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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 989 Bewertungen
Bewertung vom 08.06.2022
Das schwarze Band / August Emmerich Bd.4
Beer, Alex

Das schwarze Band / August Emmerich Bd.4


sehr gut

»Den beiden Fräulein da drin wäre es wohl auch lieber gewesen, alles wäre beim Alten geblieben.«

Wien, im Juli 1921. Immer noch ist die Not in der Bevölkerung groß und nicht wenige Menschen beschreiten im Überlebenskampf illegale oder gefährliche Wege. Kriminalinspektor August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter stehen vor den Leichen zweier jungen Frauen, denen einer dieser Wege möglicherweise den Tod gebracht hat. Natürlich machen sich die beiden engagierten Ermittler sofort an die Arbeit, werden jedoch übel ausgebremst, als Emmerich zu einer Schulung zur Verbesserung seiner Umgangsformen abkommandiert wird.
Winter ermittelt nun allein, was in Kürze lebensgefährlich für ihn wird. Und Emmerich merkt schnell, dass es in der Kadettenschule für ihn nicht nur um gutes Benehmen geht. Ein übles Komplott ist im Gange, mit blutigen und weitreichenden Folgen…

Ich mag diese Reihe sehr, habe die Vorgängerbände gelesen und auch dieser hier konnte mich wieder begeistern. Die bedrückende Atmosphäre im damaligen Wien wird sehr intensiv beschrieben, die enormen sozialen Missstände und Ungerechtigkeiten machen mich regelmäßig wütend.

Ähnlich ergeht es Emmerich, dessen eigene finanzielle Notlage noch dadurch verschärft wird, dass er sich nach dem Tod seiner Lebensgefährtin um ihre drei Kinder kümmert. Vermutlich könnte er es im Beruf einfacher haben und Karriere machen, wenn er angepasster wäre. Ist er aber nicht. Mir ist er mit seiner zornigen und direkten Art mittlerweile ans Herz gewachsen, er wirkt in dieser korrupten Welt wie einer der wenigen ehrlichen Charaktere.
Winter mag ich ebenfalls sehr, mit seiner höflichen Art tut er sich in gewissen Kreisen allerdings schwer. Ich habe ordentlich mit ihm gezittert, wie er wohl den Alleingang überstehen wird. Es wird wieder mächtig spannend!

Fazit: Wieder einmal ein spannender Band dieser Reihe. Intensive Atmosphäre, interessante Charaktere – hier lese ich gern weiter.

»Haben Sie noch irgendwelche Ratschläge für mich?«
»Tu einfach immer genau das Gegenteil von dem, was du normalerweise tun würdest.«

Bewertung vom 31.05.2022
Irisches Verhängnis / Grace O`Malley Bd.1
O'Brien, Hannah

Irisches Verhängnis / Grace O`Malley Bd.1


sehr gut

»Diese verdammte irische Familie! … So sind sie hier. Loyalität ist alles. Um Gottes willen nur nichts offen aussprechen!«

Einige Jahre lang war die Polizistin Grace O’Malley in Dänemark tätig, nun kehrt sie nach Irland zurück und übernimmt die Leitung des Morddezernats in Galway. Gleich ihr erster Fall verlangt ihr alles ab, denn die junge Frau, die ermordet aufgefunden wurde, zählte diverse einflussreiche Persönlichkeiten zu ihrem Bekanntenkreis. Für Grace, der ihr Neustart in Irland nicht leicht gemacht wird, eine knifflige Situation. Die sich noch mehr verschärft, als es zu weiteren Opfern kommt.
Auch privat hat Grace Sorgen. Ihr Verhältnis zu ihrer Tochter, die bei ihrem Bruder und dessen Ehefrau lebt, ist nicht ungetrübt. Wie überhaupt ihr gesamtes Verhältnis zu ihrer Familie. Und dann verschwindet ihre Tochter auch noch…

Dieser Krimi konnte mich nicht sofort packen, entwickelte aber im Lauf der Handlung einen immer größeren Reiz. Das liegt zum einen an dem Fall, der sich anspruchsvoll und ungewöhnlich präsentiert und zum anderen an einigen irischen „Besonderheiten“. Neben den Landschaftsbeschreibungen, die eine tolle Atmosphäre schafften, war ich beispielsweise überrascht zu lesen, welch große Bedeutung die Familie dort hat. Einschließlich aller negativen Aspekte, die man sich dabei vorstellen kann, wie beispielsweise Verlogenheit, Totschweigen von Problemen oder Begünstigung und Korruption. Gezielt spielen mächtige Familien ihren Einfluss aus, auch Grace gehört zu einer solchen Familie. Man merkt schnell, wie sehr auch der aktuelle Fall dadurch beeinflusst wird.

