mutter beginnt zu recherchieren sowie Kontakt zu den Halbgeschwistern und alten Freunden ihrer Mutter in Südafrika aufzunehmen. Auf ihrer Reise dorthin erfährt Emma viele schreckliche Details aus der Vergangenheit ihrer Familie, lernt aber auch faszinierende Menschen kennen und muss feststellen, dass hinter der Fassade, die ihre Mutter in England errichtet hat, noch eine ganz andere Paula steckt.
Das Buch ist sehr persönlich nicht nur aufgrund der privaten Fotos, mit denen es illustriert ist, dennoch spürt man eine emotionale Distanz, die Emma vermutlich von ihrer Mutter geerbt hat.
Die Geschichte wird in vielen Rückblenden und anhand von Anekdoten aus der Vergangenheit erzählt. Die Autorin kennt die Personen aus der Familie und dem Umfeld ihrer Mutter seit ihrer Kindheit, für mich als Leser war es manchmal schwierig, den Überblick zu behalten und die Zusammenhänge zu erschließen. An vielen Stellen bleibt die Geschichte oberflächlich, an anderen Stellen werden Geschichten detailliert geschildert, deren Sinn für die Erläuterungen der Vergangenheit sich mir nicht erschlossen haben und vermutlich nur für die Autorin eine Bedeutung besitzen. Emmas Mutter ist sicher eine bemerkenswerte Persönlichkeit und für Emma ist die Aufarbeitung wichtig, für den Leser wird es allerdings stellenweise zäh und langatmig. Wie ihre Mutter tut sich auch Emma schwer, die Wahrheit tatsächlich auszusprechen und anzunehmen. Das Buch ist eine zu persönliche Aufarbeitung, die den Leser nicht wirklich einbezieht und berühren kann.

Bewertung vom 25.05.2014
ZERO - Sie wissen, was du tust
Elsberg, Marc

ZERO - Sie wissen, was du tust


sehr gut

In seinem Roman „Zero“ zeigt Marc Elsberg auf, wo die Entwicklung der Datennutzung im Internet hin gehen könnte. Nach Edward Snowdowns Enthüllungen sind Abhörskandale und Datenausbeutung in aller Munde. In Elsbergs Vision hat die Firma „FreeMee“ den Spieß umgekehrt und lässt die User mit der Freigabe ihrer Daten Gewinne machen. Je mehr Daten sie von sich preis geben, umso mehr „Frees“ bekommen sie, die sie in bares Geld umwandeln oder für die Nutzung der Programme verwenden können, die FreeMee anbietet. Mithilfe von ActApps und technischem Zubehör wird den Usern ein besseres und erfolgreicheres Leben versprochen.
Der Internetaktivist ZERO steht dem kritisch gegenüber und warnt die Menschen durch außergewöhnliche Videos und spektakulären Aktionen.
Als während der Nutzung von FreeMee und einer Datenbrille ein junger Mann ums Leben kommt,
wird auch die Journalistin Cynthia Bonsant auf FreeMee aufmerksam. Sie selbst steht mit technischen Neuerungen eher auf dem Kriegsfuss, muss aber schnell feststellen, dass selbst ihre Tochter, die mit dem Opfer befreundet und bei dem Mord dabei war, begeisterte FreeMee Nutzerin ist. Bei ihren Recherchen lernt Cynthia nicht nur die Vorzüge von Datenbrillen und FreeMee-Apps kennen, sondern erfährt bald am eigenen Leib die Bedrohung, die von lückenloser Datenkontrolle und Kameraüberwachung ausgeht.
Ich sebst gehöre zu einer Generation, die noch ohne Handy und Internet aufgewachsen ist, ähnlich wie Cynthia stehe ich den Entwicklungen kritisch gegenüber, nutze zwar das Internet als Informationsquelle und zum Shoppen, versuche aber bewusst mit meinen zugänglichen Daten umzugehen und meide soziale Netzwerke. Obwohl ich mich für informiert halte, haben mich einige technische Möglichkeiten, die in dem Buch angesprochen werden, überrascht. Im ersten Moment habe ich die Verstellung als abstrus eingestuft, dass die Menschen freiwillig ihre Daten verkaufen und ihr Leben von Computerprogrammen bestimmen lassen. Aber wenn ich mir ansehe, wie freizügig schon jetzt viele Leute ihr Leben im Interner darlegen und von ihren Smartphones abhängig sind, rückt das in „Zero“ gezeichnete Bild näher. Alle Welt regt sich über den Abhörskandal der NSA auf, aber wieviele haben danach ihren Umgang mit Mails und Handy verändert?
Das Buch zeigt geschickt die Verlockungen und Gefahren der Entwicklungen im Word-Wide-Net, der Datenauswertung und Kameraüberwachung auf und bietet viel Stoff zum Nachdenken. Es bleiben aber auch viele Fragen offen, einige Entwicklungen und Reaktionen sind für mich nicht nachvollziehbar und schlüssig geblieben. Den Hauptpersonen des Buches werden nur sehr oberflächlich beschrieben und handeln oft auch so. Insgesamt konnte mich das Buch nicht so sehr überzeugen wie der Vorgänger „Blackout“ den ich als komplexer und spannender in Erinnerung habe. Das mag aber auch ein Stückweit daran liegen, dass ich dem Thema an sich eher ablehnend gegenüber stehe und mich deswegen nicht betroffen fühle.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.05.2014
Tage der Nemesis
Arndt, Martin von

