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Aus Liebe zum Lesen
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Rannungen

Bewertungen

Insgesamt 203 Bewertungen
Bewertung vom 09.12.2021
Wir sind schließlich wer
Gesthuysen, Anne

Wir sind schließlich wer


gut

Mein erster Roman der hochgelobten Anne Gesthuysen ist „Wir sind schließlich wer“, in dem sie von Pfarrerin Anna und ihrer adligen Familie erzählt. Als das Leben ihrer Schwester Maria aus den Fugen gerät, rücken die beiden Schwestern wieder näher zusammen und müssen sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen.

Anne Gesthuysens Schreibstil hat mich gleich gepackt, sodass ich nur so durch den Roman geflogen bin. Ihre Darstellung des niederrheinischen Lokalkolorit überzeugt wirklich. Weniger Anklang fand bei mir allerdings die Geschichte an sich. Vieles scheint mir zu gewollt, zu weit hergeholt, viel zu unglaubwürdig, auch für einen Unterhaltungsroman. Außerdem waren viele Teile der Story sehr vorhersehbar.

Was das Ganze noch verstärkt, ist die Charakterzeichnung. Für mich sind fast alle Figuren zu überzeichnet, klischeehaft und unglaubwürdig, ebenso wie deren plötzliche 180-Grad-Drehung. Die Protagonistin Anna, die leider viel zu wenig in ihr Seelenleben blicken lässt, bleibt dagegen blass und unnahbar. Einzig die schrullige Tante Ottilie hat mir gut gefallen. Auch das Thema Glaube, das immer nur kurz angeschnitten wird, wenn es um Annas Beruf geht, ist mir zu oberflächlich behandelt worden.

„Wir sind schließlich wer“ ist ein unterhaltsamer Roman, mit einigen Abstrichen, was die Story und Figuren betrifft.

Bewertung vom 07.12.2021
Liebe in Zeiten des Hasses
Illies, Florian

Liebe in Zeiten des Hasses


gut

Nachdem ich Florian Illies „Generation Golf“ vor Jahren gelesen und in guter Erinnerung behalten habe, war die Neugier auf sein neues Buch „Liebe in Zeiten des Hasses - Chronik eines Gefühls 1929-1939“ natürlich gleich da.

Florian Illies schreibt über die kulturellen Größen der 20er und 30er Jahre, deren Liebesleben und das Ende der Weimarer Republik sowie die Machtergreifung der Nazis. Die Form, in der er das tut, ist ziemlich ungewöhnlich: In kurzen Abschnitten widmet er sich jeweils einer Person, um dann im nächsten Absatz auf jemand anderes zu sprechen zu kommen. Und kurz ist hier wörtlich gemeint. Die Abschnitte sind nie länger als 2-3 Seiten, manchmal auch nur Einzeiler.

So entsteht eine ungeheure Dynamik und durch das chronologische Vorgehen und den Wechsel der vielen Schauplätze ein gutes Gesamtbild der damaligen Zeit, ihrer Stars und Sternchen und den Auswirkungen der Politik auf deren Leben. Dieser Vorgehensweise fällt allerdings die Tiefe zum Opfer. Überhaupt kratzt die Erzählung oft nur an der Oberfläche und liest sich mehr wie ein boulevardjournalistisches „Wer-mit-wem“, als dass es um die große Liebe, um Zuneigung und Zusammenhalt ginge.

Sprachlich bewegt sich der Autor auf hohem Niveau. Der Text strotz von sprachlicher Finesse mit einem Seitenhieb oder Augenzwinkern hier und da. Auf mich wirkten die ständigen Perspektivwechsel allerdings mit der Zeit etwas ermüdend.

Dieses Buch ist wie ein Spaziergang durch das Ende der 20er und die 30er Jahre vorbei an alten Bekannten, wie Brecht, de Beauvoir, Familie Mann und Marlene Dietrich, das jedoch Tiefe vermissen lässt.

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.12.2021
Astrid Lindgren. Ihr Leben
Andersen, Jens

Astrid Lindgren. Ihr Leben


ausgezeichnet

Offensichtlich liebt ihr Astrid Lindgren genauso wie ich. In meiner (natürlich nicht repräsentativen) Story-Umfrage haben 85 % von euch angegeben, dass ihr auch Fan der schwedischen Autorin seid und gerade jetzt zur Weihnachtszeit gehören die Bücher von Astrid Lindgren einfach dazu, oder? Wer mehr über ihr Leben erfahren möchte, dem empfehle ich Jens Andersens Biografie „Astrid Lindgren. Ihr Leben“ aus dem Pantheon Verlag.