Mit Grace selbst konnte ich allerdings nicht so richtig warm werden, einige Aspekte ihres Charakters erschließen sich mir nicht. Möglicherweise erhält man in den Folgebänden (dies ist ja der erste der Reihe) weitere Einblicke in ihre Vergangenheit, die das Verständnis erhöhen können. Wer komplizierte Charaktere mag, wird hier fündig.

Fazit: Anspruchsvoller Krimi mit toller Atmosphäre und interessanten Hintergründen.

Bewertung vom 19.05.2022
Affenhitze / Kommissar Kluftinger Bd.12
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Affenhitze / Kommissar Kluftinger Bd.12


ausgezeichnet

»Ehrlich, Klufti, hätt ich gleich wissen können, dass dein Spezialeinsatz als Personenschützer wieder in einer Katastrophe endet.«

Es hätte ein so großer Tag werden sollen! Zahlreiche Gäste, Prominente, reichlich Medienvertreter und der Ministerpräsident höchstpersönlich haben sich in einer Tongrube im Ostallgäu eingefunden, weil dort ein vermutlich für die Menschheitsgeschichte bedeutender paläontologischer Fund gemacht wurde. Finden tun sie jedoch noch etwas anderes, nämlich die Leiche eines der beteiligten Wissenschaftler. Eindeutig ermordet.

Eine Hitzewelle sucht das Allgäu heim und Kluftinger weiß gar nicht, was er zuerst tun soll. Noch immer muss er den Polizeipräsidenten vertreten und sich durch einen Wust präsidialer Aufgaben kämpfen. Gleichzeitig natürlich auch den aktuellen Mord aufklären, wobei er sich nicht nur mit der Thematik der Ausgrabungen auseinandersetzen muss, sondern auch mit einer obskuren Sekte, die in irgendeiner Weise involviert sein könnte.

Und auch privat ist bei ihm eine Menge los. Sein Sohn und die Schwiegertochter haben für Kluftis heißgeliebte Enkeltochter eine Tagesmutter engagiert, der er jedoch nicht über den Weg traut und es als Mission auffasst, sie zu überwachen. Gleichzeitig stresst ihn seine Erika enorm, weil sie nämlich brutal unter seinen Sachen ausgemistet hat, um diese auf einem Flohmarkt für den guten Zweck zu verkaufen.
Verzweifelte Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Und da seine Kollegen ohnehin ständig über ihn und seine mangelnden Kenntnisse in Sachen Social Media lästern, zieht Klufti jetzt alle Register. Er meldet sich bei Facebook an und nimmt Flugstunden mit einer High-Tech-Drohne…

Was hatte ich einen Spaß! Ich hatte mich sehr auf den neuen (mittlerweile zwölften) Fall für Kommissar Kluftinger gefreut und wurde nicht enttäuscht. „Affenhitze“ bietet einen guten Mix aus ordentlichem Krimi und gelungener Unterhaltung. Schön ist, dass manche Situationen zum Schreien komisch sind und obwohl es immer wieder größere Abschnitte aus Kluftis Privatleben gibt, die Krimihandlung darunter nicht leidet. Da wird vernünftig ermittelt, verhört und recherchiert. Es gibt ein paar spannende Stellen und die Auflösung ist stimmig. Außerdem lernt man zusammen mit dem begeisterten Kult-Ermittler ein bisschen was über die tatsächlich im Allgäu stattfindenden Ausgrabungen.

Fazit: Hier stimmte wieder alles, der neue Fall für Klufti konnte mich wieder begeistern.

