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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Elohym78
Wohnort: 
Horhausen

Bewertungen

Insgesamt 385 Bewertungen
Bewertung vom 29.12.2017
Woman in Cabin 10
Ware, Ruth

Woman in Cabin 10


ausgezeichnet

Ruth Ware schreibt sehr mitreißend und schafft es immer wieder, den Spannungsbogen neu zu spannen und das so straff, dass die Buchseiten fast zu vibrieren scheinen. Voller Elan rätselte ich mit, wer der Mörder ist und warum dies alles geschieht. Mal rasten meine Gedanken in diese Richtung, mal in jene; mal verdächtigte ich den, mal einen anderen! Genauso stelle ich mir einen Krimi vor: Ich möchte mich nicht nur berieseln lassen, sondern zum Mitdenken angeregt werden und dies gelingt der Autorin meisterhaft. Immer wieder nimmt die Handlung überraschende Wendungen, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet habe, die rückblickend allerdings völlig logisch waren. Erst alles zusammen ergibt ein perfektes Mord-Bild.
Dies ist allerdings nicht das einzige Element in dem Buch. Die für mich packenden Thriller-Elemente fehlten auch nicht, die das Buch zu einem wahren Lesegenuss machten! Auf der einen Seite ist das grenzenlose Meer, Weite und Freiheit soweit das Auge reicht und doch schafft es Ware, dass diese Grenzenlosigkeit beklemmend und einengend auf mich wirkt. Hilflos ist man nicht nur den Elementen ausgesetzt, sondern auch seinen Mitmenschen. Es gibt keinen, der einem mal eben zur Hilfe kommen kann, ja noch nicht mal jemanden, den man anrufen kann. Und der Spagat zwischen Weite und Enge der tausenden und abertausenden Kubik Wasser schwankt. Direkt zu Beginn geschieht ein Mord, doch es gibt nur eine Zeugin, deren Glaubwürdigkeit untergraben wird. Bewusst oder unbewusst von ihren Mitreisenden und der Crew.
Zwischendurch gibt es immer wieder kleinere Einspieler, die von Los Verschwinden berichten. Brutal nagte die Ungewissheit an mir, was auf dem Schiff geschehen ist. Und sie nagte dermaßen hartnäckig an mir, dass ich das Buch einfach nicht mehr zur Seite legen konnte.


Ihre Charaktere kreiert die Autorin authentisch und lebensnah, so dass ich mich problemlos mit ihnen identifizieren und in sie hineinversetzen konnte. Besonders gut ist ihr die Journalistin Lo gelungen, die ich ansprechend fand. Gerade weil sie nicht perfekt ist, unter Angstzuständen leidet und in ihrem Privatleben nicht alles wie am Schnürchen läuft, wirkt sie menschlich nah. Als Reisejournalistin scheint sie das große Los gezogen zu haben, als sie den Bericht über das Luxuskreuzfahrtschiff Aurelia Borealis schreiben darf. Mich verwundert, dass wenig von ihrer beruflichen Tätigkeit geschildert wird, die ihr angeblich so wichtig ist. Die Geschehnisse in ihrem Privatleben und an Bord scheinen Lo so zuzusetzen, dass dieser Aspekt außeracht gelassen wird. Im Gegensatz zu ihren Kollegen, die sich mit ihr an Bord befinden. Die immer wiederkehrenden klaustrophobischen Anfälle nerven leider nicht nur sie, sondern mich auch, da diese wirklich oft und sehr intensiv geschildert werden. Andererseits sind sie auch ein Mittel, um die ganze Atmosphäre zu verdeutlichen und zu unterstreichen. Und die Beklemmung ist ein wesentliches Stilelement dieses Buches, finde ich, ohne die viel an Spannung verloren gehen würde.

Mein Fazit
Mal wieder ein wunderbar spannender Thriller von Ruth Ware, den ich gerne weiter empfehle!

