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Europeantravelgirl

Bewertungen

Insgesamt 327 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2023
Helenes Hoffnung / Die Fabrik der süßen Dinge Bd.1
Romes, Claudia

Helenes Hoffnung / Die Fabrik der süßen Dinge Bd.1


sehr gut

Von Weingummi und Familienbanden

Helene weiß es schon immer: Sie wird einmal in die Süßwarenmanufaktur ihrer Familie eintreten. Schließlich brennt sie für die süßen Produkte und hat ein begabtes Händchen bei der Entwicklung neuer Rezepturen. Doch dann kommt im Köln des Jahres 1927alles anders, denn ihre Eltern haben andere Pläne für sie! Helenes Brüder sollen die Manufaktur leiten, während sie an einen Geschäftspartner verheiratet werden soll, um günstige Konditionen zu garantieren. Für Helene bricht eine Welt zusammen. Hals über Kopf verlässt sie Köln mit nichts als der Zeitungsannonce einer Hamburger Süßwarenfabrik als Zukunftsaussicht und dem festen Glauben an sich selbst.

Der Roman ist der Auftakt der Süßwaren-Saga von Claudia Romes. Mit Helene präsentiert uns eine kluge, selbstbestimmte Heldin, die sich nicht den elterlichen Anweisungen blind unterwerfen mag. Obwohl ihr jüngerer Bruder Henri wenig Interesse an der Manufaktur zeigt und lieber auf künstlerischen Pfaden schwelgt und ihr älterer Bruder Alfred vor allem durch tyrannische Züge auffällt, gesteht der Vater der begabten und interessierten Tochter keine Rolle im Betrieb zu. Umso erfolgreicher zeigt sich Helenes Werdegang in Hamburg, wo ein ganz anderes Betriebsklima und eine völlig andere Wertschätzung herrschen. Helenes Talent wird erkannt und gefördert, und auch das Herz des Fabrikantensohns Frederik fliegt ihr zu. Doch dann erfordern familiäre Umstände eine Rückkehr nach Köln, und bald muss Helene sich entscheiden. Zwischen Hamburg und Köln. Zwischen der eigenen Manufaktur und der von Frederik. Und nicht zuletzt zwischen zwei Männern.

Beim Lesen konnte ich mich rasch in die selbstbestimmte Heldin hineinversetzen, ihre Wut und ihre Ohnmacht. Auch ihre Liebe und Hingabe zu Lakritz, Weingummi und Gelee war leidenschaftlich spürbar. Ich muss aber zugeben, dass mir die Geschichte am Anfang ein wenig zu glatt lief. Helenes Zeit in Hamburg war nicht wirklich von Hürden geprägt, sondern alles fügte sich auf wundersame Weise zu Helenes Vorteil. Da hätte ich mir für den Handlungsverlauf ein wenig mehr Leidensdruck gewünscht, damit der Erfolg hinterher umso strahlender wirkt. Glänzen konnte die Geschichte hingegen in den familiären Auseinandersetzungen und Machtkämpfen nach ihrer Rückkehr nach Köln. Hier konnten einige Protagonisten auch noch einmal an Tiefe zulegen.

Insgesamt war es eine schöne Wohlfühlgeschichte mit tollen Einblicken in die Herstellung der süßen Köstlichkeiten. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung. In der Geschichte hat sich schon einiges angedeutet, so dass ich mir sehr sicher bin, dass auf Helene noch einige Überraschungen warten.

Bewertung vom 29.08.2023
Vis-à-Vis Reiseführer Irland

Vis-à-Vis Reiseführer Irland


ausgezeichnet

Der Edelstein unter den Reiseführern

Da Irland die Emerald Isle genannt wird, ist der Vis-á-Vis-Reiseführer Irland dann wohl der Smaragd unter den Reiseführern und durfte mich daher im August dorthin begleiten. Für unsere 17-tägige Rundreise über die grüne Insel standen einige Programmpunkte an. Die farbig markierte Aufteilung in Regionen erleichterte das rasche Auffinden aller Sehenswürdigkeiten für die jeweilige Gegend. Zusätzlich gibt es detaillierte Teilkarten, die einen guten Überblick verschaffen. Besonders wertvoll waren für uns die Highlight-Seiten, wo zu bestimmten Zielen auf einer Doppelseite jede Menge Informationen übersichtlich präsentiert werden. Zum Beispiel beim Rock of Cashel, dem Titelmotiv des Reiseführers, erfahren wir einiges zur Geschichte der Festung, sehen Bilder, aber auch eine wahnsinnig gut gelungene Übersichtszeichnung über die Anlage. Ähnlich hochwertig aufbereitete Spezialseiten gibt es etwa zum Trinity College, zu Bunratty Castle,…