Bewertung vom 08.05.2022
Grave - Verse der Toten / Pendergast Bd.18
Preston, Douglas;Child, Lincoln

Grave - Verse der Toten / Pendergast Bd.18


ausgezeichnet

»Das Herz wurde von einer Besucherin des Friedhofs heute Morgen gegen Viertel vor acht gefunden. Um halb elf wurde die Leiche einer Frau … entdeckt, rund fünfzehn Kilometer südlich vom Friedhof. Das Herz war ihr herausgeschnitten worden. Die Polizei Miami Beach bearbeitet noch den Tatort, aber eines wissen wir bereits: Das Herz des Opfers ist dasjenige, das auf dem Grab gefunden wurde.«

Eine gruselige Mordserie erschüttert Miami. Der Täter tötet junge Frauen, entnimmt ihnen die Herzen und legt diese auf den Gräbern anderer jungen Frauen ab. Allesamt Selbstmörderinnen, wie die Ermittlungen ergeben. Darüber hinaus scheint es aber keine Gemeinsamkeiten bei den Opfern zu geben und die Gefahr ist groß, dass der Täter sein grausiges Werk fortsetzt. Ein Fall für Special Agent Pendergast, der sich begeistert aufmacht, um seine Spezialdisziplin, die Jagd auf Serienmörder, auszuüben. Einziger Wermutstropfen dabei: Sein neuer Vorgesetzter nötigt ihm einen Partner auf…

Dieser Fall war wieder ganz nach meinem Geschmack. Pendergast kann sein Können zeigen und hat dabei wieder einige sehr coole Auftritte. Besonders gefiel mir aber, dass er einen ganz „normalen“ Serienmörder sucht und sich mal nicht mit den zahlreichen Problemfällen der eigenen Verwandtschaft herumschlagen muss. Der Krimi hat außerdem alles, was ich mir so wünsche: Eine spannende Handlung, interessante Charaktere, eine passende Auflösung und dazwischen einige unterhaltsame Momente. Außerdem mag ich Pendergasts neuen Partner, Special Agent Coldmoon. Ein sympathischer Typ, der sicher noch für einige Überraschungen gut ist.

Dieser Band ist der mittlerweile 18. aus der Reihe, ich liebe sie alle. Pendergast ist ein sehr spezieller Charakter, ein hochintelligenter, arroganter und charismatischer Einzelgänger, der in seinem Beruf höchst erfolgreich ist, dabei aber gleichzeitig gefürchtet aufgrund seiner absolut unkonventionellen Vorgehensweisen. Diesen Band hier könnte man aber tatsächlich ohne weitere Vorkenntnisse lesen.

Fazit: Pendergast ohne Familienprobleme, einfach nur auf der Jagd nach einem Serienkiller. So mag ich’s am liebsten.

Bewertung vom 03.05.2022
Der Kirmesmörder - Jürgen Bartsch
Schleheck, Regina

Der Kirmesmörder - Jürgen Bartsch


gut

Serienmörder erschüttern immer. Wenn ihre Opfer Kinder sind, ist das Entsetzen noch größer. Mich interessieren dabei stets die Hintergründe, Details zu den Taten und den Ermittlungen und – ganz wichtig – die Auseinandersetzung mit den Motiven des Täters. Was treibt ihn an, was legte in seinem Gehirn den Sicherungsschalter um? Hätten seine Taten verhindert werden können? Was wurde im Umfeld falsch gemacht?

Jürgen Bartsch entführte, quälte, missbrauchte und ermordete in den Jahren 1962 - 1966 vier Jungen. Der jüngste war gerade mal 8 Jahre alt und er selbst zu diesem Zeitpunkt auch erst 15. Dieser Punkt und der Aspekt, dass ich (geboren in den 1960er Jahren) fast in der Nachbarschaft aufwuchs, steigerten mein Interesse an diesem Buch. Ein reines Sachbuch zum Thema hatte ich bereits gelesen, nun war ich auf die Umsetzung als „biographischer Kriminalroman“ gespannt.

