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Philo
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Bewertungen

Insgesamt 407 Bewertungen
Bewertung vom 09.12.2019
Winteraustern / Luc Verlain Bd.3
Oetker, Alexander

Winteraustern / Luc Verlain Bd.3


ausgezeichnet

Diesen Krimi habe ich mit großem Vergnügen gelesen, selbst wenn es hier um Konkurrenzkampf, Neid und letztendlich auch Mord geht, wie sich das gehört für einen Krimi. Aber da ich die Gegend dort sehr gut kenne, hat das Lesen gleich noch mal so viel Spaß gemacht. Die Austernzüchter, die dort leben, haben einen schweren Stand. Sie leben mit den Gezeiten und jetzt zur Weihnachtszeit ist ihr Hauptgeschäft. Da gehen vor allem den kleineren Betrieben schon mal die Austern aus. Die Polizei ist vor Ort mit einem Streifenboot unterwegs, um Austerndiebe auf frischer Tat zu erwischen.

Commissaire Luc ist von Paris in seine Heimat zurückgekehrt, nachdem sein Vater schwer erkrankt ist und er ihn nicht allein lassen will. An einem sonnigen Wintertag hat er die Erlaubnis bekommen, mit seinem Vater das Polizeiboot auf seiner Patroullie zu begleiten, wobei sie eine schreckliche Entdeckung machen, die viel Polizei- und Aufklärungsarbeit mit sich bringt.

Die zwei vorhergehenden Bände um Commissaire Luc habe ich nicht gelesen, was aber kein Nacheil war, denn der Autor hat es an Rückblicken nicht fehlen lassen, so daß man sich sehr gut in die Geschichte einfinden konnte. Mir hat Luc sehr gut gefallen. Mit viel Umsicht hat er seine Ermittlungen geführt und immer Zeit gefunden, sich um seinen kranken Vater zu kümmern. Viel Zeit widmet er auch seiner Freundin Anouk, die vor eine schwere Entscheidung gestellt wird.

Ein gut geschriebener Krimi, der viel Wissenswertes über die Austernfischerei und die Region um Arcachon enthält.

Bewertung vom 09.12.2019
Die Weihnachtsgeschwister
Hennig von Lange, Alexa

Die Weihnachtsgeschwister


gut

So recht verstehen kann man es nicht, warum sich die drei Geschwister mit ihren Familien zu Weihnachten immer wieder bei den Eltern treffen, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Die Streitereien sind vorprogrammiert, zu unterschiedlich sind die Geschwister. Sie haben sich auseinandergelebt, obwohl sie eine gemeinsame glückliche Kindheit in ihrem Elternhaus verlebt haben. Tamara, die Älteste, vermittelt zunächst einen sehr sympathischen Eindruck, den sie aber selbst bei dem Zusammentreffen mit den Geschwistern zunichte macht. Sie gönnt ihrer jüngeren Schwester Elisabeth deren neuen Mann, einen gutaussehenden und sympathischen "Holzfällertypen" nicht und fängt ganz ungeniert an mit ihm zu flirten. Sie mag auch die Frau ihres Bruders nicht und legt sich mit ihr an. Sie läßt auch kein gutes Haar an ihrem eigenen Mann. Es ist mehr als ungemütlich im Haus der Eltern am Vorabend des 24. Dezembers. Also Weihnachtsgeschwister sind die drei wahrlich nicht. Eine Wende tritt ein, als die Eltern sich einmischen, um hier Frieden zu stiften, was noch einige Aufregungen für die Geschwister mit sich bringt.

Das Cover finde ich sehr gut gestaltet. Da kommen die drei Geschwister aus unterschiedlichen Richtungen aufeinander zu, was eine neue Verbundenheit verspricht. Davon läßt sich aber zunächst im Buch nichts wiederfinden. "Laßt uns froh und munter sein" - in diesem Sinne hätte ich mir mehr weihnachtliche Vorfreude erwartet. Viel weihnachtliches hat das Buch leider nicht.