Bewertung vom 11.12.2017
Lied der Weite
Haruf, Kent

Lied der Weite


ausgezeichnet

Viktoria ist siebzehn, als sie ungewollt von ihrem Freund Schwanger wird. Ihre Mutter hat kein Verständnis für das junge Mädchen und wirft sie Zuhause raus. Doch was wie das Ende wirkt, ist nur der Anfang für ein besseres Leben und eine Zukunft, wie Viktoria sie sich nicht vorgestellt hat. Denn es gibt mehr Menschen, denen sie am Herzen liegt, als sie vermutete.
Die beiden Brüder Ike und Bobby müssen notgedrungen mit dem Verlust ihrer Mutter zurecht kommen. Nach einer depressiven Phase, entschließt sich diese, die Familie zu verlassen. Ike und Bobby finden keinen Trost bei ihrem Vater, aber bei Menschen, von denen sie es nie vermutet haben.

Das Cover ist ein gemaltes Bild und zeigt das Farmhaus der McPheron Brüder mit einem ordentlich angelegten Feld davor. Dahinter die endlose Weite Amerikas. Der Abendhimmel hüllt alles in ein leicht dämmriges, beschützendes Licht. Ich finde es wunderschön zum Inhalt des Buches gewählt, da es auf der einen Seite die Ordnung des Lebens, aber eben auch die grenzenlosen Möglichkeiten für mich symbolisiert. Man muss sich nicht entscheiden. Man kann beides haben, insofern die Basis stimmt.

Kent Haruf hat einen unnachahmlich ruhigen, eindringlichen und berührenden Schreibstil, der mich wieder fesselte und begeisterte. Er schafft es mit wenigen Worten und ohne schmückendes Beiwerk, das Augenmerk auf die wichtigen Dinge zu lenken: Auf das Leben. Gerade dies finde ich an seinen Büchern so schön, er kreiert keine abstrusen Dinge, die eventuell vielleicht geschehen könnten, sondern schreibt von den alltäglichen Dingen, die hier und überall auf der Welt jeden Tag geschehen.
Eigentlich ist es die Geschichte der schwangeren Viktoria, die von ihrer Mutter auf die Straße gesetzt wird, weil sie in anderen Umständen ist. Eigentlich ist es die Geschichte der beiden Brüder Ike und Bobby, deren Mutter weggelaufen ist und deren Vater nicht recht mit der Situation umgehen kann. Aber eben nur eigentlich. Denn Leben ist so viel mehr als Einzelschicksale; alles ist miteinander verknüpft und schadet man dem einen, trifft es den anderen. Hilft man jemanden, kommt auch die gute Tat zurück. Alles hängt miteinander zusammen und genau dies zeigt der Autor sehr gefühlvoll. Es ist nur ein Buch über das Leben wie du und ich es leben. Es geschehen keine Welt bewegenden Katastrophen, es ist nur Leben. Und doch ist es einzigartig und wertvoll.
Es geht um den Zusammenhalt in einer Kleinstadt. Jeder kennt jeden und dessen Schicksal. Mal zerreißt man sich das Maul und zieht über andere her; kommt es hart auf hart, ist aber sofort jemand zur Stelle und hilft.

Mein Fazit
Wunderschön! Ein Buch über Hoffnung und Zusammenhalt.

Bewertung vom 16.11.2017
Bloodspell - Es lebe die Nacht! (eBook, ePUB)
Feye, Norma

Bloodspell - Es lebe die Nacht! (eBook, ePUB)


gut

Selten ist es einer Designerin gelungen, die Welt dermaßen von sich zu überzeugen. Viva Auldwin hat es geschafft mit ihrer Modelinie Viva la Noche die Welt zu begeistern und neue Maßstäbe am Modehimmel zu setzen. Kein Star, der ihre Werke nicht trägt, keine Frau, die einem Treffen mit Viva nicht entgegenfiebert. Alles könnte perfekt sein, doch Viva ist alleine. Als sie den smarten Anwalt Ronan kennenlernt, wagte sie es, ihr Herz nach fast zweihundert Jahren, einem Mann zu öffnen und Liebe einkehren zu lassen. Doch mit der Liebe kommt das Grauen...

Das Coverbild zeigt die unheimlichen Augen der Protagonistin Viva Auldwin. Sie überblickt mit ihrem eisigen Ausdruck London bei Nacht. Ich finde es wunderbar zu Titel und Inhalt gewählt, da es die Bedrohlichkeit der Vampirin zeigt, zugleich aber auch verdeutlicht, dass sie nicht über eine Stadt herrschen, sondern sie vielmehr schützen möchte.