Die Autorin lässt in ihrem Buch diverse Menschen aus Jürgen Bartsch Umfeld berichten, auch seine Opfer kommen zu Wort. Das ist interessant und gibt ganz ordentliche Einblicke in Kindheit und Jugend des Täters. Auch seine Vorgehensweise, weshalb die Opfer ihm vertrauten und welch furchtbares Schicksal sie dann erwartete, wird deutlich.

Alles ist sehr leicht lesbar und bei den Schilderungen werden die Analysen gleich mitgeliefert. Ein Punkt, der mich manches Mal störte, speziell wenn die erzählenden Personen einfache Menschen ohne große Bildung sein sollten. Ich bin selbst in einer Arbeitergegend im Ruhrgebiet aufgewachsen – so hat da keiner gesprochen! In Sachen Realismus gab es dadurch einen dicken Punktabzug.

Zwei weitere Fragen stellten sich mir. Weshalb fehlen bei all diesen Berichten komplett die Perspektiven des Täters und der Ermittler? Und weshalb wurden sämtliche Namen leicht abgewandelt? Da wurde beispielsweise aus Peter Paul, aus Ulrich Uwe und aus dem Rechtsanwalt Bossi ein Herr Busse. Es steht doch „biographisch“ dran und die Geschehnisse sind öffentlich bekannt, weshalb also diese Abwandlungen? Ich frage mich dann unwillkürlich, an welchen Punkten womöglich noch abgewandelt wurde. Es wäre gut gewesen, wenn die Autorin im Anhang kurz die tatsächlichen Geschehnisse skizziert und in diesem Zusammenhang ihre Änderungen aufgeführt hätte.

Grundsätzlich arbeitet das Buch gut heraus, was Jürgen Bartsch in früher Kindheit alles angetan wurde. Gleichzeitig ist das Mitgefühl für seine Opfer groß, mir tun sie unendlich leid, während gleichzeitig Zorn aufkommt. Wut auf die Menschen, die durch ihr Verhalten dazu beitrugen, dass aus einem als fröhlich und unkompliziert beschriebenen Kleinkind ein menschliches Ungeheuer wurde. Sie hätten mit auf die Anklagebank gehört.

Fazit: Guter Ansatz, aber mir fehlt in der Umsetzung Tiefe und ein größeres Maß an Realismus. So sehr ich Krimis mag, hier lese ich besser noch ein weiteres Sachbuch.

Bewertung vom 30.04.2022
Knochenarbeit / Tempe Brennan Bd.2
Reichs, Kathy

Knochenarbeit / Tempe Brennan Bd.2


ausgezeichnet

»Wozu brauchen Sie mich?«
»Offensichtlich ist es ein ziemlich starkes Feuer. Wenn es Leichen gibt, dürften die stark verbrannt sein. Vielleicht nur noch kalzinierte Knochen und Zähne. Es könnte eine schwierige Bergung werden.«

Tempe Brennan ist forensische Anthropologin und die Frau für die wirklich schweren Fälle. Wenn von einer Leiche nur noch wenig übrig ist oder eine normale Bergung ohne Zerfall nicht möglich ist, dann muss sie ran. Man kann also sagen, dass sie so schon so einiges gesehen hat und nicht leicht zu erschüttern ist, doch der Fall, der in diesem niedergebrannten Haus beginnt, wird sie an ihre Grenzen bringen…

So etwas lese ich sehr gerne, die Arbeit von forensischen Anthropologen fasziniert mich. Was aus kümmerlichen menschlichen Überresten mit ausgefeilten Methoden herausgearbeitet werden kann, fesselt mich jedes Mal aufs Neue. Noch nie zuvor las ich jedoch so präzise und detaillierte Schilderungen, da wird von den Vorarbeiten zur Bergung bis zu den letzten Auswertungen jeder Schritt genau ausgeführt. Die Autorin ist vom Fach, macht im Grunde beruflich genau das, was sie hier ihre Protagonistin tun lässt. Sie weiß, wovon sie schreibt und das merkt man. Womöglich werden andere dies als langatmig empfinden, aber bei mir kommt diese Reihe sofort auf meine Leseliste!