Bewertung vom 06.11.2019
Heimat ist ein Sehnsuchtsort / Heimat-Saga Bd.1
Münzer, Hanni

Heimat ist ein Sehnsuchtsort / Heimat-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Hanni Münzer ist mit ihrem Buch "Heimat ist ein Sehnsuchtsort" ein Meisterwerk gelungen. Ich liebe Familiengeschichten, die heineinreichen in lang vergangene Zeiten und insbsondere in die geschichtliche Vergangenheit in Deutschland. Die Geschichte der Familie Sadler beinhaltet, angelehnt an Hanni Münzers eigene Geschichte, alles, was man von einer solchen Familie erhoffen und erwarten kann.

Die Familie Sadler bewirtschaftet einen Hof in Petersdorf, einem kleinen schlesischen Ort nahe der polnischen Grenze. Der Erste Weltkrieg ist vorüber, und viel Leid ist auch auf dem Sadlerhof eingekehrt. Der Vater ist blind und stumm aus dem Krieg zurückgekehrt, der älteste Sohn ist gefallen, und der zweite Sohn ist bei einem Unfall auf dem Hof umgekommen. Nun muß Laurenz, der jüngste Sohn, den Hof übernehmen. Laurenz studiert in Berlin Musik und wollte nie Bauer werden. Nun aber fügt er sich in sein Schicksal und kehrt mit Annemarie, seiner schwangeren Frau, auf den Sadlerhof zurück.

In einer unnachahmlichen Sprache erzählt Hanni Münzer nun von dem nicht immer einfachen Leben auf dem Sadlerhof. Sie skizziert die Personen, die dort leben, so lebensecht, daß ich mir von jedem einzelnen ein genaues Bild machen kann. Laurenz, dieser besondere Mensch, der seine Musik an den Nagel hängt, und seiner Verpflichtung der Familie gegenüber nachkommt, Annemarie, seine Ehefrau, die Laurenz auf den Sadlerhof folgt, aber unter einem streng gehüteten Geheimnis leidet, Kathi, ihre Tochter, ein aufgewecktes, intelligentes Mädchen mit einem goßen Herzen, die sich liebevoll ihrer kleinen Schwester, die behindert auf die Welt kam, annimmt. Streng und unnahbar lernt man Charlotte, die Mutter von Laurenz kennen, die vor allem Annemarie mit vielen Vorbehalten entgegenkommt. In der Küche herrscht Donata, eine ganz und gar liebevolle Person, und sie wacht über Oleg, ihren Ziehsohn, der als kleines Kind auf den Hof kam.

Die Familie behauptet sich in einer schweren Zeit zwischen zwei Weltkriegen. Der dann folgende Zweite Weltkrieg trifft die Familie Sadler mit unvorstellbarer Härte. Ich wollte zeitweise gar nicht weiterlesen, um nicht mit zu erleben, was diese Familie alles erleiden mußte. Das Buch hat mich zutiefst bewegt. Hanni Münzer hat diese Zeit gut recherchiert, und die Anhänge am Ende des Buches sind äußerst lehr- und hilfreich.

Ich freue mich sehr, daß die Familiengeschichte der Sadlers weitergeht und freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung. Für dieses Buch gibt es 5 wohlverdiente Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.10.2019
Der Verein der Linkshänder
Nesser, Hakan