Norma Feye hat einen nicht ganz alltäglichen Vampirroman geschaffen. Nicht alltäglich, weil endlich mal eine Frau in die Hauptrolle der unbesiegbaren Heldin mit Schönheitsmakel schlüpft. Und dazu eine sehr weibliche! Denn Viva Auldwin kreiert Mode und ist von der Liebe enttäuscht worden. Ja, ich gebe es zu: Anfangs dachte ich, dass es ein kitschiger Vampir-Liebes-Roman wird, aber ich täuschte mich. Kitschig ist das Buch wirklich nicht. Hingegen spannend, lebendig und auch lustig. Die Dialoge spritzig und voller Esprit und die Personen erfüllen die Klischees auf angenehme Art und Weise, so dass mir unliebsame Überraschungen erspart blieben. Allerdings wirkte das Buch dadurch eine Spur zu vorhersehbar.
Eine Modeschöpferin mit ihren zwei Assistenten. Der eine wahnsinnig gutaussehend und stock schwul und die andere das Organisationstalent, das stets die Kastanien aus dem Feuer holt. Natürlich muss eine Künstlerin einen Spleen haben, in diesem Fall hält sie sich als Haustiere zahme Kaninchen die durch das Loft hoppeln. Dazu eine Liebesgeschichte, in der sich beide eigentlich lieben und doch alles anders kommt als gedacht. So weit, so normal. Wäre da eben nicht Viva, die schon dreihundert Jahre alte Vampirin, die der Story Würze verleiht. Und schnell wird aus der seichten Liebesgeschichte eine Geschichte mit Pfeffer. An manchen Stellen sogar verblüffend blutig, womit ich so nicht gerechnet hätte.

Die Charaktere strotzen nicht vor Zügen, die ich nicht erwartet hätte, trotzdem wirken sie auf mich authentisch und liebenswert. Im Mittelpunkt steht Viva Auldwin, die als junge Frau von einem Vampir gebissen und verwandelt wurde. Schön fand ich, dass diese Geschichte als Rückblicke mit eingearbeitet worden sind und so Vivas Handlungen in der Gegenwart erklärten. Ich mag solche Geschichten in einer Geschichte, da sie die eigentliche Handlung auflockern. Ich fand es spannend zu beobachten, wie Viva sich wieder langsam auf die Liebe einlässt und irgendwie weichere Züge bekommt.
Der Mann ihrer Träume ist der Anwalt Ronan. Statt des typischen Anwalts, ist er ein sympathischer Mensch, der viel Empathie für andere aufbringt. Auch er wächst an der Beziehung zu Viva, da er die nötige Härte erhält, die ihm das Leben vereinfachen.
Ohne die kleinen Nebencharaktere würde dem Buch definitiv etwas fehlen. Denn erst durch den bösen Rufus oder den extrovertierten Dennis erhält es Leben und macht es zu einem Lesegenuss.

Mein Fazit
Mal ein anderer Vampir Roman, der sich gut und flüssig liest.

Bewertung vom 04.11.2017
Sieben Tage voller Wunder
Atkins, Dani

Sieben Tage voller Wunder


ausgezeichnet

Logan und Hannah erleben eine Katastrophe: Das Flugzeug in dem sie sitzen, stürzt mitten in der kanadischen Wildnis ab. Mit vereinten Kräften gelingt es ihnen, den Kampf ums Überleben in Angriff zu nehmen. Essen, Wärme und den Willen es zu schaffen, vereint sie und schweißt ein inniges Band. Nachdem keine Suchtrupps auftauchten, verlassen sie die Absturzstelle, da Warten keine Option darstellt.

Das Cover zeigt Hannah, die in einem roten Sommerkleid auf einer konkaven Linie zu Logan läuft. Beide scheinen sich mitten in den Wolken zu befinden. Mich hat das Bild nicht angesprochen, da es zu verträumt wirkt und für mich zu wenig mit der eigentlichen Handlung des Buches zu tun hat. Auf der anderen Seite sind diese Coverbilder ein Markenzeichen und haben dementsprechend einen Wiedererkennungswert.