Was man aber sagen muss: Ganz klar ist das hier nichts für empfindliche Leser. Der Fall, der in Quebec und North Carolina spielt und in dessen Zentrum eine obskure Sekte steht, fährt alles auf, was man sich in Sachen Grausamkeit vorstellen kann. Da werden weder Schwangere, noch Säuglinge oder Haustiere verschont. Ganz eindeutig kein Wohlfühlbuch. Man darf auch nicht auf flotte Sprüche und unterhaltsame Abschnitte hoffen. Tempe ist nicht komplett abgebrüht, manche Dinge gehen ihr mehr als an die Nieren, verfolgen sie regelrecht im Schlaf. Das macht sie sehr menschlich und sympathisch.

Fazit: Sehr spannend und voller detaillierter Schilderungen. Heftig, aber faszinierend.

Bewertung vom 23.04.2022
Prost, auf die Nachbarn
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Nachbarn


sehr gut

»Wie es aussieht, sind wir zuständig. Da ist nämlich ein älterer Herr, der den Unfall nicht überlebt hat.«
»Was … tot? Ja, das ist schade. Und wie geht es dem anderen?«
»Dem geht es gut. Ein paar Äste verloren, vielleicht ein bisserl an der Rinde beschädigt, aber sonst…«

Außer dem Baum war niemand sonst am Unfall beteiligt, alles sieht folglich nach einem Verkehrsunfall aus. Kurt Lehmann, Rechtsanwalt im Ruhestand, war vermutlich mal wieder viel zu schnell unterwegs, diesmal mit tödlichem Ausgang. Die Untersuchungen zeigen jedoch schnell, dass am Fahrzeug manipuliert wurde. Hauptkommissar Tischler und sein Kollege Fink nehmen die Ermittlungen auf…

Und wieder wird das beschauliche Brunngries von einem Kapitalverbrechen erschüttert. Die Presse bauscht den Vorfall ordentlich auf, weshalb man an der Spitze des bayerischen Städtchens bereits einen Einbruch der Tourismuszahlen befürchtet. Tischler und Fink stecken bis zum Hals in Arbeit, denn der gute Herr Lehmann hatte sich zu Lebzeiten reichlich Feinde zugelegt. Zunächst jedoch findet sich nichts Handfestes, aber mit der schon bewährten TUF-Methode werden die beiden den Fall schon aufklären…

Ich mag diese Reihe, fand auch den vierten Band sehr unterhaltsam. Die Ermittler sind ein tolles Team und bestechen durch ihre Gegensätzlichkeit. Tischler ist der moderne Typ, Fink hingegen ein wandelndes bayerisches Klischee. Zum Running Gag ist bereits Finks Mama geworden, größte Plaudertasche im Umkreis und immer um ihren Bub besorgt. Dackel Resi darf man auf keinen Fall vergessen! Wie schade, dass sie diesmal nur so selten vorkam.

Die Ermittlungsarbeit wird ordentlich dargestellt, das mag ich an der Reihe auch. Für den eigentlichen Fall benötigt man keine Vorkenntnisse, aber natürlich gibt es Nebenhandlungen, die sich durchziehen und für die man besser vorne einsteigen sollte. Ich freue mich schon jetzt auf den Folgeband – hoffentlich mit mehr von Resi.

Fazit: Auch der vierte Band der Reihe war sehr unterhaltsam. Nur Resi kam leider ein bisschen zu kurz.

Bewertung vom 17.04.2022
Zeit der Wunder / Kinderklinik Weißensee Bd.1
Blum, Antonia

Zeit der Wunder / Kinderklinik Weißensee Bd.1


gut

»Sie traute es sich kaum zu denken, aber am liebsten würde sie nach dem Ende der Ausbildung Medizin studieren. … Marlene wollte kleine Patienten heilen, sie wollte forschen und sich auf Kongressen mit Kollegen austauschen, sie wollte mehr als nur Seidenblätter austeilen oder Rollbilder bewegen.«

Berlin, 1911. Für die beiden Waisenmädchen Marlene und Emma Lindow gibt es zum ersten Mal in ihrem jungen Leben eine Zukunftsperspektive. Sie dürfen als Lernschwestern in der neu eröffneten Kinderklinik Weißensee beginnen. Beide gehen voll in ihrer Aufgabe auf und könnten sehr glücklich sein, doch ihre Herkunft lässt sie nie los…