Der Verein der Linkshänder


gut

Ein neues Buch von Hakan Nesser und dann auch noch einmal Van Veeteren als Ermittler, das ließ spannendes Lesevergnügen vermuten. Leider war dem nicht so. Ich habe alle Bücher von Hakan Nesser gelesen und war jedesmal begeistert. Dem vorliegenden Buch hätten 200 Seiten weniger gut getan. Ein lange zurückliegender Fall bringt noch einmal Van Veeteren auf den Plan. Vier Tote und ein flüchtiger Mörder waren vor 40 Jahren das Ergebnis der Ermittlungen von Van Veeteren und seinem Kollegen. Jetzt aber wird der angebliche Mörder vergraben in einem Waldstück aufgefunden. Die Ermittlungen müssen neu aufgenommen werden. Längst gibt es ein neues Ermittlungsteam, aber Van Veeteren will den Fehler von damals nicht auf sich sitzen lassen und versucht, seinen Teil zur Aufklärung beizutragen. Dabei ist die treibende Kraft eigentlich seine Lebensgefährtin Ulrike, die sich kräftig einmischt. Durch einen neuen Todesfall, der aber mit dem damaligen Geschehen zusammenhängt, begegnen sich die beiden Kommissare Van Veeteren und Barbarotti. Bevor die beiden nun die Hintergründe der Taten von damals und heute aufklären, ist dem Leser längst klar, wer hinter den Verbrechen steckt. Man mußte sich schon zwingen, die vielen Seiten zu Ende zu lesen. Hakan Nesser hat in seinem Bemühen, seine beiden Kommissare Van Veeteren und Barbarotti in einem gemeinsamen Fall zusammenkommen zu lassen, weder den beiden noch seinen Lesern einen Gefallen getan. Für einen Kriminalroman von Hakan Nesser nur 3 Sterne zu vergeben, schmerzt, ist aber in diesem Fall unumgänglich.

Bewertung vom 23.09.2019
Die Dame hinter dem Vorhang
Peters, Veronika

Die Dame hinter dem Vorhang


gut

Leider hatte ich mir aufgrund der Buchbeschreibung die spannende Lebensgeschichte der Edith Sitwel erhofft. Tatsächlich aber ist die wahre Protagonistin dieses Buches Jane Banister, das Dienstmädchen von Edith Sitwel und Tochter des Gärtners auf dem Gut der Sitwells. Die Autorin will mit ihrem Buch der englischen Dichterin und Schriftstellerin Edith Sitwel ein Denkmal setzen, was, wie ich finde, nicht gelungen ist. Immerhin ist es der Autorin gelungen, mich neugierig auf Edith Sitwel zu machen, und ich habe bei meinen Recherchen eine interessante Frau kennengelernt. Sie war zu ihrer Zeit eine der erfolgreichsten englischen Autorinnen mit einer Vielzahl an Veröffentlichungen. "Die Dame hinter dem Vorhang" lernt der Leser durch Jane Banister kennen, die die Dame Edith bis zu ihrem Lebensende begleitet und die über ihre Zeit mit ihr berichtet. Um diesem Leben hinter dem Vorhang Bedeutung zu geben, hätte dem Buch ein Blick in das Leben der Edith Sitwel vor dem Vorhang gutgetan. Es muß ein schillerndes Leben gewesen sein, von dem in dem Buch aber leider nichts zu spüren ist. Nur so wäre der Kontrast zwischen dem öffentlichen und dem privaten Leben erkennbar geworden.

Durch die Ankündigung des Buches neugierig geworden, konnte ich mich für die Lektüre des Buches nicht wirklich begeistern, was ich wirklich bedauerlich finde, weil ich das Leben der Edith Sitwel für interessant und spannend halte.