Ich liebe die Bücher von Dani Atkins ohne Wenn und Aber. Und so ging ich mit sehr hohen Erwartungen an ihr neues Buch und wurde nicht enttäuscht. Die Mischung aus tiefen Gefühlen, mitreißender Spannung und bildgewaltigen Beschreibungen, ist der Autorin mal wieder grandios gelungen. Ohne Probleme konnte ich die nackte Angst des Flugzeugabsturzes nachempfinden, genauso intensiv wie die puren Glücksgefühle als klar wird, dass die Katastrophe unbeschadet überlebt wurde. Atkins verstrickt sich nicht in langatmigen Beschreibung, sondern schildert es mit knappen, aber gerade deswegen eindringlichen Worten, die mich bewegten. Auch der Überlebenskampf und die Widrigkeiten der Natur schilderte sie gekonnt und mir fiel es denkbar leicht, mich in die kanadische Wildnis hineinzuversetzen. Dieses Gefühl, wenn grenzenlose Weit zu einer tödlichen Falle wird.

Das Buch lebt eindeutig durch die Protagonisten. Logan und Hannah sind mir wahnsinnig schnell ans Herz gewachsen und ich baute eine innige Beziehung zu ihnen auf. Beide kommen aus ganz normalen Verhältnissen, leben ein Leben wie du und ich. Von jetzt auf gleich werden sie aus ihrem Alltag gerissen und sehen sich einem Flugzeugabsturz gegenüber, den es zu überleben gilt. Ohne den Zuspruch Logans hätte Hannah den Kampf schnell aufgegeben; erst nach und nach wird ihr klar, was für verborgene Kräfte in ihr schlummern, wenn sie muss.

Mein Fazit
Einfach wunderschön!

Bewertung vom 22.10.2017
Ich treffe dich zwischen den Zeilen
Butland, Stephanie

Ich treffe dich zwischen den Zeilen


ausgezeichnet

Lovedays Welt ist überschaubar: Sie arbeitet in einem antiquarischen Buchladen und ihr Ches Archie ist mehr Freund als Vorgesetzter. Beide arbeiten Hand in Hand. Hin und wieder gönnt Loveday sich einen Ausflug, eine Tätowierung, einen Tag für sich. Sie ist eine Einzelgängerin durch und durch und dies hat mit ihrer Vergangenheit zu tun, die sie niemals, unter keinen Umständen preisgeben wird. Bis Nathan in ihr Leben tritt. Der Magier verzaubert nicht nur sein Publikum, sondern auch die verletzte Loveday und erobert ihr versteinertes Herz. Wenn sie dies zulassen würde...

Das Cover ist in einem kräftigen orange gehalten und der Titel prangt mittig auf ihm. Die beiden Protagonisten Loveday und Nathan stehen Rücken an Rücken in der linken unteren Ecke. Während Nathan vorliest - oder eher ein Gedicht rezitiert - lauscht ihm Loveday mit geschlossenen Augen. Seiten des Buches erheben sich zum Himmel und verwandeln sich nach und nach in Vögel. Ich finde das Cover schön und berührend. Es spiegelt die ganze Traumlandschaft des Buches wieder, aber eben auch seine Eigenwilligkeit.

Ich kann nicht beschreiben, wie sehr mich diese Buch von Stephanie Butland bewegt hat. Sie hat in mir einen Nerv getroffen; nicht schmerzhaft, sondern einfach eine Saite in mir zum Klingen gebracht. Butland schreibt bewegend, ohne ihre Protagonisten bloß zu stellen. Einfühlsam, ohne kitschig zu sein und spannend, obwohl sich die Handlung eigentlich nur mit den Höhen und Tiefen des Lebens beschäftigt. Kein spektakulärer Überfall, keine Fabelwesen, kein brutaler Serienkiller und trotzdem spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Denn ich durfte an Lovedays Leben teilhaben, sie begleiten und für sie da sein. Leise an ihrer Seite, unbemerkt, heimlich aber nicht voyeuristisch.