Wir konnten während unserer gesamten Reise keinerlei Fehler feststellen, sondern der Reiseführer war uns ein treuer und hilfreicher Begleiter. Einen einzigen Wunsch hätten wir für eine Neuauflage: Da wir mit dem Auto unterwegs waren, wäre eine große, herausnehmbare Irland-Karte sehr hilfreich gewesen. Mit den Detailkarten kamen wir da mächtig ins Blättern, wenn wir von County zu County wechselten.

Insgesamt können wir diesen Reiseführer ganz klar empfehlen! Er ist hochwertig, sinnvoll aufgeteilt und äußerst übersichtlich!

Bewertung vom 28.08.2023
Never Ending Love
Merschmann, Yvonne;Merschmann, Nadine

Never Ending Love


ausgezeichnet

Ein Must-read für Serienjunkies und Filmverliebte

Mia ist bekennender Serien- und Filmjunkie. Nicht nur, dass sie ihre Lieblingsserien dutzende Male gesehen hat und ganze Staffeln mitsprechen kann. Nein, Mia liebt und lebt ihre Leidenschaft. Sie taucht in diese Welten ein, die ihr soviel mehr bedeuten als nur ein wenig Unterhaltung. Sie sind für sie wahre Lebensbegleiter. Was liegt da näher als die Never Ending Love Tour zu buchen? Eine Reise zu den Schauplätzen von One Tree Hill, Dawson´s Creek, Safe Haven und Dirty Dancing. Ein MUSS für jeden Fan, und so ist es letztendlich kein Wunder, dass auf der Teilnehmerliste nicht nur Mia und ihr Kollege Will, der an ihr interessiert ist, stehen, sondern auch Mias Ex-Freund James. Der Grund, weshalb sie bis heute nicht das Ende von Dawson´s Creek kennt. Der sie verlassen und am Boden zerstört zurückgelassen hat.

Die süße Story erzählt nicht nur die Dreiecksgeschichte von Mia, Will und James. Sie ist auch eine Lovestory über die grenzenlose Liebe zu Serien und Filmen. Ja, das ist speziell. Ich persönlich kannte auch nicht alle erwähnten Serien und konnte dann beim Lesen feststellen, wie unterschiedlich die Rezeption ist, je nach Vorkenntnissen. Die grenzenlose Begeisterung der Protagonisten muss man schon ein wenig selbst in sich spüren, damit man sie beim Lesen auch nachvollziehen und fühlen kann. Ich persönlich habe bereits ähnliche Erfahrungen gemacht, als wir den Drehort unserer isländischen Lieblingsserie in Island besucht haben. Fangirlmomente pur! Da bin ich mir auch nicht zu schade, verzückt vor einem Gebäude auf- und abzuhüpfen, und ja, da bekomme ich Herzklopfen. Daher konnte ich mich sehr gut in Mia und den Rest der Reisegruppe hineinfühlen. Und ich war entzückt zu erfahren, dass es ein Dirty Dancing Festival gibt!

Für mich eine süße Geschichte, die vor allem von der unendlichen Begeisterung der beiden Autorinnen lebt, die in jedem einzelnen Satz durchscheint und dieser Story ganz besonders viel Herz verleiht!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.08.2023
Sommertage im Quartier Latin / Paris und die Liebe Bd.1
Martin, Lily

Sommertage im Quartier Latin / Paris und die Liebe Bd.1


ausgezeichnet

Savoir-vivre mit allen Sinnen

Lola Mercier hat Paris vor vielen Jahren verlassen. Zu eng erschien es ihr dort, zu viele Erinnerungen quälen sie. Nun zwingt sie ein familiärer Notfall zur Rückkehr: Ihre Großmutter Rose ist spurlos verschwunden! Für Lola kommt die Rückkehr nach Paris einer Spurensuche gleich: Der Suche nach ihrer Großmutter, nach dem Geheimnis, das diese lange gehütet hat, aber auch einer Spurensuche in ihre eigene Vergangenheit und letztendlich zu sich selbst.