Tage der Nemesis


ausgezeichnet

In seinem Roman „Tage der Nemensis“ verarbeitet der Autor Martin von Arndt die Ereignisse um den Genozid an den Armeniern im Jahr 1915 und den darauf folgenden Racheaktionen in einem spannenden Potitthriller, der in Berlin anfangs der 20er Jahre angesiedelt ist. Er selbst stuft den Roman als Doku-Fiction ein, da er die tatsächlichen Ereignisse und einige historische Persönlichkeiten mit einer fiktiven Ermittlungsgeschichte mischt. Zum Inhalt muss man meiner Meinung nach nicht viel sagen, der Klappentext erklärt sehr gut, worum es geht.
Mich hat beeindruckt, mit welcher Sensibilität der Autor an das Thema herangeht, verpackt in eine spannende Handlung bringt er dem Leser die damaligen Ereignisse und Stimmungen nahe und zeigt Parallelen zur späteren Deutschen Geschichte auf. Mit seiner bildhaften und poetischen Sprache zeichnet der Autor ein stimmungsvolles Bild Berlins und später auch Roms in den 20er Jahren des 20.Jahrhunderts. Mit wenigen, wohl gewählten Worten schafft Martin von Arndt atmosphärisch dichte Szenen, wenn es besonders spannend wird, wechselt er ins Präsens, so dass die Geschehnisse noch lebendiger wirken. Andere Szenen wirkten auf mich wie ein Kammerspiel inszeniert. Der Leser darf den Kommissar dabei beobachten, wie er bei Befragungen nicht nur die Aussagen sondern auch das Verhalten der Beteiligten analysiert.
Es geht aber nicht nur um die Massenmorde an den Armeniern, sondern auch um die allgemeinen politischen Ent- und Verwicklungen dieser Zeit. Der erste Weltkrieg ist gerade vorbei, der die Welt und die Menschen nachhaltig geprägt und die politische Landschaft verändert hat. Durch die geschickte Auswahl seiner Charaktere zeigt der Autor, wie unterschiedlich die Menschen mit diesen Veränderungen umgehen. Insbesondere an Kommissar Eckart personifiziert sich die innere Zerrissenheit.
Da der Roman viele versteckte Anspielungen und Kommentare zu geschichtlichen Entwicklung enthält, sind Vorkenntnisse über den ersten Weltkrieg und den Vormarsch des Faschismus vermutlich hilfreich. Ich bin kein Experte, auf mich vermittelt das Buch jedoch den Eindruck, dass ihm umfassende Recherchearbeit zugrunde liegt und die versteckten Wertungen sehr bewusst gewählt sind.
Die Geschichte erklärt einiges, wirft aber andererseits auch viele Fragen auf und regt zum Nachdenken an. „Tage der Nemesis“ ist ein Buch, das ich sicher noch öfter in die Hand nehmen werde und ich bin sicher, dass ich beim erneuten Lesen noch einige weitere Aspekte entdecken werde, die ich beim ersten Mal übersehen habe. Für mich zählt dieses Buch eindeutig zu den literarischen Entdeckungen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.05.2014
Kinder
Seibold, Jürgen