Bewertung vom 07.09.2019
Ein neues Blau
Saller, Tom

Ein neues Blau


ausgezeichnet

Nachdem mich der gelungene Debüt-Roman von Tom Saller "Wenn Martha tanzt" bereits begeistert hat, bin ich von dem nun vorliegenden Buch "Ein neues Blau" gleichermaßen angetan. Ein Buch, das gekonnt alle Facetten eines langen Lebens ausleuchtet, Kindheit, Erwachsenwerden, Familie, Freundschaft, Wünsche, Hoffnungen, Verzweiflung und Verrat. All dies lernt Lili Kuhn in ihrem langen Leben kennen, das geprägt ist von großen Verlusten und der Angst, hieran eine Mitschuld zu tragen. Das Buch endet im Jahr 1985 und schildert in Rückblicken das Heranwachsen von Lili nach dem Esten Weltkrieg. Ihre Mutter ist früh vestorben, und so wächst Lili bei ihrem Vater Jakob auf, einem zielstrebigen charakterstarken Mann, der es durch seinen Teehandel zu Reichtum und weltweiten Geschäftsverbindungen bringt. In Japan lernt er Takeshi kennen, der alles über Tee weiß. Zwischen den beiden entwickelt sich eine enge Freundschaft, die so weit geht, daß Takeshi nach dem Tod von Jakobs Frau Charlotte nach Berlin übersiedelt und sich dort insbesondere um Lili kümmert, da Jakob aus Berufsgründen viel auf Reisen ist. Takeshi ist so, wie ich mir einen Japaner vorstelle, Ein ruhiger in sich ruhender Mann, der seiner Freundschaft verpflichtet ist und sich ein Leben lang um Lili kümmern wird. Von ihm habe ich viel über Tee und vor allem die Teezubereitung gelerrnt.

Lilis Mutter war Jüdin und nachdem Lili den Juden Adam heiratet, ist sie in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr sicher und wandert mit ihrer Familie nach Amerika aus.

Im Jahr 1985 lebt Lili wieder in Berlin in dem Haus, das ihr Vater vor vielen Jahren erbaut hat und auch das Teehaus von Takeshi steht noch im Garten. Aber Takeshi ist gestorben und Lili sehr allein. Anja, eine 18-jährige Gymnasiastin soll ihr hin und wieder Gesellschaft leisten. Dies ist für beide zunächst ein schwieriges Unterfangen. Die aufmüpfige Anja mit ihrer schnoddrigen Sprache hat es schwer. sich in die Lebensgeschichte von Lili Kuhn einzufinden. Nach und nach aber wächst der gegenseitige Respekt und
Anja gewinnt einen neuen Blick auf ihr zukünftiges Leben. Das Zusammentreffen der beiden Frauen ist für beide ein großer Gewinn.

Der Titel des Buches "Ein neues Blau" lenkt das Interesse des Lesers natürlich in erster Linie auf die Herstellung von Porzellan und die Suche nach dem vom Königlichen Hof gewünschten "bleu mourant". Viel lernt der Leser über Material, Verarbeitung und Herstellung des Porzellans kennen und besonders eine kleine schlichte weiße Schale mit einer aufgemalten schlichten blauen Blüte hat in der Geschichte eine besondere Bewandtnis.

Dem Autor sei Dank für dieses wunderbare, sorgfältig recherchierte und meisterlich geschriebene Buch, dem ich ganz viele Leser wünsche.

Bewertung vom 03.09.2019
Nichts bleibt so, wie es wird
Bechtolf, Sven-Eric

Nichts bleibt so, wie es wird


ausgezeichnet

Zunächst einmal hat mich der Titel des Buches fasziniert. Ich finde ihn genial und passend. Nachdem ich das Buch nun gelesen habe, bin ich hellauf begeistert von der Geschichte des Buches, insbesondere der Lebensgeschichte des Protagonisten Herwig Burchard. Burchard ist ein international bekannter und anerkannter Regisseur, der an vielen großen Häusern gearbeitet hat. Nun aber, im fortgeschrittenen Alter, ist er durch Vermittlung seines Freundes Jacobi, dem Intendanten des Theaters, in Kobrück gelandet und bereitet dort den Figaro von Wolfgang Amadeus Mozart vor. Aber die Freundschaft zwischen Intendant und Regisseur ist brüchig. Jacobi fürchtet, daß Burchard ihm den Intendantenposten streitig machen will. Um dem entgegenzuwirken überredet er den Journalisten Müßig Burchard in seinen Kritiken zu zerreißen. Was Jacobi nicht weiß ist, daß Müßig auch Intendant werden möchte.