Die Geschichte ist in drei Zeitfolgen unterteilt, die parallel erzählt werden und dadurch erklären, warum Loveday heute so ist, wie sie ist. Ihre tragische Kindheit, als ihr Vater die Arbeit verliert und von einem warmherzigen Familienmenschen zum Tyrannen mutiert. Ihre Beziehung zu Rob, die böse aus dem Ruder läuft und schließlich heute, als Nathan in ihr Leben tritt. Jeder Erzählstrang für sich war interessant und authentische geschildert und machte mir deutlich, warum Loveday ihre Entscheidungen so getroffen hat, wie sie es machte und vor allem macht.
Der heutige Erzählstrang bewegte mich ganz besonders. Auf der einen Seite finde ich Lovedays Leben traurig, weil sich die junge Frau so abschottet, auf der anderen Seite führt sie genau das Leben, das sie haben möchte, in dem sie sich wohl fühlt. Das ändert sich erst durch Nathan. Als Mensch scheint er Lovedays Interesse erstmal nicht zu wecken, er schleicht sich heimlich über die Welt der Bücher in ihr Herz. Die kleinen Schritte schildert Butland bewegend und berührten mich zu tiefst. Denn es gelang der Autorin, mich mit einzubeziehen, da ich viele der erwähnten Bücher kenne und auch mag. Manchmal allerdings auch nicht und gerade das war das Schöne an der Sache! Mir machte es unglaublich viel Freude, die Veränderungen Lovedays zu beobachten und an ihnen teilhaben zu dürfen.
Eins steht für mich fest: Stephanie Butland hat nicht irgendeinen Roman geschrieben, sondern ihr Herzblut zwischen die Zeilen gegeben.

Mein Fazit
Ein bewegendes Highlight-Buch! Wunderschön!

Bewertung vom 07.10.2017
Palast der Finsternis
Bachmann, Stefan

Palast der Finsternis


gut

Als die fünf Jugendlichen Anouk Peerenboom, Lilly Watts, Jules Makra, Will Park und Hayden Maiburgh eingeladen werden, einen bisher verborgenen unterirdischen Palast in Frankreich zu erforschen, können sie ihr Glück kaum fassen. Stilvoll werden sie in einem Privatjet abgeholt und logieren zu einem Palast. Doch die Reise in den Untergrund entwickelt sich zu einer Reise in den Tod, denn jeder Raum scheint ein brutales Eigenleben zu entwickeln. Hinter ihnen Verfolger, die ihren Tod wollen, vor ihnen eine unbekannte Macht, die ihnen feindlich gesinnt ist. Es scheint kein Entkommen für die fünf zu geben.

Das Cover zeigt eine Frau in einem weißen Nachthemd, die durch einen unendlich scheinenden Gang zu flüchten scheint. Verfolgt von golden schimmernden Schmetterlingen, fürchtet sie um ihr Leben. Das Bild ist gut zu Titel und Inhalt des Buches gewählt, da es die Beklemmung und Angst des unterirdischen Palais widerspiegelt. Zugleich finde ich es bemerkenswert gestaltet, da die Farben im Licht changieren und an Tiefe gewinnen. Bei der Frontalansicht erscheint es schwarz, wenn ich es leicht kippe, blau.

Stefan Bachmann hat einen packenden Jugendthriller geschrieben, der mich fesselte. Obwohl ich durch den Klapptext und der Leseprobe auf eine, ich möchte nicht sagen falsche, aber eben doch andere Fährte gelockt worden bin und mit einem anderen Handlungwerdegang gerechnet hätte, war ich nicht enttäuscht. Gerne ließ ich mich in die unterirdische Welt Frankreichs locken und begab mich gleichzeitig auf eine Zeitreise durch zweihundert Jahre alte Geschehnisse.
Die fünf Jugendlichen wurden auserwählt, einen längst vergessenen, unterirdischen Palast zu erforschen, der als Rückzugsstätte für eine adlige Familie während der französischen Revolution diente. Doh was sie dort entdecken, sprengt jegliche Vorstellungskraft. Zu Beginn des Buches nahm mich diese Entdeckungsreise zwar gefangen, aber nach und nach ließ meine Faszination leider nach, da es mir schwerfiel, der Handlung, oder eher den Gründen zu folgen. Das Thema geheime Experimente finde ich zwar stets fesselnd, aber irgendwie fehlte mir etwas. Stellenweise hatte ich das Gefühl, dass der Autor sich in seinen Beschreibungen und in seinem Werdegang zügeln musste, um die Brutalität nicht ausarten zu lassen. Für meinen Geschmack hätte er sich allerdings ruhig in seinen Beschreibungen verlieren können, da Bachmann die Kraft hat, seine Worte vor meinem inneren Auge in Bildern entstehen zu lassen und ich gerade auf blutige Thriller stehe.