Kinder


sehr gut

Ich lese viel, aber selten hat mich ein Buch derart emotional bewegt und belastet wie dieser Thriller. Das mag am Thema liegen, das mich als Mutter von drei schulpflichtigen Kindern direkt anspricht, aber sicher auch am Erzählstil des Buches, das schonungs- und wertungslos die Ereignisse schildert und die Emotionen der Betroffenen wieder gibt. 
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Familie Pietsch, deren drei Kinder Sarah, 14 Jahre, Michael 12 Jahre und Lukas, 11 Jahre, alle dieselbe Schule besuchen. Die Familie sticht nicht durch Besonderheiten hervor, die Eltern haben ein recht gutes Verhältnis zu ihren Kindern. Als nach den Sommerferien mit Franz und Rosemarie Moeller ein neues Lehrerehepaar an die Schule kommt, beginnt sich nicht nur im Unterricht, sondern im Laufe der Zeit auch bei Familie Pietsch zuhause die Stimmung zu ändern. Die Moellers bringen neue Unterrichtsmethoden an die Schule, die zunächst einigen Widerstand unter Schülern und Eltern auf den Plan rufen, als dann im Unterricht deutlich mehr Disziplin herrscht und die Noten vieler Kinder besser werden, ebbt der Widerstand ab. Es gibt aber andere Veränderungen, die unter anderem die Eltern der Pietsch-Kinder misstrauisch werden lässt. Mobbing unter den Schülern nimmt zu, ein guter und beliebter Schüler unternimmt einen Selbstmordversuch, besonnene Schüler werden zunehmend aggressiv, und viele dieser Veränderungen scheinen auf das Konto der Moellers zu gehen.
Das Buch zeigt auf subtile Art und Weise, wie geschickte Meinungsmache Schüler und Eltern manipuliert, und wo übersteigerter Ehrgeiz und Leistungsdruck hinführen können.
An einigen Stellen wirkt der Thriller etwas konstruiert, das ist in diesem Fall aber als Stilmittel akzeptabel, da der Autor die Geschichte bewusst überspitzt darstellt. Nicht alle Entwicklungen und Reaktionen der Protagonisten sind für mich nachvollziehbar, dennoch verliert die Geschichte nie wirklich an Glaubwürdigkeit. Wie eingangs schon erwähnt, hat mich das Buch nachhaltig beeindruckt und mich zum Nachdenken gebracht. Unter anderem hat er mich darin bestärkt, wie wichtig eine funktionierende Kommunikation innerhalb der Familie ist, und wie wichtig es ist, meine Kinder ernst zu nehmen. Einen Punkt Abzug bekommt das Buch, da die Hintergründe zu der Geschichte zu sehr im Dunkeln bleiben ebenso wie die Methoden und Konzepte, die hinter dem Handeln der Moellers stehen.

Bewertung vom 09.03.2014
Die Engelmacherin / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.8
Läckberg, Camilla

Die Engelmacherin / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.8


sehr gut

Als Fan der Krimireihe um Erica Falck und Patrik Hedström habe ich alle Bänder der Reihe gelesen. Nachdem „der Leuchtturmwärter“ in meinen Augen einige Schwächen aufwies hat mir „Die Engelmacherin“ deutlich besser gefallen.