Wenn der Vorhang fällt, brodelt es hinter den Kulissen. Es kommt zum Eklat, als Burchard und Müßig aneinandergeraten. Herwig wird entlassen.

Der Autor gewährt dem Leser einen Blick hinter die Kulissen einer schillernden Theaterwelt. Hier geht es um begehrte Rollen und Posten, es wird geschachert und gelogen und Freundlichkeiten sind nur selten ernst gemeint.

Was ist Herwig für ein Mensch? Der Autor gibt sich viel Mühe, das Leben des Regisseurs zu beschreiben, und er tut dies intensiv und gut. Herwig ist ein Mensch, der gerade heraus sagt, was er denkt und sich damit nicht nur Freunde macht. Im Grunde seines Herzens leidet er aber an den Fehlern, die er in seinem Leben gemacht hat und die er sich selbst eingesteht, insbesondere, daß es ihm nicht gelungen ist, ein gutes Verhältnis zu seinem Sohn herzustellen, der als Jugendlicher verstorben ist. Dieser Sohn verfolgt ihn jetzt im Alter in seinen Träumen, aber wieder gutmachen kann Herwig nichts.

Herwig muß einen Neuanfang wagen und mit Vermitlung seines Freundes Alberto, dem Wirt seines Lieblingsrestaurants Tavola verde, erwirbt er ein kleines Haus in Apulien.

Die ersten beiden Drittel des Buches sind sehr gut und realistisch beschrieben. So hätte es alles sein können. Das letzte Drittel erscheint mir sehr konstruiert und eher unrealistisch. Aber auch hier hätte alles so sein können, wie beschrieben.

Sehr gut gefallen und berührt hat mich der Brief, den Herwig an Leonie Roussel, eine junge begabte Schauspielerin, schreibt, in die er sich unsterblich verliebt hat.

Das Buch wurde mit jeder gelesenen Seite spannender, und ich wollte es nicht mehr aus der Hand legen. 5 verdiente Sterne für ein wunderbares Buch und eine unbedingte Leseempfehlung.

Bewertung vom 28.08.2019
Drei
Mishani, Dror

Drei


ausgezeichnet

Ich habe ein großartiges Buch gelesen, über das ich nur wenig erzählen soll. Der Klappentext verrät einiges, aber nicht viel. Drei Frauen und ein Mann sind der Inhalt des Buches, eingeteilt in drei getrennte Geschichten, die aber im Zusammenhang stehen, nämlich durch Gil, den Mann, den alle drei kennenlernen werden. Jede auf eine andere Art und Weise. Orna durch eine Internetplattfom für Geschiedene, Emilia durch Vermittlung ihrer ehemaligen Arbeitgeberin und Ella in in einem Café, das sie jeden Morgen besucht. Obwohl Gil verheiratet ist, geht er die Beziehungen zu den drei Frauen ein, und wenn man hierüber erst einmal zu lesen anfängt, kann man das Buch nicht mehr zur Seite legen. Es ist in einer wunderbaren Sprache geschrieben, Spannung ist garantiert. Dror Mishani hat ein großartiges Buch geschrieben, das zu Recht in Israel zum Bestseller wurde. Lange hat mich ein Buch nicht so gefesselt und berührt. Deshalb 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 24.08.2019
Letzte Rettung: Paris
deWitt, Patrick