Ich war an dieses Buch gelangt, weil mich die Geschichte der Medizin interessiert und ich Berichte über starke Frauen mag, die sich durchbeißen müssen. Beides ist hier gegeben, die neue Klinik stellte auch historisch einen wichtigen Schritt dar, was im Anhang ausgeführt wird. Anfangs jedoch habe ich mich mit dem Buch sehr schwergetan. Es ist wohl der Stil, der mir zu schaffen machte. Ich lese selten Romane, meist dann, wenn mich der historische Hintergrund reizt. Das war hier der Fall, aber die Umsetzung erst einmal gar nicht. Es ist dieser schmachtende, schwülstige Stil, der mir nicht liegt. Das ist natürlich subjektiv, viele werden es anders empfinden. Aber wenn ich beispielsweise einen dramatischen Dialog zwischen zwei Personen lese, der beiden so richtig an die Nieren geht, dann empfinde ich es als nervig, überflüssig und (s.o.) schwülstig, wenn Sätze des Dialogs mit Aussagen wie „Rief sie verzweifelt aus“ begleitet werden.

Ein weiterer Punkt, der mir zusetzte, war die starke Fixierung auf Klischees. Warum werden mir hier zwei begeisterte, engagierte und in ihrem Beruf hochbegabte Frauen präsentiert, die dann bei der erstbesten Gelegenheit im wahrsten Sinne des Wortes den Verstand vor Liebe verlieren? Ja, ich weiß, die Romantiker unter den Lesern wird das freuen, für mich gehörte es in die Kategorie s.o.

Es gab aber auch Handlungsstränge, die mir gut gefielen. Marlenes Streben nach einem Medizinstudium gehört dazu, das war zu dieser Zeit und mit den schwierigen Startbedingungen ungewöhnlich und mutig. Die Behandlung einzelner kleiner Patienten samt schwieriger Diagnosen war ebenfalls fesselnd und die vielfältige Kritik an der „besseren“ Gesellschaft sagte mir ebenfalls zu. Im Verlauf des Buchs hatte ich mich zudem etwas an den Stil gewöhnt und konnte mich mehr auf die Handlung konzentrieren. Am Ende merkte ich, dass es mich interessieren würde, wie es jetzt konkret vor allem mit Marlenes Studium weitergeht. Vermutlich werde ich dem 2. Band daher noch eine Chance geben.

Fazit: Thematisch sehr interessant, aber mit dem Stil tue ich mich sehr schwer.

Bewertung vom 15.04.2022
Wetterleuchten. Ein dramatischer Zwischenfall für Kluftinger
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Wetterleuchten. Ein dramatischer Zwischenfall für Kluftinger


sehr gut

»Lieber Gott, ich hab’s ja verstanden. Aber können wir nicht direkt zum Fegefeuer übergehen?«

Wie konnte ihm das bloß passieren? Irgendwie ist es Dr. Langhammer gelungen, Kommissar Kluftinger zu einer Woche Auszeit im Kloster zu überreden. Während Klufti schon bei der Anreise mit seinem Schicksal hadert, schwärmt Langhammer von der erwarteten „Wellness für den Geist“.

Natürlich passiert viel, womit man als Fan rechnen darf. Klufti bringt zünftiges Essen mit, will ein Einzelzimmer, Rührei zum Frühstück und überhaupt auf keinen Fall vor 8 Uhr geweckt werden. Die Realität ist folglich schwer schockierend für ihn und einzig das selbst auferlegte Schweigegelübde seines Lieblingsfeindes macht ihm Hoffnung, die nächste Zeit durchzustehen.