In klassischer Manier führt uns der Biograf chronologisch durch Lindgrens Leben, angefangen in der Kindheit in Småland, über die ersten journalistischen Tätigkeiten, ihre schwierige Situation zur Geburt ihres Sohnes, die Familie mit Sture Lindgren bis hin zu ihrem umfangreichen Werk und ihrem gesellschaftlichen Engagement. Ganz nebenbei wird der Zeitgeist der damaligen Zeit eingefangen und das Geschehen entsprechend eingeordnet.

Sowohl ihr persönliches Leben als auch ihre Bücher werden detailliert beschrieben und analysiert. Dabei bleibt der Autor stets sachlich, nie wertend, aber immer einfühlsam. Anhand von zahlreichen Zitaten von Tagebucheinträgen, Briefen und Interviews mit der Autorin und ihrer Tochter wird ein umfassendes Bild der berühmten Kinderbuchautorin geschaffen. Viele der Dokumente sind als Fotografien im Buch abgebildet. Außerdem gibt es sehr viele Fotos der Autorin, die sie im Kreis der Familie, aber auch bei öffentlichen Auftritten zeigen.

Eine sehr lesenswerte Biografie über das interessante Leben einer außergewöhnlichen Frau.

Bewertung vom 27.11.2021
Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten
Hasters, Alice

Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten


ausgezeichnet

Ich habe ja bereits einiges zum Thema Rassismus gelesen und jetzt endlich auch Alice Hasters „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“, das gefühlt jeder schon vor mir gelesen hat – was auch gut so ist.

Alice Hasters beschreibt, wie sie als Schwarze Frau von Rassismus betroffen ist und zeigt weißen Menschen wie mir, was vermeintlich harmlose Aussagen auslösen können. Sie entlarvt Alltagsrassismus und rassistische Gedanken, die die meisten von uns haben und zeigt, wie rassistisch unsere gesellschaftlichen Strukturen sind.

Das Thema Rassismus ist wichtig und hochaktuell und es ist wichtig, darüber zu sprechen. Nur so kann sich künftig etwas ändern. Deshalb gibt es von mir eine klare Leseempfehlung.

Während Hasters‘ Buch sehr sachlich an das Thema herangeht, nähert sich Marius Jung mit seinem Buch „Wer wird denn da gleich schwarzsehen“, das ich vor einigen Wochen hier vorgestellt habe, dem Thema mit einer ordentlichen Prise Humor. Beiden gemein ist der persönliche Einblick, da beiden Rassismus widerfahren ist. Zumindest eines der beiden Bücher sollte jeder weiße Mensch dringend lesen.

Bewertung vom 24.11.2021
Weihnachten mit der Maus
ZS-Team

Weihnachten mit der Maus


ausgezeichnet

Wer liebt sie nicht, die Maus, den kleinen blauen Elefanten und die Ente? Und dieses Jahr dürfen wir mit ihnen zusammen Weihnachten feiern.

Das Buch ist entsprechend der vier Adventswochen in vier Abschnitte gegliedert, die uns auf dem Weg zum Fest der Liebe begleiten. Neben ganz vielen einfachen Rezeptideen für Kuchen, Plätzchen und weihnachtliche Getränke, gibt es tolle Bastelideen und ganz viele Informationen. Alle Anleitungen sind kindgerecht beschrieben und einfach durchführbar und kommen ohne fancy Material aus. Meine Highlights sind eine Laterne aus einer Kerze und Schneebällen, Nikoläuse aus Wäscheklammern und Sterne aus Ästen und Paketschnur.

Die Infoseiten erklären z. B. weihnachtliche Traditionen, Weihnachtsbräuche aus aller Welt und den Winteranfang. Dabei werden auch ältere Kinder angesprochen und sogar wir Erwachsene können noch was lernen. Neben der kindgerechten Sprache, gefällt mir auch, dass die Leser direkt angesprochen werden. Das macht gleich Lust loszulegen.

Ich hatte wirklich Bedenken, ob ein weiteres Buch mit vorweihnachtlichen Ideen noch Neues bereithalten kann und bin überrascht, wie viele einfache, aber wirklich schöne Ideen dieses Buch bereithält und das Ganze präsentiert von den Lieblingen unserer Kindheit, die nach wie vor ein Dauerbrenner sind – und das zu Recht!

Bewertung vom 21.11.2021
Drei Lebende, drei Tote
Jorjoliani, Ruska

Drei Lebende, drei Tote


schlecht

Was für ein Cover, oder? Ja, bei manchen Büchern gibt bei mir auch das Cover den Ausschlag, ob ich es lesen möchte, oder nicht. Auf dem Cover von Ruska Jorjolanis „Drei Lebende, drei Tote“ sieht man das Originalfoto des russischen Pioniers der Farbfotografie Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski aus dem Jahre 1905.