Wie gewohnt gibt es zwei Handlungsstränge: ein Fall spielt sich in der Gegenwart ab, eine Geschichte aus der Vergangenheit taucht mit einzelnen Kapiteln immer mal wieder auf, am Ende gibt es die Auflösung über die Verbindung dieser Handlungsstränge.

Schon der Fall in der Gegenwart bezieht sich auf Ereignisse, die eine Weile zurück liegen. Am Osterwochenende 1974 verschwinden 5 Personen der Familie Elvander, die auf der Insel Valö ein Internat für reiche Jungen geführt haben, spurlos. Nur die einjährige Tochter Ebba bleibt allein zurück, die Polizei findet nie eine Spur der Familie oder eines Verbrechens. Über 30 Jahre später kommt Ebba in ihr altes Elternhaus zurück, um nach dem Tod ihres Sohnes dort einen Neuanfang zu wagen. Irgendjemand scheint sie und ihren Mann jedoch gewaltsam von der Insel vertreiben zu wollen. Sowohl bei Patrik als bei Erica wird der Ehrgeiz geweckt, nicht nur die aktuellen Anschläge aufzuklären sondern auch das Geheimnis um das Verschwinden von Ebbas Familie zu lüften.

Auch in diesem Band spielt das Privatleben von Patrik, Erica und deren Schwester Anna ein Rolle, dieses Thema hält sich im Vergleich zu den letzten Bänden jedoch angenehm im Hintergrund und bildet nur die Rahmenhandlung zu einer spannenden Geschichte. Diese ist raffiniert aufgebaut, ich habe als Leser immer wieder mit gerätselt, wie die Ereignisse zusammen gehören. Einiges habe ich geahnt, bin aber mehrfach auf die falsche Fährte geführt und überrascht worden. Nebenbei bekommt der Leser auch noch einen kleinen Einblick in die gesellschaftspolitische Lage Schwedens.

Insbesondere die Einblendungen aus der Vergangenheit sind in ihrer Kürze sehr eindrucks- und stimmungsvoll. Insgesamt habe ich diesen Band als einen der abgerundeteren dieser Reihe empfunden. Als Einstieg ist er sicher nicht geeignet, dafür gibt es zu viele Anspielungen auf vorher gegangene Ereignisse und Entwicklungen der Personen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.03.2014
Spukgestalten und Spione / Die Karlsson-Kinder Bd.1
Mazetti, Katarina

Spukgestalten und Spione / Die Karlsson-Kinder Bd.1


ausgezeichnet

Als Julia Karlsson und ihre Schwester Daniella, genannt Hummel, von ihren Eltern erfahren, dass diese in den Sommerferien geschäftlich verreisen müssen und sie diese Zeit bei ihrer Tante Frida auf der Insel Doppingö verbringen sollen, sind sie mäßig begeistert. Tante Frida ist Künstlerin, hat selbst keine Familie und mit Alltäglichem wie Einkaufen und Kochen wenig am Hut. Dass ihr kleiner Cousin Alex aus Frankreich und der wortkarge George aus Umeå mit von der Partie sind, hebt die Stimmung auch nicht besonders, mit den Cousins haben sie kaum Kontakt.
Beim ersten Treffen vor der Überfahrt nach Doppingö stellen sie jedoch fest, dass Alex mit seinen 12 Jahren gar nicht mehr so klein ist und außerdem von seinen Eltern, die beide Köche sind, die Begeisterung fürs Kochen geerbt hat. Auch George, der inzwischen seine Schüchternheit abgelegt hat, entpuppt sich als netter als erwartet. Aber wie sollen sie mehrere Wochen überstehen auf einer Insel ohne fließend Wasser und Strom und vor allem ohne Internet?! Bald werden die vier jedoch abgelenkt von seltsamen Dingen, die auf der Insel vor sich gehen. Treiben sich dort Spukgestalten oder Spione herum? Die Karlsson-Kinder beschließen, diesem auf den Grund zu gehen und müssen einige Abenteuer überstehen.
„Spukgestalten und Spione“ ist ein schönes Kinderbuch zum selber lesen aber auch zum Vorlesen für Kinder im Alter von etwa 8-11 Jahren. Das Buch ist in einem lockeren Erzählstil geschrieben, nicht nur die skurrile Tante Frida sorgt für einige Situationskomik, wir haben beim Lesen mehrfach laut gelacht. Dazu gibt es einen spannenden Teil in der Geschichte mit ein paar gruseligen Elementen, die aber für die Zielgruppe angemessen erzählt sind. Die kleinen Kabbeleien zwischen den Kindern lockern die Geschichte auf und macht sie lebendig. Die Charaktere sind so verschieden, dass viele kleine Leser sich in dem einen oder anderen der Karlsson-Kinder wieder entdecken können. Da meine Kinder schon mehrfach in Schweden im Urlaub waren und die Schäreninseln kennen, konnten sie sich die Umgebung auf der Insel gut vorstellen. Nebenbei gibt die Auflösung der Geschichte Anlass zum Nachdenken, nicht nur die Karlsson-Kinder haben einiges aus ihren Erlebnissen gelernt, auch bei uns wurde darüber gesprochen und diskutiert. Meine Kinder haben gleich nach der Fortsetzung gefragt, leider wird der nächste Band erst im September veröffentlicht, wir hätten ihn gerne in unserem Sommerurlaub in Schweden gelesen.