Letzte Rettung: Paris


ausgezeichnet

Das Buch ist eine einzige Enttäuschung. Aufgrund des Klappentextes und der Leseprobe hatte ich eine humorvolle Mutter-/Sohn-Geschichte erwartet. Die Mutter, Frances, ist jedoch eine selbstsüchtige Person, die das gesamte ererbte Vermögen ihres verstorbenen Ehemannes verschleudert und ihrem Sohn keinen Freiraum für ein eigenes Leben läßt. Hinzu kommt eine Katze, in der Frances die Inkarnation ihres Ehemannes sieht und im weiteren Verlauf des Buch es mit Hilfe einer durchgeknallten Wahrsagerin durch die Katze mit ihrem Ehemann ins Gespräch kommt. Nachdem das Geld alles weg ist, zieht Frances mit ihrem Sohn in die Wohnung einer Freundin nach Paris. Hier lernen sie alle möglichen skurillen Typen kennen, deren Erscheinen in der Geschichte fürmich keinen Sinn ergeben. Für keinen der Protagonisten kann ich auch nur einen Funken Sympathie aufbringen, und die gesamte Handlung ergibt für mich keinen Sinn. Kein Buch zum Weiterempfehlen.

Bewertung vom 14.08.2019
Die Leben der Elena Silber
Osang, Alexander

Die Leben der Elena Silber


ausgezeichnet

Auch wenn ich Bücher mit mehr als 600 Seiten nicht so mag, hier hätte ich gerne noch weiterlesen wollen. Alexander Osang schildert das pralle Leben der Jelena Silber, das geprägt ist von deutscher und russischer Geschichte, von vielen Wendungen, Enttäuschungen und Neuanfängen, man kann sich ihm nicht entziehen. Auch wenn man ihr Handeln nicht immer verstehen kann, begreift man doch ihre Beweggründe, die ihrem Handeln zugrunde liegen.

Mit 2 Jahren bereits muß Jelena mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Pawel aus ihrer russischen Heimat fliehen, nachdem ihr Vater als Revolutionär ermordet wurde und sie fürchten müssen, das gleiche Schicksal zu erleiden.

Viele Jahre später kehrt Jelena mit ihrer Mutter und dem Stiefvater in ihr Heimatdorf zurück. Was mochte die Mutter bewogen haben, diesen Mann zu heiraten, der sich an Jelena vergeht, so daß sie sich genötigt sieht, sich allein in eine neue Zukunft zu begeben. Sie lernt den deutschen Ingenieur Robert Silber kennen, heiratet ihn und geht mit ihm nach Deutschland. Ihre Schwiegermutter demütigt Jelena, wo sie nur kann und der Schwiegervater hält sie für Freiwild.

Kaum der deutschen Sprache mächtig, hat Jelena es mehr als schwer, mit ihrem Leben zurechtzukommen. Sie hat 5 Töchter, von denen Anna mit 2 Jahren an Diphterie stirbt. Es ist Krieg und Medikamente sind knapp. Die anderen 4 Töchter Maria, Lara, Vera und Katarina sind traumatisiert von dem wechselhaften Leben, dem sie ausgesetzt sind und dem Lebensweg, den sie nach Jelenas Vorgaben zu gehen haben. Jede lebt ihr eigenes Leben. Es gibt
keinen Familienzusammenhalt.

Viel später versucht Jelenas Enkel Konstantin die Familiengeschichte aufzuschlüsseln und zu verstehen, was das lange Leben seiner Baba ausgemacht hat. Sie hat für sich eine eigene Wahrheit erfunden, aber war alles wirklich so, wie sie immer erzählt hat? Sehr emotional zu lesen ist die Beziehung von Konstantin zu seinem Vater Claus Stein, der mit Jelenas Tochter Maria verheiratet ist, die ihn wegen seiner fortschreitenden Demenz in einem Heim unterbringt.

Ich finde, Alexander Osang hat ein großartiges Familienepos geschaffen mit so unterschiedlichen Figuren, auf die man sich einlassen muß, um sie zu verstehen. Ich liebe Familiengeschichten, aber diese finde ich besonders großartig, schon deshalb, weil sie über mehr als ein geschichtsträchtiges Jahrhundert andauert. Und nach dem Enkel Konstantin folgt noch der Urenkel Theo. Die Geschichte geht also weiter.