So weit, so schön. Zum Inhalt weiß ich gar nicht so recht, was ich schreiben soll, denn große Teile des Buchs bestehen aus wirren Erzählsträngen zu Personen, deren Identität sich zum Teil erst später herausstellt. Das Erzählte entbehrt dabei auch noch jedweder Brisanz, sodass ich mich regelrecht durchs Buch quälen musste. Dass das nicht an meinem mangelnden Verständnis alleine liegt, hat sich in meiner Leserunde herausgestellt, in der Einige das Buch sogar abgebrochen haben.

Sprachlich haben die Autorin und Barbara Sauer in der Übersetzung ganz ordentliche Arbeit abgeliefert. Das ändert aber dennoch nichts daran, dass mich das Buch inhaltlich komplett enttäuscht hat. Für mich leider eines der schlechtesten Bücher meines Lesejahres.

Bewertung vom 17.11.2021
Die Anomalie
Le Tellier, Hervé

Die Anomalie


gut

Groß angekündigt, als das Buch des Jahres, das einem noch lange im Gedächtnis bleibt, wurde Hervé le Telliers „Die Anomalie“ angekündigt und ich wollte mich natürlich selbst davon überzeugen, ob es dem Hype gerecht wird.

Zum Inhalt schreibe ich besser nichts. Diejenigen, die es bereits auf der Wunschliste haben, kennen wohl den Klappentext, allen anderen empfehle ich, nicht mal diesen vorher zu lesen, weil er zu viel verrät.

Leider wurde ich wieder mal von meinen Erwartungen an ein gehyptes Buch enttäuscht. Das Gedankenexperiment, das der Autor anstellt und das tatsächlich noch einige Zeit nachhallt, ist wirklich spannend und hätte genug Stoff für einen langen Roman geboten. Warum es le Tellier allerdings mit der Anzahl der Figuren derart übertreibt, bleibt mir ein Rätsel, auch wenn er versucht, das durch einen der Charaktere zu erklären. Natürlich will er die Bandbreite an Möglichkeiten mit dem Umgang der außergewöhnlichen Situation zeigen, aber das war sicherlich nicht der eleganteste Weg.

Auch deshalb schafft es keine der Figuren auch nur ansatzweise Sympathien bei mir wecken. Mir bleiben alle Charaktere fremd und unnahbar. Durch den Klappentext wird außerdem der Großteil der Spannung zerstört. Was bleibt, sind Seitenhiebe gegen Donald Trump und die Geheimdienste, die mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht haben und der Gedanke, „was würde ich machen, was wäre, wenn…“.

In meinen Augen hat Hervé le Tellier aus seinem genialen Einfall herzlich wenig gemacht und eine mittelmäßige Story abgeliefert.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.11.2021
Das Geschenk
Xenakis, Stefanos

Das Geschenk


sehr gut

Der griechische Autor Stefanos Xenakis hält jeden Tag einen besonderen Augenblick oder Gedanken in seinem Tagebuch fest und lässt uns in seinem Buch „Das Geschenk – Geschichten über die Schönheit des Lebens“ daran teilhaben.

In kurzen Kapiteln schreibt der Autor über Situationen seines Alltags, die bei ihm für einen Aha-Moment sorgten. Da geht es um Erlebnisse mit seinen Kindern, aber auch Begegnungen mit Fremden, denen er z. B. durch eine kleine Geste ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte, was auch ihm den Tag versüßt.

Letztendlich könnte man das Buch unter dem Thema Achtsamkeit einordnen. Denn darum geht es Xeankis. Er will die Augen für die kleinen Dinge des Alltags öffnen, die bei genauerer Betrachtung zu den schönen Dingen des Lebens gehören und so zu einem glücklichen Leben führen. Daneben fließen auch banale, aber wirkungsvolle Ratschläge ein, wie „weniger ist mehr“ oder „heute, nicht morgen“ mit ein. Manches davon erscheint mir ein bisschen zu banal, manchmal wird mir der Autor auch zu belehrend.

Die Aufmachung des Buchs ist gelungen: Es ist durchweg illustriert, die Kernbotschaften werden durch eine andere Schriftart und -größe sowie Gestaltungselemente hervorgehoben, sodass diese auch bei nochmaligem Durchblättern gleich ins Auge fallen. Ich würde das Buch in die Kategorie Geschenkbücher einordnen.