Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Uli Geißler
Wohnort: 
Fürth/Bay.

Bewertungen

Insgesamt 768 Bewertungen
Bewertung vom 28.11.2013
Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
Helgason, Hallgrímur

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen


gut

Skurriler Lebenswandel eines Kapitalverbrechers

Anfangs lässt die skurrile Situationsbeschreibung auf eine witzige und außergewöhnliche Geschichte spekulieren, ist doch der Protagonist ein kroatischer Auftragskiller, der mit zwei wesentlichen Kerngedanken durch sein kaltes und sinnloses Leben tourt. Zum Einen ordnet er den Attraktivitätsgrad von Frauen auf einer gedachten Wann-würde-ich-bei-Trennung-von-ihr-das-erste-Mal-wieder-an-sie-denken-Skala, zum Anderen nummeriert er seine bislang nach seinem Grundprinzip MWA (meint: „Möglichst wenig Aufsehen“) begangenen Morde durch. Doch sein 66. Schuss traf den Falschen, einen FBI-Agenten und nun muss der ansich so unauffällige frühere Soldat schnell handeln, um nicht entdeckt zu werden.

Da trifft es sich gut, dass er am Flughafen kurz vor seinem eilig geplanten Rückflug in die Heimat einen Priester überfallen und – es ging irgendwie nicht anders – ermorden sowie sich dessen Kleidung bemächtigen kann, bevor ihn die vor dem Boarding-Gate auf ihn lauernden Agenten identifizieren können. Fortan muss sich Toxic – so sein verheißungsvoller Name – milde, nachgiebig und allseits salbungsvoll geben. Der durch den Diebstahl der Papiere des Kuttenträgers landet Toxic in der Isländischen Hauptstadt Reykjavik, wo er als „Father Friendly“ schon von zwei eher fundamentalistisch geprägten Christinnen, Guðmundur und Sigríður, erwartet wird. Schon am Abend soll er als TV-Prediger seine Botschaft in einer entsprechenden Fernsehsendung in alle Welt verbreiten.

Die Geschichte ist verrückt genug, dass man sie zu Ende liest, auch wenn es hin und wieder doch eher belanglos, banal und wenig komisch wird. Irgendwie passen dann doch skurriler Witz, verrückte Aussprüche oder Begebenheiten mit dem oft realistischen Hintergrund oder durch die Erinnerung des Protagonisten aufkeimende Emotionen nicht immer zusammen.

Der sich gezwungenermaßen so heilig gebärdende Mörder schafft es sogar, die abtrünnige Tochter seiner neuen Christenfamilie zu betören. Nach und nach wandelt sich der eiskalte Typ zu einem durchaus über sein Leben und seine grausamen Taten reflektierenden Mann, was nicht zuletzt durch die Unmöglichkeit, sich Waffen zu besorgen oder weitere Untaten vollziehen zu können, unterstützt wird.

Trotz aller im Verlauf der Geschichte auch aufkeimenden ernsthaften Hintergründe und Vergangenheitsbewältigenden Sequenzen, bleibt es stets eine verrückte und wenig glaubhaft oder im Bereich des Möglichen liegende Geschichte. So liest man doch ausgesprochen distanziert aneinandergereihte Gedankenspinnereien eines Autors, wundert sich gelegentlich darüber, wie er denn „auf so was kommt“ und legt schließlich das Buch ohne großen Erkenntnisgewinn, kaum literarische Bereicherung sowie ohne jegliche weitere Konsequenzen beiseite. Ein wenig Spaß hatte man schon beim Lesen, aber so richtig auch wieder nicht.

(c) 1/2012, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.