Den Charakteren fehlte in meinen Augen Tiefe. Mit Anouk Peerenboom, der Protagonistin und zentralen Figur, konnte ich keine wirkliche Bindung eingehen, obwohl sie mir als Charakter durchaus gefallen hat. Ihre Mitstreiter fand ich, waren eher um Anouk herum gruppiert und bildeten keine eigenständigen Persönlichkeiten. Allerdings verlor sich dies im Buch, denn anfangs fand ich sie durchaus interessant und die Mischung der Personen gut gelungen. Stark, frech, aufmüpfig, kämpferisch, schüchtern und vieles mehr, doch nach und nach verlor sich dies leider.

Mein Fazit
Ein interessantes Buch mit Wendungen, die ich so nicht erwartet hätte.

Bewertung vom 24.09.2017
Der Brief
Hagebölling, Carolin

Der Brief


ausgezeichnet

Ein Brief einer fast vergessenen Schulfreundin erreicht Marie in Hamburg. Doch es steht als Empfängeradresse Paris darauf. Der Inhalt des Briefes ist genauso merkwürdig, spricht er doch von einem Leben in Paris, einem Mann und einer Krankheit. Dabei lebt sie mit einer Frau zusammen in Hamburg und ist kerngesund. Marie wundert sich und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Einer Wahrheit, die sie und ihr Leben zu zerstören droht...

Das Cover zeigt Marie auf einer Brücke in Paris, wie sie sich selber entgegen geht. Ein milder Herbsttag und die Welt wirkt friedlich. Und doch ist das Bild beunruhigend, denn es zeigt das, was es nicht geben kann, nicht geben darf. Zwei Realitäten...

Carolin Hagebölling spielt gekonnt mit ihren Lesern. Auf der einen Seite hatte ich das Gefühl, dass ich einen packenden Krimi in der Hand hatte und auf der anderen Seite ist es eine Reise ins Ich. Wer von uns wünscht sich manchmal nicht zu wissen, wie es hätte sein können, wenn man an dieser Stelle nicht anders entschieden hätte? Jeder kennt die Zweifel. Mal nagen sie, mal wischt man sie zur Seite, denn es gibt in unserem Leben nur eine Richtung: Nach vorne. Doch Marie ist es möglich einen Schritt zur Seite zu machen und zu sehen, was geschehen wäre, wenn sie die Wunschreise nach Paris angetreten hätte, statt sie immer wieder aufzuschieben. Freude, Unsicherheit, Neugierde und Wahnsinn toben in ihr und jedes einzelne Gefühl konnte ich dank der intensiven Schilderung der Autorin absolut und bedingungslos nachvollziehen. Es war mir wirklich ein Leichtes, mich fallen zu lassen und an Maries Seite dem Mysterium auf die Spur zu gehen.
Im Mittelpunkt steht Marie und ihr Leben in Hamburg. Sie ist Journalistin und lebt mit ihrer großen Liebe Johanna zusammen. Ihr Leben ist schön und ausgeglichen. Bis zu dem Tag, an dem ein Brief ins Haus flattert und ihr Leben auf den Kopf stellt. Denn Marie lebt angeblich mit ihrer großen Liebe Victor in Paris und führt gemeinsam mit ihm eine erfolgreiche Galerie. Leben, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Und doch stehen sie auf der Basis, die Marie als Mensch ausmacht. Gerade deshalb fiel er mir so unglaublich leicht, Hagebölling ihre Geschichte abzukaufen. Maries Leben sind zwar verschieden, liegen aber beide im Bereich des Möglichen.
Ich fand es spannend zu sehen, was die Geschehnisse mit einer Seele anrichten können. Wie Neugierde in Verzweiflung umschlägt und sich der Wahnsinn auf leisen Sohlen anschleicht. Ich konnte mich diesem Sog nicht entziehen, das Buch nicht aus der Hand legen und las es in einem Rutsch durch.