Der Roman von Anne Stern, die hier unter Pseudonym schreibt, ist wie ein Stück Paris, das zwischen zwei Buchdeckeln verborgen ist. Sobald man das Buch auch nur zaghaft öffnet, beginnt die Geschichte lebendig zu pulsieren! Da hört man die Klänge der Hauptstadt, französische Begrüßungen, es entströmen Düfte und Gerüche nach Kaffee, frisch gebackenem Baguette oder köstlichem Buttergebäck, da spürt man das Knistern des Blätterteigs regelrecht zwischen den Zähnen, schmeckt den Chablis und sieht ihn golden im Sommerlicht scheinen, spürt das Leben in den Straßen von Paris. Dieser Roman ist eine sinnliche Erfahrung. Und wir wollen nicht die Menschen vergessen, welche die Rue Mouffetard entlangflanieren oder die Place de la Contrescarpe bevölkern. Ich habe sie beim Lesen mit all ihren Eigenheiten in mein Herz geschlossen, habe mit Lola Gesprächen gelauscht und geschmunzelt. Ja, eigentlich erzählt dieser Roman von Lola und Fabien, die sich vor langen Jahren geküsst hatten, und nun wiedertreffen. Eine zarte Erzählung eines Wiedersehens. Doch eigentlich ist es vor allem auch eine Liebeserklärung an Paris! An die Leichtigkeit und Lebensfreude der Stadt an der Seine! Der vielleicht wunderbarste Roman dieses Sommers!

Klare Leseempfehlung für alle, die ihre Liebe zu Paris in dieser zarten Geschichte wiederfinden oder vielleicht auch erst ganz neu entdecken möchten!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.08.2023
It happened one Summer / Bellinger Schwestern Bd.1
Bailey, Tessa

It happened one Summer / Bellinger Schwestern Bd.1


sehr gut

Influencerin trifft Krabbenfischer

Alles läuft schief bei Piper Bellinger. Weil ihr Freund sie langweilig findet und mit ihr Schluss macht, will sie ihm das Gegenteil beweisen und schmeißt eine illegale Party in einem Hotelpool. Leider eskaliert alles, sie landet über Nacht im Gefängnis und sieht sich dem Zorn ihres Stiefvaters ausgesetzt. Um die Influencerin wieder auf die gerade Bahn zu bringen, schickt er sie nach Westport und dreht ihr den Geldhahn ab. In Westport ist sie keine Unbekannte, denn ihr verstorbener leiblicher Vater stammt von dort. Allerdings muss Piper schnell feststellen, dass es riesige Fußspuren sind, in die sie dort tritt, denn ihr Vater war in Westport ein legendärer Fischer. Piper als It-Girl findet sich plötzlich im „normalen“ Leben mit all seinen Tücken wieder, was sehr schnell zu einer Begegnung mit dem Fischer Brendan führt, der die verwöhnte und lebensfremde junge Frau direkt von einem Küchenbrand retten muss.

Ich habe dieses Buch im Buddyread mit meiner Tochter gelesen. Wir mochten alle beide den Humor der Geschichte, vor allem die Grumpy x Sunshine – Trope. Denn Brendan ist anfangs als rauer Fischer herrlich grummelig, während Piper ein Blondinenklischee auf zwei Beinen ist. Da stoßen natürlich Welten aufeinander und es kommt zu witzigen und prickelnden Situationen – und auch die Dramatik kommt nicht zu kurz.

Insgesamt merkten wir der Erzählung stark an, dass sie von einer amerikanischen Autorin geschrieben wurde, denn sie erschien in vielen Dingen typisch amerikanisch mit sehr viel Lifestyle. So fielen uns vor allem ständig die vielen Details zu Pipers Outfit und Aussehen auf, die wir so gar nicht gebraucht hätten. Denn an sich gefiel uns die Geschichte richtig gut, und es machte uns besonders Spaß zu lesen, welche Veränderungen Piper in Westport durchläuft.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.08.2023
Möge das Glück immer bei dir sein!