Der Allgäuer Kultermittler ist dann auch nicht wirklich traurig, als nach einem nächtlichen Unwetter ein toter Mönch im Glockenturm gefunden wird, offensichtlich ermordet. Da die eigentlich zuständigen Kollegen wegen der Unwetterfolgen schwer eingespannt sind, übernimmt er erst einmal die Ermittlungen und hat dadurch leider, leider keine Zeit mehr für Exerzitien…

Hörbücher oder Hörspiele sind gewöhnlich nicht meins, ich ziehe das geschriebene Wort vor. Da ich aber ein großer Fan von Klufti bin und es diesen dramatischen Zwischenfall hier einfach nicht als Buch gibt, blieb mir keine Wahl. Bereut habe ich es aber nicht, ich hatte zwei wirklich unterhaltsame Stunden. Der Fall ist nicht sonderlich kompliziert, wird daher auch in der kurzen Zeit schlüssig geklärt. Und wie Klufti die Mönche leicht zur Verzweiflung bringt und zu noch mehr Gebeten als sonst veranlasst (beispielsweise eins für jedes „Kruzefix“) ist sehr witzig. Ob ein Nichtkenner der Reihe das Hörspiel ebenfalls genießen könnte, vermag ich aber nicht zu sagen.

Fazit: Keine sonderlichen Überraschungen, aber zwei unterhaltsame Stunden mit dem Allgäuer Kultkommissar. Ich als Fan der Reihe hatte viel Spaß.

Bewertung vom 13.04.2022
Der Tod greift nicht daneben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.7
Maurer, Jörg

Der Tod greift nicht daneben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.7


sehr gut

»Die Spurensicherer packten ihre Geräte ein. Alle, die einen Blick in die Zinkwanne geworfen hatten und die Professor Dr. Bertil Carlsson in diesem Zustand gesehen hatten, rührten für den Rest ihres Lebens keine Fleischpflanzl, Buletten, Frikadellen, Klöpse, Fleischküchle, Hacktäschli, Beefsteaks, Brisoletts, Fleischlaberl, Fleischkrapfen, Hackklößchen, Hackhuller, Faschierte, Köttbullar, Ćevapčići und Keftedes mehr an. Nie mehr.«

Ein Gartenhäcksler ist eine wirklich eklige Mordwaffe und das Team rund um Kommissar Jennerwein nicht zu beneiden. Dabei sieht zunächst alles nach einem Unfall aus, der Mediziner und ehemalige Nobelpreisjuror Bertil Carlsson handhabte den Häcksler regelmäßig auf eine höchst leichtsinnige Art und das hatte diesmal wohl bedauerliche Folgen. Doch Jennerweins Bauchgefühl spricht gegen einen Unfall und wird natürlich recht behalten…

Als Leser dieser Krimireihe ist man bereits ungewöhnliche Todesfälle gewöhnt, der bayerische Kurort mit Bindestrich beflügelt beim Verbrechen offenbar die Kreativität. Auch diesmal können sich Ermittler, Spurensicherer und die Gerichtsmedizin nicht über fehlende Abwechslung und mangelnde Herausforderungen beklagen. Ich fühlte mich wieder einmal gut unterhalten!
Neben den Ermittlungen im Kurort gibt es einen zweiten Handlungsstrang in Rumänien, der auf ein bizarres Forschungsprojekt hinweist. Wer die Vorgängerbände kennt, trifft auf einen bekannten jugendlichen Hacker, der mal wieder alle Register seiner Fähigkeiten zieht. Außerdem begeben sich die Eheleute Grasegger, Bestatter a.D., auf eine Gruft-und-Sensen-Rallye (Normalsterbliche würden das als Weltreise bezeichnen), mit Schwerpunkt – natürlich – bei der Erkundung von Friedhöfen. Ebenfalls sehr unterhaltsam ;-)

Die Ereignisse sollen laut Autor auf einem wahren Fall beruhen, lediglich Eigennamen und Ortsangaben wurden verändert. Wenn das stimmt, wäre das mal wieder ein Beweis dafür, wie schräg auch die Realität sein kann.

Diese Krimireihe, ich habe es schon früher geschrieben, wird polarisieren. Entweder man liebt sie oder kommt damit gar nicht klar. Der Stil ist sehr eigenwillig, skurril, sarkastisch und voller Wortwitz. Mit kultigen Charakteren und einem Hang zu Ausschweifungen, bei denen trotzdem die Spannung erhalten bleibt. Ich lese sicher weiter!

Fazit: Leicht eklig diesmal, aber wie immer sehr unterhaltsam. Ich mag diese Reihe.