Mein Fazit
Ein Buch über den Wunsch, den jeder von uns in sich trägt: Zu wissen, was wäre wenn...

Bewertung vom 24.09.2017
Die Hüter des Todes / Scythe Bd.1
Shusterman, Neal

Die Hüter des Todes / Scythe Bd.1


ausgezeichnet

Die beiden Jugendlichen Rowan und Citra werden von dem ehrenwerten Scythe Faraday als Lehrlinge aufgenommen. Außergewöhnlich, denn noch nie hat ein Scythe zwei Lehrlinge genommen. Misstrauisch wird dies von den anderen der Zunft beäugt und in einem Konklave beschlossen, dass nur der bessere der beiden den Ring der Scythe erhalten darf. Der andere wird nachgelesen. Obwohl sich Rowan und Citra sehr zugetan sind, müssen sie in einen Wettstreit treten, den sie beide nicht gewollt haben und auch nicht wollen.

Das Coer zeigt eine Scythe, eine Hüter des Todes in all seiner unheimlichen Pracht. Halb in schwarz, halb in gold steht er für den Tod, die endgültige Beendigung des Lebens in einer Welt, in der es keinen Tod mehr gibt. Ich finde das Bild sehr gut zu Titel und Inhalt des Buches gewählt, da es eben nicht nur den grausamen Tod zeigt, sondern mit der Farbwahl auch Hoffnung widerspiegelt.

Neal Shusterman hat einen dunklen, beklemmenden Jugendroman geschaffen. Auf der einen Seite, spricht er von Hoffnung für die Zukunft, da alle Krankheiten besiegt worden sind, Gewalt und Krieg existieren nicht mehr und selbst der Tod wurde bezwungen. Und auf der anderen Seite von Hoffnungslosigkeit und Stagnation: Wonach strebt ein Mensch, der alles hat und dem keine Ziele mehr gesetzt werden können? Ich habe lange überlegt und versucht, mich in diese Welt hineinzudenken. Hineinzufühlen. Gelungen ist es mir nicht wirklich, denn für mich grenzt es an ein Horrorszenario, in einer Welt zu leben, in der das ewige Leben an der Tagesordnung steht, in der meine Handlungen von einem Computerprogramm überwacht werden, in der ich dick oder dünn, alt oder jung sein kann. Aber eins kann ich nicht, ein Individuum sein mit Träumen von einer Zukunft und Zielen, die zum Scheitern verurteilt sind.
Die Handlung ist Shusterman mitreißend und spannend gelungen. Die einzige Angst, die die Menschheit noch hat, ist die vor der Nachlese. Denn selbst wenn man sich umbringt, erreicht man nur einen todähnlichen Zustand, der in modernen Krankenhäusern geheilt werden kann. Außer man wird von einem Scythe nachgelesen, dann ist es endgültig. Doch wie diese Nachlese vonstatten geht, ist individuell: Während der eine eher einen privaten Rahmen sucht und den Auserkorenen Würde gibt, schlachtet der andere seine Opfer regelrecht ab. Was ist richtig?