Möge das Glück immer bei dir sein!


ausgezeichnet

Glück im Kartenformat

In meinem Urlaub hatte ich noch etwas ganz Kleines, aber sehr Besonderes im Gepäck: 50 Karten mit irischen Segenswünschen. Diese Karten sind hervorragend für Mood Boards geeignet. Sie enthalten wunderschöne Reisesegen, gute Wünsche und Denkanstöße. Ein paar davon habe ich als Lesezeichen im Reiseführer verwendet, und bei jedem Blättern haben sie mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Einige Karten haben zudem dankbare Abnehmer gefunden, denn sie eignen sich auch als hervorragende kleine Aufmerksamkeiten zum Verschenken. So hat sich jede meiner Töchter nun ihre eigene Segenskarte für sich ausgesucht.

Ich schätze besonders die großartigen Landschaftsaufnahmen auf den Karten und die wunderbaren Sprüche und Segenswünsche. Die hochwertige Verarbeitung und liebevolle Gestaltung machen jede Karte zu einem einzigartigen Schatz.

Bewertung vom 21.08.2023
Im Sturm / Lilly Hed Bd.2
Ericson, Pernilla

Im Sturm / Lilly Hed Bd.2


ausgezeichnet

Stürmische Ermittlungen in Schweden

Im ersten Teil der Elemente-Reihe von Pernilla Ericson haben wir die schwedische Polizistin Lilly Hed kennengelernt und mit ihr einen brandheißen Fall „Im Feuer“ gelöst. Nun gibt es ein Wiedersehen mit Lilly und deren Kollegin und Freundin Liv. Die beiden Frauen werden als Verstärkung in den abgelegenen nordschwedischen Ort Skageby abbeordert, um bei der Aufklärung eines Mordfalls zu helfen. Ein älterer Mann wurde erstochen, die Ermittler vor Ort kommen nicht weiter. Also brechen Lilly und Liv gemeinsam auf und machen sich gerade an die Ermittlungsarbeit, als sich die Ereignisse überschlagen: Ein brutaler Sturm sorgt für ungeahnte Komplikationen und ein weiterer Mord geschieht. Plötzlich ist Skageby von der Außenwelt abgeschnitten, ohne Strom und ohne jeden Kontakt. Und ein Mörder läuft frei herum.

Mich hat der erste Teil schon völlig ins Schwitzen gebracht, und auch der zweite Band der Reihe hat mich voll und ganz überzeugt mit Spannung und Dramatik. Wir werden zunächst langsam in die Geschichte eingeführt, lernen das Ermittlerteam und die Bewohner*innen von Skageby kennen und begleiten Lilly und Liv bei ihrer Ermittlungstätigkeit. Dann jedoch zieht das Erzähltempo spürbar an, die Ereignisse spitzen sich dramatisch zu und die Spannungskurve steigt steil an. Besonders drastisch geschildert ist die Situation nach dem Sturm mit allen Ausfällen und Entbehrungen. Da muss auf einmal wieder nach ganz herkömmlichen Methoden ermittelt werden ohne die Hilfe von Laboranalysen oder Internetrecherchen. Doch die Abgeschnittenheit von der Außenwelt birgt auch ungeahnte Gefahren für Leib und Leben, und plötzlich wissen Lilly und Liv nicht mehr, wem im Dorf sie wirklich vertrauen können.

Für mich war dies ein wahnsinnig spannendes Leseerlebnis und ich kann es kaum erwarten bis nächstes Jahr der dritte Teil der Reihe erscheint. Ganz klare Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.08.2023
Ingeborg Bachmann und Max Frisch - Die Poesie der Liebe / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.3
Storks, Bettina

Ingeborg Bachmann und Max Frisch - Die Poesie der Liebe / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.3


ausgezeichnet

Wenn Gewalten aufeinandertreffen

Die feinsinnige, intellektuelle Lyrikerin Ingeborg Bachmann und der bodenständige schweizerische Dramatiker Max Frisch – die Biographie dieser Beziehung hat mich vom ersten bis zum letzten Satz begeistert. Vor allem weil es sich keineswegs um eine nüchterne Erzählung handelt, sondern das Überschäumende, das Aufsprudelnde, die Veränderung im Fluss die Beziehung der beiden so unterschiedlichen Charaktere so lebendig macht. Ingeborg und Max sind wie zwei Flüsse, die rauschend zusammenströmen, um Verwirbelungen zu bilden, Strömungen auszulösen – und sich am Ende wieder in getrennte (Fluss-)Bette zu teilen.