Bewertung vom 17.02.2014
Mörderische Côte d Azur / Kommissar Duval Bd.1
Cazon, Christine

Mörderische Côte d Azur / Kommissar Duval Bd.1


weniger gut

Commissaire Léon Duval ist gerade von Paris nach Cannes in das ehemalige Haus seines Vaters gezogen und mitten im Renovieren, als ein Mord geschieht und er überstürzt seine neue Arbeitsstelle antreten muss. Während der Filmfestspiele in Cannes wurde im Festspielpalast ein bekannter Dokumentarfilmer erschossen. Duval steht gleich unter großem Druck, denn die Filmfestspiele müssen trotz allem weiter gehen und ein Eklat verhindert werden. Außerdem muss Duval nicht nur mit neuen Kollegen sondern auch Vorgesetzten fertig werden.
Der Krimi beginnt temporeich und erinnert an den Stil französischer Filme, schnell geht der Geschichte jedoch die Luft aus, sie verliert sich in Nebensächlichkeiten und ausufernden Dialogen. Zwar greift die Autorin brisante und politische Themen wie die Ausbeutung des Regenwaldes, Korruption bei Hilfsorganisationen und Kindesmisshandlung mit auf, das ganze wirkt allerdings sehr halbherzig. Der Glamour von Cannes und die vielfältigen Möglichkeiten dort gut essen gehen zu können, stehen im Vordergrund. Französische Polizisten scheinen gut zu verdienen, wenn sie zweimal täglich schick essen gehen können, und dass obwohl sie gerade von ihrer Familie getrennt leben. Über Duval lässt die Autorin durchblicken, dass amerikanische Krimiserien ein unrealistisches Bild der Polizeiarbeit zeigen, wirklich glaubwürdiger sind ihre Ausführungen nicht. Die Charaktere wirken flach, Spannung sucht man vergebens. Ich war mehrfach kurz davor, dass Buch beiseite zu lesen, es hat mich nicht wirklich interessiert, wer den Filmemacher warum ermordet hat.
Statt spannender Ermittlungsarbeit geht es vordergründlich um Formalitäten, Befragungen und Besprechungen strotzen von leeren Floskeln. Das mag näher an der Realität der Ermittlungsarbeit sein, erzeugt aber beim Leser gähnende Langeweile. Teilweise verpasst die Autorin Chancen Spannung aufzubauen, in dem sie beispeisweise von der Befragung Majas nur im Rückblick erzählen lässt. Auch in der Auflösung der Tat wird nur in Rückblenden berichtet, der Leser ist so nicht in der Geschichte drin, hier wäre wesentlich mehr Spannung und Dramatik möglich gewesen. Nach einem vielversprechenden Beginn war das Buch für mich eine Enttäuschung.