Ich finde, dass in diese Serienauftakt das Augenmerk des Autors eher auf seinen Protagonisten liegt, als auf den Geschehnissen. Neal Shusterman schreibt zwar spannend, aber zugleich auch intensiv. Ich merke deutlich, dass er eine enge Bindung zu Rowan und Citra eingegangen ist und nicht irgendwelche Personen geschaffen hat; sondern Personen, die ihm am Herzen liegen. Mit eindringlichen Worten gibt er mir die Möglichkeit, beide näher kennenzulernen und ihre Beweggründe zu verstehen und nachzuvollziehen. Ich denke, dass er hiermit den Grundstock seiner Serie gelegt hat, auf der alles andere aufbauen wird.
Mit Rowan hat er einen harten, unbeugsamen Charakter geschaffen, der, egal was kommt, nicht an seiner Aufgabe zerbrechen kann. Rowan steht mit beiden Beinen fest im Leben, auch wenn er während seiner Ausbildung zum Scythe schier mörderische Erfahrungen machen musste. Doch er zerbricht nicht, sondern wächst an ihnen und sucht sich seinen eigenen Weg. Absolut bewundernswert und ich habe Rowan in mein Herz geschlossen.
Auch Citra ist eine Kämpferin. Während Rowan eher dunkel ist, ist sie das Licht. Auch eine Kämpferin, aber stets auf der Suche nach dem Guten. Nicht, dass Citra weich ist, sie ist auf ihre Art genauso unbeugsam und eisern wie Rowan, aber heller.
Durch ihre Gegensätzlichkeit lebt das Buch.

Mein Fazit
Ein Buch über den Tod. Aber mal ganz anders.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.09.2017
Ich soll nicht lügen
Naughton, Sarah J.

Ich soll nicht lügen


gut

Auf dem Weg zu ihrem im Sterben liegenden Bruder, lernt Mags Daniel auf dem Flug von Las Vegas nach London kennen. Beide fühlen sich zueinander hingezogen und halten lose Kontakt, während Mags die Ursachen um den vermeintlichen Selbstmord ihres Bruders Abe zu ergründen sucht. War es am Ende kein Selbstmord, sondern Mord? Doch wer kann zu so einer abscheulichen Tat in der umgebauten Kirche fähig sein, die für die Bewohner der letzte Zufluchtsort ist?

Die Handlung des Buches ist eher düster und beklemmend und deswegen wunderte mich die Farbgestaltung des Covers sehr. Der auf mich eher munter und lebendig wirkende Rotton, der ins lila changiert, zeigt ein Frauengesicht im Vordergrund, von kahlen Bäumen umfasst. Ich finde es nicht ganz so gut gewählt, da es mir einfach schwerfiel, einen Zusammenhang zwischen Inhalt und diesem Bild herzustellen.

Sarah J. Naughton hat eine Mischung aus packendem Thriller und nachdenklicher Reise ins eigene Ich geschaffen. Stellenweise packte mich die nervenaufreibende Spannung und dann wurde die Handlung nachdenklich. Diese Wechsel fand ich interessant, da die menschlichen Abgründe meist Thriller genug sind, auch wenn in der Wirklichkeit nicht viel geschieht und das meiste innerlich abläuft. Oft fragte ich mich, was tatsächlich geschehen ist und was dem kranken Gehirn eines Protagonisten entsprungen sein mag. Die Autorin bewegt sich an der Grenze zum Wahnsinn und bis fast zum Ende hin, erhält sie dies aufrecht.
Mag und ihr Bruder Abe haben sich nach ihrer verkorksten Kindheit auseinandergelebt und erst im Erwachsenenalter wieder zueinander gefunden. Auch wenn dieses Wiederfinden sich auf Weihnachtskarten beschränkte. Und trotzdem ist Mags sofort zur Stelle, als Abe im Koma liegt und eilt an seine Seite. Stück für Stück lernt sie ihn und sein Leben kennen. Seine Umgebung und was ihn bewegte. Abe führte ein gänzlich anderes Leben, als Mags und so fällt es ihr anfangs schwer, sich in ihn hineinzuversetzen und seine Beweggründe nachzuvollziehen. Doch Stück für Stück entblättert es sich. Und was darunter zum Vorschein kommt, ist menschlicher Dreck.

Die Charaktere verwirrten mich anfangs, da es mir sehr schwer fiel, auch nur annähernd eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Vielleicht war dies von Naughton beabsichtigt, vielleicht aber auch nicht. Ich konnte einfach nicht recht los lassen und mich auf die Untiefen des menschlichen Geistes einlassen, da sie einfach zu verstörend waren; Terror und Gewalt in dieser Form sind für mich einfach nichts. Deswegen trafen die Wendungen der Geschichte mich meist recht unvorbereitet.

Mein Fazit
Ein richtig böses Buch über die menschlichen Abgründe und ihre Folgen.