Schon von Beginn an ist der Unterschied zwischen den beiden Persönlichkeiten spürbar, aber da überwiegt deren Wille, sich durch gemeinsame Schöpferkraft als Paar zu finden und zu erfinden. Doch nachdem sich der erste Rausch allmählich legt, brechen die Gräben hervor und im Grunde ist das Scheitern schon angelegt, wie es im Roman heißt: „Wir scheitern an uns selbst. Ich an dir und du an mir.“ Da ist nicht nur die unterschiedliche Herangehensweise der beiden Literaten. Ingeborg ist eine Künstlerin durch und durch, feilt an jedem Wort, an jedem Klang, zeichnet sich vor allem durch Feinsinn aus. Max hingegen ist Pragmatiker, im Herzen immer noch Architekt und geht daher seine literarischen Projekte beinahe technisch an. Es ist auch Frischs rasende Eifersucht. Wahnsinnig aufschlussreich auch die Ausführungen zu Paul Celan, der als Dritter nicht nur im Buch, sondern auch stets in der Beziehung an Bord ist. Unvergessen die Bergwanderung von Frisch und Celan, die in Dramatik und Symbolik geradewegs einem Roman von Max Frisch entsprungen sein könnte!

Vor der Lektüre des Romans waren mir vor allem das Werk und die Biographie von Max Frisch vertraut und ich mochte die zahlreichen Anspielungen auf Stiller, Homo Faber etc., während mir Ingeborg Bachmann zwar ein Begriff, jedoch nicht wirklich näher bekannt war. Die Romanbiographie hat es geschafft, das Bild beider Personen für mich zu verändern. So habe ich „die Bachmann“ nähergebracht bekommen, während mein Bild von Max Frisch wesentlich differenzierter wurde.

Für mich war es beim Lesen vor allem diese Kraft, die sich im Zusammenspiel der beiden Literaten ergibt: „Er brachte Dinge sprachlich auf den Schmerzpunkt, sie gab ihnen Raum, Weite, verlieh ihnen Flügel“. Genau dieses Spannungsfeld macht den Reiz der wunderbaren Romanbiographie aus!

Bewertung vom 19.08.2023
Herr Winter taut auf
Kuhlmann, Stefan

Herr Winter taut auf


ausgezeichnet

Tauwetter im Herzen

Ja, man dürfte Herrn Winter durchaus als „grumpy“ bezeichnen. Der Finanzbeamte kann und will eigentlich nicht mit anderen Menschen, und sein Humor ist so trocken, dass es rieselt. Zum Glück hat er mit seiner Sophia einen wahren Sonnenschein an seiner Seite, und gemeinsam wollen sie nun die Zeit nach seiner Pensionierung genießen. Soweit der Plan. Doch dann stirbt Sophia plötzlich bei einem Unfall, und Herr Winter steht ganz alleine da. Das Verhältnis zur Tochter schwierig, das zum Enkel quasi nicht vorhanden, keine Freunde – Sophia war einfach Robert Winters Bindeglied zur Welt und reißt nun eine riesige Lücke in aller Leben.

Hier spielt der Roman seine große Stärke aus, denn er stellt sich durchaus der Trauer von Herrn Winter, lässt die traurigen und schmerzhaften Gefühle zu, und schafft es dennoch mit Humor, die Geschichte und die Geschicke umzulenken. Denn nachdem er den tiefsten Punkt erreicht hatte, schafft Robert Winter es tatsächlich mit Hilfe von Sophias Freundin Lilli, zurück ins Leben zu finden. Und zwar nicht einfach zurück in sein altes, grummelndes Dasein, sondern dies tatsächlich als eine Chance für einen Neustart zu begreifen. So wird aus dem ehemaligen Finanzbeamten unverhofft ein AVON-Berater – er übernimmt den Bestand seiner Sophia, um für sie gegen deren ewige Konkurrentin Wilma Sangthong zu gewinnen.

Es war einfach köstlich zu lesen, wie sich Robert in die Welt von Make-up und Mascara einarbeitet! Und vor allem die ersten Kundenbegegnungen waren einfach zum Kaputtlachen, wenn er seinen nicht vorhandenen Charme durch trockene Sprüche ausgleicht! Herrlich! Dabei verkommt Robert Winter jedoch nicht zur stilisierten Komikfigur, sondern wir erleben auch seine zutiefst menschliche Seite, durchleiden mit ihm alle Entwicklungen – nicht nur beruflich, sondern auch im Verhältnis zu seiner Tochter und dem Enkel – und nicht zuletzt zu sich selbst. Selten lagen Schluchzen und Lachen so nah beieinander. Ein wirklich wunderbar warmherziger Roman, den ich sehr gerne gelesen habe und nur weiterempfehlen kann!

Bewertung vom 15.08.2023
Die Bücherjägerin
Beer, Elisabeth

Die Bücherjägerin


gut

Die Schildkröten sind Programm

Es ist eigentlich eine Geschichte, wie Buchliebhaber:innen sie lieben: Sarah ist „Bücherjägerin“, und nach dem Tod ihrer Tante Amalia macht sie sich gemeinsam mit dem britischen Bibliothekar Benjamin auf die Jagd nach einer verschollenen Karte. Es ist das verloren geglaubte 12. Segment der legendären Tabula Peutingeriana, und mit dem Erlös hofft Sarah, das von ihrer Tante geerbte Antiquariat sanieren und retten zu können.

Damit sind alle Zutaten bereit, um eine klassische Heldenreise oder einen modernen Roadtrip einzuläuten. Und tatsächlich brechen Sarah und Benjamin auf und reisen nach Frankreich und weiter nach England. Doch nur weil jemand auf der Straße fährt, wird dies noch nicht zum Roadtrip. Denn die Autorin fährt, um beim Bild zu bleiben, leider mit angezogener Handbremse. Die Bestandteile sind da, das Ziel ist vorgegeben, doch leider fehlt das aufregende Gefühl des Aufbruchs in eine neue Geschichte. Vielmehr orientiert sich die Handlung an Tempo und Leidenschaft an zwei putzigen Nebenfiguren, den Schildkröten Bonnie und Clyde. Genauso vorsichtig und gemächlich kommt die Geschichte nämlich voran. Und ja, es ist nett, Schildkröten zu beobachten oder die Reise von Sarah und Benjamin, aber beides löst eben keine Begeisterungsstürme aus, sondern liefert solide Unterhaltung. Da hätte ich mir mehr Mut gewünscht, um diese Geschäftsreise zur Heldenreise werden zu lassen.

Dazu kommt, dass uns die Autorin mit Sarah in ihrem Debüt eine recht unrunde Protagonistin vorsetzt. Das ist an sich eine hervorragende Voraussetzung für spannende Begebenheiten und Konflikte. Das Problem ist jedoch, dass die in sich widersprüchliche Protagonistin sich nicht greifen und für mich als Leserin damit leider nicht fühlen lässt. Sarah wird mit autistischen Zügen angedeutet, lebt dann jedoch während des Studiums fröhlich in einer lauten WG. Immer wieder wird beschrieben, wie schlecht sie mit Menschen zurechtkommt und diese deuten kann, wozu jedoch die geschilderte frühere Beziehung in keinster Weise passen mag. Dies alles macht die Heldin unzugänglich und lässt sie fremd bleiben.

Hervorragend gelungen ist hingegen die Figur des Benjamin, der nicht nur einen schlüssigen Charakter aufweist, sondern durch seinen Background wahnsinnig wichtige reflektorische Arbeit zulässt, was zum Beispiel die Wahrnehmung von Musik und Literatur in Bezug auf People of Color betrifft. Diese Ausführungen fand ich äußerst wichtig und gelungen.

Ein wenig irritiert war ich über das Nachwort der Autorin, in dem sie sich pauschal für alle Formen von Rassismus, Diskriminierung etc. entschuldigt, während sie sich im Roman konsequent negativ über die Briten auslässt, sich ein Urteil über deren Politik etc. erlaubt und immer wieder an dem Witz versucht, dass die Engländer auf der falschen Seite fahren würden, was mich im Hinblick auf freundschaftliche Beziehungen nach Großbritannien mit Fremdscham belegt hat. Es scheint also eine Entschuldigung für alle Diskriminierungen außer gegenüber den Briten zu sein.

Abschließend möchte ich feststellen, dass „Des Rätsels Lösung“, wie es im Roman heißt, ein Kinderrätsel von solch banaler Simplizität ist, dass es eigentlich schon wieder hervorragend in den Kontext passt. Meine jüngste Tochter hatte in der Grundschule großen Spaß mit dieser Art von Rätsel.